Protocol of the Session on May 22, 2013

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erstmals wird eine Bedarfsanalyse gefordert. Herr SchäferGümbel, daher empfehle ich Ihnen, dass auch Sie Ihre Position überdenken. Sie haben nämlich bisher in Bezug auf den Kommunalen Finanzausgleich die Position vertreten, die 340 Millionen € kommen wieder in den Topf hinein, dann ist alles gut, und weitere Änderungen werden nicht benötigt. Der Staatsgerichtshof sieht das anders. Also ist das auch für Sie ein Grund zum Nachdenken.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nachdenken tun wir immer!)

Da Sie uns vorgeworfen haben, dass wir keine umfassende Reform zustande gebracht haben, sage ich Ihnen: Ich hatte eben ein kleines Wortgeplänkel mit dem Kollegen van Ooyen. Die Kommission hat nie gemeinsam mit Ausschüssen des Hessischen Landtags getagt. Es waren die SPD, die GRÜNEN und die LINKEN, die sich am Ende des Prozesses dafür ausgesprochen haben, keine große Reform zu machen. Ich habe das jetzt positiv formuliert. Übrig blieb die kleine Reform, die in dem Gesetzentwurf beschrieben ist.

Damit wir dem Ganzen gerecht werden, müssen wir uns einen weiteren Punkt anschauen. Es wird nämlich behauptet, wir müssten einen Nachtragshaushalt aufstellen. Auch

da ist die Aussage des Gerichts eindeutig. Es erklärt nämlich:

Die mit der Verfassung des Landes Hessen für unvereinbar erklärten Vorschriften des Finanzausgleichsänderungsgesetzes 2011 sind bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2015, weiter anwendbar.

Das heißt – das hätte der Staatsgerichtshof auch entscheiden können –, wir brauchen die 340 Millionen € zukünftig und auch rückwirkend nicht wieder dem Kommunalen Finanzausgleich zuzuführen. Vielmehr wurde ausdrücklich gesagt, dass diese Regelung bis 2015 Bestand hat und dass das beginnend ab dem Haushaltsjahr 2016 neu zu regeln ist.

Dann hat uns das Gericht in dieser Frage noch in einigen wesentlichen Punkten Hausaufgaben aufgegeben. Ich bringe im Zusammenhang mit dem ersten Punkt, den ich ansprechen will, ein wörtliches Zitat:

Für die Bestimmung des konkreten Finanzbedarfs darf der Gesetzgeber die ermittelten (Durchschnitts-) Ausgaben auf ihre Angemessenheit prüfen, indem er sich an wirtschaftlich arbeitenden Kommunen orientiert.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Dem Land Hessen wird also ausdrücklich das Recht zugestanden, die Ausgaben der Kommunen auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.

Ein weiterer Punkt wird uns beschäftigen – wörtliches Zitat –:

Der übergemeindliche Finanzausgleich wird durch den Gedanken der interkommunalen Solidarität geprägt, der seinem Wesen nach nicht nur Rechte, sondern auch eine Verantwortung der Gemeinden untereinander begründet. Hierdurch wird ein Ausgleich zwischen Eigenverantwortlichkeit und Individualität der Gemeinden auf der einen und solidargemeinschaftlicher Mitverantwortung für die Existenz der übrigen Gemeinden auf der anderen Seite begründet.

Das wurde im Zusammenhang mit der Kompensationsumlage festgestellt. Weiter wird ausgeführt:

Der Zulässigkeit der Umlage steht auch nicht entgegen, dass sie nicht kreisangehörigen Gemeinden, sondern kreisfreien Städten und Landkreisen zugutekommt. Der Gedanke interkommunaler Solidarität, der die Erhebung einer Umlage bei einer kommunalen Gruppe zum Vorteil einer anderen kommunalen Gruppe rechtfertigt, gilt auch innerhalb der kommunalen Ebene insgesamt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube, diese Zitate und das intensive Beschäftigen mit dem Urteil des Staatsgerichtshofs zeigen eines ganz deutlich: Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und gegenseitigen Vorwürfen kommen wir nicht weiter. Es ist die Aufgabe dieses Landtags, de facto heute beginnend, in den Jahren 2014 und 2015 gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden – Sie sind ausdrücklich eingeladen, darüber mit uns als Vertretern der zukünftigen Regierung zu diskutieren – eine Regelung für den Kommunalen Finanzausgleich zu finden, die dem Urteil des Staatsgerichtshofs gerecht wird.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede.

Das wollen wir machen. Sie sind herzlich zu konstruktiver Mitarbeit eingeladen. Polemik hilft uns nicht weiter.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schork. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Erfurth von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der gestrige Tag hat die KFA-Reform in ein ganz anderes Licht getaucht. Herr Kollege Schork, es hilft nicht, dass Sie jetzt versuchen, den Mantel der Liebe darüber zu decken, indem Sie sagen: Wir müssen jetzt gemeinsam schauen, wie wir mit diesem Urteil umgehen. – Ich glaube, dieses Urteil ist ganz einfach die Konsequenz Ihres bisherigen Handelns. Es ist der Scherbenhaufen, den Sie der nächsten Regierung vor die Füße gekehrt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Karlheinz Weimar (CDU): Wieso denn Scherbenhaufen? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Weimar!)

