Protocol of the Session on January 31, 2013

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schon einmal etwas von Subsidiarität gehört?)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen also ganz deutlich: Sie wollen den Menschen hier nur Angst machen. Machen Sie doch endlich einmal einen Themenwahlkampf.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das sagen die Richtigen!)

Sagen Sie doch endlich einmal, wie Sie mit den Themen Umwelt und Energie, mit den Themen Natur- und Umweltschutz umgehen wollen. Der Umweltschutz führt in dieser Regierung ein Schattendasein. Die Ministerin wird hier ih

rer Aufgabe nicht gerecht. Sie veranstalten hier nur Ablenkungsdebatten. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Allein deswegen brauchen wir am 22. September einen Regierungswechsel. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Herr Kollege Gremmels, das war eine Punktlandung. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da muss sich die Hessen-SPD überlegen, warum die Ruhr-CDU so fortschrittlich ist!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Beuth und Herr Wagner, Sie sollten sich vielleicht einmal darüber unterhalten, ob die CDU hier in Zukunft arbeitet oder Wahlkampf macht – denn der eine hat gerade die Aussagen des anderen pervertiert.

In der hessischen CDU-Fraktion – die umwelt- und wirtschaftspolitisch sowieso in der Mitte der Siebziger stehen geblieben ist – gehört es eben zum pawlowschen Speichelfluss, bei allen Versuchen, negative Umweltwirkungen des Wirtschaftens zu verringern, mit der „Gefährdung des Wirtschaftsstandorts“ und dem „Verlust von Arbeitsplätzen“ zu argumentieren.

Gerade haben wir die neuesten Zahlen erhalten: 3,4 % mehr Erwerbslose als vor einem Jahr, 10 % mehr als vor einem Monat – und das Ganze trotz Ihrer „hervorragenden Wirtschaftspolitik“. Entweder hat Politik nicht viel Einfluss auf die Wirtschaft, oder Sie sind für diese Zahlen verantwortlich. Da würde ich an Ihrer Stelle also vorsichtig sein.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Und das Ganze auch ohne grüne Steuerpolitik. Es kann also doch gar nicht so sein, wie Sie es gerade darzustellen versucht haben.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Für die seit Jahrzehnten schwelenden und immer stärker miteinander verwobenen sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme reicht ein „Weiter so“ eben nicht aus. Der Kern des Problems, das die CDU als „wirtschaftsfeindliche Steuererhöhungspolitik“ zu diffamieren versucht, liegt in der Kopplung von Wirtschaftswachstum und technologischer Innovation mit dem Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen. Das gilt auch für den Bau- und Baustoffsektor: Steigt die Wirtschaftsleistung, steigt auch der Verbrauch von nicht erneuerbaren Primärstoffen wie Kies und Sand.

Seit etwa zehn Jahren abgehängt – d. h. entkoppelt – ist hingegen das Einkommen der in diesem Sektor beschäftigten Menschen vom Wirtschaftswachstum, aber auch vom Produktivitätszuwachs. Von einem Trend zur Nachhaltigkeit kann hier keine Rede sein. Der Verbrauch minerali

scher Rohstoffe steigt rasant an und hat unmittelbar negative Umweltfolgen.

Dass das kein abstraktes Gerede ist, kann man anschaulich in Trebur oder im Kelsterbacher Wald sehen: Dort sollen zu den bereits vorhandenen Kiesgruben – der Aufhebung der Bannwaldverordnung sei Dank – weitere 80 ha Wald dem Quarzsand- und Kiestagebau geopfert werden. Es soll Wald vernichtet werden, dessen ökologische Leistung für Luftreinhaltung, Wasser- und Klimaschutz nicht mit Kies und Sand aufzuwiegen ist. Ökologische Leitplanken für diesen Sektor sind absolut notwendig.

(Beifall bei der LINKEN – Unruhe – Zurufe von der CDU)

Vielleicht hören Sie mir zu Ende zu, dann werden Sie es erfahren. Wir sind nicht gegen Wohnungsbau, ganz im Gegenteil: Wir sind für Wohnungsbau, aber mit sinnvollen Leitplanken.

(Zuruf von der CDU: Ach ja?)

In der Vergangenheit sind freiwillige Vereinbarungen meist wirkungslos geblieben.

(Unruhe)

Einen Moment bitte. – Bitte etwas mehr Ruhe, damit man die Rednerin verstehen kann.

Deshalb sollen Marktanreize wie die Besteuerung von Primärstoffen zur Ressourceneffizienz beitragen. Ökologisch ist das sicher sinnvoll. Die stärkere Besteuerung von Ressourcen ausschließlich unter ökologischer Perspektive ist aber unsozial. Eine solche Art der Verbrauchssteuer geht zulasten der Menschen mit geringem Einkommen. Häuslebauer, deren Finanzierungsplan auf Kante genäht ist, sind überproportional von der Kostensteigerung betroffen. Kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsbau wird noch schwerer finanzierbar.

