Erstens. Sie wollen die Abschaffung des Ehegattensplittings. Das bedeutet, dass ein Ehepaar mit einem Alleinverdiener bis zu 6.000 € pro Jahr mehr zahlen muss. Dies trifft Millionen.
Zweitens. Sie wollen eine Verdoppelung der Erbschaftsteuer. Dabei geht es nicht um die Luxusvilla von Herrn Lafontaine, das Chalet von Frau Wagenknecht in England oder um die Luxusvilla von Herrn Bsirske, nein, da geht es um ganz normale und gut situierte Wohngegenden. Ob das in Wetzlar, Gießen oder wo auch immer ist; kurzum, es
sind ganz normale, ordentliche Einfamilienhäuser. Das wollen Sie verdoppeln, und das bedeutet, dass die Nachkommen für ein normales Einfamilienhaus mindestens 20.000 € mehr an Erbschaftsteuer bezahlen müssen, obwohl alles schon einmal versteuert war. Das trifft pro Jahr Hunderttausende.
Drittens. Sie wollen – darauf hat Herr Kollege Greilich zu Recht schon hingewiesen – die Einkommensteuer erhöhen. Dies betrifft nach Ihrer eigenen Definition etwa 15 bis 20 % der Einkommensbezieher. Das heißt, wir diskutieren über Millionen pro Jahr, die betroffen sind.
Das bedeutet beispielsweise, dass ein Haushalt mit einem Monatsbruttoeinkommen von 3.000 € rund 75 € monatlich mehr bezahlen muss. Das betrifft Millionen.
Fünftens. Sie wollen die Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung erhöhen von derzeit 3.937,50 auf 5.500 €, und Sie wollen obendrein Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung hinzuziehen.
Das heißt, diejenigen, die versucht haben, für das Alter ein wenig vorzusorgen und vielleicht irgendwo eine kleine Eigentumswohnung, eine Studentenbude, haben und dies natürlich letzten Endes in die Alterssicherung investiert haben, mit entsprechendem Engagement, mit Fleiß und Leistung, sollen von Ihrer Seite aus zusätzlich bestraft werden. Leistung lohnt sich für Sie in letzter Konsequenz nicht, und das sind auch Millionen.
Es heißt im Übrigen, wenn Sie das einmal umrechnen: Es belastet im Normalfall die Wirtschaft, und es belastet den Arbeitnehmer ebenfalls in einer Größenordnung von rund 150 €. Arbeit wird, dadurch bedingt, in Hessen und in Deutschland teurer.
Sechstens. Sie wollen Steuern auf Wasser, Sand und Kies erheben; Sie wollen die Einführung der Rohstoffsteuer, und Sie wollen eine Grundwasserabgabe einführen. Das macht allein in Hessen rund 100 Millionen € aus, die Sie der Wirtschaft und den Privatbürgern entziehen wollen. Das trifft in Hessen alle; das sind 6 Millionen. Meine Damen und Herren, da reden Sie von 5, 6, 7 %.
Siebtens. Sie wollen, das halte ich für extrem unsozial, den Steuerfreibetrag für die Ausbildung streichen. Familienfreundlichkeit sieht anders aus, denn bisher wurden Eltern steuerlich entlastet, wenn die Kinder studierten. Diese Möglichkeit der steuerlichen Entlastung wollen Sie streichen. Das ist im Grunde genommen nichts anderes, als durch die Hintertür wieder Studienbeiträge einzuführen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Da lachen die auch noch!)
Man muss gelegentlich einmal erklären, was Sie alles vorhaben, weil Sie immer versuchen, den Leuten ein X für ein U vorzumachen. Das machen die GRÜNEN mit ihrem Antrag zum Thema 450-€-Jobs ganz genauso. Sie reden von einer Reform der 450-€-Jobs. Das ist ein Kahlschlag und keine Reform. Das ist der entscheidende Unterschied.
Sie wollen, so erklären Sie, in einem ersten Schritt durch die Einführung eines Mindestlohns von mindestens 8,50 € die Niedrigstlöhne im Bereich der Minijobs künftig verhindern, usw.
Sie verkennen dabei, dass der durchschnittliche Minijobber bereits 9,45 € verdient. Das nur einmal am Rande.
Sie führen in Ihrem Antrag weiter aus, dass Sie eine Informationspflicht der Arbeitgeber und zusätzliche Betriebskontrollen einführen wollen. Meine Damen und Herren, wer beschäftigt denn eigentlich die Minijobber in der Regel? In aller Regel sind Schulvereine, Betreuungsvereine, Sozialverbände,
(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): Wo leben Sie denn eigentlich? – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Wie soll denn, bitte schön, eine Informationspflicht beispielsweise eines Sportvereins oder einer Musikschule aufgebaut werden? Was wollen Sie denn bei diesen Vereinen für Betriebskontrollen durchführen? Wollen Sie Inspekteure hinschicken? Wollen Sie in letzter Konsequenz ein ganzes Heer von Kontrolleuren aufbieten mit einer riesigen Bürokratie, oder was soll das in der letzten Konsequenz bedeuten?
Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland etwa 7 Millionen Menschen, die Minijobs ausüben. Sie reden immer von prekären Beschäftigungsverhältnissen usw. Fakt ist: Seit 2004 bis heute ist die Zahl der Minijobber nicht gestiegen, sie ist gleich geblieben.
Gleichzeitig ist aber die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland um 11 % gestiegen. Das ist positiv.
Etwa 10 % der Minijobber hätten gerne eine Vollzeit- oder eine Teilzeitstelle, mehr nicht. Diejenigen, die anschließend eine Vollzeit- oder Teilzeitstelle in Anspruch nehmen, machen das zu 40 % bei den Arbeitgebern, bei denen
sie mit einem Minijob gestartet sind. Mit anderen Worten: Der Minijob kann auch eine Chance für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung sein.
Jetzt gehen wir doch einmal an diejenigen, die den Minijob ausführen. Wer ist das denn? Das ist der Schüler, der irgendwo das Taschengeld aufbessert. Das ist der Student, der dazu beiträgt, das Studium zu finanzieren. Das ist der Rentner bzw. die Rentnerin. Ich hatte gestern eine Führung durch das Kloster Eberbach von einer netten topfitten Dame. Ich habe sie gefragt, wie es bei ihr mit der Bezahlung ist. Sie sagte, sie sei Pensionärin und habe historische Interessen. Sie mache diesen Job, weil sie Hobby und die Möglichkeit, etwas dazuzuverdienen, verbinden könne.
Dasselbe ist es bei den Zeitungsausträgern. Wer macht das denn? Das machen häufig Leute, die gar keine Zeit haben, einen Vollzeitjob auszuüben, und es teilweise gar nicht wollen.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Sie machen es, weil sie von ihrem Vollzeitjob allein nicht leben können!)
Wir diskutieren also über eine hohe Zahl von Menschen, die dies als Chance begreifen, für das eigene Einkommen etwas zu tun, und diese Gelegenheit wahrnehmen.
Nein, die Zeit ist dafür leider zu kurz. – Nehmen wir ein anderes Beispiel: die Musikschule Wetzlar.
Ein Drittel der Beschäftigten arbeitet Vollzeit, ein Drittel der Beschäftigten Teilzeit und ein Drittel der Beschäftigten sind 450-€-Jobber. Warum? Das ist ganz einfach zu erklären. Es gibt nun einmal Musiklehrer, die relativ exotische Instrumente anbieten, die nicht nachgefragt werden. Für diese drei bis vier Schüler können sie keine Vollzeitstelle schaffen.