(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben die GEW-Stellungnahme auch alle bekommen!)
Darüber hinaus fehlt im Regierungsentwurf eine Aussage zur Reduzierung des eigenverantworteten Unterrichts für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, der in der Umsetzungsverordnung zum Hessischen Lehrerbildungsgesetz geregelt wird.
Nach unserer Auffassung, die mit jener der GEW übereinstimmt, sollte der Umfang in den ersten beiden Semestern höchstens zehn und im dritten Semester, im Prüfungssemester, acht Wochenstunden betragen. Aus pädagogischen und fachlichen Gründen dürfen Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst vor allem im ersten Semester keinesfalls mehr als zehn Wochenstunden unterrichten, da die Einführungsphase um die Hälfte reduziert wird und aufgrund der Ferien in der Regel lediglich acht Wochen lang dauert.
Fehlende Unterrichtserfahrung bei relativ hoher Unterrichtsverpflichtung zu Beginn der pädagogischen Ausbildung führt erfahrungsgemäß zu erheblichen Problemen und Konflikten im Unterrichtsalltag und damit zu zusätzlichen Koordinations- und Konfliktgesprächen.
Die Begrenzung auf höchstens zehn Wochenstunden eigenverantwortlichen Unterrichts wird folglich mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Verminderung weiterer Probleme und Konflikte führen.
Ebenso fehlt bisher eine verbindliche Zusage der Regierung, dass aufgrund der Verkürzung des Vorbereitungsdienstes die eingesparte Vergütung für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in Höhe von 8,7 Millionen € für Mentorenentlastung genutzt wird. Dies muss in der sogenannten Pflichtstundenverordnung festgelegt werden. Wir erwarten daher – dabei sind wir nicht die Einzigen – eine Zusicherung, dass der eigenverantwortete Unterricht der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst gesenkt wird und den Schulen im Umfang der eingesparten Vergütung Anrechnungsstunden für Mentorentätigkeit gewährt werden.
So viel bisher. Alles Weitere können wir gern im Ausschuss besprechen. Eines möchte ich aber noch ganz generell zum vorliegenden Entwurf anmerken.
Nach dieser kleinen Novellierung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes gehört nun aber zügig die gesamte hessische Lehrerausbildung auf den Prüfstand. Warum Sie das nicht gleich miterledigt haben, ist uns schleierhaft. Grundlegende Rahmenbedingungen wie die Dauer und Organisation des Studiums, die Dauer und Gestaltung eines Praktikums während des Studiums sowie die weitere Ausgestaltung der Ausbildung bzw. eines Berufseinstiegs nach Beendigung des Studiums sind prinzipiell zu entscheiden.
Ebenso schulden Sie den Menschen in Hessen aber auch grundlegende inhaltliche Reformen in der Lehrerausbildung. An erster Stelle zu nennen sind ein gemeinsames Grundstudium aller Lehrerinnen und Lehrer, eine Orientierung der Ausbildung an Stufen anstatt an Schulformen, eine Unterfütterung der Lehrerausbildung vor allem im Grundstudium mit sonder- und sozialpädagogischen Anteilen und schließlich eine Befähigung zur Arbeit mit heterogenen Gruppen, zum projektorientierten Arbeiten, zur Diagnostik in individuellen Lernausgangslagen und zur Didaktik der individuellen Förderung.
All das muss jetzt schnellstens in die Lehrerausbildung und damit auch in das Gesetz wie auch in die Verwaltungsvorschriften aufgenommen werden. Schließlich ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Hessen gültiges Recht. Wir benötigen also zeitnah nach dieser Novelle eine große Lehrerausbildungsreform. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal eine kleine Anmerkung zu Ihrer Rede, Frau Cárdenas. Sie haben am Ende Ihrer Rede die UN-Behindertenrechtskonvention erwähnt. Dieses Thema werden wir sicher auch morgen bei der Beratung des Hessischen Schulgesetzes besprechen. Wir sind uns sicher einig, dass das auch darin Eingang finden muss. Das Lehrerbildungsgesetz ist meines Erachtens aber nicht das richtige Gesetz, um die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Ich glaube, man muss sich noch einmal über die konkreten Inhalte der Ausbildung unterhalten.
