Protocol of the Session on May 22, 2013

Herr Schork, ich möchte Ihrem Gedächtnis nachhelfen. Wir haben uns der konstruktiven Mitarbeit in der Arbeitsgruppe nicht verweigert.

(Günter Schork (CDU): Das habe ich nicht gesagt!)

Es kam vorhin so rüber, als wollten Sie sagen, wir hätten am Ende gesagt: „Jetzt machen wir nicht mehr mit“. Nein, wir haben immer gesagt:

(Günter Schork (CDU): Große Reform!)

Wir müssen versuchen, die Probleme der Kommunen auch finanziell in den Griff zu bekommen. Wir müssen versuchen, eine angemessene Finanzausstattung hinzubekommen. – Leider, das habe ich eben schon gesagt, hat unser Vorschlag: „Wir gehen die Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen neu an“, bei Ihnen keine Mehrheit gefunden. Herr Finanzminister Schäfer, Sie haben dann die Marschrichtung für eine erneute Minireform im Kommunalen Finanzausgleich vorgegeben, über die wir heute befinden müssen.

Die Finanzverteilung, die Sie jetzt innerhalb des bestehenden Rahmens vorgeschlagen haben, soll nur einige grobe Ungereimtheiten beseitigen. Aber auch die findet bei den Kommunalen Spitzenverbänden keine ungeteilte Zustimmung. Der Landkreistag findet nur die Hälfte gut.

(Karlheinz Weimar (CDU): Sie können es selbst organisieren! Es ist doch deren Geld!)

Der Städtetag ist froh, dass er mehr verhindert hat. Auch das, was jetzt vorliegt, findet der Städtetag nicht zustimmungsfähig. Nur der Städte- und Gemeindebund hat gesagt: „Wir finden es ganz gut, aber ihr müsst uns trotzdem die 340 Millionen € wiedergeben“.

Was macht denn jetzt der Städte- und Gemeindebund? Er hat jetzt vor dem Staatsgerichtshof gewonnen. Wird er die erneute Änderung wieder beklagen? Wird sie der Städtetag beklagen? Daher denke ich, es ist aller Mühen wert, noch einmal darüber nachzudenken, ob es sich wirklich lohnt, die Reform in dem Umfang anzugehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Auch ich möchte ein für mich wesentliches Zitat aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs zitieren. Der Staatsgerichtshof hat dem Land bescheinigt, dass es verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen an eine Finanzausgleichsentscheidung nicht gerecht geworden ist, indem der Finanzbedarf der Kommunen nicht ermittelt worden ist. Das ist die Basis. Herr Schork, es ist kein teilweiser Erfolg, wie Sie gesagt haben,

(Günter Schork (CDU): Ich habe zitiert!)

sondern der Staatsgerichtshof hat gesagt: Das ist so schlecht, dass ich über den Rest nicht entscheiden muss,

weil die Basis nicht stimmt, weil überhaupt nicht geklärt worden ist, wie der Finanzbedarf der Kommunen in der Zukunft aussehen wird.

Meine Damen und Herren, daher lassen Sie uns noch einmal in Ruhe darüber befinden, ob sich diese Änderung in das Verfassungsgerichtsurteil einreiht, und dann in der nächsten Plenarrunde entscheiden. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Vielen Dank, Frau Kollegin. Das war eine Punktlandung. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Noll für die FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollegin Erfurth hat davon gesprochen, dass die Landesregierung einiges unterschätzt habe. Das mag zwar sein. Aber Sie beginnen im Augenblick eines zu überschätzen, nämlich das, was im Urteil steht und was der Staatsgerichtshof tatsächlich entschieden hat.

Gehen wir von der Ausgangslage aus. Was hat die klagende Stadt gewollt? Was war die Ausgangslage? Ausgangslage war, dass der Staatsgerichtshof feststellt, dass es eine nicht zureichende Finanzausstattung der Kommunen gäbe. Das war das Begehren, mit dem die Stadt vor den Staatsgerichtshof gezogen ist.

