Protocol of the Session on May 12, 2009

Die Modifikation auf Dreizügigkeit ist erforderlich, um eine sinnvolle pädagogische und organisatorische Konzeption zu ermöglichen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr richtig!)

Dies gilt für neu einzurichtende Schulen dieses Typs.

Ich will auch nicht verhehlen, dass durch diese Umstellung auf Dreizügigkeit bei schulformübergreifenden Gesamtschulen eine Gleichbehandlung mit den schulformbezogenen Gesamtschulen verwirklicht wird. Es ist nicht einzusehen,dass eine Ungleichbehandlung zwischen KGS und IGS besteht. Ich sage ausdrücklich: Wir wollen das auch politisch nicht.

Meine Damen und Herren, nun zum Lehrerbildungsgesetz – das ist das zweite, das wir neu einbringen. In absehbarer Zukunft wird der Bedarf für bestimmte Lehrämter und Mangelfächer nicht durch vollständig ausgebildete Lehrkräfte zu decken sein. Es ist daher notwendig, eine Regelung für besonders berufsbegleitende Qualifizierungsverfahren für geeignete Personen, die zur Sicherung der Unterrichtsabdeckung herangezogen werden können, zu schaffen. Dies geschieht mit dieser Änderung.

Die nun zu schaffende gesetzliche Regelung, die eine vorherige Rechtsverordnung ablöst, schafft diese zusätzlichen Möglichkeiten, nämlich eine berufsbegleitende Qualifizierung, an deren Ende der Erwerb einer dem Lehramt gleichgestellten Qualifikation steht. Durch ein differenziertes Auswahlverfahren, verbindliche Qualifizierungsauflagen und eine intensive Betreuung vom ersten Tag an soll sichergestellt werden, dass diese ausgewählten Personen ein Qualitätsniveau erreichen, das mit einer regulären Ausbildung vergleichbar ist. Das Nähere wird in einer Rechtsverordnung geregelt.

Auch die bereits im öffentlichen Schuldienst beschäftigten Lehrkräfte – wir machen dies nicht ganz neu –, die bisher ohne Lehrerausbildung tätig sind, können an einer solchen berufsbegleitenden Qualifizierung zum Erwerb dieser dem Lehramt gleichgestellten Qualifikation teil

nehmen; denn seit geraumer Zeit sind solche Lehrkräfte bereits im Einsatz.

Warum ist das notwendig geworden? Die Schaffung einer solchen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage ist notwendig geworden, weil die Rechtsverordnung „Lehrer nach Hessen“ nicht ausreichend war, so die Ansicht des Verwaltungsgerichts in Wiesbaden, und das ist durch den Verwaltungsgerichtshof in Kassel bestätigt worden.Daher die gesetzliche Regelung.

Ein nicht unwesentlicher Teil geht um die Benotung im ersten und zweiten Staatsexamen. Das ist die Tabelle, die angefügt ist. Damit ist ein wesentlicher Streitpunkt ausgeräumt worden, nämlich wie 13 Punkte zu bewerten sind. 20 Module in der theoretisch möglichen Ausbildung mal 13 ergeben 260 Punkte. Das ist bisher wie eine Zwei behandelt worden, aber das war nicht so recht einsichtig. Jetzt sind 260 Punkte eine Eins.

Ich will aber auch nicht verhehlen, dass es bei dieser Tabelle noch Anpassungsbedarf gibt.Wir werden uns das im weiteren Verfahren noch genauer ansehen. Das gilt auch für die Übergangsregelung, denn diese muss für diejenigen geschaffen werden, die bisher ein Examen absolviert haben, damit keine Ungleichbehandlungen vorgenommen werden.

Meine Damen und Herren, deswegen bitten wir um Zustimmung zu diesen beabsichtigten Änderungen.

(Beifall bei der CDU)

Nächste Wortmeldung,Herr Abg.Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Gesetzentwürfe der Fraktionen der CDU und der FDP, ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes und ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes. Ich will zunächst auf die vorgeschlagenen Änderungen im Hessischen Lehrerbildungsgesetz eingehen.

In § 3 wird ein neuer Abs. 4 eingefügt. Herr Kollege Herr, jetzt müssen wir schon darüber sprechen – das haben Sie relativ wenig getan –, warum diese gesetzliche Änderung notwendig ist. Diese gesetzliche Änderung ist notwendig, weil das bisherige Seiteneinsteigerprogramm der Landesregierung von Gerichten für unzulässig erklärt wurde. Die Landesregierung ist also mit ihrem bisherigen Seiteneinsteigerprogramm vor Gerichten gescheitert. Nur deshalb müssen wir heute über eine Änderung des Lehrerbildungsgesetzes beraten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Sie der Aufforderung der Gerichte nachkommen wollen, für Ihr Handeln auch eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Wir werden in den Beratungen mit den Anzuhörenden sehr sorgfältig prüfen, ob diese Gesetzesänderung ausreichend ist. Aber die entscheidende Frage an dieser Stelle ist die Ausgestaltung: Welche Qualifikation erfahren Seiteneinsteiger, die in den Schuldienst kommen? Das wird die entscheidende Frage sein.Wie können sie in etwa gleich qualifiziert werden mit Lehrerinnen und Lehrern, die eine

