Dafür werden wir bei den kommenden Ostermärschen auch weiterhin auf die Straße gehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Kollegen van Ooyen reden hört, hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass er erklärt, die Bundeswehr bereite den Erstschlag vor. Wenn wir nicht im Hessischen Landtag wären, könnte man es fast lustig finden. Aber so glaube ich, Sie haben das per Direktdepesche aus Kuba bekommen. Anders kann ich mir solche Ausführungen nicht erklären.
Herr Kollege Frömmrich, zu Ihnen komme ich gleich. Sie haben vorhin geäußert, wir hätten im Landtag schon einmal über das Thema Bundeswehrstrukturreform diskutiert. Da zeigt sich wieder, was ich Ihnen damals in der Debatte schon gesagt habe: Sie haben die damalige Debatte nicht verstanden. Die Grundlage des damaligen Setzpunktes der CDU war nicht der Antrag der SPD, der später kam, es war der Antrag von CDU und FDP, der den Titel „Solidarität mit unseren Soldatinnen und Soldaten“ hatte.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Natürlich! Im letzten Absatz ging es um die Standortfrage!)
Ich möchte meine Rede damit beginnen: Sie haben in der Tat richtigerweise davon gesprochen, dass der Dienst bei der Bundeswehr mit vielen Entbehrungen für die Soldatinnen und Soldaten verbunden ist, die häufige Ortswechsel in Kauf nehmen müssen, die im Ausland unsere Freiheit und Sicherheit verteidigen. Ich möchte den Soldatinnen und Soldaten erst einmal für diesen Dienst danken, den sie in unser aller Interesse leisten. Das ist ein Grund, bei dem man auch einmal klatschen kann.
Vieles wurde schon von dem Kollegen Bauer gesagt, was ich auch noch einmal in Erinnerung rufen möchte. Das Ziel der Bundeswehrreform ist es, die Personalstärke der Bundeswehr bis 2017 – also langsam und sozial verträglich – von 220.000 Mann auf 185.000 Mann herunterzufahren. Dazu findet insgesamt eine Schließung von 394 auf zukünftig 264 Standorte statt, die in der Tat anhand verschiedener Kriterien – die Herr van Ooyen richtig vorgetragen hat – vorgenommen wird, nämlich Funktionalität, Kosten, Attraktivität und Präsenz in der Fläche.
Wenn man sich das Ganze im Vergleich der Bundesländer genauer anschaut – auch das wurde schon von dem Kollegen Bauer erwähnt –, dann sind wir mit einem einzigen Truppenstandort, der gestrichen wurde, mit Rotenburg, bei Weitem nicht so schlecht weggekommen. In Schleswig-Holstein wurden acht Standorte gestrichen, in BadenWürttemberg vier, in Rheinland-Pfalz – in der Nachbarschaft – fünf und in Niedersachsen drei. Darunter waren beileibe nicht nur kleine Standorte, sondern auch große.
Auch der im Vorfeld der Reform immer wieder geäußerte Vorwurf, es würden gewisse Präzisierungen getroffen, es
würden Standorte geschont, an denen bestimmte Menschen aus der Politik beheimatet sind, ist falsch. Wir haben das einmal recherchiert. So wurde z. B. im Wahlkreis von Volker Kauder ein Standort mit 970 Dienstposten geschlossen. Im Wahlkreis von Gerda Hasselfeldt von der CSU wurden 1.240 Dienstposten abgebaut. Und bei Alexander Dobrindt, CSU-Generalsekretär, sind leider 2.350 Posten weggefallen. Also kann man auch diesen Vorwurf nicht gelten lassen.
Man muss ganz klar sagen – das sage ich auch den Kollegen der SPD, wir haben gestern schon über Nordhessen diskutiert, Sie stellen es immer ein bisschen so dar, als sei Nordhessen überproportional betroffen –: Wir haben in Nordhessen sieben Standorte. Von diesen sieben Standorten bleiben sechs erhalten. Das ist doch eine sehr gute Aussage für Hessen.