Was hat der Staatsgerichtshof entschieden? Er hat dazu überhaupt nichts entschieden.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Er hat letztendlich nur eines gesagt: Die Bedarfsbemessung könnte dazu führen, dass die Gemeinden in Zukunft entweder besser oder aber auch dass sie schlechter ausgestattet werden. – Das hat der Staatsgerichtshof gesagt. Insofern hat der Staatsgerichtshof dem Begehren der Stadt doch überhaupt nicht stattgegeben. Meine Damen und Herren, wo ist denn da der große Sieg dieser Kommunen?

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das Einzige, was der Staatsgerichtshof festgestellt hat, was im Übrigen seit 60 Jahren Praxis des Kommunalen Finanzausgleichs sowohl in Zeiten absoluter SPD-Regierung als auch in Zeiten der derzeitigen Regierung war, ist, dass es keine Definition des Finanzbedarfs von Kommunen gab. Genau das hat der Staatsgerichtshof eingefordert und nur aus diesem Grunde alle mit der Änderung des Kommunalen Finanzausgleichs verbundenen Vorschriften für verfassungswidrig erklärt.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Er erklärt das auch in seiner Begründung. Er schreibt nämlich: „Der Verfahrensfehler“ – und nicht die Höhe der Ausstattung, wie auch immer, auch nicht, dass es eine Umlage war –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

„führt zur Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschrift“.

(Norbert Schmitt (SPD): Fehlerteufel!)

Wenn das der Fall ist, dann muss das gesamte Parlament aus dieser Entscheidung Konsequenzen ziehen. Das wird auch passieren. Aber dass der Staatsgerichtshof damit den Vollzug des Finanzausgleichsgesetzes vollkommen außer Kraft gesetzt hätte – und damit auch notwendige Anpassungen bis zum erforderlichen Datum –, das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, deswegen halten wir nach wie vor an der Richtigkeit der Veränderung der Gewichtung des Kommunalen Finanzausgleichs zugunsten des ländlichen Raums und unter Berücksichtigung des demografischen Faktors fest und wollen das auch vollziehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, an eines kann ich mich nicht erinnern. Bei aller Besserwisserei, die es jetzt nach Vorliegen des Urteils gibt, das sicherlich für alle Beteiligten in der Konsequenz, aber auch in der Begründung überraschend war: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich in all den Jahren jemals jemand, beispielsweise die SPD, die sich jetzt so selbstgefällig zu diesem Thema erklärt

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

und in ihrem Antrag gleich Konsequenzen nennt, die aus dieser Rechtsprechung zu ziehen sind, zu der Frage, man brauche einen genau definierten Finanzbedarf, geäußert hat – niemals. Auch Ihre Vorstellungen waren immer eher pauschal und niemals an einer konkreten Bedarfsanalyse bemessen.

Auch in der Arbeitsgruppe, an der die Sozialdemokraten, die GRÜNEN und die LINKEN teilgenommen haben, ist dieses Thema niemals – Herr Kollege Schork war dabei – zum ernsthaften politischen Thema erhoben und in einer Weise diskutiert worden, dass es zu einer Veränderung des Finanzausgleichsgesetzes hätte führen müssen, an keiner Stelle. Es gab unterschiedliche Auffassungen über das Wie. Aber darüber, dass eine genaue Finanzbedarfsanalyse erforderlich ist, wurde niemals diskutiert.

Deswegen finde ich es schon ein bisschen ungehörig, wenn Sie sich jetzt hinstellen und so tun, als ob Sie immer auf diesem Trip gewesen sind. Das mag in unterschiedlichen Ausprägungen gewesen sein. Aber so, wie es der Staatsgerichtshof jetzt einfordert, haben Sie nie argumentiert, und wir auch nicht. Meine Damen und Herren, da wollen wir doch ehrlich sein.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, dazu ist die Redezeit zu kurz.