Herr Kollege Wagner, auch zu Ihnen noch ein paar Worte, auch wenn Sie gerade ein wenig abwesend sind. Sie haben gesagt, wir hätten mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Fehler abgestellt. Sie haben gesagt, wie schlimm das doch alles gewesen sei.
Ich habe den Vorbereitungsdienst nach der alten Ausbildungsverordnung und nach dem alten Gesetz durchlaufen. Ich muss Ihnen sagen, dass es sicherlich Optimierungsbedarf gibt; aber ganz so schlimm war es dann doch nicht. Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Erfahrungen mit dem Referendariat gemacht haben, aber ich habe es auch überlebt.
Grundsätzlich war aus Ihrer Rede wieder einmal der altbekannte Ansatz herauszuhören: Ich will regieren, egal mit wem. – Es ist aber nun einmal leider nicht so. Daher können wir es dabei belassen.
Kommen wir zu dem Gesetzentwurf, den die Kultusministerin dankenswerterweise vorgelegt hat. Es ist schon gesagt worden, dass Vorlage des Ganzen ein FDP-Gesetzentwurf aus der 17. Legislaturperiode und die Erkenntnisse der Anhörung waren, die aufgrund der Diskontinuität der Wahlperiode leider nicht mehr im parlamentarischen Verfahren berücksichtigt werden konnten.
Dieser Gesetzentwurf bringt wesentliche Veränderungen, wesentliche Vereinfachungen und Erleichterungen mit sich. Gravierend ist natürlich die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes von 24 auf 21 Monate. Damit einher geht eine sinnvollere Strukturierung mit einer kurzen Einführungsphase, in der die Anwärter die Möglichkeit erhalten, sich an der Schule zu orientieren, in den Unterricht hineinzuschnuppern und dann nicht in einer so quälend langen Zeit ausgebildet zu werden, wie dies bisher im Einführungssemester der Fall gewesen ist, in der man durch die Schule schwimmt und gerne Verantwortung übernehmen möchte, aber keine Gelegenheit dazu bekommt. Das haben wir durch die neue Struktur mit zwei Hauptsemestern und dem Abschluss zum Schuljahr sehr gut gelöst.
Damit einher gehen außerdem neue Einstellungszeiten. Die Ausbildung beginnt nun am 1. Mai und am 1. November. Auch diese Forderung wurde erhoben, weil dies es den Schulen und den Anwärtern einfacher macht. Ich denke, auch das ist eine sehr gute Lösung.
Mit der Reduzierung von zwölf auf acht bewertete Module tragen wir dem Anliegen Rechnung, Inhalte und vor allem Druck aus der Ausbildung herauszunehmen. Wir sind der Überzeugung, dass nur entspannte Lehrer im Vorbereitungsdienst guten Unterricht machen und Zeit haben, sich ausreichend auf ihr Kerngeschäft vorzubereiten. Das ist schlicht und ergreifend der Unterricht bzw. das Erlernen des Unterrichtens.
Im Bereich des Grundschullehramtes nehmen wir eine Anpassung vor. Die Fächer Deutsch und Mathematik werden verpflichtend. Auch das ist aus unserer Sicht eine sehr gute Lösung. Im Übrigen war das bisher die gängige Praxis.
Das zweite Staatsexamen wird eindeutig den Unterricht in den Mittelpunkt stellen. Alle Studien über Bildungsqualität kommen zu dem Ergebnis, dass es weniger auf Strukturen und andere Dinge ankommt, sondern dass es auf den Unterricht und die Qualität des Unterrichts ankommt. Deswegen sind wir der Meinung, dass junge hessische Lehrerinnen und Lehrer dieses Kerngeschäft besonders erlernen müssen, nämlich das Geschäft des Unterrichtens. Deshalb gehört das in den Mittelpunkt der Zweiten Staatsprüfung.
