Fragen trefflich streiten können. Auf Seite 73 im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses steht:
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Untersuchungsausschuss 16/1 des Hessischen Landtags die gegen die Finanzverwaltung und die Landesregierung erhobenen Vorwürfe nicht bestätigen konnte. Die für dieses Ergebnis erforderlichen Auskünfte seitens der Verwaltung und des Hessischen Ministeriums der Finanzen waren in der Sitzung des Haushaltsausschusses des Landtags am 20. August 2003 erteilt worden. Bereits in einer frühen Phase der Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses 16/1 waren diese Auskünfte bestätigt.
Das ist die abschließende Bemerkung bei der zusammenfassenden Bewertung des mehrheitlichen Votums. Ich habe mich bei allen sehr herzlich bedankt und dem Plenum hiermit Bericht erstattet. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Beuth für Ihre Berichterstattung. – In der Aussprache beträgt die Redezeit zehn Minuten. Herr Norbert Schmitt, SPD, hat das Wort.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal darf ich mich dem Dank des Berichterstatters an alle Beteiligten anschließen.Die SPD war es schließlich, die den Untersuchungsausschuss beantragt hat. Aus unserer Sicht war er notwendig, weil der Vorwurf – es war ein wesentlicher Vorwurf – im Raume stand, dass es in Hessen bei der Verfolgung von Steuerstraftätern, von Steuersündern im Zusammenhang mit den so genannten Bankenverfahren zu bewussten Schonungen gekommen sei.
Dieser Vorwurf ist nicht aus der Luft gegriffen gewesen. Er war keine Erfindung von Medien oder der Opposition, von der SPD, sondern dass diesem Vorgang intensiv nachgegangen werden musste, wird daran deutlich, dass auch der zuständige Staatsanwalt in Frankfurt gegen Finanzbeamte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung eingeleitet hatte. Diese Verfahren wurden schließlich eingestellt. Aber immerhin stand dieser doch sehr heikle Vorwurf in der Welt.
Meine Damen und Herren, ich bitte um mehr Aufmerksamkeit und darum, die Gespräche nach draußen zu verlagern. – Bitte sehr.
Ich möchte unsere Bewertung des Untersuchungsausschusses wie folgt zusammenfassen. Wir haben ein ausführliches Minderheitenvotum vorgelegt, weil wir uns nicht der Mehrheit anschließen konnten, die zu ganz anderen Feststellungen gekommen ist. Ich möchte dies wie folgt zusammenfassen:
Die Landesregierung hat die Schonung von Steuerstraftätern in Hessen zwar nicht gezielt herbeigeführt, aber ihre Nichtverfolgung billigend in Kauf genommen.
Auch dies ist ein gravierender Vorwurf und muss zum Nachdenken bei der Landesregierung führen. Eine politisch motivierte Nichtverfolgung von Steuerflüchtigen gab es nicht. Das will ich hier ausdrücklich betonen.Aber die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Landesregierung im Hinblick auf die so genannten Bankenverfahren erhebliche Versäumnisse vorzuwerfen sind und dem Land dadurch Schaden entstanden ist. Dies ist daran deutlich geworden, dass die Landesregierung die vielfältigen Warnungen zu den negativen Auswirkungen der Amtsverfügung des Finanzamtes Frankfurt V bewusst ignoriert hat, in der eine Betragsgrenze von 500.000 DM festgelegt wurde,ab der erst die Verfolgung durch die Steuerfahnder des Finanzamtes Frankfurt V vorgenommen werden soll.
Die Landesregierung hat auch alle Hinweise auf die geringe Personalausstattung der Steuerfahndung ignoriert und damit die Voraussetzungen geschaffen, dass die für die Arbeit der Steuerverwaltung negative und damit für das Land Hessen schädliche Amtsverfügung überhaupt entstehen konnte. Die kritische Personalsituation war dem Ministerium spätestens seit dem Antrittsbesuch von Staatssekretär Abeln beim Finanzamt Frankfurt V bekannt. Das hessische Finanzministerium war auch spätestens durch das Schreiben der Oberfinanzdirektion vom 26. Dezember 2001 über die Amtsverfügung 2001/18 und die staatsanwaltschaftlichen Einwendungen dazu informiert worden, sah aber keinen Anlass, diese Amtsverfügung zu stoppen, sondern sah darin sogar eine geeignete Handlungsgrundlage.
