Meine Damen und Herren, es spricht zwar nichts gegen eine muntere Debatte, aber man sollte die Rednerin noch
verstehen. Ich darf Sie bitten, sich mit Ihren Zwischenrufen etwas zurückzuhalten und die Rednerin zu Wort kommen zu lassen. Herzlichen Dank.
Der Druck, der dadurch auf unseren Schülerinnen und Schülern lastet, ist nicht hinnehmbar. Durch Lerndruck werden keine besseren Ergebnisse erzielt. Der Widerstand vonseiten der Schulen, der Eltern und der Schülerschaft ist, nicht nur in Hessen, nicht umsonst so vehement. Frau Henzler und Herr Bouffier, Sie können zwar weiter darüber hinweghören, aber das wird an dem Widerstand nichts ändern.
Wieso ist im Saarland eine Bildungspolitik unter Beteiligung von CDU und FDP möglich – eine Frage, die jetzt schon oft gestellt worden ist –, während sie in Hessen von der schwarz-gelben Regierung kategorisch abgelehnt wird? Die Frage hat auch Herr Rechtsaußen Irmer nicht beantwortet.
Wieso ist es Ihnen denn so wichtig, bloß keine Anregungen und Vorschläge anderer in Betracht zu ziehen und nichts hinzuzulernen? Sie halten lieber an einem dysfunktionalen System fest, als Hessen tatsächlich zum Bildungsstandort Nummer eins zu machen. Aber ich will nicht länger auf Ihrem Verhalten herumreiten.
Wir, DIE LINKE im Hessischen Landtag, freuen uns, dass im Saarland der Grundstein zu einem, langfristig gesehen, tatsächlich gemeinsamen Lernen, frei von sozialer Diskriminierung, gelegt worden ist. Wir freuen uns auch, zu sehen, dass in der deutschen Politik etwas bewegt werden kann, wenn alle – na ja, fast alle – willens sind. Es war natürlich klar, dass sich die SPD jetzt zur Hüterin des Heiligen Grals stilisieren würde. Frau Habermann hat uns das auch vorgemacht.
Unsere Hoffnung, auch in Hessen etwas zu bewegen, geben wir nicht auf. Wer weiß schon, was kommt? In der Atompolitik scheinen Sie, meine wenigen Damen und vielen Herren von CDU und FDP, sich mit einer Schnelligkeit bewegen zu können, die vorher nicht für möglich gehalten wurde und die einen ganz wuselig im Kopf macht. Vielleicht geht auch einmal etwas in der Bildungspolitik – wer weiß? –, und das möglichst ohne Super-Gau, dem wir uns allerdings mit großen Schritten nähern. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein lieber Herr Wagner, ich denke, zunächst einmal muss man eines festhalten: Wer geglaubt hat, dass die Wahlsiege, die sie zweifelsohne eingefahren haben, und die Umfragewerte, die im Moment recht positiv für sie sind, die GRÜNEN dazu bewogen haben, ein bisschen ab
Nein, Herr Wagner, man muss ganz klar sagen: Im Gegenteil, Sie fühlen sich jetzt sogar dazu berufen, der Oberlehrer nicht nur des Landtags, sondern sogar der ganzen Republik zu sein. Herr Wagner, das sage ich Ihnen: Die Art und Weise, wie Sie sich hier präsentiert haben, lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wenn diese Blase platzt, werden Sie sehr schnell wieder eine Landung auf der harten Oppositionsbank erleben, und das ist auch gut so.
Das musste einmal gesagt werden. Herr Schmitt, da gebe ich Ihnen völlig recht, ganz klar. Das musste einmal gesagt werden.
Zunächst einmal bleibt zu Ihrem Antrag zu sagen: Wir beschäftigen uns hier mit dem Saarland. Ich habe in diesem Hohen Haus schon mehrfach von diesem Pult aus gesagt, dass ich ein überzeugter Bildungsföderalist bin. Ja, ich stehe ganz klar zu dem Wettbewerb der Bundesländer, zu diesem Ringen um das beste System.
Ich sage aber auch, deswegen steht es uns hier nicht unbedingt zu, auf andere Länder, z. B. das Saarland, zu schauen, sie von diesem Pult aus öffentlich zu kritisieren oder möglicherweise etwas von ihnen anzunehmen. Ich finde auch, Sie machen das ein wenig falsch. Sie sagen immer, wir Hessen müssten nach Berlin, nach Hamburg oder nach Bremen schauen. Ich sage etwas selbstbewusster: Die anderen können auf uns schauen. – Auf welchem Rang stehen denn die, die Sie genannt haben, bei der PISA-Studie?
Ich sage auch ganz klar: Bei allen Problemen, die der Föderalismus mit sich bringt, ist festzustellen, dass er immer noch weiterzuentwickeln ist. Das haben Sie auch angesprochen. Ich kann mir beispielsweise vorstellen, dass wir in der KMK zu schnelleren Beschlüssen kommen, und ich kann mir auch vorstellen, dass wir bei der Einführung der Bildungsstandards zügiger vorankommen. Man braucht vergleichbare Abschlüsse und Standards, das ist ganz klar. Sie haben richtigerweise das Problem des Schulortwechsels angesprochen.
Aber, Herr Wagner, wenn Sie jetzt sagen: „Na ja, das ist alles schlecht, und wenn Eltern das Bundesland wechseln wollen, müssen sie sich vielleicht ein wenig kundig machen; da gibt es eventuell eine andere Schulform, bei uns ist es bald die Mittelstufenschule“, springen Sie doch ein wenig zu kurz. Wenn ich in ein anderes Bundesland ziehe, muss ich mich nun einmal mit der einen oder anderen Gegebenheit vertraut machen, und dazu gehört wie viele andere Dinge auch das Schulsystem. Das darf man schlicht und einfach erwarten.
