Protocol of the Session on January 26, 2006

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident. – Die FDP wird sich bei allen vorliegenden Anträgen enthalten. Sie enthalten alle richtige Elemente, was völlig unbestritten ist. Aber sie sind sicherlich nicht zielführend, wenn wir dieses Thema gemeinsam nach vorne bringen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Schulz-Asche, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, man sollte Logiken auch logisch darstellen. Wenn eine Fraktion hier im Hause eine Absprache durchbricht und das auch noch zum Setzpunkt macht, können Sie den anderen Fraktionen nicht vorwerfen, dass sie ihre eigenen Positionen dagegen stellen. So viel sollte man auch sagen.Wenn Sie keine eigene Position daneben stellen wollen, dann sollten Sie zumindest nicht die anderen Oppositionsfraktionen beschimpfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

So viel, lieber Florian, zur Historie. Ansonsten hast du in vielen Teilen deiner Rede Recht gehabt. Es gibt ein Wirtschaftsmagazin, das heute mit einer sehr schönen Zeichnung auf dem Titelblatt herauskam.

(Die Rednerin hält ein Exemplar der „Wirtschafts- woche“ hoch. – Minister Stefan Grüttner: Darf ich es einmal sehen?)

Immer mit der Ruhe. Die Regierungsbank darf sich gleich auch noch ein bisschen informieren. – Auf diesem Bild sieht man Herrn Platzeck, Frau von der Leyen und das kleine weinende Steinbrückchen im Kindergarten auf dem Boden sitzen. Der Titel lautet: „Wie im Kindergarten“. Ich denke, dass das eine sehr schöne Beschreibung dessen ist, was wir aktuell auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene in diversen Wahlkämpfen erleben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Michael Den- zin (FDP))

Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger wissen in dieser Diskussion vielleicht gar nicht mehr, was ihnen von wem versprochen wird und wer es zahlt, was auch von der Partei versprochen wird,die die Steuern senken will. Sie wissen nicht, was im Einzelnen überhaupt gefordert, verlangt und versprochen wird. Es gibt immer ein ganz einfaches Mittel, um zu entscheiden, ob jemand populistisch – –

(Florian Rentsch (FDP): Meinen Sie uns mit der Partei, die die Steuern senken will?)

Ach, Florian. Jetzt sitzt Herr Hahn in der dritten Reihe, und du krähst hier vorne. Es ist wirklich nicht zu fassen.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wenn Bürgerinnen und Bürger entscheiden wollen, ob sie es mit Populismus zu tun haben, dann gibt es in der Auseinandersetzung mit Politik ein einfaches und gutes Mittel, und das heißt:Wer bestellt, der bezahlt auch.

Hier ist unsere Position relativ einfach. Wir sind erstens wie alle anderen auch für kostenfreie Kindergärten. Dann freuen wir uns, wenn die Bundesfamilienministerin sagt, sie ist auch für kostenfreie Kindergärten. Dazu sagen wir: Wir warten auf das Finanzierungskonzept der Bundesfamilienministerin, das es den Kommunen ermöglicht, kostenfreie Kindergärten anzubieten. – So einfach ist das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Da weint Herr Steinbrück vielleicht nicht mehr, sondern macht noch mehr, was immer es sein mag.Aber so einfach ist das.

Wenn es Kommunen gibt, die der Meinung sind, was wir durchaus für richtig halten, die soziale Staffelung der Elternbeiträge reiche bei ihnen nicht aus, sondern es wäre besser, sie ganz abzuschaffen, dann sind wir dafür. Dann können die Kommunen das auch tun, und wir unterstützen es. Denn sie sind die Ebene, die das entscheiden kann.

Punkt zwei unserer Position ist:Wenn die Kommunen das tun, wenn sie es schrittweise tun, weil sie eine finanziell einigermaßen angestrengte Situation haben, dann sagen wir: Im dritten, im letzten Kindergartenjahr sind fast alle Kinder im Kindergarten. Wenn wir schon Anreize geben wollen, die Kinder möglichst früh in den Genuss frühkindlicher Bildung kommen zu lassen, und wenn wir beim Abschaffen der Elternbeiträge schrittweise vorgehen, dann lasst uns mit dem ersten Kindergartenjahr anfangen, d. h. mit drei Jahren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann zur nächsten Ebene: „Wer bestellt, der bezahlt“, nämlich zur Landesebene. Hier ist unsere politische Position auch ganz klar. Solange wir, wie es in Hessen der Fall ist, einen derartigen Mangel an Plätzen haben, vor allem bei den unter Dreijährigen und bei den Hortplätzen, und solange wir noch derartige Defizite bei der Qualität haben, muss das Land vorrangig Landesmittel für den Ausbau und die Qualität der Plätze zur Verfügung stellen. Nicht reden, meine Damen und Herren, sondern handeln. Das ist die Ebene, auf der wir entscheiden können. Dort können wir selbst Prioritäten setzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Offensive für Kinderbetreuung 5 Millionen c mehr für die Kinderbetreuung vorgesehen. Wir haben Ihrem Haushaltsantrag dementsprechend zugestimmt.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wir auch!)

