Protocol of the Session on January 26, 2006

Ich denke während meiner Rede noch einmal darüber nach, ob ich damit aufhöre.

(Michael Boddenberg (CDU):Fangen Sie noch einmal mit dem letzten Teil an!)

Lieber Herr Kollege Hahn, bei Ihrer Rede hatten diejenigen, die sich mit dem Thema befasst haben, den Eindruck, dass Sie die Anhörung – auch die schriftliche Anhörung – scheinbar nicht zur Kenntnis genommen haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sehr einfach! – Gegenruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD): Das könnte ja das Weltbild stören!)

Es hat nämlich eine einheitliche Ablehnung gegeben, und Sie stellen sich hierhin und sagen, dass die kommunalen Vertreter dafür wären. Wir können an der einen oder anderen Stelle dieses Gesetzes vielleicht einmal andere Vertreter dieser Regierung befragen, die langjährige kommunalpolitische Erfahrung haben. Ich denke an den neuen Justizminister und wie er denn zu den Zwangsinstrumentarien dieses Gesetzes steht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Siebel (SPD): Recht hat er gehabt!)

Das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit und Planung in der Rhein-Main-Region ist gerade nicht geeignet, diese Region zu organisieren und voranzubringen.Es gibt keinerlei Impulse für die Neuordnung der Rhein-Main-Region – im Gegenteil. Es missachtet die in Art. 137 Hessische Verfassung garantierte Selbstverwaltung der Gemeinden und greift mit der Möglichkeit des Zwangsverbandes elementar in die kommunalen Zuständigkeiten ein.

Darüber hinaus wird es gerade nicht der Verpflichtung gerecht, dafür zu sorgen, dass das Rhein-Main-Gebiet im Vergleich mit anderen international bedeutsamen Ballungsräumen vorangebracht wird. Die Zwangsinstrumentarien, die wesentlicher Bestandteil des Gesetzes sind, sind denkbar ungeeignet, die dringenden Probleme der Region zu lösen. Zugegebenermaßen hat das Gesetz auch geeint, nämlich gegen die Landesregierung,

(Beifall bei der SPD)

aber gerade nicht in der gemeinsamen Aufgabenerledigung, wie es der einstimmige Beschluss des Rates der Region gezeigt hat, mit dem die Kulturzwangsverbandsregelung abgelehnt wurde. Die Reduzierung der Aufgabenzuweisung im Planungsverbandsgesetz konterkariert die Idee der Aufgabenbündelung in einem Ballungsraum, der im internationalen Vergleich mit London und Paris steht. Mit der Streichung der Mitwirkungsbefugnis des Planungsverbandes in § 2 Abs. 2 Planungsverbandsgesetz wird dem Planungsverband im Bereich der Wirtschaftsförderung, der kulturellen Initiativen, der Regionalparks künftig die Beteiligungsmöglichkeit genommen. Wie widersinnig dies ist, hat das durchgeführte Anhörungsverfahren doch gezeigt, Herr Kollege Hahn. Deshalb lehnen wir die Änderung ausdrücklich ab.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Wagner hat es schon angedeutet: Die Abgrenzung des Ballungsraumgebietes ist überhaupt nicht geeignet, die Region zu organisieren. Die Landkreise Groß-Gerau, Main-Kinzig und Wetterau sind nur zur Hälfte Mitglied im Planungsverbandsgebiet. Dies ist ein Makel,den das Gesetz bereits seit seiner Entstehung trägt

und der seitdem immer wieder problematisiert wurde. Es wurde aber nichts geändert.

Ich möchte kurz auf die Anhörung – vor allem auf die mündliche – eingehen. Da wurde noch einmal die Durchschneidung der Landkreise im Gebietszuschnitt ausdrücklich abgelehnt und die Größenordnung insgesamt infrage gestellt.

Frau Kollegin Faeser, entschuldigen Sie bitte ganz kurz. – Darf ich um ein bisschen mehr Ruhe in den Reihen bitten? Es ist sehr unruhig. Wenn Sie unbedingt Gespräche führen wollen, dann führen Sie die bitte draußen.

(Beifall des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke schön. – Es ist z. B. völlig unverständlich, dass gerade die Stadt Wiesbaden nicht einbezogen ist, die unstreitig zum Rhein-Main-Gebiet gehört.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund ist es auch verständlich – ich gucke dabei Herrn Kollegen Siebel an –, dass der Oberbürgermeister von Darmstadt tatsächlich laut darüber nachdenkt, ob Darmstadt nicht der Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main beitreten sollte.

Auch die Einschränkung, dass der Planungsverband nur beratend tätig sein soll, wurde scharf kritisiert. Der Planungsverband, so wurde gesagt, würde über Personalressourcen und Sachverstand verfügen,die ihm weit mehr ermöglichen würden, als die Aufgaben wahrzunehmen, die das Gesetz ihm vorgibt. Ich möchte dazu ausdrücklich sagen:Wir teilen diese Einschätzung.

