Protocol of the Session on January 31, 2013

Das realistische Szenario für eine Klage sieht doch so aus: Das Bundesverfassungsgericht wird – vielleicht 2014 – feststellen, dass der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden muss, aber dass der Länderfinanzausgleich bis 2019 in seiner jetzigen Form weiter bestehen kann. Eine Neuregelung aber, meinetwegen bis 2017, soll und muss geschaffen werden.

Das entspricht zumindest in etwa dem, was zur letzten Neuregelung des LFA geführt hat. Mit anderen Worten:

Selbst wenn Sie ihre Klagedrohung wahr machen, wird Ihnen der Gang nach Karlsruhe wenig bis nichts bringen. Im Gegenteil, das ganze Geld und die Zeit, die damit vergeudet werden, werden dazu führen, dass am Ende ein Auftrag des Bundesverfassungsgerichts stehen wird, der heißt: Regelt den LFA bis 2019 neu.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Aber darum geht es ja nicht, es geht ja um Wahlkampf!)

Abschließend will ich noch ein Wort zu den Vorschlägen der FDP-Fraktion verlieren. Die FDP-Fraktion hat in dieser Woche ein Gutachten vorgestellt. Herr Minister Hahn hat darauf hingewiesen, dass es auch Konsens in der Landesregierung sei. Zentral für Ihren sogenannten Reformvorschlag ist, dass es für die Länder ein Hebesatzrecht für die Einkommensteuer gibt. Allerdings sieht man in dem Gutachten auch den bemerkenswerten Hinweis, dass dafür erst einmal die Steuern gesenkt werden müssten.

Machen wir uns nichts vor: Dies ist nichts als die verkappte Forderung nach Steuersenkungen für Reiche. Das wird aber, so fürchte ich, nicht durchsetzbar sein, liebe Kollegen von der FDP.

(Zuruf von der FDP)

Vielmehr wird das Gegenteil, nämlich die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Grundlage dafür sein, dass endlich ausreichende Einnahmen für alle Bundesländer zur Verfügung stehen und nicht weiterhin alle – jeder für sich – an der zu kurzen Decke ziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächster Redner hat sich Kollege Pentz von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Pentz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Decker, wenn man Ihrer Rede gelauscht hat, muss man sich unweigerlich die Frage stellen: Was wollen Sie eigentlich? Was will die SPD eigentlich? – Ihre Rede heute zum LFA und gestern zum KFA und ihre Rede zum Steuerabkommen kann man in einem Satz zusammenfassen: Sie schaden Hessen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Wolfgang Decker (SPD): Sie fahren die Karre vor die Wand, und wir sollen Hessen schaden! Das ist ja lachhaft!)

Meine Damen und Herren, das Grundgesetz beschreibt die Aufgabe des Länderfinanzausgleichs mit dem Ziel, „… dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird“. Die christlich-liberale Koalition bekennt sich zu einem solidarischen Finanzausgleich zwischen den Ländern. Die Solidarität zwischen den Ländern ist richtig und wichtig. Aber Solidarität darf Eigenverantwortung nicht ersetzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Januar 2013 sehen wir, dass von 16 Bundesländern überhaupt nur drei in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Seit der Gründung der Bundesrepublik sind es im Wesentlichen die gleichen drei Länder, die Zahlerländer sind – es sind Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat alles Herr Koch ausgehandelt! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bayern erst seit Anfang der Achtzigerjahre!)

Ich komme gleich dazu, lieber Herr Al-Wazir. – Bayern hat es geschafft, sich dauerhaft vom Nehmerland zum Geberland zu entwickeln. Während Hamburg unter einem CDU-geführten Senat noch Geberland war, ist es heute unter einem roten Senat innerhalb kürzester Zeit zu einem Nehmerland geworden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Unser großes Nachbarland Nordrhein-Westfalen ist seit 2010 auch wieder Nehmerland.

Meine Damen und Herren, 13 von 16 Ländern werden durch die anderen finanziert.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat Herr Koch ausgehandelt und unterschrieben!)

Da kann doch etwas nicht stimmen, Herr Schmitt, wenn mehr als drei Viertel der deutschen Länder von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg finanziert werden. Wir müssen uns das einmal vor Augen halten.