Wenn Sie einmal mit den Soldaten dort sprechen, wenn Sie die Standorte besuchen – ich habe das regelmäßig getan, übrigens auch mit den zuständigen Kollegen meiner Partei aus dem Bundestag –, dann werden Sie im überwiegenden Fall auf großes Verständnis für die Reform stoßen; denn sie wurde transparent vorbereitet und wird nun auch, wie ich schon ausgeführt habe, regional und sozial verträglich durchgesetzt.
Wenn Sie sich den Standort Rotenburg genauer anschauen, muss man wiederum feststellen: Dort fehlt schlicht und ergreifend die Funktionalität. Das FührungsUnterstützungsbataillon 286, das dort stationiert war, wird aufgelöst. Das priorisiert den Standort auf der Streichliste in gewisser Weise. Man hätte natürlich auch eine Verlegung anderer Truppenteile dorthin fordern können. Aber auch wenn am Standort Rotenburg erhebliche Investitionen getätigt wurden, so ist die Infrastruktur dort, wenn man es sich genauer anschaut, doch nicht in dem guten Zustand,
wie man sich das möglicherweise wünschen würde, wie sie auch die Soldaten zur Erfüllung ihrer richtigen und wichtigen Aufgabe brauchen.
Ich kenne den Standort. Deshalb aus unserer Sicht die ganz klare Aussage, Kollege Rudolph: Ja, es ist bedauerlich, dass der Standort wegfällt, aber es hätte schlimmer für Hessen kommen können. Wir werden – das hat der Kollege Bauer schon richtig ausgeführt – auf allen Kanälen dafür sorgen, dass die Kommune die entsprechende Unterstützung bekommt, sei es des Landes, aber federführend natürlich vonseiten des Bundestages.
Wenn Sie weniger große Reden führen, sondern Ihre Bundestagskollegen in Berlin ansprechen würden, dann könnten Sie auch etwas für den Standort bewegen. Das geht aber nicht, indem man hier große Reden führt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will dem, was vonseiten des Kollegen Bauer zu der Frage, wie Hessen am Ende dasteht, gesagt worden ist, nichts weiter hinzufügen. In den letzten Monaten ist öffentlich, aber auch hier im Hause oft genug über die Entwicklung und deren Notwendigkeit gesprochen worden.
An vielen Stellen will ich dem Herrn Kollegen Frömmrich zustimmen, der das Problem sehr sachgerecht aufgegriffen hat – das hat Herr Bauer genauso formuliert – und zunächst einmal festgestellt hat, dass man solche Strukturveränderungen natürlich nicht hinbekommt, ohne dass es jemand merkt. Insofern will ich nur einen Punkt aufgreifen, über den ich mich tatsächlich ein wenig ärgere. Das betrifft den Kollegen Franz und die Behauptung, dass dieses Verfahren nicht in äußerster Fairness – und ich sage auch: der möglichen Transparenz – stattgefunden hat.
Herr Franz, wenn Sie bei den vielen Gesprächen, die nicht nur die Hessische Landesregierung, sondern auch alle anderen potenziell betroffenen Landesregierungen – das sage ich sehr deutlich – mit den Verantwortlichen im Bundesverteidigungsministerium geführt haben, dabei gewesen wären, würden Sie das nicht behaupten. Das will heißen: In den Gesprächen auf dem Weg zu diesem Ergebnis konnten wir sehr wohl eine ganze Menge erreichen. Das funktioniert aber nicht, wenn man zwischendurch im wahrsten Sinne des Wortes martialische Presseerklärungen abgibt, um die Muskeln spielen zu lassen, sondern das geht nur auf dem Verhandlungswege, Herr Frömmrich, und zwar sehr wohl unter Berücksichtigung der Strukturproblematiken, die doch niemand wegreden will, Herr Franz.