Zudem stößt die Möglichkeit der Bildung von Pflichtverbänden ganz überwiegend auf Kritik. So führte der Hessische Städtetag aus, dass mit dem Kulturzwangsverband eher Dissens als Konsens in die Region gebracht worden sei. Der Pflichtverband Kultur greift zudem rechtwidrig in die Finanz- und Kulturhoheit der Kommunen ein. Die Befriedigung der vor Ort auftretenden kulturellen Bedürfnisse gehört zu den wichtigsten Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises. Das muss in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das betrifft vor allem die Instrumentarien, mit denen Zwang ausgeübt werden soll. Herr Kollege Beuth hat es angesprochen. Sie handeln hier doch nach dem Motto des Erlkönigs: „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt!“

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

In der Anhörung, deren Ergebnisse Sie anscheinend ignorieren, stand im Mittelpunkt der Kritik § 7 Ballungsraumgesetz, wonach das entsprechende Eigentum der Kommunen, die in einen Verband gezwungen werden, auf den Verband übergeht.

(Zuruf von der CDU:Was wollen Sie denn mit dem Regionalkreis machen? Da ist es doch genau das- selbe in Grün!)

Herr Kollege Wintermeyer, wen wundert es da, dass Ihre Parteikollegin, die Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt, den Kulturzwangsverband vehement abgelehnt hat, denn wer verliert schon gerne das Eigentum an der Alten Oper.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Faeser, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Boddenberg? – Da ich die Rednerin schon unterbrochen habe,möchte ich Sie noch einmal eindringlich bitten,etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin aufzuwenden.

Es war auch interessant, Folgendes zu lesen: Die FDP hat sich kürzlich ausdrücklich gegen den Zwangsverband ausgesprochen. Das konnte man am 20. Januar 2006 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lesen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Ach nein, ehrlich!)

Der Vorsitzende des Fachausschusses Kultur der FDP, Christian Zeis, ist nämlich der Auffassung, ein solcher „Zwangsverband“ schaffe lediglich mehr Bürokratie.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nicht nur er!)

Er stimmt ausdrücklich den Aussagen zu, die Kulturdezernent Nordhoff gemacht hat.

(Beifall des Abg. Jürgen Walter (SPD) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er stimmt ausdrücklich der Position der hessischen FDP zu!)

Herr Kollege Hahn, vor diesem Hintergrund finde ich es schon verwunderlich, dass die FDP diesen Regelungen des Ballungsraumgesetzes heute zustimmen will.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Industrie- und Handelskammer Frankfurt hat während der mündlichen Anhörung an verschiedenen Stellen ihren Unmut über das Gesetz geäußert. Sie kritisiert, dass die Kompetenzen des Planungsverbands eingeschränkt werden sollen. Die Industrie- und Handelskammer ist nämlich im Gegensatz zu der Landesregierung der Auffassung, dass die bisher erbrachten Leistungen des Verbands gewürdigt werden sollten.

Die Regelungen, die zum Rat der Region getroffen werden sollen, stehen genauso in der Kritik. Dabei geht es um die geforderte Einstimmigkeit der Beschlüsse und um Transparenz.

Der Landrat des Wetteraukreises

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist der Objektivste von allen!)

bemängelt die fehlenden Instrumentarien in dem Gesetz, die regulieren und zu einem Interessenausgleich zwischen Stadt um Umland führen könnten. Darüber hinaus fordert er eine körperschaftlich organisierte Regionalverfassung.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Aha, er will also Zwang!)

Dazu gehört auch, dass ein entsprechendes Gebiet festgelegt wird, das nicht zufällig so ist, wie es jetzt der Fall ist. Schon gar nicht dürfen dabei Landkreise zerschnitten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er will also Zwang!)

Der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Offenbach hat in der mündlichen Anhörung festgestellt,dass das Ballungsraumgesetz nicht zu einer Stärkung, sondern zu einer Schwächung der Region geführt habe, weil es zu einer Diversifikation der Region gekommen sei. Es habe dazu geführt, dass es inzwischen mehr statt weniger Ebenen in der Rhein-Main-Region gebe.Ich will ausdrücklich sagen: Wir teilen diese Auffassung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es eine ordentliche Struktur geben würde, könnte es wesentlich weniger Arbeitsebenen im Rhein-Main-Gebiet geben. Das hat Herr Kollege Wagner schon ausgeführt.

Ich möchte jetzt auf einen Punkt zu sprechen kommen, der auch erwähnt werden sollte.Vom Direktor des Hessischen Landkreistages konnten wir in der Anhörung, die am 1. Dezember 2005 stattgefunden hat, wortwörtlich hören:

Der Grund, weshalb wir uns hier versammeln, besteht nicht in der ernsthaften Absicht, das Gesetz gegenwärtig zu ändern. Wir wissen das aus Vorgesprächen, die wir mit hochrangigen Vertretern der Landesregierung geführt haben.

Er sagt dann, die Fortschreibung des Gesetzes werde von dem Hessischen Landkreistag nur deshalb mitgetragen – ich zitiere jetzt –,