Protocol of the Session on September 4, 2013

Vielen Dank, Frau Kollegin Wallmann. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Weinmeister. Bitte schön.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über dieses Thema kann man sehr breit und auch sehr ausführlich streiten. Wir haben das Thema ja nicht zum ersten Mal hier im Landtag in der Diskussion.

Ich möchte etwas Entscheidendes an den Anfang meiner Rede stellen. Frau Kollegin Dorn, Sie haben zusammen mit dem Kollegen Gremmels und Frau Schott den zweifelhaften Versuch unternommen, zu behaupten, die Landesregierung wolle zurück zu Kohle und Atom. Das entbehrt jeglicher Grundlage. Das ist so absurd, dass wir in diesem Hause über solche Plattitüden eigentlich nicht mehr reden sollten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich sage an der Stelle ganz deutlich: Wir stehen zur Energiewende, und wir wollen sie auch in Zukunft umsetzen. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Sie haben gesagt, wir kämen nicht schnell genug voran. Liebe Frau Dorn, mein Interesse ist es nicht, am schnellsten voranzukommen, sondern mein Interesse ist, die beste Energiewende zu machen, die wir in diesem Land machen können.

(Günter Rudolph (SPD): Warum machen Sie es denn dann nicht? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat also nichts mit Schnelligkeit, sondern etwas mit Durchdachtheit zu tun – und mit der Frage, wie wir die Energiekosten im Griff behalten können, damit die, die weniger Einkommen haben, sich auch in Zukunft die Nutzung von Energie noch leisten können. Das muss unser vorrangiges Interesse sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir müssen die Balance zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien auf der einen Seite und dem Strompreis auf der anderen Seite halten, der sich in einem Rahmen bewegen muss, der für alle erträglich ist.

In dem Zusammenhang ist für mich eine Frage besonders wichtig: Können wir die Akzeptanz bei der Frage der Standorte erhöhen? Das wird, glaube ich, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Grundfrage sein. Wenn wir einer bestimmten Gruppe sagen, sie bekommt ein bisschen mehr und der Rest schaut in die Röhre, dann werden wir damit Diskussionen hervorrufen nach dem Motto „Ich habe als Gemeinde Pech gehabt, weil ich einen privaten Waldbesitzer um die Ecke habe, für die Windräder, die vor meiner Tür stehen, also kein Geld bekomme; aber die Kommune, die um die Ecke Flächen von Hessen-Forst hat, bekommt Geld“. Diese Diskussion werden Sie auch in der kommunalen Familie wahrscheinlich nicht durchhalten können, weil in unserem Land nämlich der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt und die Frage, ob ein Windrad auf einer öffentlichen oder auf einer privaten Fläche steht, denen, die das Windrad anschauen müssen, relativ egal ist.

Deswegen glaube ich, dass wir an dieser Stelle ehrlich miteinander umgehen müssen. Wenn ich das Gefühl hätte, dass die Kommunen nicht vorwärtskommen, weil sie nicht beteiligt werden, würde ich die feste Überzeugung vertreten, dass wir über viele Sachen anders nachdenken müssen. Aber ich habe eher das Gefühl, dass die Kommunen durchaus ein Interesse daran haben, Windräder aufzustellen, unabhängig davon, ob sie 30 % von den Pachteinnahmen bekommen oder nicht. Vielmehr wollen sie sehen, dass auf alle Fälle eine Wertschöpfung in der Region gegeben ist.

Ich kann nicht erkennen, dass man in den Kommunen aufgrund der Tatsache, dass wir diese 30 % der Pachteinnahmen bisher nicht gezahlt haben – dabei wird es von ihnen immer gewünscht –, sagt: Wir machen nichts mehr. – Wenn dem so wäre, würde ich nachvollziehen können, dass man vielleicht eine gesetzliche Regelung machen muss – die ich dann ablehnen würde. Aber selbst das ist nicht so. Von daher sind wir auf einem guten Weg. Wir sollten keinen Teufel an die Wand malen, der gar nicht da ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dass wir bei der Beteiligung einen anderen Weg gehen sollten. Das ist vor allen Dingen eine Frage der direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Da wäre ich gern stärker mit dabei. Da haben wir vieles auf den Weg gebracht: Es geht nicht um die Kommunen, sondern um diejenigen, die wirklich die Belastung vor Ort haben, nämlich die Bürgerinnen und Bürger. Das kann über Bürgergenossenschaften oder über Modelle für Energiegenossenschaften laufen.

