Protocol of the Session on April 23, 2008

Ich denke nämlich, es ist wichtig, dass gerade das Thema „Internationale Bauausstellung im Rhein-Main-Gebiet“ nicht politisiert wird, sondern dass wir dazu kommen, die Chancen gemeinsam mit einer Metropolregion zu nutzen, mit der wir im Wettbewerb stehen,nicht nur national,son

dern auch international. Das betrifft alle Akteure, sowohl die kommunalen als auch die regionalen, und sollte über die Fraktions- und Parteigrenzen hinweg erfolgen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dass es diese Chancen gibt, hat die FDP-Fraktion schon in der letzten Legislaturperiode zum Ausdruck gebracht. Wir sehen in einer Internationalen Bauausstellung eine sehr große Chance für die Entwicklung der Rhein-MainRegion. Das hat unserer Meinung nach etwas damit zu tun, dass wir über das Instrument – das Vehikel – Internationale Bauausstellung die Chance hätten, uns sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa im Standortwettbewerb der Regionen besser zu positionieren.

Die Internationale Bauausstellung würde uns nämlich die Möglichkeit eröffnen, die Herausforderungen des demografischen Wandels und der Entwicklung von Infrastruktur und Verkehrswegen koordiniert anzugehen – Sie hatten das Stichwort Mobilität genannt –, aber auch die Fragen nach den neuen Verhältnissen, unter denen Wohnen und Arbeiten stattfinden, anzupacken und uns auf diese Weise im Wettbewerb der Ballungsräume neu und besser zu positionieren.

Ich glaube aber auch, dass eine Internationale Bauausstellung mit dem notwendigen kommunikativen Prozess, der mit ihr in der Konzeptionierung zusammenhängt, die Chance bietet, eine gemeinsame Identität im RheinMain-Gebiet, ein Wirgefühl, eine Identifikation der Akteure, sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch von Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft im Rhein-Main-Gebiet zu erzeugen.Wir haben – da seien wir einmal ehrlich, das hat der Anfang der Debatte bildhaft gezeigt – Wettbewerbsnachteile,

(Beifall bei der FDP)

denn nur solch einige Regionen können sich optimal positionieren. Für uns als FDP-Fraktion ist allerdings – da knüpfe ich gern an Ihre Ausführungen an, Herr SchäferGümbel – extrem wichtig, dass dies ein freiwilliger Prozess in der Region, aus der Region und mit der Region ist. Da konnte man beim Durchsehen Ihres Antrages zu gewissen Passagen Zweifel bekommen.Wir möchten auf gar keinen Fall einen von der Landesebene – dem Landtag oder der Landesregierung – implementierten Prozess haben.

Mir gefällt Ihre jetzt gefundene Formulierung des Moderators, vielleicht auch des Katalysators eines solchen Prozesses in der Region sehr gut. Aber es ist auch wichtig, dass es in der Region erste entsprechende Ansätze gibt, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl im Rhein-Main-Gebiet, in dieser polyzentrischen Region mit ihren vielen, teilweise auch sehr unterschiedlich großen Kommunen und Städten, durch sichtbare Projekte sowohl für die Bevölkerung als auch für die Akteure in Politik, Wirtschaft und Kultur erlebbar zu machen und dies entsprechend zu entwickeln.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ehrlich gesagt, glaube ich etwas stärker als Sie, dass die Machbarkeitsstudie von Herrn Prof. Jourdan mit dieser Grundidee der Landschaftsstadt eigentlich eine ganz gute Grundlage bietet. Sie haben völlig recht, und da bin ich mit Ihnen einer Meinung, dass die Machbarkeitsstudie eine erste Skizze darstellt, dass wir das weiterentwickeln müssen, sofern dieser Übergedanke, diese Leitidee der Landschaftsstadt in der

Region auf Widerhall bei den anstehenden Gesprächen treffen sollte.

Aber ich glaube, dass gerade diese Frage der Netze und Aktivitäten, die Herr Jourdan aufwirft, sehr gut an die tatsächliche Struktur im Rhein-Main-Gebiet anknüpft und über die „Dachmarke“ – das sage ich als Begriff einmal in Anführungszeichen – Landschaftsstadt einen roten Faden, eine zusammenhaltende Klammer, die man auch ein sichtbares Profil nach außen benennen könnte, entwickelt und dieses Gebiet unter einen Begriff, unter eine Entwicklungsidee zusammenfügt.

(Beifall bei der FDP)

Dass dies ein tragbarer Ansatz sein könnte, sieht man, wenn man sich einmal in der Historie rückblickend die verschiedenen Internationalen Bauausstellungen anschaut, die es schon gegeben hat oder die momentan in der Konzeptionierung und Durchführung sind. Das fängt z. B. im frühen 20. Jahrhundert an – 1927 die Entwicklung der Weißenhofsiedlung in Stuttgart oder auch 1957 in Berlin der Wiederaufbau des Hansaviertels.