Insofern will ich nur feststellen: Meine Erfahrung mit dem Bundesverteidigungsminister und den zuständigen Staatssekretären, aber auch ausdrücklich mit der Führung der Bundeswehr ist, dass es ein äußerst faires Verfahren war, das am Ende genau zur rechten Zeit all diejenigen informiert hat, die betroffen waren. So gut wie kein Ministerpräsident eines SPD-geführten Bundeslandes hat sich über das Verfahren, die Frage der Transparenz und der Beteiligung beschwert. Sie sind der Einzige. Das ist mir deswegen wichtig, weil es in der Geschichte der Bundeswehr bisher noch keine derart gewaltige Strukturveränderung gegeben hat, die so professionell und unter Beteiligung aller Betroffenen erreicht worden ist, wie es unter Verteidigungsminister de Maizière der Fall war.
Wenn Sie die Strukturdaten Hessens beispielsweise im Vergleich zu Bayern ansprechen, dann ist von Herrn Bauer zu Recht darauf hingewiesen worden: Die strukturellen Defizite, die wir dort haben, rühren aus den von den Bundesverteidigungsministern Struck und Scharping herbeigeführten Reformen. Das ist kein neuer Sachverhalt. Er ist jetzt in Relation sogar ein wenig günstiger geworden, sodass ich letztlich sagen will: Die Kritik, die Sie hier noch suchen, ist rein für das Schaufenster und leistet in der Sache keinen neuen Beitrag. Dass sich Hessen kümmern wird, wird jetzt so sein, wie es in früheren Jahren auch der Fall war. – Herzlichen Dank.
Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung ab. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, GRÜNEN und LINKEN angenommen worden.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Hessen macht Schluss mit „Bespitzelung und politischer Diskriminierung“ – Drucks. 18/5255 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Das Wort hat für den Antragsteller Herr Abg. van Ooyen.
(Günter Rudolph (SPD): Ein Plenum ohne Ältestenrat, das ist sehr ungewöhnlich! Ach so, wir haben ja noch ein paar Minuten!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 28. Januar 1972, also vor 40 Jahren, gebar die Runde der Ministerpräsidenten der Länder unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt auf Vorschlag der Innenministerkonferenz den Radikalenerlass, die sogenannten Berufsverbote.
Die Initiative zu dieser Demokratievernichtungsentscheidung, von der Willy Brandt später als einem schweren Fehler sprach, ging von den sozialdemokratisch regierten Bundesländern Bremen und Hamburg aus. Der Radikalenerlass traf Postboten wie Eisenbahner, Zöllner, Sekretärinnen und Beamte im Bundesdienst ebenso wie Beamte in den Ländern und Beschäftigte in den Kommunen.
Besonders im Visier der Berufsverbieter in Hessen waren Lehrerinnen und Lehrer, Beschäftigte an Hochschulen im Allgemeinen und der Justiz im Besonderen. Was 68 begann, die Befreiung der Republik vom Mief der Reaktion, sollte 72 gewendet werden.
Der von Teilen der APO propagierte Marsch durch die Institutionen sollte, so die Herrschenden, in der Anpassung der Marschierenden und nicht in der Umgestaltung der Institutionen enden, wie nicht nur die Beispiele Joseph Fischer und Gerhard Schröder exemplarisch dokumentieren.
Infolge des Radikalenerlasses kam es zu mehr als 11.000 Berufsverbotsverfahren, 2.200 Disziplinarverfahren, 1.250 Ablehnungen von Bewerberinnen und Bewerbern sowie 265 Entlassungen. 3,5 Millionen Bewerberinnen und Bewerber für den öffentlichen Dienst wurden in Form einer Regelanfrage vom Verfassungsschutz auf ihre politische Zuverlässigkeit überprüft.
Besonders bitter ist es, daran zu erinnern, dass zu den ers ten Berufsverbotsopfern in Hessen Kinder von Widerstandskämpfern gegen den Faschismus gehörten. Die Töchter von Widerstandskämpfern wie Doris Fisch, Anne Kahn und Silvia Gingold, Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers in der französischen Résistance, Peter Gingold, wurden in Hessen mit Berufsverboten belegt.