Protocol of the Session on September 24, 2008

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

ja, liebe Andrea, gegen Müller, Clement und Tacke, wenn du es genau wissen willst –, das die erste Subvention in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist, die Jahr für Jahr sinkt.Wenn wir das bei der Steinkohle geschafft hätten, wäre uns viel erspart geblieben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das jährliche Sinken der Subvention sorgt dafür, dass die Anlagen wirklich jedes Jahr effizienter werden. Das führt dazu, dass wir im Jahr 1995, als die ersten Fotovoltaikanlagen – Solarsteinzeit im Vergleich zu heute – auf den Markt kamen, einen Preis von 2 DM/kWh hatten und bei den modernsten Anlagen inzwischen bei einem Preis von 33 Cent/kWh sind. Wenn man innerhalb von 13 Jahren in anderen Bereichen ähnliche Effizienzsprünge hinbekommen hätte,liebe Kolleginnen und Kollegen,dann würde es uns allen besser gehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wirtschaftsminister, im Übrigen hat diese Subvention nicht dafür gesorgt, dass Gazprom oder sonst wer reicher geworden ist, sondern dass 40.000 Arbeitsplätze in Deutschland entstanden sind.Unser Land,das keinen einzigen Hersteller von Fotovoltaikanlagen mehr hatte, als wir 1998 an die Regierung kamen, ist bei dieser Technologie inzwischen Weltmarktführer. Wer an die Firma SMA denkt, der weiß, dass sich das auch in Hessen abspielt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb finde ich es nicht gut, dass ein Wirtschaftsminister, von dem wir erwarten können, dass er auch langfristig denkt, hier so tut, als seien quasi das letzte halbe Jahr und auch die Anhörung spurlos an ihm vorübergegangen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, dieses Haus sollte aus der Energieanhörung, die wir gemeinsam gemacht haben, mehr lernen, als in den Redebeiträgen der Abgeordneten der CDU und der FDP sowie des Vertreters der Landesregierung gerade zum Ausdruck gekommen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.Ich rufe zunächst den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Energieanhörung zeigt: Hessen muss endlich mit der Energiewende beginnen, Drucks. 17/648, auf. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Dann stelle ich fest, dass der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN angenommen wurde. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und FDP.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend keine staatliche Bevormundung im Energiebereich, Drucks. 17/528.Wer diesem Entschließungsantrag die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Dann stelle ich fest, dass der Entschließungsantrag abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU und FDP, dagegen gestimmt haben die Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 46 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Hessen braucht einen Kassensturz – Drucks. 17/652 –

Dazu werden die Tagesordnungspunkte 43 und 50 aufgerufen:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Missachtung der Beschlüsse des Landtags durch die Landesregierung zur Verschleierung des Haushaltsdesasters – Drucks. 17/647 –

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Haushalt konsolidieren – das schafft man nicht mit links – Drucks. 17/656 –

Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen Kahl für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im „Stadtgespräch“ des Hessischen Rundfunks vom 16.September dieses Jahres bezog Bruder Paulus Stellung zur Finanzpolitik. In der Zusammenfassung des Hessischen Rundfunks heißt es:

... Bruder Paulus forderte die Politik auf, „die Karten auf den Tisch zu legen“ und den Bürgern klar zu sagen, was tatsächlich finanzierbar sei. „Wir brauchen einen Kassensturz“. Viele Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren und gingen deswegen nicht mehr wählen.

(Michael Boddenberg (CDU): Er hat aber die LINKEN gemeint!)

Aber auch das Vertrauen in Wirtschaft habe gelitten. „Es geht der Glaube verloren, dass für das Gemeinwohl gewirtschaftet wird“, sagte Bruder Paulus.

Den Aussagen und dem Vorschlag von Bruder Paulus können wir nur nachdrücklich zustimmen.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Sie haben die Sendung nicht gesehen, sonst hätten Sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen!)

Jetzt kommen wir zurück zu Hessen. Die Informationspolitik des Finanzministers ist,um es nett auszudrücken,sehr selektiv. Wenn er in seiner Pressemitteilung vom 17. September sagt, er habe „heute erneut die Mitglieder des Haushaltsausschusses detailliert über die aktuelle Finanzund Haushaltslage Hessens informiert“, so ist dies noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Mitgeteilt hat der Finanzminister lediglich das Ergebnis der Hochrechnung der Steuereinnahmen auf der Basis des Monats August, wobei er selbst immer wieder betont hat, dass dies eigentlich nur auf der Basis des steuerstarken Monats September seriös möglich ist. Nach Angaben des „Handelsblat

tes“ gehen die Steuerschätzer davon aus, dass gegenüber der Mai-Steuerschätzung das Steueraufkommen für dieses Jahr weiter steigt, und zwar um insgesamt rund 9 Milliarden c.

Wie ist die Situation? Alle anderen Bundesländer vermelden deutlich höhere Steuereinnahmen,nur Hessen hat ein Minus. Dies allein mit der Krise der Banken in Frankfurt zu erklären, ist nicht möglich.Während die Gewerbesteuereinnahmen in Frankfurt deutlich sprudeln, waren die Banken auch in den letzten Monaten und Jahren nicht die stärksten Steuerzahler. Deshalb muss man bezüglich des Steueraufkommens schon die Frage stellen: Warum steht Hessen so schlecht da?