Damals hat man sich noch mehr auf Stadtplanung und Stadtentwicklung konzentriert. Mittlerweile sind wir weiter, nämlich übergegangen in den Bereich der Regionalentwicklung, wenn man sich etwa – Sie haben sie angesprochen – die Internationale Bauausstellung Emscher Park in Nordrhein-Westfalen oder die Bauausstellung Fürst-Pückler-Land anschaut, und jetzt besonders aktuell und sehr attraktiv, das muss man zugestehen, die Frage Sprung über die Elbe, was die Internationale Bauausstellung in Hamburg betrifft.Das sind also ganz klar Projekte, die diese Entwicklung der Metropole in den Wettbewerb mit anderen Metropolen und Regionen setzen und die genau dieses Wirgefühl für eine gemeinsame Idee, mit welchem Gefühl sich diese Metropolregion dem Wettbewerb stellen will, zu entwickeln versuchen.

(Beifall bei der FDP)

Dafür ist es wichtig, mit der Region und in der Region genau die Frage der zu uns passenden Leitidee zu diskutieren. Dafür ist es wichtig, darüber zu diskutieren, ob die Landschaftsstadt etwas sein könnte, was aus dem gemeinsamen Willen der Region heraus eine solche Internationale Bauausstellung tragen könnte. Herr Minister Rhiel, ich denke, dazu gehört, dass Sie in kürzester Zeit in die Hand nehmen, dass wir wenigstens diese Machbarkeitsstudie bekommen, was bislang noch nicht geschehen ist.

Wenn dies geschehen ist, dann können wir uns in der Region mit den Betroffenen auch darüber unterhalten, in welcher Art und Weise wir eventuell eine solche Internationale Bauausstellung in die Tat umsetzen. Gerade aufgrund der Tatsache, dass Prof. Jourdan in seiner Machbarkeitsstudie eine Vielzahl von Projekten aufgezeigt hat, die bereits entweder angefangen oder in der Planung befindlich sind und die sich unter einer solchen Dachmarke der Landschaftsstadt nicht nur versammeln,sondern veredeln ließen, ließe sich dies sozusagen von unten nach oben ausgesprochen einfach organisieren. Ich glaube, dass auch den Handelnden in den Kommunen und in der Region bewusst wird, dass sie letztendlich dazugewinnen können, wenn sie ihre vor Ort anstehenden Fragen und Probleme mit in einen regionalen Lösungskontext stellen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr SchäferGümbel, aber da habe ich bis jetzt wenig von Ihnen gehört, insbesondere liest man in Ihrem Antrag sehr wenig

dazu: Solch eine Internationale Bauausstellung muss seriös finanziert sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Michael Boddenberg (CDU): Nicht nur das Konzept!)

Auch über diese Frage muss man offen und ehrlich mit der Region in der Region diskutieren. Es wird nicht so gehen, dass das Land – es klang eben bei Ihnen so ein bisschen durch – einfach hier ein paar Hundert Millionen Euro auf den Tisch des Hauses legt. Wir werden auch mehr finanzieren müssen – das haben Sie angedeutet – als nur die Frage, wie wir die Prozesssteuerung organisieren. Das heißt, es ist eindeutig, dass wir mit den Kommunen, mit der Region, mit den Gremien, die es dort gibt, diskutieren müssen, erstens wie wir eine entsprechende Projektsteuerung finanzieren,aber auch zweitens,welches die geeigneten Projekte sind und welcher Anteil kommunal/regional und welches – in Anführungszeichen – eine Art „Veredlungsprämie“ des Landes wäre.

Da wird man gegebenenfalls nach den verschiedenen Fördermöglichkeiten, die das Land hat, schauen müssen. Das sind nicht nur die Fördermöglichkeiten des Wirtschaftsministeriums, auch wenn ich die zuvörderst sehe, denn es geht um regionale Entwicklung, es geht um Verkehrswege, es geht um Infrastruktur, es geht um Baumaßnahmen.Aber es sind auch kulturelle Fragen, es sind auch soziale Fragen, es sind auch ökologische Fragen, die sich in diese Zukunft bringende Entwicklung der Metropolregion Rhein-Main einbringen lassen müssen.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich sage an dieser Stelle auch, weil Sie gleich wieder von einer weiteren Projektgesellschaft gesprochen haben, ich möchte gerne, dass wir darüber diskutieren, inwiefern sich schon bestehende Strukturen nutzen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich möchte,dass gerade die Frage der Projektsteuerung so schmal wie möglich gefahren wird. Ich möchte, dass das Geld in die einzelnen Projekte, in die Entwicklung und in die Veredlung gesteckt wird und nicht schon wieder als Allererstes darüber nachgedacht wird,wo man irgendeine Träger-GmbH mit irgendwelchen Geschäftsführern und sonst irgendetwas nutzen kann. Die Region hat sich schon aufgemacht. Da widerspreche ich Ihnen ganz vehement, wenn Sie sagen, die Internationale Bauausstellung sei neben der Frage der Kulturmediation und des Kulturfonds eine zweite Baustelle.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aus Sicht der Landesregierung!)

