Was ist denn in den letzten Tagen vor der Landtagwahl in Nordrhein-Westfalen passiert? – Es gibt da doch nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat die Bundesregierung an dem Donnerstag vor der Landtagswahl in NordrheinWestfalen, als über die Hilfe für Griechenland entschieden wurde, den Deutschen Bundestag, ich will das jetzt einmal vorsichtig formulieren, unzutreffend und unvollständig informiert – es gibt Leute, die würden sagen, dass der Deutsche Bundestag in seiner Gesamtheit hinsichtlich der Frage, wie die reale Situation aussieht, und vor dem Hintergrund des großen Topfes hintergangen wurde –,
oder aber die Bundesregierung hat schlichtweg keine Ahnung gehabt.Herr Milde,ich weiß nicht,was besser ist.Ich weiß nicht, ob es besser ist, wenn der Deutsche Bundestag hintergangen wurde, oder ob es besser ist, wenn die Kanzlerin und das gesamte Kabinett ganz offensichtlich keine Ahnung davon hatten.
Italien, Frankreich und viele andere Länder waren im Wissen um die Spekulationssituation gegen den Euro insgesamt in Vorbereitung auf den Finanzgipfel am Freitagabend und am Sonntag längst auf dem Weg, Initiativen einzureichen, die einen notwendigen und richtigen Schritt in die Richtung dargestellt haben, den Spekulanten ein Stoppschild aufzustellen. Die bundesdeutsche Europapolitik hat hier auf jeden Fall vollständig versagt. Herr Milde, wir waren nicht einmal anwesend.
Herr Milde und auch Herr Koch, deswegen sage ich Ihnen:Was Sie erzählt haben, ist alles richtig.Aber die deutsche Europapolitik ist in den letzten 14 Tagen implodiert. Wir spielen da keine Rolle.
Das hat etwas damit zu tun, dass Sie seit einem Dreivierteljahr in Berlin ganz offensichtlich nicht regieren wollen. Das ist der Kern der Debatte, die Sie seitdem führen.
Ich sage Ihnen das sehr deutlich: Zu der Erkenntnis, die Sie im zweiten Teil Ihrer Rede als Konsequenz aus der Situation in Europa formuliert haben, nämlich dass die Finanzmärkte reguliert werden müssen, waren wir in der Großen Koalition schon deutlich früher gekommen.
Lieber Gottfried Milde, nach dem 27. September 2009 ist der Schwung hinsichtlich der Initiativen ziemlich verebbt. Mein lieber Gottfried Milde, ich hätte schon gerne einmal
eine Erklärung dafür, wie es sein kann, dass Ende Januar 2010 unter Führung der schwarz-gelben Regierung das von der Großen Koalition erlassene Verbot für Leerverkäufe wieder zurückgenommen wurde. Ich möchte gerne einmal wissen, warum das stattfinden konnte.
Ich begrüße ausdrücklich die Erkenntnisse, die in den letzten Tagen, getrieben von der CSU und von Herrn Seehofer, entstanden sind, die erkannt haben, dass man in der Frage der Regulierung der Finanzmärkte jetzt beikommen muss. Ich weiß, dass in Teilen der Union gesehen wird, dass jetzt eine demokratieschädliche Situation eintritt. Dort gibt es eine andere Form des Verantwortungsbewusstseins als die, die von vielen anderen, deren Worte ich hier zitiert habe, zu Markte getragen wurde.
Herr Milde,ich sage Ihnen das sehr deutlich:Ich habe großen Respekt davor,dass Kollegen Ihrer Fraktion den „Focus“ abbestellt haben, als die Griechen dort in der Absicht, zu denunzieren, insgesamt beleidigt und beschimpft wurden. Ich sage Ihnen: Herr Klee hat das völlig richtig gemacht. Er erhält dafür meinen persönlichen und politischen Respekt.
Zweitens. Damit bin ich beim Thema Regulierung des Finanzmarkts. Warum hat das unter Ihrer Führung eigentlich so lange gedauert? Warum haben Sie ein Dreivierteljahr lang dazu nichts gemacht? Das gilt für das Thema Ratingagenturen. Das gilt für das Thema Transaktionssteuer.
Ich weiß, dass insbesondere die FDP der Bremsklotz war. Das wissen wir.Wir sind für die Erklärung des Herrn Kollegen Rentsch dankbar. Heute hat er erklärt, dass die Einführung der Transaktionssteuer richtig wäre.
Wir hätten uns gewünscht, dass eine solche Äußerung viel früher gekommen wäre. Dann wäre uns manches erspart geblieben.
Das gilt im Übrigen auch für weitere Maßnahmen. Das Thema Leerverkäufe habe ich schon angesprochen.Auch das Thema Transparenz an den Finanzmärkten habe ich angesprochen.Wir brauchen dort eine andere Art Verantwortlichkeit. Ihre Einsicht kommt spät. Sie haben versucht,über die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hinwegzuregieren. Eigentlich haben Sie nicht darüber hinwegregiert.
Ich stelle hier noch einmal fest: Sie wollen laut Ihrem Koalitionsvertrag allein 80 Prüfaufträge abarbeiten und Kommissionen einrichten. Nach dem Ergebnis der Wahl in Nordrhein-Westfalen versuchen Sie jetzt, in der Realität anzukommen. Das ist gut so. Alles, was zur Regulierung beiträgt, ist aus unserer Sicht zu unterstützen.
Herr Arnold, das kann ich Ihnen sagen. Sie waren am vergangenen Donnerstag aus parteitaktischen Gründen
und aus Räson vor Ihrem Koalitionspartner nicht bereit, die Transaktionssteuer, die Sie jetzt mit uns beschließen wollen,in die entsprechenden notwendigen Entschließungen hineinzuschreiben. Deswegen haben wir uns der Stimme enthalten. Das wissen Sie auch.