DIE LINKE steht für eine soziale und ökologische Ressourcenpolitik. Parallel zur Besteuerung primärer Rohstoffe muss wenigstens eine steuerliche Entlastung von Arbeit stattfinden, wie das auch Bestandteil vieler Nachhaltigkeitsstrategien ist. Mit sozial verantwortlicher und politisch kluger Rahmensetzung kann eine ökologische Ressourcenpolitik arbeitsmarktpolitisch mindestens als Nullsummenspiel realisiert werden. Die immer wieder in populistischer Absicht vorgetragene Zwangsläufigkeit von Umweltschutz und Arbeitsplatzverlust gibt es so nicht.

Viele Wege führen zu einer nachhaltigen Ressourcenpolitik im Bau- und Rohstoffsektor. Die Besteuerung ist eine, vielleicht aber nicht die beste Möglichkeit. Das Ziel, den Verbrauch von Primärbaustoffen zu verringern, kann auch über eine Festschreibung des Einsatzes von Recyclingbaustoffen für die Neubauten erreicht werden.

(Unruhe)

Jetzt hören Sie mir nicht mehr zu: wenn es darum geht, wie man Lösungen finden kann.

(Unruhe)

Zusätzlich kann der Einsatz von nachwachsenden Baustoffen, wie z. B. in der Schweiz, festgeschrieben werden. Das ist ganz einfach Aufgabe des Ordnungsrechts.

Dass aktuell bereits mittels Steuerpolitik im Baustoffsektor reguliert wird, zeigt ein Blick in das Energiesteuergesetz. § 51 listet Prozesse und Verfahren auf, wie eine Steuerentlastung beantragt werden kann. Das gilt z. B. für die Herstellung von Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, mineralischen Isoliermaterialien, Asphalt usw. Hier hat sich noch kein Neoliberaler über staatlichen Dirigismus empört.

Frau Kollegin, Sie müssten zum Ende Ihrer Rede kommen.

Danke, ich bin sofort fertig.

Das trifft alle mineralischen Baustoffe, die mit einem hohen Energieaufwand erzeugt werden und per se unökologischer sind als nachwachsende Baustoffe. Eine solche Steuerpolitik aber ist Ihnen recht. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Als nächster Redner hat sich Kollege Müller von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Müller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Selten habe ich zu diesem Thema Kiessteuer, Kiesabgabe einen treffenderen Kommentar gelesen als den Kommentar von Manfred Köhler „In Zeiten der Vollbeschäftigung“. Meine Damen und Herren, wenn wir keine so wirtschaftlich hervorragende Situation hätten, wie wir sie nach 15 Jahren CDU/FDP in Hessen haben, dann würden wir dieses Thema hier ganz anders diskutieren. Denn das, was die GRÜNEN hier wollen, ist nichts anderes als arbeitsplatzund wirtschaftsfeindlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, das schafft Rahmenbedingungen, die dazu führen werden, dass wir in Hessen weniger Wohlstand haben. Sie wollen eine Abgabe von 10 % auf die Rohstoffe. Sie wollen einen Wassercent. Sie haben die Ökosteuer eingeführt, dafür haben Sie sich gerade gerühmt. Sie haben die Lkw-Maut eingeführt. Sie wollen eine Vermögensteuer, eine Vermögensabgabe. Sie wollen eine Erbschaftsteuer. Sie wollen die Einkommensteuer erhöhen.

(Norbert Schmitt (SPD): Wir wollen eine Eigentumssteuer!)

Meine Damen und Herren, genau darüber wird – wir haben hier heute Wahlkampf, das merkt man schon den ganzen Tag – am 22. September abgestimmt werden: was die Menschen wollen,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

ob sie weiterhin eine Politik haben wollen, die garantiert, dass ein wirtschaftliches Umfeld gegeben ist,

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Norbert Schmitt (SPD): Wer hat eigentlich die Grundsteuer in Hessen erhöht?)

in dem die Mittel erwirtschaftet werden können, von denen wir uns die Sozialsysteme und Bildung leisten, von denen wir uns den Wohlstand leisten, den wir im Moment in diesem Land haben,

(Zurufe der Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD))

oder ob wir in Zukunft grüne, sozialdemokratische Politik haben wollen, bei der es um Steuererhöhungen geht, um die Einführung von Abgaben, wo es um Regulierung geht

(Zurufe der Abg. Wolfgang Greilich (FDP) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und wo Sie dann für einzelne, Ihrer Klientel förderliche Bereiche Subventionen einführen wollen, wie wir das beim EEG erlebt haben.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)