Protocol of the Session on May 14, 2008

Vielen Dank, Herr Abg. Kaufmann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Der Antrag der Fraktion der FDP betreffend Erbschaftund Schenkungsteuer und der Dringliche Antrag der Fraktion der CDU betreffend Neuregelung der Erbschaftsteuer-Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen sollen an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.Erhebt sich Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutze vor den Gefahren des Passivrauchens (Hessisches Nicht- raucherschutzgesetz – HessNRSG) – Drucks. 17/127 –

Für die antragstellende Fraktion erhält Herr Abg. Rentsch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich, bevor wir mit dem neuen Thema beginnen, noch einen Satz zu dem alten sage. Herr Kollege Kaufmann, was die Diskussion über die Freiburger Thesen betrifft: In den Siebzigerjahren gab es die GRÜNEN eben noch nicht. Wir hätten gern etwas herausgesucht, was wir Ihnen an dieser Stelle hätten vorhalten können.

(Beifall bei der FDP)

Aber unsere Partei hat eine etwas längere Historie. Ich glaube, insofern darf man uns das auch zugestehen.

Aber das, was wir hier gerade erlebt haben, wirkte an vielen Stellen wie der Umgang im alten Landtag. „Alter Landtag“ bedeutet eine Haudraufmentalität. „Alter Landtag“ heißt auch, dass man Fehler, die man gemacht hat, nicht eingestehen und nicht reparieren will. Aber wir haben uns versprochen, dass wir jetzt für einen neuen Landtag sorgen. „Neuer Landtag“ bedeutet, dass wir einerseits das, was wir hier politisch gemeinsam – jedenfalls teilweise gemeinsam – vereinbart haben,kritisch überprüfen und andererseits die Fehler, wenn wir sie denn feststellen, gemeinsam reparieren.

Ich denke, das sollte auch ein guter Grundsatz für die anstehende Debatte zum Nichtraucherschutzgesetz sein. Über dieses Gesetz haben wir in den letzten eineinhalb Jahren im Hessischen Landtag mit sehr viel Verve und sehr viel Emotion diskutiert.

Frau Kollegin Schulz-Asche hat – das darf ich sagen – heute keine Stimme. Ich wünsche ihr gute Besserung.

(Allgemeiner Beifall)

Wir beide haben uns an dieser Stelle – auch mit dem Kollegen Dr. Spies – sehr häufig und sehr kritisch über das Nichtraucherschutzgesetz auseinandergesetzt. Ich denke, es ist an der Zeit, einfach einmal Revue passieren zu lassen:Was haben wir mit dem Nichtraucherschutzgesetz erreicht? Ist das, was wir wollten, wirklich eingetreten? Wie sieht die Realität in Hessens Kneipen und Gaststätten aus?

Bei dieser Bestandsaufnahme muss zunächst einmal festgestellt werden: Ja, um Hessen herum gibt es mittlerweile viele Bundesländer, die starke verfassungsrechtliche Be

denken haben, was die Gesetzeslage betrifft. Beispielsweise ist das in Rheinland-Pfalz der Fall. Der rheinlandpfälzische Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Regelung für die sogenannten Einraumkneipen – also die Kneipen,die keinen Raucherraum abtrennen können – so nicht bestehen bleiben kann und einen Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit bedeutet.

Insofern müssen wir, wenn wir heute hier über das Nichtraucherschutzgesetz und über den Gesetzentwurf der Freien Demokraten diskutieren, zunächst einmal zur Kenntnis nehmen,was in anderen Bundesländern passiert ist.

(Beifall bei der FDP)

Man muss feststellen: Ja, in anderen Bundesländern wird zurzeit darüber nachgedacht – jedenfalls wird das vor Gericht verhandelt –, ob die Gesetze, die dort vorliegen, überhaupt tragbar und verfassungsrechtlich einwandfrei sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Bisher wurde festgestellt, dass jedenfalls die Tendenzen – die Tendenzen, nicht abschließend; Herr Kollege Dr. Jürgens, darin sind wir uns einig – verfassungsrechtliche Bedenken hervorrufen. – Das ist der erste Punkt.

Zweitens. Wir, die FDP, haben immer gesagt, wir wollen ein Gesetz, das einerseits den Nichtraucherschutz sicherstellt und andererseits den Inhabern kleiner Kneipen weiterhin ermöglicht, mit den Kunden zu rechnen, die sie sozusagen am Leben erhalten und ihre wirtschaftliche Existenz sicherstellen. Das sind die Kunden, die abends auf ein Bier und eine Zigarette in die Kneipe kommen.

