Ob eine Information dem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon ab, in welcher Art und Intensität sie aus sich heraus die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berührt.
Allerdings gehören nicht zum Kernbereich Äußerungen, die in unmittelbarem Bezug zu konkreten strafbaren Handlungen stehen,...
Damit soll man jetzt etwas anfangen. Was nun, wenn ein Terrorist im Schlafzimmer betet: „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich mit der Bombe in den Intercity komm“? Kernbereich, äußerer Bereich, Straftat – alles drin.
Nicht von ungefähr war im Januar 1965 der Nummer-1-Hit „Das ist die Frage aller Fragen“ von Cliff Richard, wenn Sie sich erinnern. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Frage das Bundesverfassungsgericht beantworten sollte und nicht irgendwelche EU-Instanzen. Die rigide Antwort, die der Verfassungsgerichtshof Thüringen am 5. September 2012 gefunden hat, nämlich dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung durch ein umfassendes Erhebungsverbot zu schützen sei, will ich als für den Datenschutz Hessens Verantwortlicher nicht kommentieren. Wie sie das machen wollen, ist mir ein Rätsel. Die Prämisse steht jedenfalls. Die Entscheidung zeigt, wie kontraproduktiv Versuche sind, den Datenschutz „klein“zureden.
Der hessische Abwehrkampf gegen eine europäische Totalvereinnahmung des nationalen Datenschutzes fällt in den jetzigen Berichtszeitraum. Auf die Entwicklung gehe ich trotzdem kurz ein; denn noch können wir verhindern, dass nicht nur dem Hessischen Datenschutzbeauftragten, sondern auch dem Hessischen Landtag sämtliche daten
schutzrechtlichen Befugnisse entzogen werden. Das ist keine Absage an die europäische Idee. Speziell das hessische Engagement wird im 40. Tätigkeitsbericht wiedergegeben; das können Sie leicht entnehmen. Die Grundverordnung und das Reformkonzept der Europäischen Union gehen so weit, dass wir uns auf den Hit „Der letzte Walzer“ von 1968 beschränken können. Das heißt, wir haben nichts mehr zu tun. Datenschutzrechtlich dürfen wir weitertanzen, wenn wir uns zur Wehr setzen, und das wollen wir auf jeden Fall tun.
Dass wir dabei das kompetenzgerechte Unionsrecht beachten, versteht sich von selbst. Wir sind keine Antieuropäer, sondern wir wollen gerade im Interesse der Europäischen Union Regelungen haben, die den Standard gewährleisten und nicht absenken und die Gefahr bieten, dass wir uns auf ein niederes Niveau zubewegen.
Dem Unionsrecht – ich bin beim sechsten Punkt, damit Sie sich mental darauf einstellen können – verdanken wir die völlige Unabhängigkeit des Hessischen Datenschutzbeauftragten auch im privaten Bereich; die Diskussionen sind Ihnen noch geläufig. Wir haben nicht einfach Vorgaben europäischer Organe vollzogen, sondern nach sorgfältiger verfassungsrechtlicher Prüfung und Abwägung eine eigenständige einvernehmliche hessische Lösung gefunden. Dabei war uns klar, dass die Bereiche trotz aller Synergieeffekte getrennt werden müssen.
„Du lebst in Deiner Welt“ – das war 1972 der Hit von Daisy Door – und ich in meiner Welt. Zwischen staatlichem Schutzauftrag im Konflikt autonomer Privater und gezieltem staatlichen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung im allgemeinen Gewaltverhältnis besteht ein fundamentaler Unterschied. Das ist das Seriöse, das ab und zu mal anklingen muss. Die Begründung findet sich im schriftlichen Bericht.
Auf die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Bereich achte ich besonders, weil uns immer wieder entgegengehalten wird, es handele sich um eine kontinentaleuropäische Marotte. Abgesehen davon, dass sich in den USA und in Großbritannien ein Verwaltungsrecht herausbildet, ist diese Unterscheidung für unsere Verfassungsordnung unverzichtbar, da nur so im privaten Rechtsverkehr Freiräume zugestanden werden können, die dem Staat nicht eröffnet sind. Gegen diesen Ansatz wird von zwei Seiten Front gemacht.
