Protocol of the Session on March 31, 2009

Machen Sie sich den Spaß einer Selbstbefragung, und tragen Sie auf einer Skala Ihre personenbezogenen Daten nach Geheimhaltungsbedürftigkeit und Informationsinteresse Dritter ein. Sie werden ganz schnell merken, wie verblödet die Formeln: „Ich habe nichts zu verbergen“ oder „Sicherheit vor Freiheit“ und dergleichen sind.

(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Die gleitende Skala beim Datenschutz, die Skala „Informationsfreiheit – Informationsinteresse“ entspricht in etwa dem gestuften Schutzkonzept, das der Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen durch die Presse entwickelt hat. Personen der Zeitgeschichte – das sind Sie alle – werden danach weniger geschützt als gewöhnliche Privatpersonen.Im Urteil vom 24.

Juni 2008 hat der Bundesgerichtshof die Veröffentlichung eines Fotos gebilligt, das Frau Simonis am Tag der Ablösung als Ministerpräsidentin beim Shoppen zeigte. Wörtlich:

Das Verhalten von Politikern in solchen Situationen, in denen sich Wut, Enttäuschung und Frustration manifestieren können,kann wertvolle Anhaltspunkte nicht nur für die Einschätzung der jeweiligen Person im Verlauf ihrer weiteren politischen Laufbahn,sondern auch für die Beurteilung des politischen Geschehens im Allgemeinen geben.

Das heißt: Es gibt keine Situation, bei der Sie nicht beobachtet sind.Wenn Sie aus Frustration und Zorn einmal die Sau rauslassen, um das krass zu sagen, besteht ein gesteigertes Informationsinteresse der Bevölkerung.

(Heiterkeit)

Motto: So sind sie, die Politiker. – Aus datenschutzrechtlicher Sicht hätte ich das enger gesehen. Manchmal kommt auch Ihnen der Datenschutz zugute. Ich würde sagen, auch als Politiker ist man Mensch und hat Freiräume.

(Beifall – Volker Hoff (CDU): Da habe ich große Zweifel!)

Ich hoffe, dass das überall in diesem Hause konsensfähig ist.

Als Beispiele hätte ich immer noch die aktuelle Onlinedurchsuchung anzubieten, die Pkw-Kennzeichenerfassung, die GPS-Überwachung, den genetischen Fingerabdruck, die elektronische Gesundheitsakte, die zunehmende Verbreitung der Videoüberwachung auch öffentlicher Räume, Google Earth und die Arbeitnehmerbespitzelung, die routinemäßige Meldung politischer Informationsstände an die Verfassungsschutzbehörde usw. usf.

Was glauben Sie, was das für ein Gesellschaftsspiel ist, im Bekanntenkreis auf einer Linie aufzutragen, wo Datenschutz besteht und wo nicht.Aber ich möchte Ihnen nicht den Spaß an der Zuordnung verderben.Auch das Bundesverfassungsgericht kann keine Patentlösungen anbieten und hat in den meisten Entscheidungen des vergangenen Jahres den Ball an Sie, an den Gesetzgeber, wieder zurückgegeben. Zur Ordnung der Verwaltungstätigkeit tragen wir alle gemeinsam bei.

Im Übrigen ist mir vor der Verwaltung nicht bange, auch wenn gelegentlich dem Geist, der da wandelt – einige von Ihnen erinnern sich vielleicht an die „Phantom“-Comics der Fünfzigerjahre –, dem Phantom nachgejagt wird, mit Wattestäbchen und was auch immer.

(Heiterkeit)

Bange ist mir vor der Entwicklung einer Infrastruktur, die privaten Kriminellen über das Internet das Eindringen in meine Privatsphäre ermöglicht. Ich habe neulich gesagt: Der große Bruder ist nicht das Problem,die bösen kleinen Brüder sind das Problem, und das nimmt immer mehr zu.

So viel zum Rechtlich-Fachlichen. Sie haben mich schon lange genug ertragen. Zum Abschluss der von mir erwartete musikalische Ausklang. Wie eingangs erwähnt, fällt meine Sozialisierung in die Ära des echten Rock ’n’ Roll der Fünfzigerjahre. Dieser klang vor 50 Jahren im Jahr 1959 allmählich aus. In Deutschland verdrängte Peter Kraus, mittlerweile ein Uralt-Rocker, mit „Sugar Baby“ den damals in Bad Homburg vor der Höhe lebenden deutschen Elvis Ted Herold. „Hula Rock“ war damals ein Hit.Elvis selbst befand sich ebenfalls in Hessen und nahm

Platz 8 in der amerikanischen und der deutschen Hitparade mit dem Titel „A Fool such as I“ ein.

(Heiterkeit)

Was will ich damit sagen? Der Titel beginnt mit: „Pardon me if I’m sentimental“. Ich bitte ebenfalls um Entschuldigung, wenn ich jetzt etwas sentimental werde. Effektivität und Effizienz der Aufgabenwahrnehmung und Aufgabenerfüllung des Hessischen Datenschutzbeauftragten hängen von der Datenschutzkultur in diesem Land ab.Angesichts der geringen Machtmittel, die der Hessische Datenschutzbeauftragte bei seiner Aufgabenerfüllung zu Gebote hat, ist er auf politische Einflussmöglichkeiten angewiesen, d. h. auf die Mitarbeit und Zuarbeit von Ihnen allen und die Kooperation mit den Massenmedien. Dies hat bisher gut bis hervorragend geklappt.

Die nur noch für Hessen gültige Konstruktion des Hessischen Datenschutzbeauftragten im Nebenamt halte ich im Interesse eines unabhängigen, ausgewogenen Datenschutzes für sinnvoll, wenn auch nicht familienfreundlich. Sie hängt davon ab, dass Sie einen Dummen finden, der dieses Amt als Ehrenamt übernimmt.