Des Weiteren wird es klare Regeln für die Benotung von Modulen und von Lehrproben geben. Auch die zweite Staatsexamensarbeit werden wir enger an der Praxis, an pädagogischen Problemen ausrichten. Jeder, der mit dem Vorbereitungsdienst beginnt, hat das erste Staatsexamen bestanden, kann also eine wissenschaftliche Hausarbeit schreiben. Deswegen sollte die zweite Staatsexamensar
Wir werden ferner die Schulen stärken. Wir werden die Schule wieder stärker mit dem Ausbildungsgeschehen verzahnen. Die Schulleiter werden durch die Wiedereinführung des Schulleitergutachtens die Möglichkeit haben, ihre eigene Benotung mit einzubringen. Das ist eine Regelung, die, wie wir von vielen Lehrerverbänden, von Interessenverbänden und auch von Betroffenen hören, durchaus Sinn macht und einmütig so gefordert wird.
Gleiches gilt für die Lehrkraft des Vertrauens – die Frau Ministerin hat es angesprochen –, die der Lehrer im Vorbereitungsdienst benennen kann. Dies wird in der Regel der Mentor sein. Das wollen wir dem Lehrer im Vorbereitungsdienst aber nicht gesetzlich vorschreiben, sondern es soll eine Lehrkraft seines Vertrauens sein.
Dann gibt es noch die Frage, inwieweit sie bewertend oder nicht bewertend tätig wird. Da sind wir auf die Ergebnisse der Anhörung gespannt.
Ich weiß, dass das Thema Quereinsteiger ein schwieriges Thema ist. Es wird häufig kritisch gesehen. Auch uns ist klar, dass wir ausgebildete Lehrer brauchen, die den Unterricht machen. Aber es ist nicht alles so, wie wir es gerne hätten. Die Fehler, die in der Vergangenheit von Parteien aller Couleur gemacht worden sind, dass man schlicht und ergreifend nicht genug Lehrer ausgebildet und eingestellt hat, holen uns ein. Wir werden einen eklatanten Mangel in einigen Fächern haben. Natürlich ist es auch nicht hilfreich, wenn sich ein Bundeskanzler hinstellt und sagt, Lehrer seien faule Säcke, sondern man müsste den Lehrerberuf ein wenig stärken. Man müsste sagen: „Wir brauchen junge qualifizierte Leute. Wir brauchen die Besten, die in die Schule gehen.“ Das ist auch unser Credo. Deswegen werden wir in den nächsten Jahren leider nicht auf die Quereinsteiger verzichten können. Aber auch hierzu finden wir eine klare Regelung im vorliegenden Lehrerbildungsgesetz.
Noch ein weiteres Thema wird geregelt, auch aus dem Koa litionsvertrag. Der Wegfall der Fortbildungspunkte wurde angesprochen. Dieses Instrument hat nicht die gewünschte Wirkung entfaltet. Nun wird die Fortbildung einheitlich geregelt und beim Amt für Lehrerbildung angesiedelt: klare Zuständigkeiten, klare Verhältnisse. Auch hier halten wir an unseren ordnungspolitischen Prinzipien fest.
Ich möchte noch auf den Punkt erste und zweite Phase eingehen, der auch angesprochen wurde. Herr Wagner fragte: Warum machen wir nicht den ganz großen Wurf? – Herr Wagner, das kann ich Ihnen sagen. Warum sollen wir nicht jetzt die Erleichterungen in der zweiten Phase machen, für die wir einen fertigen Gesetzentwurf in der Tasche haben? Das hat Frau Habermann völlig richtig gesagt.
Ich frage mich allerdings auch: Wo sind die Konzepte seitens der SPD? Die vermisse ich noch ein bisschen.
Herr Kollege Görig, ich wusste gar nicht, dass Sie jetzt auch Schulpolitiker sind. Aber es ist schön, dass Sie sich dafür interessieren.
Ich möchte noch etwas zu der ersten Phase sagen. Hier gilt unser altbewährter Grundsatz: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. – Deswegen bin ich der Kultusministerin dankbar für die Ankündigung, dass hier eine Arbeitsgruppe der beteiligten Ministerien tagen wird.
Ich bin mir sicher, dass wir zu guten Ergebnissen kommen werden. Ich appelliere nochmals an die Opposition; denn bei den GRÜNEN fehlt mir noch immer die Aussage: „Dieser Gesetzentwurf ist gut.“ Der Gesetzentwurf wird von den Fachleuten getragen, von einer breiten Mehrheit der Betroffenen, von der GEW bis hin zu den Philologen.
Sie haben schon damals Zustimmung signalisiert. Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu, und alles wird gut. – Danke.