Protocol of the Session on December 22, 2009

Herr Arnold, ich werde Sie heute noch an Ihr Wort erinnern, ich komme sehr präzise dazu. – Dieses Versprechen ist immer wiederholt worden. Ich will, weil ich in den letzten zwei Reden häufig Zitate verwendet habe, das diesmal an einer einzigen Stelle konkret machen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Zitiere deinen Nächsten und nicht dich selbst!)

Am 27. Oktober 2007 sagte der stellvertretende Ministerpräsident – damals noch FDP-Landesvorsitzender, das ist er heute noch, aber damals noch nicht stellvertretender Ministerpräsident –, im Jahre 2007, nicht 2000:

Ich sage hier sehr deutlich: Die hessische FDP unternimmt alles rechtsstaatlich Mögliche, damit bald der Beton für eine neue Landebahn gegossen werden kann. Die hessische FDP sagt aber mit derselben Leidenschaft: Wer den Ausbau will, der ist auch für das Nachtflugverbot! Wer für das Nachtflugverbot ist, der muss aber auch für den Ausbau sein!

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Hört, hört!)

Seit dem Ergebnis der Mediation

der Zwischenruf von Herrn Hahn ist völlig richtig, weil man sich nicht bestimmte Teile raussuchen kann;

(Minister Jörg-Uwe Hahn:Wie die GRÜNEN!)

das gilt allerdings für alle Teile im Haus, Herr Hahn –

(Beifall bei der SPD)

wissen wir: Ausbau und Nachtflugverbot sind die beiden Seiten ein und derselben Münze, und Münzen kann man bekanntlich nicht mehr teilen!

Dann geht es weiter:

Hier sind Steherqualitäten gefragt,und hier werden wir mit unseren politischen und rechtlichen Kräften gegen eine Aufweichung kämpfen!

Jörg-Uwe Hahn am 27. Oktober 2007.

(Günter Rudolph (SPD): Recht hat er! – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, deswegen sage ich, der erste Wortbruch der Vorgängerlandesregierung war der Planfeststellungsbeschluss. Sie haben uns hier wortreich erklärt, dass der Planfeststellungsbeschluss so gefällt werden musste, weil man damit gerichtsfest sei – ein gerichtsfestes Nachtflugverbot. Ich sage Ihnen: Der VGH hat Ihnen auf über 400 Seiten bei entscheidenden 30 Seiten gesagt, dass das, was Sie vorgelegt haben, nicht gerichtsfest ist, dass Sie die Möglichkeit haben, Ihr Wort zu halten. Niemand zwingt Sie zur Revision.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Das Argument der Rechtssicherheit ist an den Haaren herbeigezogen, Herr Posch.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Posch, Sie wissen – ich will das ohne jeden Eifer sagen –, dass ich Sie schätze.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Ui!)

Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht. Das ist so. – Aber es waren doch genau Sie und niemand anders. Wir haben das damals ausdrücklich als SPD-Landesfraktion unterstützt mit der Änderung des Landesentwicklungsplangesetzes, mit der Vorgabe, dass die Entscheidung zum Frankfurter Flughafen im Landesentwicklungsplan festgelegt wird, dass sie durch den Hessischen Landtag bestätigt wird, um die demokratische Legitimation zu erhöhen und damit das öffentliche Interesse an der Entscheidung stärker zu heben. Genau das hat der VGH bestätigt.Wenn Sie jetzt gegen Ihre Rechtsfigur angehen, dann grenzt das an eine Form von politischer Schizophrenie, die ich nicht mehr verstehe, Herr Posch.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Es ist doch mitnichten so, dass der VGH gesagt hat: „Da gibt es irgendeinen losgelösten Landesentwicklungsplan, und der steht jetzt über allem“,sondern das Gericht zeichnet sehr explizit nach, dass der Landesentwicklungsplan die entscheidenden Passagen des Luftverkehrsrechtes zur Nachtruhe verstärkt, darauf aufbaut, aufsetzt. Deswegen ist das keine isolierte Rechtsfigur, die dort neu geschaffen wurde, sondern es ist ausdrücklich die Verstärkung auch der bundesrechtlichen Vorschriften, und das wollten wir.

