Protocol of the Session on September 16, 2009

Herr Schäfer-Gümbel, ich muss leider hinzufügen: Ihre SPD-Fraktion hätte ja im letzten Jahr mitgemacht. Ich erinnere nur an den Koalitionsvertrag von Rot und Grün im Jahr 2008.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Sie haben in diesem Vertrag auf Druck der GRÜNEN eine Verabredung getroffen, die eine erhebliche Verzögerung des Ausbaus zur Folge gehabt hätte. Das wollen Sie zwar nicht mehr hören,aber daran muss man Sie heute erinnern.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was für ein Quatsch!)

Bei den GRÜNEN ist die Verweigerungshaltung durchgängig Programm. Das wissen wir. Damals haben die GRÜNEN Nein zur Startbahn West gesagt. Heute nutzen die GRÜNEN bei ihren Flügen nach Berlin täglich protestlos die von ihnen seinerzeit massiv bekämpfte Startbahn West, bequem im Sessel sitzend und allenfalls einen roten Tomatensaft aus ökologischem Anbau schlürfend.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Die GRÜNEN sagten vor vielen Jahren Nein zur Startbahn West. Sie sagen im Jahre 2009 Nein zum Ausbau des Flughafens Frankfurt. Sie sagen Nein zu Kassel-Calden, Nein zu den Autobahnen A 44 und A 49, Nein zur Bundesstraße 87n zwischen Fulda und Meiningen, und zu vie

lem anderen mehr. Mit einer solchen permanenten Verhinderungspolitik machen Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Ihrem Ruf als Modernisierungsverweigerer wirklich alle Ehre.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Und Sie begehen gerade einen Wortbruch!)

Nachdem die GRÜNEN ihre Schlacht gegen die Erweiterung des Flughafens verloren haben, versuchen sie nun, mit dem Thema Nachtflugverbot ihr Süppchen zu kochen. Sie sagen Nachtflugverbot und meinen Ausbauverbot. Diesen Betrug an den Bürgern lassen wir Ihnen von den GRÜNEN nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wie sind die Fakten? Als die rot-grüne Landesregierung in der Wahlperiode 1995 bis 1999 mit der Notwendigkeit des Baus einer weiteren Landebahn konfrontiert wurde, gab es schon damals bei der Fraktion der GRÜNEN ein massives Nein.

In der SPD-Fraktion gab es eine beachtliche Minderheit, die dem Ausbau des Flughafens kritisch gegenüberstand. Es war das Verdienst des damaligen Ministerpräsidenten Eichel, ein Mediationsverfahren vorzuschlagen. Ziel dieses Verfahrens war es,eine Lösung zu finden,die von möglichst vielen Beteiligten akzeptiert werden kann.

Die Mediationsgruppe hat dann gute Arbeit geleistet. Die Namen ihrer Mitglieder sind bereits genannt worden: Hänsch, Niethammer, Oeser. Sie haben einen Fünfpunkteplan vorgetragen: erstens die Optimierung des vorhandenen Systems von Start- und Landebahnen, zweitens ein Ja zum Ausbau des Flughafens, drittens ein Nachtflugverbot, viertens den Anti-Lärm-Pakt und fünftens das Regionale Dialogforum.

Die Hessische Landesregierung unter Roland Koch übernahm dieses Mediationsergebnis in vollem Umfang. Ja, meine Damen und Herren, es war der erklärte Wille der Landesregierung, das Nachtflugverbot umzusetzen.

Dann aber – das wird von Ihnen allen inzwischen ausgeblendet, wie ich Ihren Beiträgen entnehmen musste – entschied das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2006 über den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld. Tenor des Urteils war, dass ein Flugverbot für die gesamte Nacht bei einem Verkehrsflughafen nicht verhängt werden darf, wenn ein entsprechender standortspezifischer Nachtflugbedarf vorliegt und die Beschränkung der Nachtflugerlaubnis die Funktionsfähigkeit des Flughafens gefährden würde.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, was mich wirklich an dieser Debatte und an den Beiträgen von Herrn AlWazir und Herrn Schäfer-Gümbel aufregt? Mich regt auf, dass diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeblendet und ignoriert wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Herr Abgeordneter, einen Augenblick bitte. Gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein. – Dieses grundlegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird hier als juristische Spitzfindigkeit bezeichnet.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Wagner, wissen Sie, was Sie gesagt haben?)

Das funktioniert nach dem Motto: Was schert mich das Recht, Hauptsache, es nutzt meinem politischen Süppchen.

Ich will eines hinzufügen: Herr Schäfer-Gümbel, es ist geradezu peinlich, dass Sie als Oppositionsführer meinen, der Ministerpräsident dürfte zu der rechtlichen Entscheidung einer Genehmigungsbehörde – das betrifft den Wirtschaftsminister – Richtlinienkompetenz ausüben. Schauen Sie einmal in die Verfassung, damit Sie künftig in Bezug auf dieses Thema juristisch wenigstens einigermaßen orientiert sind.

Mit dieser Entscheidung stand fest, dass ein Nachtflugverbot ohne Ausnahmen rechtlich nicht haltbar wäre. Das ist der Punkt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was hat der VGH dazu gesagt?)

