Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich sehr herzlich für dieses wohltuende Klima der Sachlichkeit bedanken, in dem wir ein in der Tat schwieriges, aber auch sehr komplexes Thema diskutieren. Frau Abg. Cárdenas, ich möchte dennoch deutlich sagen: Ich weise energisch zurück, dass es in Hessen oder in Deutschland eine inhumane Abschiebepraxis gibt.
Sie haben hier eine Welt aufgezeigt, die überhaupt nicht der Realität entspricht. Ich glaube, das, was Herr Roth gesagt hat, trifft viel mehr zu. Das weiß jeder, der sich mit dem Thema befasst. Es ist vielfach eben so, dass es einem sehr schwerfällt und dass wir nichtsdestotrotz an Recht und Gesetz gebunden sind. Sie wissen ganz genau, dass jede Ausweisung, die in unserem Lande vorgenommen wird, eine Folge zwingender rechtlicher Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes ist. Deswegen, finde ich schon, ist das Gegensatzpaar, das Sie aufgemacht haben – „Recht und gerecht“ – kein Gegensatzpaar. Eine Landesregierung wie diese Landesregierung ist an das Recht gebunden, und das wird hoffentlich auch immer so bleiben. Das ist der eine Teil.
Frau Abg. Cárdenas, Sie wissen auch, dass nahezu jeder dieser Abschiebungen, die in unserem Land stattfindet, eine gerichtliche Entscheidung vorausgegangen ist, dass es nicht nur eine gerichtliche Entscheidung gewesen ist, sondern dass in vielen Fällen ein ganzer Instanzenzug von Entscheidungen unabhängiger Gerichte vorausgegangen ist. Deswegen glaube ich, dass das der falsche Ansatz ist, den Sie gewählt haben, indem Sie von „inhuman“ sprechen. Ich finde, dass das Wort „inhuman“ über das Ziel hinausschießt.
Meine Damen und Herren, es zielt deswegen über das Ziel hinaus,weil es Entscheidungen unabhängiger Richterinnen und Richter sind, die hier als inhuman bezeichnet worden sind. Es ist aber noch viel schlimmer, was Sie als inhuman bezeichnen. Sie bezeichnen die schwierige und die sehr belastende Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mit
arbeiter der Ausländerbehörden, aber auch der hessischen Polizei als inhuman. Frau Abg. Cárdenas, ich finde, das geht definitiv nicht.
Ich sage Ihnen das als zuständiger Staatssekretär für die hessische Polizei, aber auch als Vertreter der obersten Landesbehörde für die Ausländerbehörden. Keinem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörden und keinem der hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten fällt es leicht, eine Abschiebung zu vollziehen. Keiner derer ist sich nicht der schwierigen Lage bewusst,die die Betroffenen haben,die abgeschoben werden.
An keinem dieser Mitarbeiter und keinem Polizisten geht es spurlos vorüber, insbesondere dann nicht, wenn Kinder an einer solchen Abschiebung beteiligt sind. Deswegen möchte ich mich ausdrücklich an dieser Stelle im Hessischen Landtag bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörden bedanken. Ich möchte mich bei der hessischen Polizei dafür bedanken, dass sie einen schwierigen Dienst ganz tadellos in unserem Land leistet.
Ich halte das auch fest, weil wir eine sehr gute Debatte über Zuwanderungen und Abschiebungen geführt haben, was man meines Erachtens an dieser Stelle gut tun kann. Ich halte für die Hessische Landesregierung fest, dass legale Einwanderung nach Deutschland selbstverständlich erwünscht ist. Ich sage sehr deutlich: Zuwanderung ist keine Bedrohung. Zuwanderung ist eine Bereicherung. Das gilt in menschlicher Hinsicht, das gilt in kultureller Hinsicht,
und es entspricht auch unserer historischen Verantwortung, Zuwanderung so zu handhaben, wie wir sie handhaben.
Deswegen bleibt es für die Hessische Landesregierung dabei, dass Menschen anderer Nationalitäten, anderer Kulturen und mit vielfältigen anderen Erfahrungen, als wir sie hier in unserem Lande gemacht haben und machen, in Hessen willkommen sind.
