Der Grundsatz, dass jede Bürgerin und jeder Bürger unseres Landes Zugang zu den sie betreffenden Informationen bekommen muss, wird von den Mitgliedern der FDP selbstverständlich geteilt. Deswegen sind Beteiligungs-, Akteneinsichts- und Informationsrechte bis hin zu datenschutzrechtlichen Auskünften und dem Löschungsanspruch bereits seit Jahren in den relevanten Gesetzen vorgesehen. Das ist wichtig.
Daran wollen die Mitglieder der FDP nicht rütteln. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Wenn neue Wege beschritten werden können, wenn durch neue Technologien Bürokratie abgebaut werden kann und es zu einer besseren Teilhabe und Einsichtsmöglichkeiten in der Verwaltung kommt, werden wir uns dem nicht versperren. Ein Informationsfreiheitsgesetz ist aber der falsche Weg, unabhängig davon, ob es so bezeichnet oder mit einem anderen Etikett, nämlich Transparenz, in die parlamentarische Beratung gegeben wird.
Ich möchte diesen Wahlspruch abwandeln und sagen: Sicherlich ist es nicht notwendig, dieses Gesetz zu machen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Dr. Blechschmidt, danke schön. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Dr. Wilken von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Blechschmidt, ich glaube, wir können uns alle darauf einigen, dass sich die nächste Landtagswahl nicht an der Frage der
Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes entscheiden wird, auch wenn es in diesem Fall Transparenzgesetz heißt. Ich glaube aber schon, dass sich in Hessen sehr vieles daran entscheiden wird, mit welcher Haltung wir, die Politikerinnen und Politiker, den Bürgerinnen und Bürgern gegenübertreten. Da erschreckt es mich schon, dass die Vertreter der Regierungsfraktionen, unabhängig davon, welches Lebensalter sie erreicht haben, bei jeder Diskussion über die Frage, wie wir uns der informationellen Selbstbestimmung nähern sollten, dem mit Argumenten und Häme entgegentreten, die so mit Sicherheit nicht angemessen sind.
Ich entsinne mich sehr gut, dass wir über dieses Thema bereits mehrmals in aller Schärfe auch in diesem Haus geredet haben. Von daher waren die Aussagen des Herrn Rudolph, die er gerade eben gemacht hat, weniger vorausschauend und mehr sich erinnernd.
Ich entsinne mich sehr wohl, dass die gleichen Argumente schon mehrfach ausgetauscht wurden. Die Argumente der Mitglieder der Regierungsfraktionen werden aber nicht wahrer.
Schauen wir uns noch einmal an, was von Ihrer Seite gegen die Transparenz und gegen die Informationsfreiheit immer wieder ins Feld geführt wird. Erstens wird gesagt, das sei Bürokratie. Zweitens vermuten Sie, dass damit dem Kampf gegen die Demokratie Vorschub geleistet werde. Drittens vermuten Sie, dass das Ganze zu teuer würde.
Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, schauen Sie sich das doch einmal in den Ländern an, die Informationsfreiheitsgesetze haben. Dabei sei vollkommen dahingestellt, ob das Transparenzgesetz oder Informationsfreiheitsgesetz heißt. Da ist doch das Gegenteil von dem eingetreten, was Sie vermuten. Das hat nicht zu einem bürokratischen Mehraufwand geführt. Es hat nicht dem Kampf gegen die Demokratie gedient.
Vielmehr hat es dazu geführt, dass die – ich sage es einmal so – durchaus wenigen Bürgerinnen und Bürger, die an Informationen herankommen wollen, die bisher in den Amtsstuben geheim gehalten werden, als ob sie dem Amt gehören würden, den Bediensteten des Amtes gegenübertreten und sagen können: Ich habe ein Recht darauf, von Ihnen die Herausgabe dieser Informationen zu verlangen, die müssen Sie mir geben. – Nur darum geht es.
Das ist das, was wir im Kern, hoffentlich dieses Mal positiver, beraten. In Hessen soll immer noch der überkommene Grundsatz gelten, dass es Amtsgeheimnisse gibt. So ist es eben in Hessen: Wissensstände der Verwaltung sind grundsätzlich nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich, nämlich den Amtsträgern. Bürgerinnen und Bürger haben in Hessen nur in Ausnahmefällen ein Informationsrecht. Das wollen wir umkehren. Da werden wir, die Mitglieder der LINKEN, uns in konstruktiver Weise an den Beratungen beteiligen. – Danke sehr.
Herr Dr. Wilken, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatsminister Boris Rhein. Bitte schön.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon ganz schön verwundert geschaut, als dieser Gesetzentwurf plötzlich bei mir wieder auf dem Tisch lag. Aber ich habe nicht so verwundert geschaut, weil ich begeistert gewesen war, sondern ich habe so verwundert geschaut, weil ich als Allererstes gedacht habe: Das kennen wir doch alles schon, das ist doch etwas Altes, das kennen wir doch alles schon.