Diese Auffassung vertritt der Finanzminister, wenn ich mich nicht irre, sogar bis zum heutigen Tage. Aber wenn sich eines herausgestellt hat – ich glaube, das dürfte unstreitig sein – dann, dass diese Amtsverfügung ein großer Nonsens war, viel Verwirrung gestiftet hat und am Ende Schaden für das Land Hessen bedeutet hat.
Die Amtsverfügung war Resultat einer starken personellen Unterausstattung der Steuerfahndung im Finanzamt Frankfurt V. Die Verfügung sollte eine Handhabung für eine selektive Abarbeitung der beschlagnahmten Bankunterlagen geben. Dabei wurde wissentlich in Kauf genommen, dass ein Teil der Akten, die bei den Banken beschlagnahmt wurden, nicht oder nicht vollständig gesichtet werden konnte.Die Amtsverfügung hat zu erheblichen Irritationen bei den Steuerfahndern im Finanzamt Frankfurt V geführt. Sie war, wenn man so will, ein Arbeitsklimakiller.
Damit verbunden sind, wie gesagt, auch erhebliche finanzielle Einbußen für das Land.Wir können sie leider nicht beziffern. Die Behauptung der Ausschussmehrheit, es sei für das Land Hessen kein Schaden entstanden, trifft aber nicht zu.
Richtig ist, dass nicht ermittelt werden kann, wie hoch der Schaden ist. Es kann nicht ermittelt werden, das ist auch ganz klar; denn dafür müsste man alle Unterlagen auswerten. Dazu sind wir auch nicht in der Lage. – Aber es ist Schaden entstanden, ohne dass er bezifferbar ist.
Meine Damen und Herren, die vorgesehene Abgabe von Steuerstrafverfahren unterhalb dieser manchmal auch als Bagatellgrenze bezeichneten 500.000 DM an die Wohnortfinanzämter war ein gewaltiger Fehler.
Wegen Personalmangels konnten dort die Verdachtsfälle überhaupt nicht aufgearbeitet und erledigt werden. Nach Erinnerung eines Zeugen – ich nenne ihn einmal den Zeugen M. – gab es keine einzige Rückfrage aus den zuständigen Ämtern zur Erledigung der Anlegerverfahren. Das macht doch deutlich: Hier wurde ein Weg der formalen Erledigung gesucht. Aber faktisch endeten viele Verfahren im Bermudadreieck – zum Schaden des Landes Hessen.
Der Untersuchungsausschuss brachte ebenfalls in Erfahrung, dass der damalige Finanzstaatssekretär Abeln im Zusammenhang mit der Versetzung eines Steuerfahnders vom Finanzamt Frankfurt V nach Darmstadt die Unwahrheit gesagt hat.
Das ist so.Ich will es Ihnen belegen,Herr Kollege Milde. – Staatssekretär Abeln behauptete gegenüber dem „Spiegel“, dass die Versetzung eines Beamten mit der vorgebrachten Kritik gegen die Amtsverfügung 2001/18 „in keinem Zusammenhang steht“ – so stand es in einem Artikel des „Spiegel“ vom 18. August 2003 mit der Überschrift: „Amnestie durch die Hintertür“. Es stellte sich jedoch im Laufe der Befragungen heraus, dass die Versetzung sehr wohl darauf zurückzuführen war. Der Finanzamtsvorsteher konnte dem Ausschuss keine überzeugende sachliche Begründung für die Versetzung geben, und nach Aussage des betroffenen Zeugen gab es auch keinen anderen Grund als seine berechtigte Kritik an dieser Amtsverfügung. Er bezeichnete die Versetzung zu Recht als eine Strafmaßnahme.