(Beifall bei der FDP)

Es ging uns darum, dafür zu sorgen, dass wir nicht aufgrund eines überzogenen Nichtraucherschutzes verantworten müssen,dass viele dieser Kneipen und Gaststätten pleitegehen. Wir haben in den letzten Wochen sehr viel darüber diskutiert: Stimmt das überhaupt? Ist es wirklich wahr, dass so viele Kneipen Probleme bekommen haben?

Ich bin sehr froh, dass der hessische Hotel- und Gaststättenverband heute in einer großen Pressekonferenz in einer Einraumkneipe nicht unweit vom Hessischen Landtag beschrieben hat, wie die Situation aussieht. Auch die Journalisten haben in den letzten Wochen immer wieder nach Zahlen gefragt. Daher will ich diese Zahlen einmal vortragen; denn ich glaube, dass es für die anstehende Debatte sehr wichtig ist, sie zu kennen.

Nach der Auswertung einer Umfrage, an der über 1.500 Inhaber von Kneipen und Gaststätten teilgenommen haben, heißt es beim Hotel- und Gaststättenverband – gemeinsam mit dem Brauereibund –,dass zwei von drei kleinen Eckkneipen in Hessen vor dem Aus stehen. 93 % der Einraumgaststätten hätten seit Inkrafttreten des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes Umsatzeinbußen erlitten. Über die Hälfte habe mittlerweile Umsatzeinbußen von über 30 %, weitergehend von über 50 % hinzunehmen.

Hier sollte man die Debatte wirklich neu aufmachen. Ich denke, dass dieses Gesetz dazu geführt hat, dass viele kleine Kneipen und Gaststätten vor dem wirtschaftlichen Aus stehen. Teilweise sind sie schon vom wirtschaftlichen Aus betroffen – es gibt sie nicht mehr –, teilweise stehen sie kurz davor. Die Inhaber dieser Kneipen und Gaststätten erwarten vom Hessischen Landtag, dass er Verant

wortung übernimmt und eine neue rechtliche Grundlage schafft,damit diese Kneipen in Hessen überleben können. Darum muss es uns gehen.

(Beifall bei der FDP)

Ich spreche jetzt ganz bewusst die großen Fraktionen der CDU und der SPD an, aber auch die Kollegen von den GRÜNEN. Ich weiß, dass dieses Thema in den Reihen aller Fraktionen sehr kontrovers diskutiert worden ist und dass es in kaum einer Fraktion eine klare Meinung nach dem Motto „Wir machen entweder das eine oder das andere“ gab. Vielmehr gab es in allen Fraktionen die unterschiedlichsten Meinungen, und man hat sich dann jeweils zu einer Meinung durchgerungen.

Aber das zeigt doch,dass es bei diesem Thema keinen Königsweg gibt, sondern dass man auch einmal bedenken muss: Wir haben eine rechtliche Regelung, die wir gemeinsam – nicht wir, aber Sie – getroffen haben, und wir müssen nach einem gewissen Zeitraum überprüfen, ob sich das bewährt hat.

Ich glaube, wir können gemeinsam feststellen – ohne zu übertreiben und die Debatte an dieser Stelle neu aufmachen zu wollen –, dass gerade die Einraumkneipen, die keinen Raucherraum abtrennen können, ihre rauchenden Kunden also nicht auf einen eigenen Raum verweisen können, wirtschaftlich vor der Existenzfrage stehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf müssen wir hier eine Antwort finden. Es geht darum, für eine richtige, schnelle und unbürokratische Antwort zu kämpfen.

(Beifall bei der FDP)

Ich will Ihnen sagen, dass die FDP von Anfang an darauf hingewiesen hat, dass das, was seitens der Landesregierung geplant war, sehr problematisch war. Es hat nämlich, entgegen dem Entwurf der Freien Demokraten, von Anfang an das Problem aufgeworfen, dass es Kneipen und Gaststätten gibt, die sich ihre Kunden nicht mehr selbst aussuchen dürfen, sondern deren Inhaber sagen müssen: „Bei uns darf nicht geraucht werden“, obwohl sie wissen, dass sie möglicherweise viele Kunden haben, die abends auf eine Zigarette zu ihnen kommen.

Ich denke,wir müssen an dieser Stelle auch die Frage nach dem Gesundheitsschutz stellen. Über dieses Anliegen haben wir alle in diesem Landtag diskutiert. Ich glaube, dass man eine ganz klare Antwort darauf finden kann.Der Gesundheitsschutz hört nämlich dann auf, wenn eine Kneipe größtenteils von Rauchern besucht wird. Frau Kollegin Schulz-Asche, wen will man denn schützen, wenn alle Gäste Raucher sind? Dann können Sie niemanden mehr schützen.

Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, dass wir Aufklärung über Suchtgefahren betreiben müssen. Das hat die FDP immer – auch gemeinsam mit den GRÜNEN – forciert. Aber wir müssen an dieser Stelle auch ehrlich sein und sagen: Es ergibt keinen Sinn, eine Regelung bestehen zu lassen, die möglicherweise völlig über das Ziel hinausschießt.

Ich darf das sagen, weil ich gemeinsam mit Kollegen in den letzten Wochen und Monaten viele Kneipen besucht habe: In den Speisegaststätten ist es mittlerweile überwiegend akzeptiert worden, dass dort nicht geraucht werden darf, wo die Menschen hauptsächlich essen. Ich glaube, es gibt mittlerweile eine fortschreitende Akzeptanz – nicht überall, aber größtenteils.

Frau Kollegin Schulz-Asche, ich glaube aber auch, dass gerade der Besuch von Kneipen,bei dem es eben nicht um die Speisen, sondern um die Getränke geht – um ein Bier oder auch um ein anderes Getränk –, von vielen Leuten mit dem Rauchen einer Zigarette verbunden wird. Wenn sie das dort nicht mehr vollziehen können, gehen sie nicht mehr in diese Kneipe. Ich denke, hier brauchen wir eine moderate Anpassung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP verzichtet heute darauf, alle Zitate zu dieser Debatte vom Kollegen Dr. Spies, von Frau Kollegin SchulzAsche und vom Kollegen Gerling vorzulesen. Die können Sie gerne bei uns abrufen, weil da alle Zitate stehen, was Sie über die letzten eineinhalb Jahre gesagt haben. Man kann möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass die Spalte von der FDP bei der Debatte recht gehabt hat, als sie gesagt hat: Machen Sie es so nicht, Herr Kollege Gerling. – Aber das wollen wir heute nicht diskutieren, sondern ich bin der Auffassung, wir sollten den Gesetzentwurf der FDP als Grundlage nehmen.

Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf hat vier Regelungsbereiche. Der erste Regelungsbereich, den ich angesprochen habe, ist der Bereich der Einraumkneipen. Ja, wir wollen in Hessen den Kneipen, die keine separaten Räume abtrennen können, die Möglichkeiten geben, dass dort weiter geraucht werden darf, weil die Einschränkungen für diese Kneipen so immens sind, dass sie wirtschaftlich kaputtgehen. Das ist mit der FDP nicht zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Das wird übrigens auch von der Rechtsprechung unterstützt, die wir bis jetzt in den anderen Bundesländern haben.

Zweitens.Wir möchten, dass der abzutrennende Raucherraum, wenn es mehrere Räume gibt, auch einmal der kleinere bzw.der größere Raum sein kann.Zurzeit ist die Praxis folgende. Der kleinere Raum muss immer der Raucherraum sein, der größere ist der Nichtraucherraum. Das führt in der Realität manchmal zu ganz abstrusen Situationen. Sie kommen in eine Kneipe hinein. Das ist zwar der kleinere Raum, aber Sie müssen ihn zuerst betreten. Dort wird geraucht, und Sie müssen durch den kleineren Raum gehen, um in den größeren Raum zu kommen, wo nicht geraucht wird.

Wenn Sie Leute wirklich schützen wollen, müssen Sie das umdrehen und sagen: Wir machen das unbürokratisch. – Lassen Sie den Gästen und den Kneipiers die Möglichkeit, gemeinsam zu entscheiden, wie sie es für ihren Bereich haben wollen.Das ist die einfachste Variante.Lassen Sie nicht die Ordnungsämter in Hessen die nächsten Wochen prüfen, wie diese Räume gestaltet sind. Auch das ist eine Bürokratie, die deutlich zu weit geht.

(Beifall bei der FDP)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie darauf hinweisen, die Redezeit ist leider zu Ende.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Noch zwei Punkte.

Drittens. Wir wollen den technischen Nichtraucherschutz forcieren. Es gibt jetzt schon Möglichkeiten, den technischen Nichtraucherschutz durch Abluftanlagen zu ermöglichen. Lassen Sie uns diese fortschrittlichen technischen Möglichkeiten nutzen.

Viertens und letztens. Wir wollen eine Klubregelung. Da, wo geschlossene Gesellschaften sind, sollen diese selber entscheiden,ob geraucht oder nicht geraucht wird.Lassen Sie uns das auch machen. Das ist aus meiner Sicht eine ganz einfache unbürokratische Regelung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend. Dieser Gesetzentwurf ist eine Einladung an alle Fraktionen, eine Einladung zur Diskussion, wie wir in diesem Hause vorwärtskommen. Es ist nicht der Stein des Weisen, weil ich glaube, den kann es in diesem Bereich nicht geben. Ich glaube aber, dass Sie so wenig recht haben wie die anderen.