sehr qualifizierte Ausbildung machen? Das werden wir im Ausschuss sehr differenziert diskutieren müssen. Es kann nicht sein, dass wir durch diese Gesetzesänderung „Billiglehrer“ oder Lehrer zweiter Klasse bekommen, die nur eine sehr zweifelhafte Ausbildung haben und die dann in den Schulen unsere Schülerinnen und Schüler unterrichten. Das werden wir im Ausschuss noch sehr genau besprechen.

Auch bei der Notentabelle gibt es eine kleine, aber wichtige Änderung, und auch hier bestehen Zweifel – auch das hat Herr Kollege Herr schon eingeräumt –, ob sie wirklich ausreicht. Aber immerhin wird das, was die Oppositionsfraktionen in diesem Landtag schon lange kritisiert haben, nämlich dass diese Notentabelle, wie sie bisher war, schlicht und ergreifend Unsinn und ungerecht war, zumindest an einer Stelle korrigiert. Das wollen wir anerkennen; ob es wirklich ausreicht, werden wir sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum zweiten Gesetz, zur Änderung des Schulgesetzes. Da wird es interessant. Im Gesetzesvorblatt heißt es: „Das Hessische Schulgesetz muss den Regelungen der ,Verordnung zur Änderung von Verordnungen zum verkürzten gymnasialen Bildungsgang’...angepasst werden.“ Ich dachte immer, Verordnungen folgen Gesetzen und nicht umgekehrt. Also hier werden der normale Verwaltungsablauf und das Verhältnis von Gesetzen und Verordnungen umgekehrt. Auch hier gilt für das, was Sie schreiben, schlicht und ergreifend: Sie hatten keine gesetzliche Grundlage für das, was Sie getan haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Sie das jetzt nachholen wollen. Es ist gut, dass wir Veränderungen an dem völlig verkorksten G 8 vorgenommen haben. Aber wir wollen noch einmal festhalten: Sie haben das G 8 völlig überstürzt in Hessen eingeführt.Sie haben es dann völlig überstürzt ändern müssen. Sie hatten dazu keine Rechtsgrundlage. Vernünftige, seriöse Schulpolitik sieht sicher anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Wolfgang Greilich (FDP): Ja, ja, Sie waren auch schon besser!)

Meine Damen und Herren,dann wollen Sie in diesem Gesetz den Anmeldetermin für die Schule vorverlegen. Das trifft ausdrücklich auf unsere Unterstützung – auch wenn wir bei dem Zusammenhang, in dem Sie das tun, nämlich beim Schulvorbereitungsjahr, eine andere Konzeption verfolgen.Dass aber Kinder,die sich zur Schule anmelden und darauf vorbereiten, noch früher an diesem Anmeldetermin für die Schuleingangsuntersuchung teilnehmen, sodass man sehr früh eventuell vorhandene Qualifikationsdefizite feststellen, den Eltern eine vernünftige Rückmeldung geben und diese eventuell vorhandenen Defizite bearbeiten kann, das trifft natürlich auf unsere Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann versuchen Sie in Ihrem Gesetzentwurf, die Verschlechterungen der Rahmenbedingungen für die integrierte Gesamtschule zu verstecken. Ich finde, es ist ein ziemlich unglaublicher Vorgang, dass die erste Gesetzesänderung einer sich selbst als liberal bezeichnenden Ministerin, die hier von den die Ministerin tragenden Fraktionen vorgestellt wird, eine zutiefst illiberale Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die integrierten Gesamtschulen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wieso kehren Sie wieder zu dem Glauben zurück, es im Kultusministerium oder mit der Mehrheit im Landtag besser zu wissen als die Schulgemeinden vor Ort? Wieso können Sie es nicht akzeptieren,dass Schulgemeinden vor Ort in eigener Verantwortung entscheiden, dass sie eine zweizügige integrierte Gesamtschule gründen wollen? Wieso können Sie nicht endlich Ihren Frieden mit dieser Schulform machen, meine Damen und Herren von CDU und FDP?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Kollege Greilich, es geht um den Elternwillen. Die Eltern sind Frau und Manns genug, zu entscheiden, welche Schule sie vor Ort für ihre Kinder wollen,da brauchen sie keine Bevormundung von CDU und FDP und keine künstlichen Hürden zur Gründung von integrierten Gesamtschulen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, ich muss Ihnen wirklich sagen – Sie sind auch Mitglied der Fraktion –: Ich finde es enttäuschend, nach dem, was Sie im Wahlkampf über den Elternwillen und zur freien Entscheidung der Schulgemeinden vor Ort gesagt haben und was Sie nun im Amt als Kultusministerin über Eigenverantwortlichkeit sagen, dass der erste Gesetzentwurf all das, was Sie einmal gesagt haben, nun wirklich mit Füßen tritt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Begründung, die im Gesetz steht und die Herr Kollege Herr hier vorgetragen hat, ist nun wirklich absolut nicht stichhaltig. Sie wollen den Eindruck erwecken, dass man mit einer Zweierdifferenzierung an integrierten Gesamtschulen nicht vernünftig arbeiten kann. – Meine Damen und Herren, schauen Sie sich die integrierten Gesamtschulen in unserem Land an. Viele arbeiten sehr gut mit einer Zweierdifferenzierung und haben sehr gute Ergebnisse. Warum wollen Sie das den Schulen vorenthalten, die sich jetzt neu gründen wollen? Das Argument, das Sie hier bringen, ist nicht stichhaltig. Sie können nicht verbergen: Sie haben aus ideologisch motivierten Gründen etwas gegen integrierte Gesamtschulen. Aber mit der Sache hat das absolut nichts zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Der Vorgang ist umso ärgerlicher, weil angesichts des demografischen Wandels, angesichts zurückgehender Schülerzahlen gerade im ländlichen Raum oftmals die integrierten Systeme die einzige Chance sind, um ein wohnortnahes Schulangebot aufrechtzuerhalten, und oftmals sich die Eltern und die Schulgemeinden vor Ort genau ein solches wohnortnahes Angebot wünschen. Mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie es schwerer, ein wohnortnahes Schulangebot in Hessen zu erhalten – aus rein ideologischen Gründen.