Ich kann nur sagen: Ich finde es gut, denn jeder Cent für Kinder ist gut.Leider entspricht der CDU-Antrag,den Sie heute vorgelegt haben, dem nicht, was die Qualität angeht.

Meine Damen und Herren, Sie sagen, 23 Millionen c Landesmittel für die Kinderbetreuung seien ein Meilenstein. Frau Fuhrmann ist schon darauf eingegangen. Im Jahr 1999, im letzten rot-grünen Regierungsjahr in Hessen, waren es 59 Millionen c – einfach, um die Relationen darzustellen.Wo sind diese Mittel geblieben?

(Ministerin Silke Lautenschläger: Das waren Inves- titionskosten, Frau Schulz-Asche! – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD): Es waren Betriebskostenzuschüsse, Frau Kollegin!)

Wohlgemerkt, ich rede nur von den Landesmitteln und nicht vom Kommunalen Finanzausgleich. Im Jahr 2000 waren es 2 Millionen c, die sich auf 5 Millionen c im folgenden Jahr steigerten. So begann die glorreiche Familienpolitik der CDU in Hessen, und das ist die Wahrheit: erst einmal 50 Millionen c Landesmittel für die Kinderbetreuung streichen. Das war der Sündenfall der CDU in der Kinderbetreuung hier in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Rafael Reißer (CDU): Falsch!)

Dann sieht man sehr deutlich – Frau Kollegin Fuhrmann hat vorhin eine entsprechende Darstellung gebracht –, dass Sie angefangen haben, jedes Jahr ein bisschen auf diese gekürzte Summe draufzulegen. Aber in dieser Geschwindigkeit brauchen wir 34 Jahre, um allein für die unter Dreijährigen das Angebot zu erreichen, das die Ministerin versprochen hat. Das kann wirklich nicht das sein, was dieses Land zum Familienland Nummer eins machen soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wer bestellt, der bezahlt auch, Herr Kollege Reißer. Sie werden in den letzten Jahren tatsächlich etwas schneller. Aber wo sind die Landesmittel für die 3.800 neuen Krippenplätze im Jahr 2006?

(Petra Fuhrmann (SPD): Das möchte ich auch wissen!)

Sie sagen,dass es 3.800 neue Krippenplätze geben soll.Wo aber sind die Landesmittel? Das können nicht die 5 Millionen c sein, die in der Offensive für Kinderbetreuung hinzukommen. Sie können gern noch einmal dazu Stellung nehmen.

Ihr Antrag hat einen kleinen Beigeschmack, was die Qualität betrifft. Darin steht der Satz, der typisch ist für die Art, wie Sie Politik machen:

Lange bevor die Medien die Bedeutung des Themas demographischer Wandel erkannt haben, hat die Landesregierung erkannt, dass Kinder die Zukunft unseres Landes und unserer Gesellschaft sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Petra Fuhrmann (SPD): Das ist schon viel Chuzpe, so etwas zu behaupten!)

Das ist angesichts der Tatsache, dass sich der Deutsche Bundestag von 1992 bis 2002, also in drei Legislaturperioden, mit dieser Frage intensiv beschäftigt hat, ein Ausdruck der Arroganz und des oberflächlichen Populismus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Bundesebene ist gefragt, sich an der Betreuung sowie an der Entlastung und Förderung von Familien zu beteiligen. Ich muss Ihnen sagen, deswegen bin ich ausgesprochen begeistert, dass wir endlich darüber reden, mit welchen Mitteln es gelingen kann, Familien – Familie ist für uns da, wo Kinder sind – steuerlich tatsächlich so zu begünstigen, dass es in unserem Land keine zusätzliche Belastung ist, Kinder zu haben. Ich bin froh, dass wir endlich auch auf der Bundesebene darüber diskutieren.In der Vergangenheit war das leider etwas schwierig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Um gleich etwas Wasser in den Wein zu schütten: Sie haben meines Erachtens ein wesentliches steuerliches Instrument außen vor gelassen, das man zur Finanzierung heranziehen könnte. Wir haben ein „Mutti bleibt zu Hause“-Förderprogramm – andere Leute nennen das „Ehegattensplitting“ –, das Familienformen fördert, die eigentlich obsolet sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU:Was für ein Quatsch!)

Es ist schön, dass Sie so reagieren. Das Ehegattensplitting ist ein Instrument, das das Modell des allein verdienenden Vaters und der Mutter, die zu Hause bleibt, fördert. Das ist Ihre Familienpolitik. Ich danke Ihnen für diese Zwischenrufe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, dass Frau Lautenschläger jetzt nicht so glücklich ist, weil sie in diesem Punkt eher mit meiner Position übereinstimmt. Für Frau von der Leyen gilt das sicher auch.

(Florian Rentsch (FDP): Nein, das wird ja immer besser!)

Da haben Sie noch einigen Nachholbedarf. Aber das wissen wir schon seit längerem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist völlig richtig, dass wir über Modelle nachdenken, wie man die Kinderbetreuung steuerlich absetzbar machen kann. Das ist ohne jeden Zweifel. Aber das muss dann von klein auf, ab dem ersten Euro und für alle Betreuungsformen gelten. Das ist eine Entlastung, mit der der Staat ein deutliches Zeichen gibt, dass Familien mit Kindern hier erwünscht sind.