Protocol of the Session on January 26, 2006

Er sagt dann, die Fortschreibung des Gesetzes werde von dem Hessischen Landkreistag nur deshalb mitgetragen – ich zitiere jetzt –,

weil uns zugesagt wurde,das Ballungsraumgesetz in den nächsten Monaten grundsätzlich und umfassend in die Diskussion zu bringen, auf den Prüfstand zu stellen... und bisherige Entwicklungen der regionalen Diskussion zu beraten und zu bewerten.

(Michael Siebel (SPD): Hört, hört!)

Das war das erste Mal,dass die Parlamentarier davon hörten, dass das Ballungsraumgesetz bereits im März 2006 schon wieder umfassend evaluiert werden soll. Das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte jetzt auf die Rolle zu sprechen kommen, die die Mitglieder der CDU im Innenausschuss eingenommen haben. Dort wurde nämlich gesagt, sie begrüßten, dass im März 2006 eine umfassende Evaluation vorgenommen werden solle. Vermutlich solle das dann am 27. März 2006 vorgelegt werden. Auf die Frage, warum sie dann dafür stimmen würden, zu empfehlen, die Geltungsdauer des Gesetzes um weitere fünf Jahre zu verlängern, wurde gesagt, das Gesetz sei so, wie es vorliege, gut.

Meine Damen und Herren der CDU, was gilt denn nun? Ist es nun gut? Dann kann man dem Gesetzentwurf zustimmen und die Geltungsdauer des Gesetzes verlängern. Oder muss es doch umfassend evaluiert werden? Dass dies geschieht,wurde im Innenausschuss ja begrüßt.Dann

können Sie heute aber nicht ernsthaft die Geltungsdauer dieses Gesetzes in der Form verlängern wollen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Faeser, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Es ist eine Tatsache, dass alle die offensichtlich erkennbaren Defizite dieses Gesetzes erkannt haben. Offensichtlich soll es im März 2006 evaluiert werden.Wir haben deshalb beantragt, die Geltungsdauer des Gesetzes auf ein Jahr zu reduzieren. Zu diesem Änderungsantrag wollen wir Zustimmung erhalten. Herr Innenminister, ich denke, da das Gesetz ohnehin evaluiert werden soll, kann man diesem Änderungsantrag heute zustimmen.

Es wurde bereits gesagt: Der Regionalkreis ist das Modell, das die Region voranbringen würde. Dann könnte auch die Wirtschaftsförderung endlich einheitlich geregelt werden.

Eines will ich noch erzählen, was sich auf dem Neujahrsempfang der Stadt Frankfurt zugetragen hat. Auf dem Neujahrsempfang der Stadt Frankfurt hat man sich darüber gefreut,dass die Commerzbank die Eurohypo gekauft hat, weil Eschborn damit geschadet wurde. Das zeigt: In dieser Region stimmt etwas nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Faeser, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Sie hätten auch etwas von den guten Beispielen übernehmen können. Bei der Region Rhein-Neckar haben sie das wesentlich besser organisiert. Auch die Regionen um Hannover und Stuttgart bieten gute Beispiele.

Herr Innenminister, wir fordern Sie und auch den Herrn Ministerpräsidenten auf: Entwickeln Sie endlich eine Vision. Entwickeln Sie die Region weiter. Bislang ist überhaupt nicht erkennbar, wo Sie hinwollen. Wir reden hier aber über die wirtschaftlich bedeutendste Region in ganz Deutschland.Wir sehen Ihre Ideen denn aus?

Ich möchte mit meiner Vision enden, über die kürzlich etwas in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu lesen war. Ich denke, wir sollten uns beeilen. Denn wir wollen doch im Jahr 2020 das zehnjährige Bestehen des Regionalkreises feiern. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Faeser, vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Boddenberg zu Wort gemeldet.

Ich möchte zunächst eine Vorbemerkung machen. Frau Kollegin Faeser, ich weise hier mit Abscheu und Empörung zurück, dass sich Abgeordnete aus Frankfurt und Frankfurter Stadtverordnete über diese Bemerkung des Intendanten des Hessischen Rundfunks gefreut hätten. Entschuldigen Sie bitte, dass ich das so sage.Aber Sie haben die Ironie dieser Aussage nicht verstanden.Er hat von Globalplayern gesprochen. Als Beispiel dafür, dass das mit den Globalplayern schon funktioniert, hat er darauf hingewiesen, dass die Commerzbank eine Bank aus Eschborn übernommen hat. Das wollte ich nur der guten Ordnung halber sagen.

(Beifall der Abg. Axel Wintermeyer und Boris Rhein (CDU))

Ich habe mich wegen etwas anderem zu Wort gemeldet. Frau Faeser, Sie wollten meine Zwischenfrage nicht beantworten.

