Protocol of the Session on January 28, 2010

sen, wer dem Petitionsausschuss angehört, weil es immer wieder hochinteressante Petitionen gibt, die einem das Leben verschönern.

Ich will etwas zu dem Stichwort „Stellungnahmen der Ministerien“ sagen. Herr Minister Bouffier, ich habe Sie – Sie stellvertretend für Ihr Ministerium – beim letzten Bericht an dieser Stelle gelobt, und ich nehme Ihr Ministerium ausdrücklich von dem aus, was ich jetzt sage. An die übrigen Ministerinnen und Minister hätte ich aber die Bitte, in den Ministerien die Petitionen zu einem Thema zu machen. Allzu oft quälen wir uns im Petitionsausschuss, weil die Stellungnahmen nicht da sind oder verspätet eingehen. Es wäre für die, die da Dienst tun, eine Erleichterung, wenn die Stellungnahmen zeitnah kämen.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Ausländerpetitionen haben die Kolleginnen und Kollegen bereits etwas gesagt. Auch der Bericht sagt: ein leichter Anstieg. Ich bin aber anderer Meinung als Herr Reuscher.Wir müssen uns nicht unbedingt die Arbeit machen, eine Petition im Ausschuss umfassend zu beraten, wohl wissend, dass sie überhaupt keine Chance hat, sondern wir sollten sie direkt an die Härtefallkommission geben. Das wäre für die, die im Petitionsausschuss Dienst tun, eine echte Erleichterung.

(Beifall bei der SPD)

Ein drittes Stichwort: die Bürgersprechstunden und der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern.Auch das wird im Petitionsbericht ausführlich dargestellt. Nicht irgendwo, sondern in der Begegnung mit Bürgerinnen und Bürgern ist die Frage nach Onlinepetitionen aufgetaucht. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass meine Fraktion bereits in der 16.Wahlperiode dazu einen Antrag vorgelegt hat. Ich bin froh, dass wir von der Vorprüfungskommission uns in der nächsten Woche in Bremen und in Düsseldorf kundig machen, wie man dort mit Onlinepetitionen umgeht, um auch bei uns in dieser Frage einen Schritt weiterzukommen.

(Beifall bei der SPD)

Am Anfang der 18.Wahlperiode habe ich persönlich hervorragende Erfahrungen mit Ortsterminen machen können. Genau das, was im Petitionsausschuss nicht immer gelingt und was wir manchmal beklagen, gelingt dort. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ausgezeichnet. Man kann mit den Menschen vor Ort reden, und wenn man ins Auto steigt und vom Ortstermin zurückfährt, haben sich die Dinge in aller Regel geklärt – im direkten Kontakt und in der Begegnung mit den Bürgerinnen und Bürgern.

Ein letztes Stichwort. Im Zusammenhang mit der Änderung des Härtefallkommissionsgesetzes wurde eine Anhörung durchgeführt. In dieser Anhörung war die Rede davon, dass es sich hier um ein Gnadenrecht handele. Ich würde das etwas abwandeln und sagen: Auch das Petitionsrecht ist ein Gnadenrecht. Ich glaube, wenn Recht gesprochen ist, wenn sich alle zuständigen Gerichte geäußert haben, kann es um der betroffenen Menschen willen immer noch die Situation geben, dass wir Gnade vor Recht ergehen lassen.

Diese Möglichkeit müssen wir uns unbedingt offenhalten, weil dies das Recht derer ist, die uns legitimiert haben, sie hier zu vertreten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Auch ich will mit einem herzlichen Wort des Dankes schließen. Ich danke allen, die eben schon genannt worden sind, für die gute, fraktionsübergreifende Zusammenarbeit. Ganz besonders danke ich aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinter, vor und über mir aus der Landtagsverwaltung: aus dem Petitionsreferat. Lassen Sie mich, wenn ich Ihnen an dieser Stelle danke, mit einem Wort von Goethe abschließend sagen:

(Zurufe: Oh!)

Dank ist die schärfste Form der Bitte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Roth. – Das Wort hat Frau Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich dem Petitionsreferat für den ausgewogenen Bericht danken – sowie der Vorsitzenden, die ihn vorgelegt hat.

(Heiterkeit)

Als Obfrau der Linksfraktion muss ich allerdings den einen oder anderen Punkt anmerken, der mich nicht zufriedenstellt. Ich möchte über die im Bericht erwähnten Neuerungen sprechen und einige Anmerkungen zum Selbstverständnis des Berichterstatters und des Ausschusses sowie zum Umgang mit Ausländerpetitionen machen.