Herr Kollege Schork hat schon darauf hingewiesen: Was sind die Konsequenzen? Wenn es zu einer Finanzbedarfsanalyse kommen muss, dann sollten wir auch ehrlich auf die Situation und die Finanzkraft der hessischen Kommunen blicken. Da haben wir doch einige Ungereimtheiten, die letztendlich im Vergleich zu den anderen bundesdeut

schen Kommunen sehr deutlich abstechen, z. B. auch bei der Frage: Wie ist die Ausgabenstruktur der hessischen Kommunen? – Da weicht die Lage der hessischen Kommunen in vielen Ausgabenpunkten deutlich von dem Schnitt der Kommunen in allen anderen westlichen Flächenländern ab. Es gibt deutliche Abweichungen, ob Sie jetzt den Bereich der sozialen Sicherung oder die Personalkosten usw. nehmen.

Wenn es zu einer Finanzbedarfsberechnung kommt, dann muss es ein Benchmarking geben, und dann müssen wir uns auch an Kommunen orientieren, die jenseits der Grenzen Hessens liegen und vergleichbare Aufgaben wahrnehmen. Dann bin ich einmal gespannt, wie eine korrekte Finanzbedarfsberechnung aussieht. Sie unterstellen, dass es immer mehr sei. Es könnte im schlimmsten Fall für die Kommunen auch ein Rohrkrepierer werden, dass dieses Urteil so gefallen ist, indem am Ende möglicherweise die Finanzbedarfsberechnung niedriger ausfällt, als sich das jetzt einige in ihrer Wunschrechnung vorstellen. Das könnte durchaus sein.

(Karlheinz Weimar (CDU): So steht es auch im Urteil!)

So steht es im Übrigen auch im Urteil, in dem nämlich beide Richtungen offen sind. Wenn Sie also zitieren und sich auf dieses Urteil berufen, dann sollten Sie es genau lesen und auf diese Passagen genau achten.

Ich habe den Eindruck, dass leider Gottes auch die Bericht erstattende Presse genau diese Teile des Urteils geflissentlich überlesen hat und auf diese Diktion reingefallen ist: Der Staatsgerichtshof habe das Land jetzt verdonnert, die 344 Millionen € wieder in den Topf zu schmeißen. – Mitnichten, nichts ist passiert. Insofern kann man hier auch nicht davon reden, dass das Land verloren habe.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Doch, Sie haben verloren!)

Mit diesem Urteil hat niemand gewonnen. Das Einzige, was wir aus diesem Urteil gewonnen haben, ist die Erkenntnis, dass der Kommunale Finanzausgleich bei der Berechnung des kommunalen Finanzbedarfs auf neue Beine gestellt werden muss. Das ist eine parteiübergreifende Frage und hat mit Ideologie überhaupt nichts zu tun. Wir werden es tun. Der Staatsgerichtshof hat bis zum Ende des Jahres 2015 Zeit gegeben. Wir gehen es an; lassen Sie uns diese Aufgabe erfüllen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Für eine Kurzintervention hat sich Kollegin Erfurth von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben zwei Minuten Zeit.

Herr Kollege Noll, Sie haben es möglicherweise in der Arbeitsgruppe nicht mitbekommen, aber ich erinnere mich sehr deutlich daran, dass ich zumindest in den ersten beiden Sitzungen der Arbeitsgruppe immer wieder insistiert habe, dass wir auch die Fragen der Finanzverteilung angehen sollten. Dann ist in der Arbeitsgruppe gesagt worden: „Nein, das wird ein viel zu großes Paket; wir beschäftigen

uns nur mit den wenigen Punkten, die von den Mediatoren angesprochen worden sind.“ In der Arbeitsgruppe war das letztlich eine politische Entscheidung. Ich habe mich der Mehrheitsentscheidung gefügt und mich innerhalb dieses Rahmens in die weitere Arbeit eingebracht.