Die Region hat gerade in diesem Bereich falsch angefangen, aber sich mit einem zum Besseren wendenden Prozess schon auf den Weg gemacht.Im Kulturfonds sind z.B. Strukturen und mittlerweile vor allem auch Finanzmittel eingesetzt, wozu man einfach als Angebot oder Idee mit der Region einmal darüber reden muss, inwiefern diese Strukturen hier mit eingebracht werden können.

Frau Kollegin Ypsilanti, wenn ich in meiner Arbeit in der Region sehe, dass der Planungsverband in bestimmten Bereichen gewisse Überbestände an Personal und Administration hat, so ist das eine Idee, über die wir mit der Region diskutieren müssen, inwiefern wir hier Synergien schaffen können. Ich möchte nicht, dass wir einfach nur neue Strukturen danebensetzen. Ich möchte auf dem aufsetzen, was in der Region vorhanden ist. Ich möchte hier

verschlanken. Ich glaube, dann können wir gemeinsam mit den Kommunen und den Landkreisen, mit Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur hier zu einer Lösung kommen, die solide und realistisch erreichbar finanziert ist.

(Beifall bei der FDP)

Summa summarum: Vor uns liegt sehr viel Arbeit, sicher auch ein gutes Stück Überzeugungsarbeit.

Ich für meine Person finde, die Ergebnisse der Internationalen Bauausstellungen, die in diesem Land stattgefunden haben,zeigen,dass es wert ist,sich in diese Arbeit hineinzuknien. Gerade die Entwicklung und die sich daraus ergebenden Vorteile z. B. in der Ruhr-Region beim Emscher Park sowie die Tatsache, dass diese Region sicherlich nicht Kulturhauptstadt Europa 2010 geworden wäre, wenn es nicht zuvor diese gemeinsame Bewegung, diese gemeinsame Entwicklung in der Region gegeben hätte, zeigen, dass so etwas möglich ist.

Wir müssen jetzt mit der Region diskutieren, ob sie das auch will und bereit ist, dies angemessen mitzufinanzieren.Ich meine,es gibt Töpfe,mit denen wir entsprechende Kofinanzierungen generieren können. Aber auch das muss die Region eigenständig entscheiden.

Ich glaube aber, es ist sinnvoll, sich auf diesen Weg zu begeben. Gerade der CDU-Fraktion und der Landesregierung bin ich ausgesprochen dankbar dafür – ich sage das auch in Richtung des Kollegen Milde, der meines Wissens seinen Anteil daran hat –,

(Peter Beuth (CDU): Schön, dass das einmal jemand sagt!)

dass die CDU bereit ist, sich mit auf diesen Weg zu begeben. Denn noch einmal: Ich möchte, dass es ein gemeinsam Projekt der Region wird, das die Region durchführt; ich möchte nicht, dass dies zwischen die Fronten der verschiedenen Parteien gerät – wie es auf Ihr Betreiben,Herr Kollege Schäfer-Gümbel, im Landtagswahlkampf leider der Fall war. – Herzlichen Dank.

(Beifall der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Dieter Posch (FDP) sowie bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Beer, herzlichen Dank für Ihren Beitrag. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Milde zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Milde, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich mich für die CDU-Fraktion für das dicke Lob, das wir eben von SPD und FDP gehört haben, bedanken.

(Beifall und Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU): Freundlich bedanken!)

Freundlich bedanken. Das tut immer gut.

Ich will auch sagen:An den Tönen, die wir heute hier vernommen haben, wird deutlich, dass es ein Thema IBA vor und im Wahlkampf gab und dass es jetzt eine realistische Betrachtung des Ganzen nach dem Wahlkampf gibt. Das gilt für Sie natürlich genauso wie für andere, liebe Kollegen von der SPD.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, bei Ihrem ersten Satz bin ich etwas erschrocken – als Sie gesagt haben, es handelt sich um das größte Infrastrukturprojekt der Region.

(Michael Boddenberg (CDU): Der Flughafen!)

Ich muss Ihnen wirklich sagen, ich glaube, das würden die meisten in Ihrer Fraktion nicht unterschreiben.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Das größte Infrastrukturprojekt der Region ist der Frankfurter Flughafen, und daran müssen wir alle arbeiten.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Und dann kommen noch viele andere, Herr Kollege!)

Ein bisschen wundere ich mich auch über die Historie des Antrags. Beim letzten Mal hat Frau Kollegin Ypsilanti zu diesem Thema gesprochen. Ich glaube, da haben Sie sich auf ein totes Pferd gesetzt, und ich empfehle immer, wenn das Pferd tot ist, vom Pferd abzusteigen.