Zu den angekündigten möglichen Neuerungen. Unsere Position ist glasklar: Wir werden alle Neuerungen unterstützen,die den Zugang erleichtern,mehr Barrierefreiheit gewährleisten sowie mehr Partizipation, Diskussion und gemeinsame Wahrnehmung von Interessen fördern. Daher unterstützen wir die Einführung von Onlinepetitionen sowie von öffentlichen Petitionen, die mit unterzeichnet und in Onlineforen diskutiert werden können.

Der Bundestag hat diese und weitere Neuerungen bereits eingeführt. Auch Bremen und andere Bundesländer haben kürzlich zum Teil weitreichende Petitionsgesetze durchgesetzt. Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen und die Einführung dieser Neuerungen nicht länger hinauszögern.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Selbstverständnis des Berichterstatters und des Petitionsausschusses. Der hessische Petitionsausschuss arbeitet nach dem Berichterstatterprinzip.Die konkrete Arbeit eines Berichterstatters hängt auch von seinem Selbstverständnis als Berichterstatter ab: Habe ich lediglich den Sachverhalt aufzuklären, oder bin ich der Anwalt des Petenten?

Was bedeutet es eigentlich, wenn wir, wie der Petitionsbericht ausführt, in der Realität vielfach dem Beschlussvorschlag der Verwaltung folgen,sicherlich im Vertrauen darauf, dass diese immer das Recht achtet? Konrad Adenauer hat aber einmal gesagt: Natürlich achte ich das Recht, aber auch mit dem Recht darf man nicht so pingelig sein.

Das bedeutet, das Recht wird ausgelegt. Ermessensspielräume werden unterschiedlich weit definiert und genutzt. Deshalb ist ein Petitionsrecht so wichtig.Dies enthebt den

Berichterstatter oder die Berichterstatterin eben nicht von der Pflicht, sich eine eigene Meinung zu dem Sachverhalt zu bilden, um den Beschlussvorschlag unterstützen zu können. In diesem Sinne muss der Berichterstatter – –

(Unruhe)

Ich kann mich kaum noch selbst verstehen. Kann man vielleicht ein bisschen leiser sein?

Frau Cárdenas hat recht. Wenn die übrigen Außengeräusche schwächer werden, werden Ihre Geräusche – relativ gesehen – stärker.

In diesem Sinne muss für mich der Berichterstatter Sachwalter und Anwalt der Interessen des Petenten sein. Das hat auch Herr Reuscher schon betont; dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Der Petent beklagt sich z. B. über Behördenwillkür. Die Behörde, das Amt und das Ministerium nehmen Stellung, erklären und rechtfertigen das behördliche Vorgehen. Das zuständige Ministerium macht den sogenannten Verfahrensvorschlag, die Beschwerde abzuweisen. „Sachund Rechtslage“ heißt das in unserer Petitionsausschusssprache.

Es ist nun an uns als Berichterstatter, nicht nur Bericht zu erstatten, sondern den Bericht des Ministeriums z. B. auch zu hinterfragen: herauszufinden, ob die Verwaltung, die Behörde,das Amt und das Ministerium vielleicht auch anders hätten verfahren können. Der Berichterstatter muss herausfinden, ob sie ihre Ermessensspielräume im Interesse des Petenten voll ausgeschöpft haben.Das ist aus vielerlei Gründen, die ich jetzt gar nicht ausführen will, nicht immer einfach.

Aber als gewählte Volksvertreter benötigen wir eine kritische Distanz. Schließlich haben wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten, nicht die der Behörden. Das entspricht übrigens ziemlich genau dem Selbstverständnis einer linken Parlamentarierin: plebiszitäre Elemente,Annäherung an direkte Demokratie, Möglichkeiten, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger direkt aufzugreifen, Anwalt ihrer Interessen zu sein, gegen Behördenwillkür zu kämpfen, den kleinen David gegen den übermächtigen Goliath zu verteidigen.All das ist linkes Programm pur.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, deshalb bin ich als Vorsitzende des Petitionsausschusses an der richtigen Stelle. Dies bedeutet natürlich auch, unbequem zu sein, und es ist – erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung – nicht immer einfach, wenn man als Einzige der Fraktion in einem Ausschuss ist und zugleich die Funktion der Vorsitzenden erfüllen muss, die für den gesamten Ausschuss spricht.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir zu Beginn einer Legislaturperiode unter den Obleuten zu einer Diskussion über das Selbstverständnis des Petitionsausschusses als Legislativorgan kämen. Einerseits darf er sich nicht in gerichtliche Verfahren einmischen. Andererseits ist er aber kein weiteres Exekutiv- oder Judikativorgan, das die Prüfung der Petition auf ihre Übereinstimmung mit der Sachund Rechtslage beschränkt,wie dies § 101 Abs.1 Nr.3 und 5 der Landtagsgeschäftsordnung nahelegen.

