Protocol of the Session on December 15, 2010

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Vorlage des neuen Naturschutzgesetzes sind – wie schon immer – die Naturschutzbeiräte bei der obersten und den unteren Naturschutzbehörden festgeschrieben.

Wir als SPD-Fraktion fordern aber eigentlich auch einen Naturschutzbeirat bei der oberen Naturschutzbehörde, dort, wo viel über Naturschutz entschieden wird, nämlich bei den Regionalplänen und den größeren Schutzgebieten, beim Regierungspräsidenten. Man sollte durchaus einmal überlegen, ob man nicht dazu kommen kann, auch dort einen Naturschutzbeirat einzurichten.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wieder einzurichten!)

Der letzte CDU-Änderungsantrag befasst sich mit Bewirtschaftungsplänen und deren Umsetzung. Herr Dietz, diesen Änderungsantrag begrüßen wir auch. Der ist okay, geht uns aber natürlich nicht weit genug. Wir fordern erneut, Landschaftsrahmenpläne in dieses Naturschutzgesetz aufzunehmen, um einfach all das sicherzustellen, was in diesen Plänen gehändelt werden muss.

Ich erinnere mich sehr genau daran, als Anfang September zu diesem Naturschutzgesetz gesagt wurde, dass wir gemeinsam in die Anhörung gehen sollen, um dann auch gemeinsam die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Was ist das für eine Schlussfolgerung, wenn aus der Anhörung keiner der vielen Kritikpunkte und keiner der Verbesserungsvorschläge der Stellungnahmen den Weg in den Gesetzentwurf gefunden haben? Der Änderungsantrag von CDU und FDP greift davon ebenfalls nahezu nichts auf. Man darf doch als jemand, der um eine Stellungnahme gebeten wurde, von uns Politikern erwarten, dass seine Stellungnahme aus der Anhörung verantwortungsbewusst ausgewertet wird. Da wir nach der Anhörung immer noch über nahezu den gleichen Gesetzentwurf reden, hat sich natürlich an der Meinung unserer Fraktion zu diesem Gesetzentwurf nichts geändert.

Wir halten es mit dem Bundesrecht für nicht vereinbar, wenn Sie sagen, dass Ersatzmaßnahmen gleichzeitig Ausgleichsmaßnahmen sind. Wir reden doch von Grundpfeilern des Naturschutzes, wenn wir vom Dreiklang Vermeidung, Ausgleich und Ersatz reden. Deshalb darf dieser Dreiklang auch nicht aufgeweicht werden. Das tun Sie aber. Der Naturraumbezug, wie er im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen ist, muss nach unserer Meinung beibehalten werden. Es wird Sie nicht wundern, dass wir diesem Gesetzentwurf und damit auch in Konsequenz den Änderungsanträgen nicht zustimmen werden. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Kollege Sürmann für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es jetzt nicht mehr die Zeit, großartige Ausführungen zu machen. Deswegen einige wenige Worte. Im Zuge der Föderalismusreform sind der Naturschutz und die Landschaftspflege in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz überführt worden. Seit dem 1. März 2010 gilt das Bundesnaturschutzgesetz unmittelbar. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt mehr als nur ein Bündel von

Ausführungsvorschriften dar. Vielmehr ist es so, dass wir das hohe Niveau des hessischen Naturschutzrechts beibehalten haben, bei gleichzeitiger Entschlackung des Bürokratismus. Ganz im Gegensatz zu den Ausführungen, die von den LINKEN gemacht wurden, sind wir stolz darauf, dass wir den vertraglichen Naturschutz vor den Verordnungsnaturschutz stellen, weil wir staatlichen Dirigismus, ohne den Eigentümern und Landnutzern einen Ausgleich zu bieten, für verkehrt halten. Das ist etwas, was uns unterscheidet. Wir sind stolz darauf, dass wir das in diesem Gesetz deutlich machen konnten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Besonders positiv sind die Planungen für die Schutzgebiete und den Artenschutz, diese werden vereinheitlicht. Sie werden in einem einheitlichen Verfahren bewertet. Das ist eine Zielsetzung, die dem europäischen Naturschutz nahekommt, weil der Vorrang des europäischen Naturschutzrechts dort eingeräumt ist.

Die Gemeinden können künftig geschützte Landschaftsbestandteile im bauplanungsrechtlichen innerstädtischen Bereich durch Satzung ausweisen, das sind die sogenannten Grünbestandssatzungen. Die Einrichtung des Naturschutzinformationssystems NATUREG wird eine breite Möglichkeit für alle Behörden darstellen, sich schnell und einfach auf einem zentralen Weg über alle naturschutzrelevanten Dinge zu informieren, um so Verwaltung zu vereinfachen.

Ich will es dabei belassen. Die vertraglichen Vereinbarungen haben Vorrang vor dem Ordnungsrecht. Die Bewirtschaftungspläne zum Zwecke des Artenschutzes werden nur aufgestellt, wenn dies vom Bundesnaturschutzgesetz her auch erforderlich ist. Dort gibt es keinen übertriebenen Dirigismus. Wir haben den hohen Wert der Streuobstwiesen beibehalten. Wir haben einen einfachen und unbürokratischen Ausgleich im Fall von Eingriffen geschaffen. Das macht die Sache endlich rund.

Naturschutz wird endlich nicht mehr als Bürde wahrgenommen, sondern als Notwendigkeit, die in Zusammenarbeit mit Landeigentümern, Nutzern und Pächtern und Mietern – es sind ja nicht immer nur Kapitalisten – einheitlich erfolgt. Damit wird die Freude am Naturschutz bei diesen Leuten größer. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Hammann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Naturschutz der Landesregierung bleibt weiter auf einem niedrigen Niveau. Das können wir, nachdem der Gesetzentwurf eingebracht und diskutiert wurde, ganz einwandfrei feststellen. Wir haben heute die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs. Leider gab es nicht viele Änderungen, die Richtung einer Verbesserung des Naturschutzes in Hessen hätten zeigen können.

Wir haben in der Anhörung durch die vielen guten Stellungnahmen gesehen, dass das Land weit hinter dem zurückgeblieben ist, was es tatsächlich für die Natur, für die Landschaft in Hessen hätte regeln können. Wir wissen

zwar auch, dass der Rahmen durch das Bundesnaturschutzgesetz relativ eng gesteckt ist. Aber der Bundesgesetzgeber hat der Landesregierung in einigen Bereichen durchaus einen Freiraum gegeben, in dem das Land eigenständige Regularien hätte treffen können.

Trotz des Jahres der Biodiversität – das haben wir im Jahr 2010 – hat die Landesregierung keine weiteren Schritte ergriffen, um einen Rückgang der Arten zu stoppen. Herr Dietz, wenn Sie von der Bewahrung der Schöpfung reden, dann müssen Sie das auch ernst nehmen. Das hätte bedeutet, dass dieses Gesetz, das von der Landesregierung vorgelegt wurde, mit Ihren Änderungsanträgen begleitet, sehr viel mehr an Naturschutz hätte beinhalten müssen als das, was Sie uns vorgelegt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir bedauern, dass Frau Umweltministerin Puttrich den fatalen Weg ihrer Vorgänger fortsetzt. Die Landesregierung hätte durchaus diese Chance ergreifen können, die ihr der Bundesgesetzgeber eröffnet hat. Sie haben zwar die Alleen wieder mit aufgenommen als besonders schützenswerte Biotope. Was wir aber vermissen, ist die alte Regelung, die wir schon einmal hatten: Hohlwege, Trockenmauern, Feldgehölze oder auch landschaftsprägende Einzelbäume zu schützen. Das ist offensichtlich nicht gewollt, das haben Sie nicht getan.

Sie haben es auch anders als im Bundesnaturschutzgesetz so geregelt, dass der Vertragsnaturschutz einen absoluten Vorrang eingeräumt bekommen hat. Auch dieser Punkt wurde in der Anhörung massiv kritisiert. Das bedeutet nämlich, dass Naturschutz nach Kassenlage betrieben wird.

Die Reihe des Verweigerns lässt sich fortführen. Exemplarisch möchte ich hierfür die fehlende Wiedereinführung der Verbandsklage nennen, die fehlende Wiedereinführung der Landschaftsrahmenpläne, die fehlende Wiedereinführung der Einvernehmensregelungen bei Eingriffen in Natur und Landschaft, die es einmal gegeben hat. Da musste sich nämlich die Eingriffsbehörde mit der Naturschutzbehörde verständigen im Hinblick einer einvernehmlichen Regelung. Das gibt es leider nicht mehr. Das haben Sie auch nicht mehr in Ihr Gesetz mit aufgenommen.

Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen den Vorwurf: Wir hatten im Jahr 2008 einen Antrag im Hessischen Landtag beschieden, der zum Inhalt hatte, dass eine Biodiversitätsstrategie des Landes erarbeitet und vorgelegt wird. Die Landesregierung sollte dem Parlament immer wieder einen Bericht darüber abgeben, welche Maßnahmen ergriffen wurden und welche Maßnahmen geplant sind, um die Biodiversität im Lande Hessen zu erhöhen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies fehlt alles. Es gibt weder eine Biodiversitätsstrategie des Landes Hessen, noch gibt es die jährliche Berichterstattung. All das sind Defizite, die wir kritisieren. Das liegt in Ihrer Verantwortung, dass Sie das nicht umgesetzt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss resümieren, die Politik dieser Landesregierung erschöpft sich in bunten Prospekten und öffentlichen Auftritten mit vielen, vielen Lippenbekenntnissen. Wenn man kritisch dahinterschaut, entdeckt man nur laue Luft.

Frau Ministerin Puttrich, es ist zwar gut, dass Sie mit den Naturschutzverbänden reden. Aber nur reden bringt uns im Naturschutz in Hessen keinen Schritt weiter. Sie müs

sen auch zuhören und das, was Ihnen die Naturschutzverbände sagen, umsetzen.

(Peter Stephan (CDU): Das wäre schön!)

Meine Damen und Herren, leider aber passiert das nicht. – Herr Kollege Stephan, der Naturschutzministerin hätte es sehr gut angestanden, wenn sie sich offensiv für den Schutz der Arten und Lebensräume eingesetzt hätte. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist kein Luxus, sondern Zukunft und Lebensversicherung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor Kurzem konnte ich mir eine Berichterstattung im Hessischen Rundfunk anhören, am 13.10., „Hessenschau kompakt“. Da war die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Frau Beate Jessel, zu hören. Sie sagte dort: Es wäre notwendig, dass sich das Land – gemeint war Hessen – stärker in der Agrarumweltförderung engagiert. Denn es gibt in Hessen nicht nur den Vogelsberg. Wir haben durchaus noch viele andere wertvolle Lebensräume, die eigentlich nur mit der Landwirtschaft erhalten und gepflegt werden können.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Agrarumweltfördermaßnahmen sind auch für den Naturschutz wichtig. Dort hätte sich das Land Hessen schon in der Vergangenheit massiv engagieren können.

Frau Kollegin Hammann, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Danke, Frau Präsidentin. Ich komme zum Schluss meiner Rede.

Es ist einfach bedauerlich, dass es der Naturschutzministerin nicht gelungen ist, den Naturschutz wirklich ernst zu nehmen und in ein geeignetes Gesetz zu kleiden. Man kann erkennen – auch durch die Reden der beiden Abgeordneten, Herrn Dietz und Herrn Sürmann –, dass Ihnen der Naturschutz offensichtlich keine Herzensangelegenheit ist. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Hammann. – Das Wort hat Frau Umweltministerin Puttrich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst eines klarstellen: Wenn hier vonseiten der LINKEN behauptet wird, Naturschutz sei für diese Landesregierung ein Übel, dann kann ich nur sagen, das ist eine bösartige Unterstellung und fernab jeder Realität.

Frau Hammann, wenn Sie von Ihrer Seite her sagen, Naturschutz sei kein Luxus, so gebe ich Ihnen vollkommen recht. Naturschutz ist eine Verpflichtung, eine Verpflichtung für uns alle. Ich glaube nicht, dass man dieser Lan

desregierung in dieser Lockerheit den Sinn für Naturschutz absprechen kann – nur weil nicht das, was Sie von Ihrer Seite aus für richtig halten, in dieses Gesetz eingeflossen ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Wir haben im Naturschutzgesetz einen roten Faden:

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Kooperation statt Konfrontation. Ich glaube nicht, dass Sie deshalb von Ihrer Seite her zu dem Ergebnis kommen können, wenn nicht alles verpflichtend gesetzlich geregelt und reglementiert wird, sei keine Ernsthaftigkeit vorhanden.

Gerade beim Naturschutz ist es wichtig, Menschen mitzunehmen. Es ist auch wichtig, die mitzunehmen, die Land bearbeiten. Insofern ist es doch vollkommen klar, dass man hier sehr viel weiter kommen kann, wenn man Kooperationen eingeht, statt auf Konfrontation zu setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich möchte nur einige wenige Dinge ansprechen. Ich halte es für vollkommen richtig, wenn Kompensation nicht in unmittelbarer Nachbarschaft sein muss. Ich halte es auch für eine falsche Interpretation, wenn man zu dem Ergebnis kommt, es gehe zulasten dieser Bereiche, wenn man Kompensationen innerhalb eines Flächennutzungsplanes oder eines benachbarten Landkreises machen kann.