In der Tat ist der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD wirklich ein alter Bekannter. Es ist ein alter Bekannter, der in seinem früheren Leben einen anderen Namen getragen hat. Da hieß es nämlich: Entwurf für ein Hessisches Gesetz über das Recht auf Informationsfreiheit. – Damals war es ein gemeinsamer Entwurf der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Er hat am 10. Februar 2010 als Drucks. 18/1895 das Licht der Welt erblickt.
Ich weiß. – Er hat genauso schnell ein Ende gefunden. Am 23. März 2010 hat die Mehrheit des Landtags mit Recht und aus guten Gründen den Gesetzentwurf abgelehnt. Vor wenigen Tagen, nämlich am 28. März 2013, ist er dann als Entwurf für ein Hessisches Transparenzgesetz, wirklich nur sehr marginal und oberflächlich verändert, zurückgekehrt.
Wir sprechen sozusagen von einem legislativen Wiedergänger. Dieser Gesetzentwurf ist ein legislativer Wiedergänger. Lieber Herr Kollege Rudolph, da stellt sich schon die Frage, weshalb wir erneut über ihn reden müssen. Die Frage dazu lautet: Was hat sich denn seit der ersten Debatte über diesen Gesetzentwurf verändert?
Es hat sich gar nichts verändert. Herr Kollege Bauer, seitdem hat sich nichts geändert. Der Gesetzentwurf ist nahezu unverändert wieder eingebracht worden.
Das gilt im Übrigen peinlicherweise auch für seine Begründung. Auch die Begründung ist wieder die gleiche. Insofern bestätigen die Initiatoren dieses Gesetzentwurfs meine Auffassung, dass sich die Bedingungen für die Schaffung eines solchen Gesetzes seit der letzten Befassung mitnichten geändert haben. Das bedeutet aber auch, dass die von meinem Vorgänger, dem heutigen Ministerpräsidenten, im Jahr 2010 vorgetragenen Argumente, die gegen die Schaffung eines solchen Gesetzes gesprochen haben, nach wie vor Gültigkeit haben.
Lassen Sie uns doch jetzt einmal auf ein paar Punkte schauen. Lassen Sie uns beispielsweise einmal nach dem Nutzen und nach dem Bedarf für ein solches Transparenzgesetz schauen. Der Begründung des Gesetzentwurfs können wir dazu nichts entnehmen. Jedenfalls können wir dazu nur sehr wenig entnehmen. Denn dort werden altbekannte Schlagworte wiederholt. Beispielsweise soll das „die demokratische Meinungs- und Willensbildung“ unterstützen. Oh ja. Es soll „die Akzeptanz und die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns“ fördern.
Es soll „die Freiheit zur Mitverantwortung, zur Kritik und zur effektiven Wahrnehmung der Bürgerrechte“ gewährleisten.
denn das ist ganz fantastisch. Kein Mensch kann etwas dagegen haben, und kein Mensch hat auch etwas dagegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider fehlen in der Gesetzesbegründung die Angaben dazu, worauf sich die Hoffnung auf den Eintritt all dieser wichtigen Wohltaten überhaupt gründet. Dazu kein einziges Wort. Gibt es denn überhaupt Belege für die beschworene Wirkung eines solchen Informationsfreiheitsgesetzes?
Was es aber gibt, das sind einige Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland. Darauf haben Sie hingewiesen. Mittlerweile sind die auch allesamt evaluiert worden: Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und auch der Bund. Es hätte den Initiatoren dieses Gesetzentwurfs sehr gut angestanden, wenn sie sich die Ergebnisse dieser Evaluationen einfach einmal angesehen hätten. Denn in diesen Berichten finden sich teilweise ganz interessante Angaben. Es gibt dort sehr interessante Hinweise auf den Bedarf und den Nutzen eines solchen Gesetzes.
Der Evaluationsbericht zu dem Bundesgesetz umfasst mehr als 500 Seiten, aber in Ihrer Begründung – weil Sie einfach copy and paste mit Ihrem Gesetzentwurf von damals machen – findet sich davon überhaupt nichts.
Wie wir in der bisherigen Diskussion gesehen haben, liegt das aber nicht an Ihrer fehlenden Kenntnis dieser Berichte. Diese Berichte sind Ihnen offensichtlich bekannt. Aber Sie haben sie nicht erwähnt, weil Ihnen die Inhalte dieser Evaluationen nicht gefallen. Nehmen Sie beispielsweise Bremen. Ich will einmal zitieren: „Sicher ist jedoch, dass die Inanspruchnahme“ – gemeint ist das Auskunftsrecht – „weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist.“
Wenn nun aber feststeht, dass es keine stichhaltigen Belege für den Bedarf oder den Nutzen gibt, dann darf in dieser Debatte eines nicht unterschlagen werden – und das ist das, was Herr Heinz gesagt hat. Dazu können Sie sagen, er sei ein Ministerialbeamter gewesen. Ja, er war sogar ein sehr fähiger Ministerialbeamter. Er war ein Parlamentsreferent, wie man ihn sich wünscht.