Protocol of the Session on March 19, 2013

Sehr geehrter Herr Dr. Cuny, ich darf Ihnen ganz herzlich auch im Namen des Hauses gratulieren und wünsche auch Ihnen eine glückliche Hand und alles Gute im neuen Amt. Danke schön für die Kandidatur.

(Allgemeiner Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:

Regierungserklärung des Hessischen Ministers des Innern und für Sport betreffend „Sportland Hessen – und alle gewinnen“

Wir haben eine Redezeit von 30 Minuten vereinbart. Herr Minister, tendenziell gilt das auch für Sie.

Ich erteile das Wort dem Hessischen Minister des Innern und für Sport, Herrn Rhein. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werte es einmal als gutes Omen, dass wir nach der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Hessischen Rechnungshofs eine solche sportpolitische Debatte führen können. Meine große Bitte an Sie, lieber Herr Dr. Wallmann, wie auch an die Kollegen im Hessischen Rechnungshof ist, dass Sie mit Milde und Großzügigkeit über die Dinge des Sports in Hessen wachen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Allein die Tatsache, dass mit dem heutigen Tage nach der Regierungserklärung des damaligen Sportministers Volker Bouffier am 11. Dezember 2002 in der Geschichte des Hessischen Landtags erst die zweite Regierungserklärung zum Sport in Hessen stattfindet – wie im Übrigen auch der Umstand, dass am gestrigen Tage das erste Mal seit 60 Jahren ein Landeskabinett beim Landessportbund getagt hat –, zeigt, welche Bedeutung diese Landesregierung dem Sport in Hessen beimisst.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass man gern etwas für den Sport tut, darüber reden viele; das gehört zum guten Ton, insbesondere an Sonntagen. Der Unterschied aber ist: Wir handeln.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schauen Sie sich die Zahlen an. Allein in den vergangenen 14 Jahren haben wir die Mittel für den Sport in Hessen vervierfacht. Heute stehen dem Sport in Hessen Jahr für Jahr rund 50 Millionen € zur Verfügung – 50 Millionen € pro Jahr, während im Übrigen in fast allen anderen Bundesländern eine Reduktion der Mittel für den Sport stattfindet. Das ist eine vornehme Umschreibung für die massiven Kürzungen, die um uns herum in anderen Bundesländern stattfinden.

Hessen ist in Deutschland das einzige Bundesland, das trotz natürlich auch angespannter und schwieriger Lage der öffentlichen Haushalte die Mittel für den Sport in diesem Umfang ansetzt. Ich war eigentlich auf eine friedliche Regierungserklärung eingerichtet, die die Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellt und die nicht das in den Mittelpunkt stellt, was uns trennt. Das haben wir bislang auch immer so gehandhabt beim Sport, bei allem Streit, den wir sonst bei den Themen haben. Wir haben immer Einigkeit erzielt über die Fragen des Sports. Umso verärgerter war ich, als ich gestern Günter Rudolph in der „Hessenschau“ sah.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer ist denn das?)

Ich meine, dass Günter Rudolph in der „Hessenschau“ ist, das wollen wir ihm zugestehen. Das ist keine Frage.

(Beifall des Abg. Dieter Franz (SPD))

Aber das, was er gesagt hat, hat mich schon ein bisschen geärgert. Er sagte: Die Rahmenbedingungen für den Sport haben sich in den letzten Jahren in Hessen verschlechtert.

(Zurufe von der CDU und der FDP – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Mein lieber Kollege Günter Rudolph, das Gegenteil ist der Fall. Ich will es noch einmal zum Mitschreiben sagen: Wir haben seit 1999 die Mittel für den Sport in Hessen vervierfacht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Günter Rudolph darüber redet, dass gekürzt worden sei, dass die Rahmenbedingungen sich verschlechtert hätten, dann meint er wahrscheinlich die sozialdemokratisch regierten Bundesländer um uns herum, von denen ich eben gesprochen habe: Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder Bremen. Die haben uns exemplarisch vorgemacht,

(Zurufe von der SPD)

was passiert, wenn Sozialdemokraten für die Themen zuständig sind. Ich will Ihnen das beispielsweise an Nordrhein-Westfalen zeigen: „Landessportbund verärgert über Politik – Sport-Pakt in Schieflage … Die Empörung ist groß beim Landessportbund NRW.“

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist Rot-Grün! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich will bei Nordrhein-Westfalen bleiben: „Sportbund fürchtet Millionen-Kürzungen … Die Streichung von Millionen-Zuschüssen an den Landessportbund … sorgt bei den Sportvereinen im Kreis Paderborn für dicke Luft.“ „Unser Vertrauen in die Regierung [SPD] als Förderer der Sportentwicklung ist deutlich gestört.“

(Zurufe von der CDU und der FDP: Hört, hört!)

Ich komme wieder zu unseren Lieblingsnachbarn, den Rheinland-Pfälzern. Da heißt es: „LSB-Präsidium wehrt sich gegen Kürzung der Sportförderung“.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist richtig peinlich! – Zurufe von der SPD)

Gehen wir noch ein bisschen weiter in den hohen Norden, nach Bremen. Dort heißt es: „LSB Bremen lehnt Entwurf für Sporthaushalt … ab“. Dort sagt der Präsident: „Angesichts dieser Zahlen und der Perspektiven … könne von einer Sportförderung keine Rede mehr sein.“

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Aha!)