Zum einen wird der Datenschutz als eine Art Verbraucherschutz missverstanden. Große Unternehmen werden für ebenso gefährlich gehalten wie der Staat. In Hessen haben wir jedenfalls haben eine Datenschutzkultur im staatlichen Bereich entwickelt, und das wollen wir auch im privaten Bereich. Mit brachialen Gesten kommt man nicht weiter. Man muss versuchen, eine Datenschutzkultur im privaten Bereich zu entwickeln und den Wert des deutschen Datenschutzes zu propagieren. „Privacy“ klingt fast ebenso gut wie „Compliance“ und „Risk Management“, bleibt aber hinter dem deutschen „Datenschutz“ zurück. Wir sollten daher darauf hinarbeiten, dass „Datenschutz“ wie „Made in Germany“, „Angst“ und „Kindergarten“ zu einem amerikanischen Fremdwort für einen anerkannten Importartikel wird – Datenschutz als Exportartikel.
Zu den Vorkommnissen im öffentlichen Bereich verweise ich wieder auf meinen schriftlichen Bericht. Spektakuläre wahlkampfträchtige Ereignisse kommen nicht vor. Ein Dauerbrenner ist immer noch die nicht abgeschlossene Löschung von SAP-Dateien. Da kommen wir einer Regelung nahe.
Ferner weise ich darauf hin, dass im schulischen Bereich immer wieder versucht wird, den Datenschutz zu umgehen. Mir wird immer vorgeworfen, die Lehrer seien meine Erbfeinde. Das stimmt natürlich nicht. Es sind nicht meine Erbfeinde. Ich habe vollstes Verständnis für die Lehrer. Ab und zu werden aber Verstöße registriert, und die muss man ahnden.
In der Presse am meisten Aufmerksamkeit erregt hat eine Bagatelle, die in Wahrheit keine Bagatelle ist: Fingerabdrücke als Einlasskontrolle in Schwimmbädern. Ich hoffe, dass ich nicht näher erläutern muss, weshalb biometrische Daten nur sparsam gefordert werden. Obendrein sind Fingerabdrücke ohne größeren Aufwand leicht zu fälschen. Die Verwendung im öffentlichen Bereich erregt überdies Begehrlichkeiten Privater. Beispielsweise musste ich einem Holzverarbeitungsbetrieb die Verwendung von Fingerabdrücken als Ersatz für die Stechuhr untersagen, wobei das der ideale Betrieb ist, um Fingerabdrücke zu nehmen; denn in Holzverarbeitungsbetrieben kann man sich noch am ehesten schädigen. Aber das kann ein Vorurteil sein, dumme Ignoranz. Ich bin kein Experte für die Holzverarbeitung.
Im privaten Bereich, genauer: im nicht öffentlichen Bereich, gab es zahlreiche Probleme aufzuarbeiten. Hierzu müssen die Probleme erst einmal ermittelt werden. Zu diesem Zweck habe ich mit den Repräsentanten der größten in Hessen ansässigen Firmen Gespräche geführt.
Ich habe beispielsweise erreicht, dass mir die Zusage erteilt wurde, Schufa-Geoscoring nur noch als letzte Lösung vorzunehmen. Dabei geht es darum, dass Ihre Kreditwürdigkeit danach bemessen wird, wo Sie Ihren Wohnsitz haben. Wenn Sie Pech haben und in einem entsprechend ungünstigen Viertel wohnen, bekommen Sie keinen Kredit, unabhängig davon, in welcher Gehaltsklasse Sie sich bewegen. Das halte ich nicht unbedingt für zielführend. Man hat mir zugesagt, dass man sich davon verabschieden wird.
Dass auch gegen Großunternehmen notfalls beinhart vorgegangen wird, hat man zur Kenntnis genommen. Wir sind da eher Rocker als Schlagerfuzzis.