Außerdem: keine Aussagen des Finanzministers zu weiteren Einnahmerisiken, keine Aussagen zu der Ausgabeentwicklung, dafür aber – ich kann es nur so nennen – mystische Aussagen zur Haushaltssperre, die noch im Juli wegen der Besoldungsanpassung erlassen wurde, von der es jetzt heißt:

Die aktuelle Entwicklung bei den Steuereinnahmen in Hessen belege eindrucksvoll, dass „wir einmal mehr das richtige Gespür hatten, als wir bereits im Juli eine Haushaltssperre ausgesprochen haben.“

Gespür, das scheint zu den Kriterien der Finanzpolitik in Hessen zu gehören.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren, finanzpolitisch rächt sich nun, dass die CDU mit absoluter Mehrheit einen Haushalt für 2008 verabschiedet hat, der schon bei leichten Veränderungen zusammenbricht. Wer allein aufgrund der Mehrausgaben für die Besoldungsanpassung im Juli eine Haushaltssperre erlassen muss, beweist, dass sein Haushalt ein schlechter Haushalt ist.

Neben den vielen Ungereimtheiten zum derzeitigen Haushalt muss auch auf die gezielte Verschleppungsstrategie bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs 2009 hingewiesen werden. Statt wie in der LHO festgelegt, den Entwurf im September vorzulegen, wird hier bewusst eine Verzögerungsstrategie betrieben, um die Fakten eben nicht auf den Tisch legen zu müssen.

Der Finanzplan der Regierung erweist sich wieder einmal als finanzpolitisches Märchenbuch, weil die darin verkündete Reduzierung der Neuverschuldung von 550 Millionen c im Jahr 2009 und 300 Millionen c in 2010 auf null Euro im Jahr 2011 nur durch globale Mehreinnahmen und globale Minderausgaben in Höhe von sage und schreibe insgesamt 1,45 Milliarden c möglich würde. 1,45 Milliarden c: Weiß man nicht, wie man sie einsparen soll oder wie sie zusätzlich eingenommen werden können? Das ist Ihre Realität.

(Beifall bei der SPD)

Mit einer solch unseriösen Finanzpolitik – das muss man sagen – bleibt sich der Finanzminister zum Schaden des Landes Hessen treu. Diese Landesregierung hinterlässt einen wahren finanzpolitischen Scherbenhaufen. Die Bilanz der Finanzpolitik ist verheerend und durch folgende ganz klare Fakten gekennzeichnet.

Erstens. Diese Landesregierung hat das Vermögen des Landes in großem Stil verschleudert.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Vermögen des Landes wurde durch massive Verkäufe geschmälert. Die Gebäude müssen für dreistellige Millionensummen pro Jahr zurückgemietet werden, weil sie noch gebraucht werden. Über 2 Milliarden c werden durch Leo I und Leo II sowie weitere Verkäufe zur verdeckten Schuldenaufnahme. Mit den Verkaufserlösen werden eben keine Haushaltslöcher gestopft. Hessens Mietbelastung im Jahr 2008 ist gegenüber 1998 um mehr als 240 Millionen c angestiegen.

Damit ich nicht falsch verstanden werde:Den Verkauf unrentabler oder nicht mehr benötigter Immobilien gab es schon immer. Das ist im Einzelfall absolut vernünftig und begründbar. Roland Koch hat daraus allerdings einen Wettbewerb gemacht, bei dem es darum geht, möglichst schnell möglichst viele Gebäude auf den Markt zu werfen. Unter Roland Koch begann der Räumungsverkauf.Wenn auch noch das Immobilienpaket Leo III weg ist, hat das Land Hessen überhaupt kein nennenswertes Immobilienvermögen mehr.

Das ist unzweifelhaft eine verdeckte Neuverschuldung, die uns noch sehr teuer zu stehen kommen wird.Was – das frage ich – ist aus dem Grundsatz „Vermögen gegen Vermögen“ geworden? Daraus ist ein Ausverkauf mit hohen Mietkosten geworden. Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Zweitens. Diese Landesregierung steht für eine Rekordverschuldung nach der anderen und instrumentalisiert den Länderfinanzausgleich, um von den eigenen finanzpolitischen Fehlern abzulenken. Hessen hat derzeit etwa 33 Milliarden c Schulden zu tragen. Mehr als 10 Milliarden c gehen auf das Konto von Koch und Weimar.

Die drei höchsten Nettoneuverschuldungen – 2002 bis 2004 – gehen ganz klar ebenfalls auf das Konto dieses Finanzministers. In dem Zusammenhang kommt dann wieder die Mär von den hohen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich

(Lachen des Ministers Karlheinz Weimar)

hören Sie bitte genau zu – als Ursache für die hohen Schulden.

(Minister Karlheinz Weimar: Ich höre ja genau zu! Deswegen muss ich lachen!)

Sie haben schon, als ich „Mär“ gesagt habe, aufgehört, zuzuhören.

(Minister Karlheinz Weimar: Da habe ich schon an- gefangen, zu lachen!)

Diese Mär ist falsch. Die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich – das kann man Ihnen nur immer wieder sagen – korrelieren nicht positiv mit den Schuldenaufnahmen.

Was heißt das? Es ist festzuhalten, dass die Verschuldung nach oben ging, wenn die LFA-Zahlungen geringer waren, und umgekehrt. Das ergibt auch einen Sinn, da überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen zu hohen LFABeiträgen führen. Die Beiträge sind also hoch, wenn es dem Land relativ gut geht. Die hohen LFA-Beiträge Hessens müssen als Entschuldigung für die verfehlte Haushaltspolitik der Landesregierung herhalten. Das ist die Realität.