Noch eines sage ich Ihnen ganz klar: Sie haben heute hier einige sehr bemerkenswerte Aussagen in Bezug auf das gemacht, was Sie sonst von sich geben. Sie haben sich selbst auch ein wenig entlarvt. Sie haben zum einen gesagt, Sie möchten, dass Eltern die Wahl haben, und zum anderen haben Sie erklärt, Sie möchten den Eltern mit dem zweigliedrigen Schulsystem die schwierige Entscheidung abnehmen. Wenn das Ihr Verständnis von Wahlfreiheit ist, kann ich nur sagen: gute Nacht. – Unseres ist es jedenfalls nicht.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einen Punkt zu sprechen kommen, der nur ein wenig mit dieser Debatte zu tun hat. Herr Kollege Irmer hat vorhin ausgeführt, dass Sie sich bei Ihrem Konzept offensichtlich vorstellen, es sollten 25 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse sein. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es problematisch ist, wie Sie sich das Unterrichten solch heterogener Gruppen vorstellen, gerade vor dem Hintergrund der Integration – der Inklusion, wie man sagt – behinderter Schülerinnen und Schüler. Herr Kollege Irmer hat zu Recht gefragt: „Stellen Sie sich das so vor?“, und Sie haben von dort drüben gerufen: Nein, natürlich nicht.
Da muss ich in diesem Zusammenhang doch einmal fragen: Wo sind denn Ihre Aussagen zum Hessischen Schulgesetz und zu den Änderungsanträgen, die Sie gestellt haben? Sie sind doch ein glühender Befürworter der Inklusion. Das hörte sich vorhin aber ganz anders an. Sie können versichert sein, wir werden dort weiter nachbohren, und wir werden Sie auch stellen.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Es gibt doch einen Änderungsantrag!) )
Grundsätzlich ist für mich eines klar, wenn ich mir Ihr sogenanntes Konzept anschaue: Ihre neue Schule ist ein ganz alter Hut. Sie wollen integrierte Gesamtschulen flächendeckend einführen und nennen das ganze Ding „Neue Schule“. Das ist ein ganz alter Hut in der Bildungspolitik, der den Erfordernissen dieses Bundeslands im 21. Jahrhundert nicht gerecht wird.
Das ist einer der Gründe für den Bildungsföderalismus: weil wir in einem Flächenland wie Hessen nicht die Bedingungen des Saarlands oder von Berlin vorfinden. Ich glaube, man kann Hessen wirklich schlecht mit anderen Bundesländern vergleichen. Wir haben nirgendwo sonst ein solch starkes Gefälle wie das zwischen der Ballungsregion Rhein-Main-Gebiet und den ländlichen Regionen im Norden, Süden und Osten dieses Landes. Ich glaube, da braucht man sehr unterschiedliche Antworten.
Es ist zutreffend, es gab hier in den vergangenen Jahrzehnten einen sehr harten Schulkampf. Davon sind viele Versuche in der Fläche – ich nenne es „Überbleibsel“ – übrig geblieben. Wir haben die verschiedenen Schulformen: das dreigliedrige System und – was in der Debatte immer gern vergessen wird, auch von Ihnen – die integrierten und kooperativen Gesamtschulen sowie die Schulform Oberstufengymnasium. All das ist gewachsen und hat sich in der Fläche etabliert.
Wir sagen ganz klar: Wir brauchen neue Möglichkeiten, um auf den demografischen Wandel und andere Probleme reagieren zu können. Deswegen hat die Kultusministerin
Jetzt zu sagen, wir scherten alles über einen Kamm, machten alles gleich, hätten einfache Lösungen wie ein ZweiSäulen-Modell, wird der Sache, den Schülerinnen und Schülern in Hessen und auch dem nicht gerecht, was Eltern in Hessen wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen für Wahlfreiheit, für eine breit gefächerte Schullandschaft und dafür, dass jeder für seine Kinder den Weg wählen kann, den er möchte, oder dass die Kinder diesen später auch selbst gehen können. Dafür haben wir ein breites Angebot, und das ist gut so.
Ich möchte mich zum Schluss aber auch noch auf einige sehr bemerkenswerte Aussagen von Frau Kollegin Cárdenas beziehen. Liebe Frau Kollegin Cárdenas, ich habe vorhin Ihre Pressemeldung auf das Blackberry bekommen: „Neue Wege gehen mit der LINKEN“. Wenn Ihre „neuen Wege“ sein sollen, das Gymnasium flächendeckend abzuschaffen, eine Schulform, die seit Jahrzehnten wirklich Vorbildliches leistet, dann kann ich nur sagen: „Neue Wege gehen mit der LINKEN“ heißt vorwärts in die Vergangenheit, vorwärts zum Sozialismus. Das wollen wir in Hessen nicht, auch wenn es Frau Wissler möglicherweise gefallen mag.
Ich glaube, wir sollten in der Tat ein bisschen selbstbe wuss ter auf Hessen schauen. Dieser Spagat, den wir hier schaffen – hierüber haben wir gestern schon sehr ausführlich diskutiert –, zwischen einer Haushaltskonsolidierung, einer Schuldenbremse, beschlossen worden ist, die bei gleichzeitiger Investition in Bildung, dem Darbieten einer großen Wahlmöglichkeit für hessische Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern, ist, wie ich finde, vorbildlich. Das muss man auch einmal sagen dürfen.