waren wir noch in der Regierung, das ist richtig, aber war von dieser Regierung richtig gestellt, dass sie diese Kürzungen nicht machen wird. Sie hat diese Kürzungen nicht vorgenommen.
(Michael Boddenberg (CDU): Es gab noch mehr Listen von dieser rot-grünen Bundesregierung! – Weitere Zurufe von der CDU)
Natürlich gibt es in jeder Bundesregierung Listen. Das ist gar keine Frage. Aber, Herr Kollege Boddenberg, der entscheidende Unterschied ist, dass Ihr haushaltspolitischer Sprecher heute diese Liste und diese Planungen bestätigt hat. Wir haben es damals dementiert und auch nicht gemacht. Das ist der entscheidende Unterschied.
Das hat ganz konkrete Auswirkungen auf Hessen. Herr Minister, Sie können Ihren Traum von einem staufreien Hessen glatt vergessen, wenn das Rückgrat der Verkehrsinfrastruktur, nämlich ein leistungsfähiger ÖPNV, durch diese Kürzung der Regionalisierungsmittel kaputtgemacht wird. Dann können Sie das vergessen, was Sie immer mit Ihrem staufreien Hessen als Monstranz vor sich her tragen.
Dann erwähnen Sie in Ihrer Rede den Ausbau der A 66, von beiden Teilen. Ich rede jetzt erst einmal nur über den Teil zwischen Wiesbaden und Frankfurt. Ja, da wird zusätzliche Verkehrskapazität geschaffen. Aber wenn der Rhein-Main-Verkehrsverbund durch Ihre Kürzung der Regionalisierungsmittel nicht mehr in der Lage ist, eine leistungsfähige Schienenverbindung zwischen Wiesbaden und Frankfurt zu organisieren, dann werden wir für die
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Denzin (FDP) – Minister Dr. Alois Rhiel: 100 neue S-Bahnen!)
Wie wichtig Ihnen Ihr Prestigeprojekt des staufreien Hessen ist, hat man auch bei Ihrem qualifizierten Staatssekretär gesehen. Wir wollten in der kursorischen Lesung die simple Frage beantwortet haben, welches Volumen dieses Programm hat.Ich finde,das ist keine unsittliche Frage für einen Leuchtturm dieser Landesregierung. Der personifizierte Leuchtturm dieser Landesregierung, Staatssekretär Abeln, sagt, er weiß es nicht. – Da sehen wir, welche Priorität dieses Projekt bei Ihnen wirklich hat.
Die Kürzung der Regionalisierungsmittel, die von der großen Koalition vorgesehen ist, zeigt eines ganz eindeutig: CDU und leider auch SPD reden von Verkehrspolitik, meinen aber Straßenbau. Das ist die Wirklichkeit, und die FDP ist da leider immer mit dabei, auch wenn sie bei den Regionalisierungsmitteln jetzt eine richtige Position hat. Aber auch für die Kollegen von der FDP ist Verkehrspolitik meistens nur Straßenbau.
In diesem Hause gibt es leider Gottes eine ganz große Koalition der ökologischen und der ökonomischen Unvernunft.
Meine Damen und Herren, die Verkehrsprobleme der Zukunft und die Verkehrszuwächse der Zukunft werden wir mit immer mehr Straßen nicht lösen können. Der Verkehrsminister hat es angesprochen: Die Zuwachsraten werden auf 15 % beim Personenverkehr und auf 60 % beim Güterverkehr prognostiziert. Wenn wir das alles über Straßen machen wollen, wenn wir so viele Straßen bauen wollen, um diesen Zuwachs aufzunehmen, werden wir kein lebenswertes Hessen mehr haben. Dieser Weg kann so nicht gehen.
Deshalb brauchen wir eine andere Verkehrspolitik. Wir brauchen eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Das ist ein ganz wichtiges Projekt.
Herr Kollege Haselbach hat es noch nicht begriffen, aber das überrascht jetzt nicht sonderlich. – Die Straßen werden diese Zuwächse nicht auffangen können. Deshalb brauchen wir neue Konzepte. Wir brauchen die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene.
Herr Verkehrsminister, in Ihrem schriftlichen Redeskript, das Sie uns zur Verfügung gestellt haben, stand es noch drin, in Ihrer mündlichen Rede haben Sie es nicht mehr gesagt. Aber ich glaube, es ist Ihre Position. Es ist aber grundfalsch, wenn Sie sagen, dass die Einnahmen aus der LKW-Maut nur für den Straßenverkehr verwendet werden. Diese Position ist grundfalsch. Wenn wir unsere Verkehrsprobleme lösen wollen, dann müssen wir in Rich
tung Schiene umsteuern. Dann müssen wir Güter auf die Schienen holen. Dafür brauchen wir natürlich auch die Mittel, die aus der LKW-Maut eingenommen werden. Denn es geht darum, Verkehrsprobleme zu lösen, und nicht darum, immer neue Straßen zu bauen.