Es ist die Rückkehr des Geistes von Karin Wolff in Gestalt von Frau Henzler, was hier vorgelegt wird. Das wird nicht unsere Zustimmung treffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das Wort hat Frau Abg. Habermann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben zwar schon eine Menge Zeit eingespart, aber ich hoffe, die Wertschätzung für die SPD-Fraktion zu erhöhen, wenn ich die vorgesehene Redezeit zu diesen beiden Gesetzentwürfen nicht ausschöpfe.

Beide Gesetzentwürfe haben gemeinsam, dass sie Versäumnisse und dilettantisches Vorgehen der Landesregierung in einem Schnellverfahren durch die Koalitionsfraktionen reparieren wollen, und so ganz nebenbei wird eine Änderung des Schulgesetzes aus der letzten Legislaturperiode teilweise zurückgenommen, die den Antragstellern schon damals ideologisch nicht in den Kram passte, und zwar die Mindestzügigkeit für neu zu gründende integrierte Gesamtschulen.

Lassen Sie mich wenige Bemerkungen zu den Änderungen in beiden Gesetzentwürfen machen. Der VGH Kassel hat endgültig festgestellt, dass für die Rechtsverordnung „Lehrer nach Hessen“ keine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden ist. Dies soll jetzt über das Hessische Lehrerbildungsgesetz nachgeholt werden.Für meine Fraktion ist es bedauerlich, dass die Personalpolitik der vergangenen Jahre im Schulbereich mit dazu beigetragen hat, dass sich der Lehrkräftemangel noch zusätzlich verschärft an den hessischen Schulen auswirkt.

(Beifall des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich kann für meine Fraktion nur feststellen, dass wir jede Öffnung für Quereinsteiger in den Lehrberuf darauf überprüfen werden, dass die dringend erforderliche pädagogische und didaktische Qualifizierung der Bewerber vorgenommen wird und an den Schulen und Studienseminaren auch geleistet werden kann.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, leider ist dazu in Ihrem Gesetzentwurf wenig zu lesen, weil dies alles über die Verordnungen geregelt wird.

Punkt zwei betrifft die massive Kritik an der Notenspreizung bei der Ermittlung der Gesamtnoten im ersten und zweiten Staatsexamen. Ich denke, dass das, was uns hier vorliegt, noch nicht ausreicht. Es ist eigentlich nicht nachzuvollziehen, warum ein Notendurchschnitt von 1,6 und dann eine Gesamtnote 2 herauskommt, wenn ein Examenskandidat 20 mal 13 Punkte in der Prüfung erreicht hat. Nach Ihrer Änderung wird sich das jetzt gerade mal um 0,1 verändern; es wird eine 1,5 herauskommen. Bei jedem Abiturienten wäre es eine 1,3.

Deswegen muss man im Ausschuss noch einmal darüber nachdenken, ob die Tabelle, die Sie vorgelegt haben, ausreichend verändert ist. In der Debatte damals, die unter Beteiligung von Frau Henzler im Landtag geführt wurde, hieß es von Frau Wolff, dies seien internationale Standards. Wenn es jetzt möglich ist, diese Tabelle zu verändern, verändern wir schon etwas an diesen Standards. Dann sollte man es im Interesse der Lehramtsstudenten und Referendare auch richtig machen.

(Beifall bei der SPD)