Unser Bundesland Hessen wäre ohne den Länderfinanzausgleich heute schuldenfrei. Allein seit 1999 hat Hessen knapp 30 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich gezahlt. Im selben Zeitraum mussten wir Schulden in Höhe von 18,8 Milliarden € aufnehmen – um das hier einmal festzustellen.

(Norbert Schmitt (SPD): Herr Koch hat es ausgehandelt, und Herr Bouffier hat dem zugestimmt!)

Die hessischen Steuerzahler müssen mit Schulden kostenlose Kindergartenjahre in Rheinland-Pfalz und Berlin finanzieren; das ist doch Fakt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Wolfgang Decker (SPD): Jetzt geht das schon wieder los!)

In Berlin finanzieren wir dann auch noch gleich einen Flughafen hinterher, bei dem man hoffen muss, dass er fertiggestellt wird, bevor das Beamen erfunden wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Der Zeppelin, den Sie gestartet haben, wird nie landen!)

Lieber Herr Schmitt, Sie haben ganz große Chancen, schreihalspolitischer Sprecher dieses Parlaments zu werden, aber mehr auch nicht. – In Berlin finanzieren wir gleich noch einen Flughafen hinterher; das habe ich eben gesagt.

Meine Damen und Herren, der Länderfinanzausgleich stellt die Verhältnisse auf den Kopf. In dieser Situation ist es unverantwortlich, den Länderfinanzausgleich in dieser Form bis 2020 weiterzuführen.

Herr Kollege Pentz, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Erfurth zu?

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr souverän, Herr Kollege!)

Aber ich nutze die Zeit, um einen Schluck Wasser zu trinken.

(Heiterkeit bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Es steht Ihnen ja auch bis zum Hals!)

Darum unterstützen wir von der Koalition nachhaltig den Vorstoß des Ministerpräsidenten, gegen den Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form zu klagen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Hören Sie lieber zu, Herr Schmitt, da lernen Sie noch etwas. – Wir wollen, dass derjenige, der sich anstrengt, mehr von den Einnahmen hat. Wir wollen aber auch, dass derjenige, der sich nicht anstrengt und es schleifen lässt, nicht mehr die uneingeschränkte Solidarität aller anderen Länder für sich beanspruchen kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für uns ist es besonders wichtig, dass die Nehmerländer die notwendigen Reformen in ihren Ländern anpacken. Nur durch die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen werden wir insgesamt eine stärkere Finanzautonomie der Länder haben. Wir brauchen ein transparentes Band der Verantwortung.

Momentan ist es so, dass eine schlechte Politik vor den Bürgern nahezu gänzlich verborgen bleibt. Verluste bei den Steuereinnahmen werden durch die Mittel der Geberländer ausgeglichen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es ist daher dringend geboten, bessere Anreize zum eigenen Ausbau der Wirtschaftkraft zu schaffen. Ebenso brauchen wir einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern. Nicht in der Hängematte werden die anderen Länder erfolgreich sein, sondern nur, indem sie auch die Herausforderungen unserer Zeit annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch eine Reform der sogenannten Einwohnerveredelung. So zählt ein Einwohner in Berlin, Hamburg oder Bremen im Vergleich 35 % mehr. Das ist ungerecht und kaum begründbar.

(Norbert Schmitt (SPD): Wie ist das im hessischen KFA?)

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass gerade in den Flächenländern eine gute Infrastruktur auch in Zukunft sichergestellt ist. Im Übrigen ist es in Hessen doch auch so. Wir haben auch unsere Ballungsgebiete. Sehen Sie sich die Situation in Frankfurt an.

(Norbert Schmitt (SPD): Und was regelt der KFA dort?)

Größter Profiteur der Einwohnerveredelung ist im Übrigen Berlin. Berlin erhält als Bundeshauptstadt zwei Drittel aller aufgrund der Einwohnerveredelung verteilten Mittel. Es kann aber nicht sein, dass es nahezu alleinige Aufgabe der anderen Länder ist, die Hauptstadt zu finanzieren. Der Bund muss hier finanziell stärker in die Verantwortung gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle sei betont: Von jedem Euro, den wir als Land weniger in den Länderfinanzausgleich einzahlen müssen, bekommen die hessischen Städte, Gemeinden und Landkreise gut 25 % – wichtige Mittel für wichtige Investitionen. Wir kämpfen also auch für die bessere Finanzausstattung der Kommunen.