Einerseits ist es die Aufgabe des Petitionsausschusses, gesetzliche Regelungslücken zu erkennen und darauf zu reagieren. Andererseits ist es meines Erachtens auch seine Aufgabe, Erkenntnisse in die Petitionsprüfung einzubeziehen, die nicht justiziabel sind, z. B. humanitäre, gesellschaftlich-integrative und Zweckmäßigkeits- sowie Opportunitätsgesichtspunkte. Der Petitionsausschuss wird sich meines Erachtens immer wieder die Frage stellen müssen, ob solche nicht justiziablen Aspekte mit parteipolitischen Voreinstellungen bewertet werden können.

Letztlich fände ich es angemessen, darüber nachzudenken, ob das Petitionsverfahren insoweit demokratisiert werden kann, als die Stellungnahmen der Behörden auch den Petenten zur Kenntnis gebracht werden. Das Petitionsverfahren ist zwar kein Rechtsschutzverfahren, aber ein dialektisches Verfahren, an dessen Ende das Legislativorgan Petitionsausschuss nach Rede des Petenten bzw. seines Berichterstatters und nach Gegenrede der Behörden – gegebenenfalls auch weiteren Reden und Gegenreden – entscheidet.

Ein Punkt, der mich tief berührt:Wir haben immer wieder Ausländerpetitionen, in denen es um ganz existenzielle Fragen geht: Familien mit kleinen Kindern, die hier geboren sind, sowie alte und kranke Menschen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, sollen abgeschoben werden. Rechtsanwälte machen ihre Arbeit nicht vernünftig, sodass sich ihre Petenten unberechtigterweise in Sicherheit wiegen. Eilentscheidungen sollen getroffen werden, und ein gegebenenfalls langjähriger Aufenthalt in Deutschland soll mit einem Federstrich beendet werden. Dies sind Momente, in denen ich an mir und meiner Aufgabe zweifle und ratlos bleibe.

Einen solchen Moment gab es übrigens auch in der letzten Sitzung des Petitionsausschusses, als wir über die Petition eines Rom aus dem Kosovo, Vater von zwei kleinen Kindern, entschieden haben. Das sind Momente, in denen ich meine Ohnmacht überwältigend wahrnehme. Ich würde mir wünschen, dass wir uns zukünftig alle zusammen den Einzelfall anschauen, die humanitären Belange in den Vordergrund stellen und jeden nur möglichen Ermessensspielraum im Interesse des Betroffenen ausnutzen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Der ist illegal eingereist! Was soll denn das? – Gegenruf des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE): Den kann man nicht einfach abschieben! Kein Mensch ist illegal! – Zuruf von der CDU: Er hätte einen Härtefallantrag stellen müssen!)

Ich wünsche mir zum Abschluss, dass wir – damit meine ich das Petitionsreferat, den Ausschuss und seine Vorsitzende – in Zukunft noch besser zusammenarbeiten, im Interesse der Menschen in Hessen, die mit ihren oftmals existenziellen Anliegen zu uns kommen, weil sie glauben, dass sie nirgendwo anders mehr Unterstützung erhalten können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Herr Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Sehr verehrte Frau Ausschussvorsitzende, ich bitte zunächst um

Nachsicht. Ich habe Ihre Rede nur teilweise verstehen können; denn hier oben kam kaum etwas an. Aber ich glaube, das Wesentliche habe ich mitbekommen.

Ich will nur wenige Bemerkungen machen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie sich mit der Frage auseinandergesetzt haben, wie ein Abgeordneter, der ganz persönlich in einer Aufgabe steckt, damit umgeht. Ich glaube, es geht allen so, dass das auch persönlich sehr fordert.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich, soweit Sie Vorschläge zu der Frage gemacht haben, wie der Ausschuss arbeiten und wie er seine Arbeit organisieren soll, aus Sicht der Landesregierung dazu nichts sagen möchte. Es ist zunächst einmal die Aufgabe des Ausschusses, sich eine Meinung dazu zu bilden, wie er arbeiten will.Wenn es dabei zu neuen Gesichtspunkten kommt – ich nenne dazu als Stichwort Onlinepetitionen, da gibt es aber auch noch Ähnliches mehr –, dann wird man sich darüber sicherlich verständigen können.

Ich bitte da aber um Verständnis. Sie haben eine ganze Reihe von Punkten angesprochen, zu denen auch ich eine Meinung habe. Aber ich denke, dazu sollte sich erst der Ausschuss verhalten.

Ich will nur zwei Bemerkungen machen. Die Zeit ist weit fortgeschritten.Die Debatte hat sich durch ein hohes Maß an Übereinstimmung ausgezeichnet.

Auch meinerseits will ich für die Landesregierung Dank und Anerkennung aussprechen. Dank und Anerkennung gelten natürlich all denen, die die Arbeit begleiten und vorbereiten. Das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, speziell die des entsprechenden Referats.