Meine Damen und Herren, damit ist festzustellen, dass der Staatssekretär an dieser Stelle gegenüber der Öffentlichkeit objektiv die Unwahrheit gesagt hat. Ob er das bewusst getan hat, ist nicht hundertprozentig festzustellen. Aber er kannte die Sachzusammenhänge sehr gut.
Als Fazit bleibt deshalb festzustellen: Die Landesregierung hat die Schonung von Steuerstraftätern in Hessen und, damit verbunden, einen Schaden für den Landeshaushalt billigend in Kauf genommen.
Wer die Finanzen des Landes Hessen kennt, weiß, dass dies eine falsche Entscheidung war. Dadurch, dass es am Ende in nicht unerheblichen Fällen zur Nichtverfolgung kam, wurde auch das Signal gesetzt, dass in Hessen Steuerstraftaten nicht nachhaltig nachgegangen wird, dass sie nicht verfolgt werden und immer wieder einmal das Auge zugedrückt wird.Das ist für eine Landesregierung,die von null Toleranz gesprochen hat, ein Skandal.
Sie haben über Jahre die Augen davor verschlossen, Sie haben am Ende alle personalpolitischen Entscheidungen gedeckt, haben die Amtsverfügung gedeckt, und das ist damit verbunden, dass dem Land weniger Einnahmen zur Verfügung stehen.
Ich sage einmal zu Herrn Staatssekretär Abeln: Die Landesregierung hat sowieso – das haben wir in der Auseinandersetzung um die Schwarzgeldaffäre gesehen – an der einen oder anderen Stelle Probleme mit der Wahrheit. Es ist leider so, dass der Staatssekretär sich diesem negativen Beispiel des Regierungschefs angeschlossen hat. Auch dies ist eine wenig rühmliche Erfahrung aus dem Untersuchungsausschuss.
Unsere Bewertung ist: Es war richtig, den Untersuchungsausschuss durchzuführen, und es hat sich gezeigt, dass in Hessen aufgrund der Praxis der Landesregierung nicht mit der erforderlichen Härte – Herr Dr.Wagner,davon reden Sie doch immer – gegenüber Steuerstraftätern vorgegangen wurde. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem, was Herr Schmitt eben gesagt hat, möchte ich kurz etwas erwidern:Autosuggestion ist offensichtlich immer noch besser als gar keine Fantasie.
Ich möchte mich zunächst den Dankesworten anschließen, die unser Berichterstatter Peter Beuth an alle Mitarbeiter und Kollegen gerichtet hat.Ich darf das auch für die Kollegen in meinem Arbeitskreis ergänzen; denn es war schon viel Arbeit und viel Zeitaufwand, den alle dort hineinstecken mussten. So manche Stunde wurde dabei verplempert.
Insofern danke ich allen. – Ich möchte aber meinen besonderen Dank an Herrn Norbert Schmitt erläutern. Wahrscheinlich war es der erste Untersuchungsausschuss, für den eine Landesregierung wirklich dankbar sein konnte.
Selten gibt es eine so umfangreiche Gelegenheit, schlecht und falsch recherchierte Presseartikel zu widerlegen.
Deshalb sollte man den derzeit so arg gebeutelten Generalsekretär Norbert Schmitt auch einmal vor der Kritik aus den eigenen Reihen wegen dieses Untersuchungsausschusses in Schutz nehmen und sagen: Danke, Norbert Schmitt, für diesen Untersuchungsausschuss.
Ich höre jetzt den Generalsekretär der CDU. Na gut, er hat sich und die SPD als Oppositionsfraktion ein Stück blamiert, weil sich alle fragen, ob dieses schärfste Schwert einer Opposition richtig eingesetzt wurde,
und alle etwas ratlos darüber sind, ob dies nach drei Jahren innerhalb dieser Legislaturperiode alles ist, was die SPD zu bieten hat.