Ich sage ganz deutlich: Da sind wir in Hessen auf dem besten Weg. Wir sind nämlich mit allen Kommunen, die sich an uns gewandt haben, über die Flächen von Hessen-Forst in Gespräche eingetreten. Kein einziges Projekt ist deswegen gescheitert. Wir haben vielmehr ganz klar gesagt: Diejenigen, die bürgerschaftliche und genossenschaftliche Modelle haben, bekommen da eine Möglichkeit, sich einzubringen. Das wird auch so festgelegt.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Herr Kollege Gremmels, da Sie gerade Rheinland-Pfalz angesprochen haben, möchte ich zwei Bemerkungen dazu machen: Das Modell, das in Rheinland-Pfalz gefahren wird, ist mit unserem überhaupt nicht vergleichbar. Das, was die Rheinland-Pfälzer machen, können wir hier ohne eine Änderung der Landeshaushaltsordnung jederzeit auch auf den Weg bringen. Solidarpakte zwischen Kommunen, an denen sich der Staat beteiligen will, sind möglich. Dafür brauchen wir keine Änderung der Landeshaushaltsordnung.

Wir haben dem Hessischen Städte- und Gemeindebund und dem Hessischen Landkreistag im Januar angeboten: Wenn ihr solche Modelle machen wollt, kommt bitte zu uns; wir sprechen darüber, und dann machen wir das. – Wir haben leider bis heute keine Rückmeldung bekommen. Das Gesprächsangebot ist nicht angenommen worden.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, es ist so wenig Zeit; es tut mir leid. – Zum Abschluss möchte ich noch etwas zu den Energiegenossenschaften sagen: Wie wird das in Rheinland-Pfalz gesehen? Wir Hessen sind dort spitze. Das Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz e. V. hat am 02.07.2013 geschrieben:

Windkraft im Wald mit Energiegenossenschaften: Hessen machts vor.

Darin wird über die Zusammenarbeit des Landesbetriebs Hessen-Forst mit der Energiegenossenschaft Odenwald und der Energiegenossenschaft Schwalm-Knüll berichtet. Wir sind auf dem besten Wege. Wir brauchen dazu nicht Ihre Hilfe. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Staatssekretär Weinmeister. – Jetzt habe ich noch eine Wortmeldung des Kollegen Gremmels von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Wallmann, der Unterschied zwischen der CDU und der SPD ist: Sie haben mit Ihrer Landespolitik den Kommunen Geld aus der Tasche gezogen, und wir schauen, dass wir eine kommunalfreundliche Politik machen, indem wir die Kommunen finanziell von der Energiewende profitieren lassen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD – René Rock (FDP): Wer zahlt denn das alles? – Zurufe von der CDU)

Herr Dr. Arnold, Sie können widersprechen, wenn es anders war. – Der Vorschlag, die Kommunen zu beteiligen, kam von Ihnen, nicht von uns. Das war so.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann seine Meinung ändern; aber dann muss man das hier auch sagen, und dann muss man dazu stehen.

Als das dann nicht umgesetzt worden ist, haben wir gefragt, was denn der Hinderungsgrund war. Dazu hat Ihr Umweltministerium erklärt, der Hinderungsgrund sei die Landeshaushaltsordnung. Erst daraufhin haben wir gesagt, wir wollen sie ändern. Jetzt auf einmal höre ich, dass auch das nicht der Grund ist. Sie wechseln doch ständig Ihre Begründungen. Geben Sie doch zu, dass Sie es nicht wollen. Das ist der richtige Weg, statt ständig seine Meinung zu ändern und ständig die Positionen zu wechseln.

(Beifall bei der SPD – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Außer Frau Wallmann! Die hat gesagt, sie will es nicht!)

