(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)
Sie haben die Bestimmung abgeschafft, dass man die Klassen verkleinern kann. Sie haben die Möglichkeit der Doppelbesetzung abgeschafft oder reduziert. Sie haben die Möglichkeit abgeschafft, dass die Förderschullehrerinnen und -lehrer integraler Bestandteil des Kollegiums allgemeinbildender Schulen sind. Sie haben „Inklusion“ draufgeschrieben, aber weniger Inklusion gemacht. Das ist schäbig angesichts der Kinder, über die wir hier reden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU und der FDP – Ministerin Nicola Beer: Gut gelogen!)
Jetzt sagt die Ministerin: „Gut gelogen!“ Das ist nicht sehr parlamentarisch; aber dass diese Regierung keinen Stil hat, wissen wir.
Frau Ministerin, Sie können jederzeit das Wort ergreifen und den Versuch machen, meine Aussagen zu widerlegen. Aber schreien Sie nicht einfach dazwischen, das sei gelogen. Gehen Sie gleich noch einmal an dieses Pult, und sagen Sie, welche Aussage angeblich falsch war. Es war nämlich keine Aussage falsch, Frau Ministerin.
Sie sagen, nach 15 Jahren schwarz-gelber Bildungspolitik sei es ein großartiger Erfolg, dass wir für 440 Schülerinnen und Schüler einen islamischen Religionsunterricht haben. Wir haben in unserem Land 60.000 Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens, und Sie sagen, es sei ein Erfolg, nach 15 Jahren für 440 dieser Schülerinnen und Schüler ein Angebot geschaffen zu haben. Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, Frau Ministerin.
Ich komme zu dem großen Projekt der FDP, der selbstständigen Schule. Frau Ministerin, wir haben rund 1.700 Schulen in unserem Land. Nach 15 Jahren schwarz-gelber Bildungspolitik haben Sie es gerade einmal geschafft, dass sich 75 Schulen auf den Weg in die Selbstständigkeit gemacht haben. 75 von 1.700 Schulen – das wollen Sie bei dem Projekt, das Ihnen angeblich so wichtig war, hier als Erfolg verkaufen, Frau Ministerin? Das können Sie doch wirklich niemandem erzählen.
Sie haben behauptet, in Nordrhein-Westfalen würden in großem Stil Einheitsschulen auf den Weg gebracht.
Frau Ministerin, um Himmels willen! In Nordrhein-Westfalen wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Sekundarschule beschlossen. So heißt diese Schule. Die Sekundarschule ist so interessant, meine Damen und Herren von der CDU, dass es vor allem CDU-Bürgermeister, CDU-Landräte und CDUKommunalfürsten sind, die sagen: Schafft dieses schulische Angebot. – Es wächst von unten, es wird niemandem verordnet. In Nordrhein-Westfalen weiß das die CDU, hier in Hessen polemisiert die CDU dagegen. Das zeigt, wie nötig wir einen Schulfrieden auch in Hessen haben.
Frau Ministerin, Sie sprechen über die berufliche Bildung als das Megathema der Zukunft. Viel Pathos, leere Phrase. Wo ist Ihr Konzept zur Reform des Übergangs von der Schule in den Beruf? Nach 15 Jahren haben Sie immer noch kein Konzept. Meine Fraktion hat Ihnen ein Konzept vorgelegt.
Wir haben uns an den Vorschlägen der Bertelsmann Stiftung orientiert. Daran ist nichts Ehrenrühriges, Herr Kollege Döweling. Wir haben wenigstens etwas gemacht. Sie haben gar nichts.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)
Frau Ministerin, Sie haben zu Recht über den Wert der Leistungen gesprochen, die Verkäuferinnen, Verkäufer und Krankenschwestern in unserem Land erbringen. Darüber sprechen Sie völlig zu Recht. Wer – wie Sie – diesen Menschen aber vernünftige Arbeitsbedingungen vorenthält, wer diesen Menschen einen Mindestlohn vorenthält, der sollte hier nicht mit diesem Pathos auftreten; denn er meint es mit diesen Leuten nicht wirklich ernst.
Herr Dr. Wagner, damit das klar ist: Bei einer Bildungspolitik nach dem Motto „Mein Kind macht Abitur, und die anderen werden Verkäuferinnen und Verkäufer“ machen wir erst gar nicht mit.
Was wäre jetzt also für die Schulen zu tun? Ich möchte einige der Antworten geben, die die Frau Ministerin in ihrer Regierungserklärung schuldig geblieben ist. Was hätten wir uns von der Regierungserklärung einer Ministerin gewünscht? Sagen wir es anders: Wie hätte die Regierungserklärung eines Mitglieds einer neuen Landesregierung ausgesehen? Was würde eine neue Landesregierung auf den Weg bringen?
Eine neue Landesregierung in Hessen würde das größte Betreuungsproblem der Eltern in unserem Land lösen: Sie würde eine Bildungs- und Betreuungsgarantie von 7:30 bis 17 Uhr für alle Grundschulkinder in unserem Land auf den Weg bringen.
Eine neue Landesregierung würde der Opposition, die dann aus CDU und FDP bestehen würde, trotz allen Geschreis die Hand zu einem Schulfrieden reichen.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wie in Rheinland-Pfalz! Das können wir Hessen ersparen! Wir haben doch Rheinland-Pfalz!)
Herr Dr. Wagner, wir wissen, mit Ihnen und mit Ihren Nachfolgern wäre es nicht einfach. Wir würden es trotzdem machen; denn unsere Schulen sind das ständige „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ leid. Unsere Schulen brauchen Planungssicherheit. Wir würden die Initiative ergreifen, um den Schulkampf in Hessen, den Sie, Herr Dr. Wagner, maßgeblich betrieben haben, endlich zu beenden und zu einem Schulfrieden zu kommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie wollen den Systemwechsel, wie in Rheinland-Pfalz!)
Eine neue Landesregierung würde in unserem Land eine echte Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 verwirklichen.
Meine Damen und Herren, wie kann man das erreichen? Wir würden die Eltern fragen, was sie für ihre Kinder wollen, so, wie es in der Landeshauptstadt Wiesbaden schon jetzt gemacht worden ist. Wir würden die Eltern der Grundschulkinder schlicht fragen, ob sie G 8 oder G 9 wollen. Dann würden wir gemeinsam mit den Schulträgern und den Schulen versuchen, ein solches Angebot hinzubekommen. Das schlagen wir Ihnen seit einem Dreivierteljahr vor. Mit einer neuen Regierung würde das endlich kommen.
Herr Dr. Wagner, wir würden das deshalb ermöglichen, weil für uns der Elternwille zählt, während für Sie die Ideologie des gegliederten Schulwesens gilt. Das ist ganz einfach. Wir wollen das ermöglichen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie wollen das System abschaffen! Das haben Sie gesagt!)
Herr Dr. Wagner, Sie müssen einmal darüber nachdenken, was Sie eben in Ihrer Philippika über die Arbeit der integrierten Gesamtschule gesagt haben.
Wenn es erlaubt ist, zitiere ich jetzt einmal, was Sie über die Arbeit der integrierten Gesamtschulen gesagt haben: wie Sie über das pädagogische Konzept der integrierten Gesamtschulen und das Abschaffen des Sitzenbleibens gesprochen haben – was an den integrierten Gesamtschulen in unserem Land unter Ihrer Verantwortung bzw. unter der von Frau Beer bereits realisiert worden ist. Herr Dr. Wagner, das bedeutet, Sie sind ein kalter Krieger; um die Sache geht es Ihnen aber nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da gibt es die Abstufung von A- in B-Kurse! So ist es!)
Herr Dr. Wagner, gibt es an den integrierten Gesamtschulen das Sitzenbleiben oder nicht? Das klären wir jetzt einmal.
Herr Dr. Wagner, wissen Sie, in Ihrer pädagogischen Welt würde ich jetzt sagen: Sechs, setzen. – Aber das ist nicht unsere pädagogische Welt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sitzen bleiben wollen wir auch nicht! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Oberlehrer!)