Lieber Günter Rudolph, das ist die Welt um uns herum. So machen das Sozialdemokraten. Wir machen das anders. Deswegen wiederhole ich noch einmal: Wir haben die Mittel für den Sport seit 1999 vervierfacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Hans-Jürgen Ir- mer (CDU): Er meint vermutlich den Automatensport!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt können wir wieder friedlich miteinander sein. Wir haben nicht nur einfach mehr Geld gegeben, als das in Hessen jemals der Fall gewesen ist. Nein, wir haben den Sport in allen Facetten gesellschaftlich aufgewertet, wie es ihm zusteht, weil Sport Kultur ist und weil Sport Teil unserer kulturellen Identität ist. Deswegen ist Sport in Hessen Staatsziel. Sport ist Teil unserer Verfassung, er ist Teil unserer Gemeindeordnung, er ist Teil unserer Landkreisordnung, mit all den damit auch finanziell verbundenen Folgen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Rudolph meint den Automatensport!)

Wir tun das, weil Sport mehr ist als nur körperliche Betätigung. Sport ist mehr als Laufen, Schwimmen, Ballspielen oder Turnen. Sport ist eine Lebensschule. Sport bietet ein lebenstaugliches Wertegerüst für alle, und Sport gibt insbesondere positive Kraft, die weit über das eigentliche Sporttreiben hinausgeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir leben in einer Gesellschaft, in der die Wertediskussionen je nach aktuellem Anlass mit ganz großem Eifer geführt werden und immer wieder der Frage gelten: Was sind eigentlich unsere Werte? Was sind die uns tragende Werte? Was sind die Werte, die wir erfolgreich vermitteln wollen?

Ich verfolge die Diskussion von vielen Experten, die sich am liebsten in Talkshows den Menschen mitteilen, immer mit großem Interesse. Die eigentliche und so einfache Antwort ist: Der Sport vermittelt diese Werte, die unsere Gesellschaft braucht: Disziplin, Trainingsfleiß, Durchhaltevermögen, Teamgeist, Fair Play, Toleranz, Rücksichtnehmen auf andere, insbesondere Rücksichtnehmen auf Schwächere. Das sind die Werte, die das Leben einfach machen, und das sind natürlich auch die elementaren Werte des Sports.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wer Sport treibt, der muss nach Regeln kämpfen. Er lernt, dass Leistung und eben nicht Stand oder Herkunft zählt. Er lernt, dass man nach einem Sieg bescheiden ist und dass man bei der Niederlage, weil sie zum Sport und zum Leben dazugehört – wenn immer alle gewinnen würden, wäre es langweilig –, nicht die Flinte ins Korn wirft oder aggressiv um sich schlägt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Übt schon mal!)

Er lernt, dass man ohne den Mannschaftskameraden verloren ist. Vor allem lernt er, dass der Wert eines Menschen nicht nach Einkommen, nicht nach sozialer Herkunft, nicht nach Religion oder Hautfarbe zu bemessen ist, sondern dass es um Können geht und insbesondere darum, wie er sich seinen Mitstreitern und seinen Gegnern gegenüber verhält.

Wir stimmen selten mit Otto Schily überein. Trotzdem ist es richtig, wenn er gesagt hat

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Immer mehr!)

immer mehr, ja; wir wollen ihn nicht allzu oft zitieren, trotzdem ist es richtig –: Wer den Sport vernachlässigt, der schadet der inneren Sicherheit, weil der Sport – das ist die Feststellung die dahintersteht und bei der er vollkommen recht hat und die wir unterstützen und unterstreichen – das größte dauerhafte Präventionsprogramm ist, das es in Deutschland in der Gesellschaft gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD – Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin erst am Freitag wieder beim Boxcamp der Sportjugend in Frankfurt am Main gewesen. Ich muss sagen: Was dort geleistet wird und was bei den vielen anderen Einrichtungen, die Prävention betreiben, geleistet wird, ist einfach unbezahlbar. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass jeder einzelne Euro, den wir in diese Projekte beim Sport investieren, mehrfach zurückkommt. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Fanprojekte im Fußball. Deswegen unterstützt diese Landesregierung Fanprojekte in einem Umfang, wie das in Hessen bislang noch nicht da gewesen ist.

Ich will mir das Thema Fußball für den morgigen Tag aufsparen. Herr Mack, wir können morgen über das Thema

Fußball diskutieren. Wir haben morgen noch ein bisschen Zeit für den Sport, was mich sehr freut.

Deswegen will ich zu einem anderen Thema übergehen, was auch mit dem Thema Prävention, Boxcamp und Sport zu tun hat. Das ist das Thema Integration.

Meine Damen und Herren, viele reden einfach nur über das Thema Integration. Viele fabulieren darüber, was man einmal machen müsste, was man machen könnte, was man machen sollte. Aber dort, wo die Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen Sport treiben, ist Integration einfach kein Thema, weil sie es stattfinden lassen, weil sie es praktizieren, und zwar tagtäglich. Integration gelingt im Sport am besten. Wer gemeinsam für den Sieg trainiert und gemeinsam für den Sieg kämpft, der überwindet genauso schnell kulturelle Hürden und ethnische Barrieren. Genau deswegen sind Sportvereine die Organisationen und Institutionen, die Integration, und zwar ohne erhobene Zeigefinger, tagtäglich und ganz praktisch betreiben.