Diese Rechtsprechung ist später im Zusammenhang mit dem Flughafen Leipzig-Halle noch einmal bestätigt worden. Dies und nichts anderes ist der Grund, warum ein absolutes Nachtflugverbot in Frankfurt nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht durchsetzbar ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das hessische Wirtschaftsministerium hätte es sich damals sehr einfach machen können. Es hätte, um für den Moment Beifall in der Öffentlichkeit zu erhalten, einfach in den Plan schreiben können, dass es keine Nachtflüge gibt. Stattdessen hat die Landesregierung wenige Wochen vor der Landtagswahl im Januar 2008, also im Dezember 2007, mutig, der Wahrheit verpflichtet, und ohne in Populismus zu verfallen, klar und deutlich entschieden.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, welche Motive vermuten Sie eigentlich bei der Genehmigungsbehörde und auch bei den Mitgliedern von CDU und FDP bei diesem Thema?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kann ich Ihnen sagen!)

Der einzige Beweggrund war und ist, eine verlässliche Nachtflugregelung mit möglichst wenigen Nachtflügen zu treffen. Wer in diesem Zusammenhang von einem Wortbruch spricht, der stellt die Tatsachen auf den Kopf und handelt unanständig.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD):Was?)

Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, Sie streuen mit Ihrer permanenten Polemik und Ignoranz den Menschen Sand in die Augen. Ihr unaufrichtiges Spiel besteht darin, den Menschen die Möglichkeit eines absoluten Nachtflugverbots trotz der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorzugaukeln und dies anschließend vom Bundesverwaltungsgericht aufheben zu lassen. Das ist kein seriöser Beitrag zu dieser schwierigen Diskussion.

Wenn es nach der Opposition ginge, müsste das Land also auf Rechtsmittel verzichten. Was wäre dadurch gewonnen? Der Verwaltungsgerichtshof sagt unter anderem, 17 Flüge in der Zeit von 23 bis 5 Uhr seien zu viele, und verlangt eine Planergänzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Aber – Herr Posch hat es eindrucksvoll vorgetragen – diese Rechtsauffassung ist noch gar nicht bekannt, sodass ein Planergänzungsverfahren noch gar nicht stattfinden kann. Wir kennen die Rechtsauffassung noch nicht.

Herr Schäfer-Gümbel, es dürfte selbst den Nichtjuristen einleuchten, dass man auf ein Rechtsmittel gegen ein Urteil nicht verzichten kann, wenn man die Begründung noch gar nicht kennt.Was wäre, wenn die Behörde in Unkenntnis der Urteilsgründe jetzt eine Planergänzung vornehmen würde, die von null Nachtflügen ausgeht, wie Sie es wünschen?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wie wir es gewünscht haben! Sie auch!)

Es gäbe wieder eine Klagemöglichkeit für alle Betroffenen einschließlich der Lufthansa, die ebenfalls bis in die letzte Instanz ausgefochten werden könnte.Das wäre wieder eine Hängepartie – was natürlich die GRÜNEN mit aller Macht wollen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich – das ist der Tenor des Urteils – gerade nicht auf null Nachtflüge als einzig tragbare Lösung festgelegt, obwohl er das hätte machen können.

Wir brauchen also Rechtssicherheit, die wir herstellen, indem wir zunächst die Gründe lesen und uns dann gegebenenfalls die letzte Sicherheit beim Bundesverwaltungsgericht holen. Das ist auch im Interesse der Anwohner, die Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage haben wollen, wie viele Nachtflüge zulässig sind.

Fazit: Erstens. Die Nordwestlandebahn darf gebaut werden. Das ist für alle ein großer Anlass, sich zu freuen und zufrieden zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Wir benötigen die Urteilsgründe, um Rechtssicherheit zu haben; das habe ich gesagt. Hauptziel ist es jetzt, im Interesse der Anwohner eine rechtssichere Nachtflugregelung mit möglichst geringer Belastung zu schaffen.Das ist seriös,und das bedeutet,den Betroffenen die Wahrheit zu sagen – im Gegensatz zu dem,was Sie hier in sehr vordergründiger Weise, populistisch und, wie ich finde, unverantwortlich betreiben.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Wagner, Wortbruch bleibt Wortbruch!)

Mir liegen zwei Meldungen für Kurzinterventionen vor. Zunächst hat Herr Abg. Schäfer-Gümbel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Landrat Gall ganz herzlich in diesem Raum begrüßen. Herr Koch, das

möchte ich damit verbinden, Ihnen die Möglichkeit zu geben, hier selbst noch einmal Stellung zu nehmen; denn Herr Gall hat Sie vor zwei Tagen ausdrücklich aufgefordert, sich an das Wort zu halten, das Sie der Region gegeben haben.

(Axel Wintermeyer (CDU): Er ist von uns eingeladen worden,wenn Sie es wissen wollen! Das ist eine Kurzintervention!)

Herr Wagner,Sie nannten im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen, dem Ausbau des Flughafens und der Nachtruhe das Wort „unaufrichtig“. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen – ich habe in dieser Woche unter anderem mit Vertretern der Cargo geredet –, dass wir natürlich um die schwierige Diskussion gerade mit den Airlines wissen.

(Judith Lannert (CDU): Das ist alles, nur keine Kurzintervention!)