Deswegen haben wir uns der Stimme enthalten. Herr Arnold, das wissen Sie auch. Denn das wurde mehr als einmal kommuniziert.
Jetzt kommen Sie zur Besinnung. Offensichtlich gibt es da neue Dynamiken. Sie setzen sich ganz offensichtlich über die Befindlichkeiten des Koalitionspartners und, in Klammern, auch der Bundeskanzlerin, die das auf dem Kongress des DGB am Sonntag noch ausgeschlossen hat, hinweg und kommen zu der richtigen politischen Positionierung. Wir begrüßen das. Ich glaube, dass wir durch unser Verhalten am Ende mit dazu beigetragen haben, dass Sie auf den Pfad der Tugend und der Einsicht zurückkehren konnten.
Ich komme jetzt zu dem zweiten Teil,der eine Rolle spielt. Ich habe das eben schon gesagt. Eigentlich erheben Sie gerade die Chaostheorie zum Politikprinzip. Da gilt: jeder gegen jeden. Es würde mir jetzt großen Spaß machen, die Vielzahl der Presseerklärungen vorzulesen, die es dazu gibt: Herr Mappus gegen Herrn Röttgen, Herr Müller wiederum gegen Herrn Mappus. Frau Lautenschläger hat auch etwas dazu gesagt. Das geht kunterbunt durcheinander. Roland Koch steht da gegen Angela Merkel – und umgekehrt. Der Vorsitzende der Jungen Union steht da gegen den Ministerpräsidenten. Die Bundeskanzlerin werde ich gleich noch einmal zitieren. Denn das ist besonders schön.
Es gibt noch etwas, was mich noch einmal zum Thema Sparen, dem zweiten Schwerpunkt, bringt. Der Ministerpräsident hat sich ein Dreivierteljahr dafür feiern lassen, dass er als zentraler Verhandler auf der Unionsseite den finanzpolitischen Unsinn, der in der Koalitionsvereinbarung steht,mit verhandelt hat.Er war da federführend.Sie haben mehrfach erklärt, Mitglieder des Kabinetts könnten an Sitzungen des Landtags nicht teilnehmen, weil ihre Anwesenheit in Berlin ganz wichtig sei. Dort würde Wegweisendes beschlossen.
Das zu sagen haben Sie wirklich hinbekommen, nachdem Sie das alles mitgemacht und ausgehandelt haben. Er hat dann jeden Unfug im Bundesrat mit beschlossen.
Ich sage Ihnen Folgendes.Das Gebot der Stunde ist:Wenn diese Landesregierung das ernst meint,was Sie hier gesagt haben, dann würde das bedeuten, dass sie noch heute eine Sondersitzung des Kabinetts einberuft und danach im Bundesrat eine Vorlage einbringt, mit der als erstes Signal die unsinnige Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hoteliers zurückgenommen würde. Das wäre das Gebot der Stunde.
Damit könnten Sie beweisen, dass Sie es wirklich ernst meinen. Das wäre allerdings nur ein kleiner Teil. Zu den anderen Teilen habe ich vorhin schon ein bisschen etwas gesagt. Darauf komme ich gleich noch einmal zurück.
Herr Arnold,nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen kommen alle aus ihren Löchern. Der Ministerpräsident hat das auch getan. 48 Stunden nach der Wahl hat er gesagt, man müsse jetzt bei der Bildung und bei der Kinderbetreuung sparen.Anschließend hat er immer wieder einmal versucht, ein bisschen Gas zu geben oder das ein bisschen zurückzunehmen. Haben wir die Frage des Kreidefelsens inzwischen geklärt? – Das ist noch in der Klärung.
die Finanztransaktionssteuer, Kassenzuschüsse einfrieren. Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW fordert mindestens 50 Milliarden c Mehreinnahmen, damit man überhaupt in die Lage kommt, über Haushaltskonsolidierungen wieder ernsthaft reden zu können, weil kein Mensch weiß, wie wir eigentlich mit den 18 Milliarden c im Bundeshaushalt umgehen sollen.
Wir sind dabei, denn der Ministerpräsident hat ausdrücklich den Sparteil mit angesprochen. – Ich sage noch einmal: Der Ministerpräsident kann seit einer Woche nicht entscheiden, was er bei dieser Regierungserklärung eigentlich sagen will. Er hat am Ende versucht, noch einmal ein bisschen hinzubiegen. Dazu sage ich: Sie kommen alle aus den Löchern.
Es passiert genau das, was wir vorher gesagt haben. Nach Nordrhein-Westfalen ist die Stunde der Wahrheit. Dann kommen Sie in der Realität an. Dann werden Sie erzählen, wo Sie überall mit Ihren Grausamkeiten ansetzen, wo Sie streichen, sparen, Bürgerinnen und Bürger belasten wollen.
Nun sage ich Ihnen: Veränderung erfordert im Kern Gerechtigkeit. Das ist etwas, was auch ein Stück weit Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern zurückgeben kann. Davon sind wir im Moment meilenweit entfernt. Genau das ist bald das Problem Ihrer Vorschläge.
Es geht Ihnen nicht um Gerechtigkeit. Der Ministerpräsident arbeitet nicht mit dem Thema Gerechtigkeit. Er hat dafür kein Gespür. Der Ministerpräsident jagt systematisch seit Jahren, wenn es eng wird, wenn es politisch schwierig wird, eine Gruppe gegen die anderen. Er ist und bleibt ein Spalter. Das ist der entscheidende Punkt.