(Heiterkeit)

Die Dummheit löst sich freilich auf, wenn sie durch Erfolgserlebnisse kompensiert wird. Ich empfinde die Tatsache, dass die hessische Datenschutzkultur internationalen und nationalen Standards locker standhalten kann,als Erfolgserlebnis.Jedenfalls sehe ich mich bisher nicht als Fool bzw. als hessischer Landesdepp, sondern als Hessischer Datenschutzbeauftragter, und betrachte die Übertragung des Amtes in der Tat als Ehre und Verpflichtung, der ich noch einmal nachkommen will.

Ich gehe dabei davon aus, dass Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, sich Ihrerseits dem Datenschutz weiterhin so verpflichtet fühlen, wie das bisher der Fall war, und appelliere, die Diskussion über die Zusammenlegung des öffentlichen und des privaten Bereichs nicht mit parteipolitischen Scheuklappen von vornherein abzuwürgen. – Ich hoffe auf eine interessante Diskussion und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Professoren gehen am Ende ihrer Vorlesung gleich aus dem Hörsaal – völlig richtig. Herr Prof.Ronellenfitsch,ich bedanke mich mit dem Hinweis, dass Elvis nicht nur in Hessen war, sondern in Bad Nauheim, in meinem Wahlkreis, wohnte.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: In Friedberg!)

In Friedberg hat er gedient, Herr Kollege Hahn. Aber bei mir hat er gewohnt, und seine Musik fällt nicht unter Datenschutz.Wunderbar.

Damit ist Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 3:

Wahl der Mitglieder für die 13. Bundesversammlung zur Wahl der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten

Dazu darf ich Ihnen Folgendes darlegen. Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung wählt der Landtag die auf das Land Hessen entfallenden Mitglieder nach Vorschlagslisten der Fraktionen.

Am 21. Januar 2009 hat die Bundesregierung auf Vorschlag von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble festgesetzt, dass auf das Land Hessen 44 zu wählende Mitglieder entfallen.Die Drucksachen mit den Wahlvorschlägen der Fraktionen liegen Ihnen vor.– Weitere Vorschläge werden nicht gemacht.

Wie mit den Fraktionen abgesprochen, erfolgt die Wahl offen. – Es widerspricht auch hier keiner. Nach § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten hat jeder Abgeordnete eine Stimme. Deswegen lasse ich jetzt nacheinander über die vorliegenden Listen abstimmen.

Zunächst rufe ich den Wahlvorschlag der Fraktion der SPD, Drucks. 18/243, auf.Wer dieser Liste zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – 29 Stimmen. Wer ist dagegen?

(Axel Wintermeyer (CDU): Nein, das machen wir so nicht!)

Ich habe es versucht,es hat nicht geklappt,Herr Kollege.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe Ihnen ein Auto geschenkt,Herr Kartmann! Das kann man echt nicht machen!)

Mein Gott, bei so einem alten Auto kommt manchmal etwas vor, was bei Ihrem jungen Auto nicht vorkommt.

Ich rufe den Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 18/244, auf. Wer stimmt der Liste zu? – Das sind sechs Stimmen.

Ich rufe den Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/245, auf.Wer stimmt dieser Liste zu? – Das sind 66 Stimmen.

Ich rufe den Wahlvorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/246, auf.Wer stimmt dieser Liste zu? – Das sind 17 Stimmen.

Somit entfallen nach dem in § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung zwingend vorgeschriebenen Verfahren d’Hondt auf die Liste der SPD elf Plätze, auf die Liste der Fraktion DIE LINKE zwei Plätze, auf die Liste der Fraktionen der CDU und der FDP 25 Plätze und auf die Liste von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sechs Plätze. Die Gewählten sind in der Reihenfolge der Listen gewählt. Die jeweils auf der Liste Folgenden sind die Ersatzmitglieder.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass den gewählten Mitgliedern und Ersatzmitgliedern der 13. Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten am 23. Mai 2009 ein Schreiben überreicht wird. Dieses Schreiben enthält die Annahmeerklärung zur Wahl als Mitglied der 13. Bundesversammlung. Ich darf Sie bitten, dieses Schreiben ausgefüllt innerhalb von zwei Tagen an die Kanzlei des Hessischen Landtags zurückzureichen. Sie bekommen jetzt das Schreiben. Das geben Sie bitte im Laufe der nächsten zwei Tage zurück, damit Sie die Annahme Ihrer Wahl erklären. Ohne diese Annahmeerklärung sind Sie kein Mitglied der Bundesversammlung.

Die von Ihnen erbetenen Daten sind nach § 4 Abs. 6 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten dem Präsidenten des Bundestages durch die Kanzlei zu übermitteln. Sobald Ihre Annahmeerklärung bei der Kanzlei des Hessischen Landtags eingegangen ist, erhalten Sie die Unterlagen zur Vorbereitung Ihrer Reise nach Berlin. Meine Damen und Herren, damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 5:

Wahl des Landesjugendhilfeausschusses

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs wählt der Landtag „sechs in der Jugendhilfe erfahrene Personen“ als Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 des Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs ist für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied vorzusehen.

Es liegt Ihnen der Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/247, vor. – Weitere Vorschläge werden nicht gemacht.

Es ist abgesprochen, dass wir offen abstimmen. Wird der Wahl durch Handzeichen widersprochen? – Das ist nicht der Fall, dann bleibt es bei diesem Verfahren.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Wahlvorschlag Drucks. 18/247 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das bedeutet, wir haben 112 Zustimmungen und sechs Enthaltungen. Damit sind die in dem Wahlvorschlag genannten Damen und Herren Abgeordneten als Mitglieder bzw. stellvertretende Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses gewählt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf: