Protocol of the Session on June 27, 2013

Ich habe es Ihnen doch gesagt, diese Regierung ist einsatzfähig. Das hat die Kultusministerin vorhin bewiesen, und der Ministerpräsident beweist das Tag und Nacht. – Ich danke Ihnen für die geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD)

Ich gehe davon aus, dass damit die Geschäftsordnungsdebatte beendet ist, und darf Frau Kollegin Faeser für die SPD-Fraktion das Wort erteilen.

(Günter Rudolph (SPD): Er ist Gott sei Dank eingetroffen! – Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich hatte der Kollegin Faeser das Wort erteilt und möchte jetzt Gelegenheit dafür schaffen, dass sie reden kann.

(Günter Rudolph (SPD): Moment! – Janine Wissler (DIE LINKE): Gibt es wieder Probleme mit der EBS? – Heiterkeit bei der SPD)

Also, Frau Faeser, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für uns steht fest, dass der Innenminister Boris Rhein die

politische Verantwortung für die Ereignisse am 1. Juni rund um die Blockupy-Demonstration trägt.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund beantragen wir heute, dass der Ministerpräsident endlich Verantwortung in dieser Angelegenheit übernimmt und den Innenminister entlässt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Hier geht es um eine sehr grundsätzliche Frage, nämlich nach der politischen Verantwortung. Herr Schaus, die anderen Sachverhalte werden nämlich gerade von Gerichten geklärt. Aus diesem Grund werden wir auch der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zustimmen. Wir werden dem Untersuchungsausschuss auch deshalb nicht zustimmen, weil der Einsetzungsantrag verfassungswidrig ist. Herr Schaus, auch Punkt 6 halte ich für fragwürdig, weil darin die kommunale Selbstverwaltung überprüft wird.

(Beifall bei der SPD – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Verfassungswidrig?)

Ein Untersuchungsausschuss – Herr Schaus, das sollten Sie eigentlich wissen – bringt zurzeit überhaupt nichts. Das hat heute Morgen auch die Debatte über den EBS-Untersuchungsausschuss sehr eindrucksvoll gezeigt. Er wurde letztes Jahr im Dezember eingesetzt. Im August werden die ersten Zeugen gehört.

(Beifall bei der SPD)

Was soll denn da bis zum Ende der Legislaturperiode passieren? Sie wissen doch, wie hier Zeit geschunden wird, Unterlagen nicht herausgegeben werden, dass man Oppositionsrechte per Gerichtsbeschluss erst einklagen muss. Was soll dann dieser Antrag? Das ist reiner Populismus. Herr Schaus, Sie schüren damit Hoffnung auf Aufklärung, die nicht gegeben ist, obwohl Sie sehr wohl wissen, dass es nicht so funktioniert. Herr Schaus, Sie spielen mit der Enttäuschung der Menschen draußen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb halten wir es für sinnvoller, die Betroffenen, und zwar beide Seiten, an einen Tisch zu holen. Wir wollen die friedlichen Demonstranten, die zu Unrecht beeinträchtigt wurden, mit der Polizei an einen Tisch bekommen. Dann kann es zu einem wahren Ausgleich zwischen den Betroffenen kommen.

Ein Untersuchungsausschuss kann das nicht leisten. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Die von der Fraktion DIE LINKE und den Regierungsfraktionen aufgebaute Konfrontationsstellung würde sich nur zusätzlich verfestigen. Genau das wollen wir bei dieser Angelegenheit nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe es gesagt: Für uns steht die Bewertung hinsichtlich der Verantwortung fest. Der Innenminister hat gestern selbst gesagt, dass er die Verantwortung trägt. Wir hatten zwei Sitzungen des Innenausschusses, in denen die Vorgänge analysiert wurden. Es gab jede Menge Augenzeugenberichte. Es gab eine umfangreiche Bewertung durch Journalisten, die vor Ort waren.

Es geht um nichts Geringeres als den Schutz des Grundrechts der Versammlungsfreiheit für sehr viele Menschen

in Hessen. Es geht um die Gewährung des Demonstrationsrechts für fast 10.000 friedlich demonstrierende Menschen.

Fest steht, dass die friedlichen Demonstranten neun Stunden lang nicht demonstrieren konnten. Das allein rechtfertigt weitreichende Konsequenzen politischen Handelns.

(Beifall bei der SPD – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Und einen Untersuchungsausschuss!)

Ich betone im Nachgang zur gestern geführten Debatte, dass wir Sozialdemokraten jegliche Art der Gewalt ablehnen. Unserer Ansicht nach ist auch völlig klar, dass verbotene Gegenstände bei einer friedlichen Demonstration überhaupt nichts zu suchen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hier geht es nämlich auch um ein umfassendes Bekenntnis zur Gewaltfreiheit.

Herr Bauer, Ihr Kollege Blechschmidt hat geklatscht. Vielleicht sollten Sie sich überlegen, ob Sie an der Stelle hätten klatschen können.

Es geht uns aber auch darum, die Polizei zu schützen. Die Verantwortung darf nicht auf einzelne Beamte abgewälzt werden. Aber genau das hat Boris Rhein während seiner ersten Pressekonferenz und in der Sitzung des Innenausschusses gemacht. Er hat die Verantwortung beim Einsatzleiter abgeladen. Das ist schäbig.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hier geht es um die Verantwortung insgesamt. Die trägt der Innenminister.

Der Innenminister ist in vielfältiger Art und Weise seiner Dienst- und Fachaufsicht nicht nachgekommen. Der Innenminister war im Vorfeld über die Einsatzplanung informiert und ließ sich über Kurznachrichten über die Abläufe am 1. Juni 2013 informieren. Nachdem der friedliche Demonstrationszug über Stunden stillstand, hätte der Innenminister angesichts der Beeinträchtigung der Grundrechte handeln müssen. Aber er duckt sich weg.

Der heutige Ministerpräsident Volker Bouffier hat angesichts eines mangelhaften Polizeieinsatzes in Fulda hier im Hessischen Landtag die Frage der politischen Verantwortung offensichtlich noch anders als der jetzige Innenminister beurteilt. Ich darf Herrn Bouffier zitieren:

Uns geht es nicht darum, einzelne Polizeibeamte zur Verantwortung zu ziehen. Das ist Sache der Dienstaufsicht. Uns geht es darum, Konsequenzen insgesamt zu ziehen.

Ich zitiere weiterhin:

Es stellen sich … grundsätzliche Fragen … der Leitung im Ministerium.

Diese Maßstäbe müssen auch hier gelten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Es wird noch interessanter. Zur Verantwortung des damaligen Ministerpräsidenten hat Volker Bouffier Folgendes ausgeführt – ich zitiere –:

Der Ministerpräsident schweigt, obwohl die Vorgänge in der ganzen Welt … kommentiert werden.

Hat sich Ministerpräsident Bouffier eigentlich je zu Blockupy in Frankfurt geäußert?

(Günter Rudolph (SPD): Nein!)

Frau Kollegin Faeser, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Ich komme gleich zum Schluss meiner Rede. – Ich kann mich nicht erinnern, obwohl das Ansehen Hessens so sehr gelitten hat. Deswegen wollen wir, dass sich der Innenminister heute äußert.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Zum wiederholten Mal!)

Boris Rhein hat durch seine misslungene Fehlerkultur der hessischen Polizei großen Schaden zugefügt. Weil er am Anfang alles geleugnet hat, hat das zu einer zusätzlichen Demonstration geführt. Er hat zugelassen, dass wochenlang über das Verhalten der Polizei diskutiert wurde.

Das alles hätte verhindert werden können, wenn sich der Innenminister anders verhalten hätte. Zum Abschluss möchte ich noch einmal Volker Bouffier aus dem Jahr 1993 zitieren:

Sie, Herr Innenminister, tragen dafür die unmittelbare Verantwortung.

Ich will hinzufügen, dass der damalige Innenminister zur Zeit der Vorfälle in Fulda in Urlaub war. Boris Rhein war am 1. Juni 2013 zu Hause in Frankfurt.