Dass gegebenenfalls auch Bespitzelungen im Nachbarschaftsverhältnis geahndet werden müssen, ist klar. Die Klage „Du hast mein Herz gebrochen“ – das stammt aus dem Jahr 2004 von Frau Catterfeld – rechtfertigt keine Bespitzelungsmaßnahmen. Ich bringe immer die Prospekte mit, in denen die entsprechenden Utensilien für Bespitzelungen angepriesen werden.
Ich will nicht zeigen, woher das stammt. Denn ansonsten wäre das Werbung. Aber Sie sollten sich das einmal ansehen:
Die KuliCam: Videos, Fotos, Tonaufnahmen. Und immer beide Hände frei. … Auf den ersten Blick ein elegantes Schreibgerät. Doch im Inneren dieses ge
nialen Tools ist eine … Kamera eingebaut. Klippen Sie die KuliCam … an Ihre Brusttasche, und schalten Sie sie ein. So gelingen Ihnen wahre Livemitschnitte, Sie verpassen nie mehr einmalige Momente – und haben dennoch beide Hände frei.
Das geht dann so weiter. Das kann man mit dem Kugelschreiber machen. Ich verrate nicht, woher das stammt. Ich wollte das nur als Beispiel dafür nennen, was es gibt.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: So etwas ärgert mich. – Das ist ein Appell an die politisch Verantwortlichen, hier entsprechende Regelungen zu treffen, damit so etwas auf Dauer nicht akzeptiert wird. Jedenfalls sollte die Verwendung nicht auf Dauer akzeptiert werden.
Der Missbrauch der Videokamera ist eine Schweinerei. Im Übrigen sind Attrappen de lege lata genauso zu behandeln wie Originale. Dafür brauche ich keine Änderung des Gesetzes. Durch eine sinnvolle Interpretation des Bundesdatenschutzgesetzes kommen wir auch da zu einer Lösung.
Größere Probleme bringt die globale Entwicklung des Datenverkehrs mit sich. Zum einen weise ich auf die sozialen Netzwerke hin, über die ich nicht berichte, da ich in Kürze einen Beitrag mit dem Titel abliefern werde:
Dessen ungeachtet ist es so, dass wir nun einmal im Zeitalter des Internets leben. Wir sind da, entsprechend dem Hit aus dem Jahr 1984, „Jenseits von Eden“.
Ich beteilige mich nicht an der Kampagne gegen Facebook. Sie werden erstaunt sein. Ich sehe das nicht als so dramatisch an, wie es generell gesehen wird. Ich sehe all die Probleme, die damit verbunden sind. Aber es ist nutzlos, sich zu einem Mitautor einer Kampagne zu machen, die letztlich keinen Ertrag bringen wird.
Ich versuche lieber, Einfluss auf Facebook zu nehmen, damit sie sich an unseren Maßstäben orientieren und an unsere Maßstäbe halten, als mit vielem großem Getöse Aktionen zu starten, die im Endergebnis zu nichts führen. Dass es Facebook gibt, kann man einfach nicht bestreiten. Dass die entsprechenden Generationen ihre Informationen schwerpunktmäßig aus Facebook ziehen, müssen wir registrieren. Wenn wir mit Verboten kommen, werden wir letztlich gar nichts erreichen.
Im Übrigen eröffnen derartige soziale Netzwerke selbstverständlich auch immense Chancen. Die meisten möchten sich selbst darstellen. Sie möchten viele Freunde haben. Das betrifft nicht nur die im Film verewigten „ziemlich besten Freunde“.
Auch die Mitglieder des Hessischen Landtags haben sich den Wunsch erfüllt, Fernsehstars zu werden. Sie haben eine Liveshow zugelassen. Mich hat man nicht gefragt. Ich
Ich hoffe, dass die Plenarsitzungen damit nicht zur SoapOpera verkommen. Ich glaube nicht, dass das der Fall sein wird. Denn das wäre schon etwas peinlich.
Ich wollte das nicht bringen. Aber ich sage es doch. Jetzt ist es egal. Es heißt: von Buffy zu Bouffi – Titel: „Bouffi im Banne der Parlamentsdämonen“ und dergleichen. Sie alle kennen noch die Buffy-Sendung. Das wäre allemal noch spannender als das, was gestern Abend in „Dallas“ kam.