Ich füge aber auch das ganz deutlich hinzu: Zuwanderung funktioniert nicht wildwüchsig. Zuwanderung funktioniert nur dann, wenn sie gesteuert vonstatten geht. Sie wissen es ganz genau:Wer die Aufnahmefähigkeit und die Bereitschaft zur Aufnahme überstrapaziert, der gefährdet all das, was ich eben zur Erwünschtheit der Zuwanderung aufgezählt habe. Deswegen halte ich es für einen brandgefährlichen und fahrlässigen Umgang mit dem Thema Zuwanderung, wenn man sagt, das ist unbegrenzt, ungesteuert und wildwüchsig möglich.
Schauen Sie sich die Abschiebezahlen der letzten Jahre an. Sie werden sehen, die sprechen eine deutliche Sprache. Sie haben sich massiv verändert.Wir haben eine ganz rasante Abnahme der Zahl der Abschiebungen. Schauen Sie sich die Zahl für 2005 an. Damals wurden 2.118 Menschen abgeschoben.
Im Jahre 2009 waren es 861 Menschen, die abgeschoben worden sind. Das macht sehr deutlich, in welcher Entwicklung wir uns da befinden.
Auch da stimme ich Herrn Roth zu: Ja, jeder einzelne Fall einer Abschiebung ist ein Fall mit sehr vielen Facetten, denn es geht dabei immer wieder um existenzielle Fragen.
Aber ganz klar bleibt es stehen: Der Staat muss vollziehen, wenn die Angebote zur freiwilligen Rückkehr nicht genutzt werden. Denn wir können nur dann denjenigen in verantwortlicher Weise helfen, die Schutz und Heimat brauchen und denen wir diesen Schutz und diese Heimat auch gewährleisten wollen und müssen.
Ich bin sehr dankbar für den Hinweis von Herrn Mick und Herrn Bellino auf die Altfallregelung. Die Altfallregelungen machen außergewöhnlich eindrucksvoll deutlich,dass dieses Land Hessen und dieses Land Deutschland ein zutiefst humanes Land ist.
Schauen Sie sich die Zahlen an. Wir haben die Situation, dass alleine in Hessen in den vergangenen Jahren, bis zum Ende des letzten Jahres, rund 5.900 Personen unter die Bleiberechts- und Altfallregelung gefallen sind. Ich finde, das ist schon eine stattliche Anzahl, eine Zahl, die sich sehen lassen kann.
Ich will auch ganz deutlich sagen:Ich bin sehr stolz darauf, dass es insbesondere unter hessischer Führung gelungen ist, diese Altfallregelung zustande zu bringen und die Situation noch vor dem 31.12.2009 menschlich und human zu regeln. Sie wissen alle, dass dieser Einigung der Innenminister eine sehr lange und schwierige Diskussion vorausgegangen ist. Es war nicht einfach, im Kreise der ALänder,aber auch der B-Länder eine solche Verlängerung zu vereinbaren.
Niemand in unserem Hause – der Minister nicht, ich nicht – hat von Anfang an die Auffassung geteilt, es dürfe keine Verlängerung der Altfallregelung geben. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Ich weiß sehr wohl, dass sich unter diesen Personen natürlich auch Menschen befinden, die sich nicht integriert haben und sich auch nicht integrieren wollen. Wir wissen sehr genau – und das war der Grund, warum wir als Land Hessen so verfahren sind, wie wir verfahren sind –, dass es gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation für viele sehr schwierig ist, einen Arbeitsplatz zu finden und ihre Versorgung zu regeln.
Deswegen sage ich: Das war ein richtiger Weg, den wir gegangen sind. Gerade diese Beschlüsse der Innenministerkonferenz zeigen sehr deutlich, dass beim Vorliegen bestimmter Integrationsvoraussetzungen humanitäre Erwägungen einen klaren Vorrang gegenüber staatlichen Rückführungsmaßnahmen haben. Man kann mir nicht erklären – und es bleibt Ihr Geheimnis, Frau Cárdenas –, was an einer derartigen Regelung inhuman und ungenügend sein soll.
Lassen Sie mich auf den zweiten Fall eingehen, über den wir heute auch schon gesprochen haben. Das ist die Härtefallkommission.
Die Härtefallkommission arbeitet erfolgreich, und sie hat ihren Bericht für das Jahr 2009 vor Kurzem vorgelegt.
In diesem Berichtszeitraum bis Dezember 2009 sind 121 Härtefalleingaben für 248 Personen bearbeitet worden.In 51 Fällen hat die Kommission festgestellt, dass es dringende humanitäre Gründe gibt, die es erfordern, dass jemand in diesem Land hier bleibt. In diesen Fällen hat sie das Ersuchen an mein Haus gerichtet,diesen Personen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren – obwohl die gesetzlichen Vorschriften diesen Weg nicht zulassen.
In bislang 37 Fällen hat das Ministerium diesen Ersuchen entsprochen und gegenüber den zuständigen Ausländerbehörden eine Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen angeordnet; lediglich in einem einzigen Fall – das macht sehr deutlich, wie die Härtefallkommission arbeitet, aber auch wie das hessische Innenministerium in dieser Frage aufgestellt ist – ist das Ministerium einem Ersuchen der Härtefallkommission nicht gefolgt. Die 13 Fälle, die noch ausstehen, werden derzeit bearbeitet und stehen für eine abschließende Entscheidung des Ministeriums noch aus.
Diese Bilanz kann sich sehen lassen. Sie spricht für alles andere als eine inhumane Abschiebepraxis in unserem Bundesland.
Das Gleiche gilt für das, was Sie noch angesprochen haben, nämlich für den Appell des Hessischen Landtags – für den Antrag, den damals FDP und CDU gestellt haben – in Sachen Iran und Iranflüchtlinge. Wir haben ihn umgesetzt. Am Ende bedeutet das, dass jede einzelne kritische Akte in diesen Fällen meinem Haus vorgelegt und dort im Einzelfall entschieden wird. Was daran inhuman sein soll, das bleibt auch Ihr Geheimnis, Frau Abg. Cárdenas.Ich glaube,das ist genau der richtige Weg,den Sie hier damals mehrheitlich gefunden haben.Das ist ein humaner Weg, ein sachgerechter Weg.
Bleiben Sie also bei den Fakten. Gaukeln Sie nicht etwas vor, was es überhaupt nicht gibt. Ich sage es noch einmal sehr deutlich: Hessen ist ein weltoffenes Land. Hessen ist ein tolerantes Bundesland. In Hessen wird Zuwanderung als Bereicherung empfunden. In Hessen sind Zuwanderer willkommen. Das wird auch in Zukunft so bleiben. – Herzlichen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache. Die Aussprache über diese Große Anfrage hat stattgefunden.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Beteiligung am DB Eco Programm – Drucks. 18/1854 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich die Hoffnung, die Landesregierung erklärt vor Einbringung unseres Antrags, dass sie sich an diesem Programm beteiligt und dass bereits für sämtliche Dienststellen und Hochschulen Eco-Tickets erworden werden – noch dazu, wo wir jetzt ja alle bald klimaneutral nach Hause fahren wollen.
Vielleicht erklären Sie das aber jetzt noch. Ansonsten freuen wir uns natürlich darüber, wenn wir hier einen Antrag einstimmig verabschieden können. Anders nämlich kann ich es mir nicht vorstellen. Von uns aus können wir auch den Weg über den Ausschuss sparen.
Worum geht es? Für Mehrkosten von 1 % könnte die Landesregierung ihrem selbst gesteckten Ziel, bis zum Jahr 2030 eine CO2-neutrale Landesverwaltung zu haben, ein gutes Stück näher kommen. Mit dem Angebot der Bahn von CO2-freien Geschäftsreisen für Firmenkunden wird erstmals motorisierte Mobilität vollständig auf der Basis erneuerbarer Energien angeboten. Dafür kauft die Bahn quartalsweise vorab die erforderliche Strommenge aus deutschen erneuerbaren Energien und speist sie in das Bahnstromnetz ein. Die Mehrkosten für die verbrauchte Strommenge werden dem Großkunden in Rechnung gestellt, und diese erhalten dann eine Bescheinigung über die CO2-Einsparung bei den durchgeführten Dienstreisen.