Ich glaube, das interessiert viele hier in diesem Raum, aber auch viele in der Öffentlichkeit. Ich hätte von Ihnen gerne einmal mit wenigen knappen Sätzen erklärt bekommen, was Sie unter dem Regionalkreis verstehen. Sie sprechen dauernd davon, mit dem, was wir machen, würden wir die kommunale Selbstverwaltung infrage stellen. Wir sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall. – Wir sind der Meinung, dass man dann, wenn es sinnvoll ist, zusammenarbeiten sollte, dass man ansonsten aber die Identität der 75 Kommunen und deren Bürger bewahren sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Bökel, auf folgende Frage hätte ich gerne eine Antwort: Wie soll die kommunale Selbstverwaltung in einem Regionalkreis aussehen? – Kommunale Selbstverwaltung wäre dann nicht mehr vorhanden. Das ist es, was Herr Kollege Hahn immer wieder zu Recht anspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Kollegin Faeser hat die Gelegenheit zur Antwort. – Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Sie zwei Minuten Redezeit haben, um das Konzept des Regionalkreises vorzustellen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Lesen bildet!)

Frau Präsidentin, die wesentlichen Punkte lassen sich auch in einer kurzen Zusammenfassung darstellen. Herr Kollege Boddenberg, Sie haben es nicht verstanden, oder Sie wollen es nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Der Regionalkreis in der Art, wie wir und die GRÜNEN ihn haben wollen, würde zu einer Stärkung der Kommunen führen. Denn es geht dabei nämlich nur darum, die Aufgaben zusammenzuführen, die beim Regierungspräsidium und bei den Landkreisen angesiedelt sind.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Außerdem sollen Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert werden.Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen:Das würde zu einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung führen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Faeser, vielen Dank. – Für die Landesregierung hat sich nun Herr Innenminister Bouffier zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich habe nicht erwartet, dass wir in der dritten Lesung noch einmal die gesamte Diskussion führen würden. Das Präsidium hat ermahnt, auf das Wohlbefinden der Mitglieder dieses Hauses Rücksicht zu nehmen und auf die Mittagspause zu achten. Ich will mir deshalb nur einige wenige Bemerkungen erlauben.

Erster Punkt. Das Rhein-Main-Gebiet hat sich gemeinsam weiterentwickelt. Dass das so ist, kann nicht bestritten werden. Meine feste Überzeugung dabei ist: Ohne das Ballungsraumgesetz wären wir nicht so weit,wie wir heute sind. Es hat sich also bewährt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Weiterhin bin ich der Überzeugung, dass wir noch nicht das erreicht haben, was wir gemeinsam erreichen wollen.

Frau Kollegin Faeser, Sie haben gesagt, Sie wollten etwas von unserer Vision hören.Das habe ich schon sehr oft vorgetragen.

Wir sind uns doch alle darin einig: Die Region RheinMain – sie hat Ausfransungen; man kann darüber streiten, wie weit diese reichen, das ist doch keine Frage – ist aus unserer Sicht eine der zentralen und hervorragenden Wirtschaftsregionen Deutschlands.

(Nancy Faeser (SPD): Ja!)

Diese Region wollen wir fortentwickeln.Wir wollen, dass diese Region Chancen hat. Jetzt kommt es. Das ist unsere Vision. Wir wollen dies tun, indem wir die polyzentrische Struktur nicht zerschlagen. Wir wollen die Vielfalt erhalten. Wir wollen, dass das Festhalten an den Partikularinteressen überwunden wird. Es soll gemeinsam etwas gemacht werden.

Im Klartext bedeutet dies: Landespolitik besteht nicht darin, sich mit allen lokalen Auffassungen auseinander zu setzen, wie die jeweils einzelnen Interessen zu definieren sind. Denn da gibt es auch Widersprüche. Das ist doch klar.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)

Diese Regierung und die in der letzten Legislaturperiode Sie tragenden Fraktionen und die Sie jetzt tragende Fraktion sehen einen Vorteil, den wir für uns ins Feld führen. Wir behaupten nicht, dass es nicht auch andere Überlegungen gäbe, die es wert sind, darüber nachzudenken.

Ich darf noch einmal an das erinnern,was ich in erster und zweiter Lesung gesagt habe. Dieser Raum hat eine dreißigjährige Geschichte des Umlandverbandes hinter sich.

Vieles von dem,was Sie jetzt als Lösung anbieten,ist nicht wirklich neu. Das hat es schon alles gegeben. Das gemeinsame Ergebnis war – unabhängig von der Parteienbetrachtung –, dass sich die Dinge so, wie sie drei Jahrzehnte lang gelaufen sind, nicht positiv entwickelt haben. Doch diese Regierung hat die Kraft gehabt, eine neue Vision zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, bis heute leidet die Debatte, soweit sie von der linken Seite des Hauses geführt wird, darunter, dass wir noch immer keinen konkreten Entwurf haben, in dem steht, wie Sie sich die Zukunft dieses Raumes vorstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)