Herr Weimar, das ist ein richtiger Scherbenhaufen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihnen das leidtut. Sie haben einmal mit der KFA-Reform beginnen wollen und sind mit großen Zielen gestartet. Jetzt versandet das Ganze im Nichts.

Der Staatsgerichtshof hat der Landesregierung zum wiederholten Mal ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Zum wiederholten Mal wurde der schwarz-gelben Landesregierung bescheinigt, dass sie sich eben nicht verfassungskonform verhält.

Ich möchte daran erinnern, worüber der Staatsgerichtshof zu entscheiden hatte: Er hatte darüber zu entscheiden, ob die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom Dezember 2010 verfassungsgemäß war. Die heutige Reform baut genau auf diesem Gesetz auf. Daher können wir nicht rechtssicher darüber entscheiden, ob das, was heute zur zweiten Lesung ansteht, einer Verfassungsprüfung standhalten wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Frau Erfurth, das gilt auch für Ihre früheren Gesetze! Das ist genau dasselbe!)

Nein, das ist überhaupt nicht dasselbe.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Doch! Unter genau denselben Gesichtspunkten waren Ihre Gesetze verfassungswidrig!)

Nein, Herr Wagner, das ist überhaupt nicht dasselbe. Der Staatsgerichtshof hat uns erklärt, das Gesetz, auf dem wir

jetzt aufbauen, sei verfassungswidrig, es habe ein Verfallsdatum.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das gilt für Ihre früheren Gesetze genauso!)

Jetzt können wir nicht mit gutem Gewissen sagen, wir können auf diesem verfassungswidrigen Gesetz ein weiteres Gesetz aufbauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie haben auch keine Bedarfsanalyse durchgeführt!)

Ich denke, das geht nicht. Daher sollten wir uns die Zeit nehmen, um zu prüfen, ob die Änderung verfassungskonform ist. Wir sollten all die Fragen und auch den Antrag, den die SPD dazu gestellt hat, im Ausschuss noch einmal bearbeiten und in der nächsten Plenarrunde in dritter Lesung in aller Ruhe darüber entscheiden. Ich glaube, das ist der richtige Weg. So viel Zeit sollten wir uns nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es hilft auch nicht, wenn der Finanzminister oder der Kollege Schork hier erklären, nach 60 Jahren habe der Staatsgerichtshof seine Rechtsauffassung geändert, und noch nie habe eine Regierung die Bedarfe der Kommunen ermitteln müssen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das stimmt doch!)

Das stimmt. Aber warum ist das so? Das ist so, weil Sie die Schraube überdreht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben nämlich unterschätzt, was passieren wird, wenn Sie das FAG ändern und den Kommunen in einer ganz schwierigen Situation noch einmal 344 Millionen € entziehen. Sie haben unterschätzt, welcher Widerstand Ihnen entgegenschlägt. Das haben Sie schlicht und einfach unterschätzt. Sie haben die Langmut und die Leidensfähigkeit der kommunalen Familie unterschätzt.

Herr Dr. Wagner, Sie haben es unterschätzt: Sie können dem Staatsgerichtshof nicht mit Arroganz begegnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE) – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Davon steht nichts im Urteil!)

Machen Sie weiter so; dann verlieren Sie auch die nächste Klage.

Sie haben den Kommunen doch diese immensen Probleme bereitet. Da hilft es überhaupt nichts, wenn Sie das jetzt schön- und gesundbeten wollen. Sie haben diese Eingriffe in den KFA vorgenommen, die wir immer als unsolide und unsystematisch kritisiert haben. Das haben wir in vielen Debatten getan. Wir haben aber nicht nur gemeckert.

(Günter Schork (CDU): Das stimmt!)

Auch daran möchte ich Sie erinnern. Wir waren nicht nur im Meckermodus. Wir haben Ihnen ein Konzept vorgelegt: „Hessens Kommunen fair finanzieren“, in dem wir genau dieses Problem haben angehen wollen. Wir haben gesagt: Wir müssen die Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen ändern. – Wir haben Ihnen auch einen Vorschlag gemacht. Ich habe in der Facharbeitsgruppe, in

der wir zusammengesessen haben, mehrfach versucht, darauf hinzuweisen, dass die Verteilung der Finanzen zwischen dem Land und den Kommunen geändert werden muss. Es ist niedergestimmt worden. Sie wollten nur an einer kleinen Stellschraube drehen. Sie wollten sich mit diesem Problem nicht befassen. Das heute ist die Konsequenz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Schork, ich möchte Ihrem Gedächtnis nachhelfen. Wir haben uns der konstruktiven Mitarbeit in der Arbeitsgruppe nicht verweigert.