Herr Weinmeister, noch etwas: Natürlich sind auch wir dafür, die Kommunen und die Bürger stärker zu beteiligen sowie z. B. Flächen von Hessen-Forst für kommunale Anbieter zu öffnen, auch wenn sie nicht dieselbe Pacht zahlen können wie ein externer Investor. Sie sagen, Sie kennen kein einziges Beispiel, bei dem das nicht geklappt hat. Anscheinend kennen Sie Ihr eigenes Haus nicht.

Beispiel Reinhardswald: Die Ausschreibung wurde von Hessen-Forst aufgehoben, weil kein regionaler Anbieter mithalten konnte. Das war so. Sagen Sie also nicht, in Hessen sei alles auf einem guten Weg. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie haben bei dem Thema Energiewende weder die richtigen Positionen noch die richtigen Konzepte. Deswegen müssen wir auch in dieser Frage einen Politikwechsel in Hessen einleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Gremmels. – Jetzt hat sich Kollege Stephan von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eigentlich dachten wir, Herr Arnold sagt jetzt etwas!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will dem Kollegen Gremmels ganz kurz etwas vorlesen, was er in der Hektik seiner Arbeit wahrscheinlich übersehen hat. Frau Wallmann hat es schon angedeutet; ich lese es Ihnen jetzt vor. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich aus der Stellungnahme des Hessischen Landesrechnungshofs zur schriftlichen Anhörung:

Dem Rechnungshof liegen keine Prüfungserkenntnisse vor, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren wegen mangelnder Akzeptanz der Kommunen verzögert oder verhindert wurden. Dementsprechend kann auch nicht beurteilt werden, ob eine Beteiligung der Kommunen an den Pachteinnahmen Auswirkungen auf deren Akzeptanz sowie gegebenenfalls die der betroffenen Bürger und damit auf Planungs- und Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit Windenergieanlagen hätte.

Sie haben hier unterstellt, es sei so. Der Rechnungshof erklärt, es ist nicht so. Weiter schreibt der Landesrechnungshof:

Nach der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung beteiligt nur das Land die Kommunen an den Pachteinnahmen von Hessen-Forst, während kommunale und private Waldbesitzer sowie Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke von dieser Regelung nicht betroffen sind.

Er schreibt, dies sei ein Fall von Ungleichbehandlung. Wenn Sie sich die Stellungnahme des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten anschauen, stellen Sie fest, es wird noch schöner. Erster Absatz:

Die Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz weist keine Ausführungen auf, die Abführungen von Einnahmen aus Verpachtung von Grundstücken zwecks Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen – wie im vorliegenden Antrag – vorsehen.

Das ist doch eine ganz klare Ansage. Das, was Sie fordern und mit den Gegebenheiten in Rheinland-Pfalz begründen, gibt es dort nicht.

(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ihr Ministerium hat doch gesagt, das ist so!)

Ein zweites Zitat daraus:

Landesforsten Rheinland-Pfalz beteiligt sich daher unter der Voraussetzung, dass die kommunalen Solidarpakte

ich wiederhole: die kommunalen Solidarpakte –

in angemessener Weise die Zielsetzung der geregelten Entwicklung der Windenergie verfolgen, an kommunalen Solidarpakten grundsätzlich zu den Konditionen, die die Gemeinden untereinander vereinbart haben, und möchte hierbei hinsichtlich der Beteiligungsbeträge wie eine Kommune gestellt werden.

Auch dort wird wieder klar: kommunal und gemeinschaftlich, aber nicht in der Art und Weise, dass einer zahlt und die anderen das Geld bekommen. Das ist der Unterschied zwischen Ihrer Argumentation und der in den Stellungnahmen, die hier vorliegen und die jeder bekommen hat. Das, was in diesen Unterlagen steht, habe ich Ihnen einfach einmal zur Ergänzung vorgetragen. Herr Gremmels und Frau Dorn, auch das sollte man beachten, wenn man auf die Anhörungsunterlagen eingeht.

Ich sage noch einmal: Bürgermeister und kommunale Organisationen, die sehen, dass sie vom Land Geld bekommen können, können dem eigentlich nicht widersprechen; sie müssen dem zustimmen. Nur, die Frage, ob man das aus Eigennutz macht oder deswegen, weil man ein Projekt damit voranbringen kann, ist damit nicht beantwortet. – Danke.

(Beifall bei der CDU)