Wir müssen natürlich auch etwas – dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt – für Verkehrsvermeidung tun.
Herr Boddenberg, ich möchte jetzt nicht über Ihre Urlaubsgewohnheiten diskutieren. Das interessiert mich vielleicht heute Abend beim Bier. Aber es ist jetzt nicht ganz das Niveau dieser Debatte, Herr Kollege Boddenberg, über Ihre Urlaubsgewohnheiten zu sprechen.
Für die Verkehrsvermeidung brauchen wir eine andere Siedlungsplanung.Wir müssen nämlich von Anfang an berücksichtigen, welche Verkehre wir erzeugen, statt uns nach einer verfehlten Siedlungsplanung zu wundern, dass wir zusätzliche Verkehre erzeugt haben. Das hätte in die Grundsatzerklärung eines Verkehrsministers auf jeden Fall hineingehört.
Herr Kollege Reif, wenn ausgerechnet Sie sagen, man dürfe nicht so dick auftragen, ist das ein Treppenwitz.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif (CDU): Was haben Sie denn bisher erarbeitet? Was haben Sie denn bisher geschafft, Junge?)
Herr Kollege Reif, Sie können ruhig noch ein bisschen dazwischenrufen. Ich bin sehr stolz auf den Weg, den ich gegangen bin und den mir meine Eltern ermöglicht haben. Mein Bruder und ich gehören zu den Ersten in unserer Familie, die studiert haben. Ich bin auf meinen Lebensweg und darauf, dass meine Eltern ihn mir ermöglicht haben, stolz. Wenn Sie ihn hier infrage stellen, richtet sich das selbst, Herr Kollege Reif.
Wenn es um das Thema Verkehrsvermeidung geht, muss in einer Grundsatzerklärung des Wirtschafts- und Verkehrsministers auch von lokalen Wirtschaftskreisläufen die Rede sein. Es ergibt einfach keinen Sinn – um ein Beispiel zu nennen –, dass die Verpackung des Joghurts, den man morgens zu sich nimmt, Tausende von Kilometern hinter sich gebracht hat und dass die Milch, aus der dieser Joghurt produziert wurde, Tausende von Kilometern durch die Landschaft gefahren wurde,während wir gleichzeitig Existenzprobleme bei hessischen Bauern haben.
Das ist nicht sinnvoll. Darüber muss man reden. Verkehrsvermeidung verbindet sich hier mit sinnvollen regionalen Wirtschaftsstrukturen.
Wir brauchen in unserem Land intelligente Mobilitätskonzepte – nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Wenn wir unsere Verkehrssysteme exportieren wollen
und wenn wir den Nationen, die sich jetzt auf den Weg in den Weltmarkt machen und einen großen Nachholbedarf haben, intelligente Mobilität verkaufen wollen, werden sie uns nicht danach fragen, ob wir die besten Straßen bauen können. Vielmehr werden sie uns nach vernetzten Systemen und nach Konzepten für eine vernetzte Mobilität fragen. Wer diese Konzepte hat, wird Marktchancen und Marktanteile haben. Deshalb ist es ökonomisch falsch,Verkehrspolitik nur aus der Perspektive desjenigen zu betrachten, der hinter einer Windschutzscheibe sitzt.
Der Verkehrsminister hat in seiner Grundsatzerklärung zur Verkehrspolitik kein einziges Wort zu dem Thema Klimaschutz gesagt. Herr Minister, ich finde das sehr erstaunlich. Alle sind sich einig, dass, wenn wir den Treibhauseffekt abwenden oder abmildern wollen, der Verkehr einen wesentlichen Beitrag wird leisten müssen und dass wir nicht ständig neue Straßen und immer mehr Autos bauen können, sondern dass uns etwas sehr viel Intelligenteres einfallen muss. Herr Minister, wenn Sie dazu überhaupt nichts sagen, sind Sie wirklich nicht auf der Höhe der Zeit.
Sie haben auch zu dem Thema Feinstaub überhaupt nichts gesagt. Das hat ebenfalls sehr viel mit dem Verkehr und damit, wie man Verkehrsprobleme löst, zu tun.Auch dazu haben Sie nichts gesagt.
Jetzt möchte ich auf das Arbeitsplatzargument eingehen. Herr Wirtschaftsminister, wenn es doch so einfach wäre, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, indem man ein paar neue Straßen baut. Das wäre sehr schön. Aber für den Wirtschaftsminister eines Landes ist das eine – lassen Sie es mich so sagen – unterkomplexe Analyse unserer wirtschaftlichen Probleme.
Dass es nicht stimmt, was Sie hier sagen, kann man in den neuen Bundesländern beobachten. Da wurden wirklich viele neue Straßen gebaut. Zugegebenermaßen gab es dort einen Nachholbedarf.