Das ist der Kern unseres Versprechens,und deswegen verstehe ich Ihr Verhalten überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen Sie sich vorhalten lassen, dass Sie jetzt den zweiten Wortbruch begehen. Der zweite Wortbruch besteht darin, dass Sie – obwohl niemand Sie zwingt, Revision einzulegen – eine Revision gegen diese Entscheidung vorlegen, mit aus meiner Sicht, das wiederhole ich, fadenscheinigen juristischen Begründungen.

Es muss schon sehr wehtun, wenn einem das Gericht sagt: „Das, was ihr vorher versprochen habt, dürft ihr machen“, und man dann Begründungen finden muss, warum man das nicht mehr will.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Dann ist die Juristerei bequem. Aber Vorsicht, es gibt viele kluge Juristen, die sehr unterschiedliche Auffassungen haben.

Ihr Argument der Rechtssicherheit – wir sparen jetzt zwei Jahre – trägt überhaupt nicht. Denn Sie alle hier im Raum wissen doch: Spätestens wenn das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, wird Folgendes passieren. Im Kern gibt es nur drei Möglichkeiten.

Entweder sagt das Bundesverwaltungsgericht: Das, was die Planfeststellungsbehörde gemacht hat, ist 1 : 1 richtig. Dann gibt es einen Punkt. – Daran glaubt aber niemand mehr, nicht einmal der Ministerpräsident.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Im Kern tut er am Wochenende in der „FNP“ schon das, was das Gericht gesagt hat. Er fängt nämlich an, darüber nachzudenken,was jetzt Kriterien für die neue Abwägung sein könnten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die zweite Möglichkeit, die das Bundesverwaltungsgericht hat, besteht darin, dass es das Ganze dem VGH zurückgibt und sagt: Entscheidet einmal konkret über die Kriterien.

Oder es gibt es an die Planfeststellungsbehörde zurück und sagt: Das, was ihr gemacht habt, geht so nicht, macht es einmal neu.

Dann werden Sie ein Planergänzungsverfahren durchführen müssen.Aber niemand hier im Raum glaubt – und ich sage Ihnen: auch draußen, außerhalb dieses Raumes, nicht –, dass das nicht wieder beklagt werden wird, völlig unabhängig davon, wie diese Entscheidung ausfallen wird.

(Nancy Faeser (SPD): Ja!)

Denn die Interessen sind so, wie sie sind. Und wir legen auch noch das Fundament dazu, weil wir uns, an dieser Stelle insbesondere die Landesregierung, vom Kern des

Mediationsergebnisses verabschieden.Wir sind die Hüter der Mediation.

(Günter Rudolph (SPD):Wir, nicht die!)

So verstehen wir unsere Rolle auch am heutigen Tag.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist das, was der Ministerpräsident gerade versucht, doch Salamitaktik. Erst gibt es die Nachtruhe, komplett. Dann gibt es sie mit 17 Einschränkungen. Jetzt denkt er in der „FNP“ darüber nach, ob es weniger als zehn sein können – es können neun sein oder acht. Das ist ein bisschen kriterienfrei, aber auf jeden Fall werden es jetzt erst einmal weniger. Am Ende können es vielleicht sogar null sein. Ich glaube aber nicht mehr, dass das Ihre Position ist.

Herr Po – –, Herr Koch, ich bin davon überzeugt, dass Sie im Kern eigentlich etwas anderes wollen.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Das ist ein Durcheinan- der bei den Namen!)

Ja,das ist ein solches Durcheinander.Bei den vielen Versprechungen von den dreien hier, die es gegeben hat, weiß man manchmal nicht mehr, wer das an der Stelle jetzt am stärksten formuliert hat.

(Beifall bei der SPD – Minister Jörg-Uwe Hahn:Da verspricht man sich auch schon einmal!)

Ich glaube, im Kern wollen Sie die Nachtruhe gar nicht mehr. Mit dieser Einschätzung bin ich offensichtlich auch nicht mehr ganz alleine.

Das, was in der „FNP“ von Ihnen beschrieben wird, ist an verschiedenen Stellen schon sehr verräterisch. Am passendsten ist die Bewertung von Herrn Gall. Das ist kein Sozialdemokrat und auch kein Liberaler. Herr Gall hat auch ausführlich Stellung genommen und schreibt schlicht und einfach: Diese Politik versteht kein Mensch. – Recht hat Herr Gall.