Vielleicht ist das ja ein Zeichen für die Annäherung von Schwarz und Rot – statt Jamaika-Koalition oder Ähnlichem.
Wir haben ein ausgefeiltes gesetzliches Instrumentarium. Die Gemeinden haben eine Verantwortung, aus der wir sie nicht entlassen dürfen und auch nicht entlassen sollten. Sie haben Planungsinstrumente in Form der Flächennutzungsplanung und der Bebauungsplanung.Wir haben das Städtebauförderungsgesetz, wir haben die Bestimmungen zur Stadterneuerung, es gibt Möglichkeiten im Rahmen der Stadtentwicklung, und wir haben über die Bestimmungen zur Stadtmodernisierung auch die Möglichkeit, Quartiere zu modernisieren bzw. deren Modernisierung zu unterstützen.
Auf der Seite der Anlieger gibt es Werbegemeinschaften, die intensiver oder weniger intensiv zusammenarbeiten. Es gibt außerdem Kooperationen im Sinne von PPP. Jetzt heißt es plötzlich: Es gibt aber ein paar Trittbrettfahrer. – Liebe Leute, wenn wir für all die Fälle, wo sich in dieser Gesellschaft irgendjemand an andere dranhängt und ein Trittbrettfahrereffekt auftritt, Gesetze machen wollten, dann hätten wir 10.000 Gesetze mehr. Wir haben jetzt schon 8.000 Gesetze zu viel. Das kann doch nicht ziehen.
Es kann doch nicht sein, dass wir ein Gesetz verabschieden, weil sich 10 oder 15 % der Betroffenen nicht aktiv beteiligen.
Wir kommen in der Stadtentwicklung und bei den entsprechenden Aufgaben nie weiter, wenn wir Motivation
durch Verpflichtungen ersetzen. Einer Verpflichtung kommt man gezwungenermaßen nach. Es gibt vielleicht zwei oder drei Initiatoren, die ein Vorhaben vorantreiben und selbst etwas machen. Die anderen fühlen sich lediglich zwangsweise mitgenommen. Wenn ich aber eine Stadt- oder Quartierentwicklung, z. B. die Entwicklung einer Einkaufsstraße, über eine gemeinsame Definition von Zielen, über motivationsfördernde Maßnahmen angehe, dann ist das etwas ganz anderes. Dann ziehen die Leute von sich aus mit. Sie sind dann weder Getragene noch Getriebene. Genau da wollen wir hin. Deshalb halten wir überhaupt nichts von einer zwangsweisen Vereinnahmung, vom Zwang zum Glücklichwerden. Lasst die Leute selbst überlegen.
Kein Gesetz wird das Einkaufsverhalten definieren oder vorschreiben können, weil das eine ureigene Sache der Leute selbst ist. Derjenige, der ein Angebot macht, wird sich immer danach richten, wie die Leute auf sein Angebot reagieren, und er wird es, zumindest mittelfristig, darauf einrichten. Das ist der einzige Weg, der geht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dankbar dafür, dass wir dieses Thema mit einiger Motivation, Energie und Verve diskutiert haben. Ich halte das für sehr notwendig.Ich freue mich auf die Ausschusssitzungen und die Anhörung, die von Herrn Wagner beantragt worden ist. Ich will zwei oder drei kurze Punkte noch einmal ansprechen.
Lieber Kollege Denzin, es geht um genau das, was Sie zuletzt angesprochen haben. Der Wettbewerb muss entscheiden, und wir wollen den Konsumenten nicht an die Hand nehmen und für ihn entscheiden, was er zu tun hat. Das veranlasst uns, mehr für die Wettbewerbs- und Chancengleichheit zu tun. Das ist das Motiv für die Formulierung dieses Gesetzentwurfs.
Es handelt sich zweitens um eine private Initiative. Ich will das noch einmal deutlich sagen. Der Wunsch nach einem solchen Gesetz ist von der Wirtschaft an uns herangetragen worden,
weil es viele Modelle und Initiativen aus der Wirtschaft gibt,die sagen:Wir brauchen eine größere Verbindlichkeit für die Projekte, die wir machen wollen. – Das heißt, die Wirtschaft will eine höhere Verbindlichkeit für alle Beteiligten,zunächst der Betroffenen,die das wollen,aber auch einen entsprechenden Beitrag von allen anderen, wenn es um die Umsetzung geht.
Ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Die Rechtsprechung sieht ausdrücklich vor, dass es die Initiatoren im Fall einer Beitragserhebung schaffen müssen, eine sehr homogene Gruppe zu bilden. In der Landespressekonferenz ist schon Folgendes hinterfragt worden: Was macht ihr denn mit den Immobilienbesitzern, die mehr Wohnungen als Gewerberäume vermietet haben? Das Problem lö
sen wir über eine Beitragserhebung mittels Einheitswerten und über einen entsprechenden Hebesatz, bezogen auf die Einheitswerte.In den Einheitswerten wird berücksichtigt, dass es unterschiedliche Ertragssituationen bei Immobilien gibt. Ich sehe also beileibe keinen einzigen Punkt, bei dem man große Bauchschmerzen haben müsste, auch wenn man ein Marktliberaler ist, wie du, Michael Denzin, zu Recht für dich reklamiert hast, und sagt, wir sollten Eigeninitiativen fördern.
Wir sagen in dem Gesetzentwurf ausdrücklich, es gibt keinen Rechtsanspruch. Wir sagen ausdrücklich, das ist kein Ersatz für hoheitliche Leistungen. Die Kommunen werden sich nicht aus der Verantwortung stehlen können, indem sie z. B. sagen: Die Privaten finanzieren in Zukunft die Straßenbepflasterung. – Das ist ausdrücklich nicht Gegenstand dieses Gesetzentwurfs. Ich will aber hinzufügen, dass ich Herrn Wagner Recht gebe, wenn er sagt, von kommunaler Seite werde eine ganze Menge getan.Wir reden ja nicht von Verwahrlosung,sondern wir reden davon, dass es problematische Ecken gibt – in allen Kommunen dieses Landes.Wir reden aber auch davon, dass es erfreuliche und gute Initiativen gibt. Michael Denzin, dass du hier die Kasseler beschimpfst, dass sie die durchaus visionäre Idee haben, die Wilhelmsstraße zu überdachen und dafür 5 Millionen c zu investieren, verstehe ich nicht. Ich freue mich darüber, dass die Kasseler so etwas machen wollen – im Wettbewerb mit den Angeboten auf der grünen Wiese. Ich sehe keinen Anlass, sie dafür zu beschimpfen.
Zu Herrn Schäfer-Gümbel fallen mir nur zwei Sätze ein. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben hier eine Rede wie im Gießener Stadtparlament gehalten.
Sie haben hier eine halbe Stunde über Gießen geredet. Viel weiter scheint Ihr Horizont nicht zu reichen.
Das Thema, das wir hier besprechen, kommt zwar aus einer nordamerikanischen Volkswirtschaft,aber es wird vielerorts nachgefragt. Wir haben viele Anfragen aus dem Ausland.
Wenn Sie eine Veranstaltung zu diesem Thema machen, dann haben Sie einen unglaublichen Zulauf, auch wenn es viele gibt, die dem kritisch gegenüberstehen, die aber am Ende sagen: Wir finden es gut, dass sich die CDU um die Innenstädte kümmert. – Ich freue mich darüber und lade jeden ein, daran teilzuhaben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Innenstädte ist ein zentrales Thema der Landesentwicklungspolitik, aber auch der Wirtschaftspolitik.
Die Hessische Landesregierung – das Wirtschaftsministerium – ist sich dieser Aufgabe und dieser Verpflichtung nicht nur bewusst, sondern sie handelt auch konkret mit
hilfe von Instrumenten, die greifen. Wir setzen das Programm „Einfache Stadterneuerung“ fort – das war vor zwei Jahren stark umstritten –, das intensiv angenommen wird und einen hohen Multiplikatoreffekt für die Investitionen in den Städten hat.
Wir haben das Projekt „Ab in die Mitte!“ nicht nur erfolgreich gestartet, sondern es blüht in den Städten sichtbar auf. Sie können jeden Tag in der Landespresse lesen, wo – aus freiwilligem Engagement für die Innenstädte – diese Pflanzen überall wachsen und blühen.
Um das weitere Programm zu nennen: Gemeinsam mit dem Bund haben wir das Programm „Stadtumbau in Hessen“ in diesem Bundesland umgesetzt. Das geschah mit viel Erfolg,mit viel Nachfrage und mit viel Engagement in den verantwortlichen Kommunen, und zwar von Nordbis Südhessen.
Ich erinnere Sie daran, dass wir dieses Programm im letzten Jahr mit einer Konferenz in Nordhessen gestartet haben, an der alle Kommunen und alle Verbände – der Städtetag und der Landkreistag – teilgenommen haben, um mit uns um die Frage zu ringen, um die es auch hier geht: Wie können die Innenstädte wieder verlebendigt werden?
Wie kann die Abwärtsentwicklung aufgehalten werden? Wie kann das geschaffen werden,was dringend notwendig ist,um die Innenstädte auch im Wettbewerb mit den so genannten grünen Wiesen für die Menschen wieder attraktiv zu machen?
Ich warne davor, die Situation der Städte schlechtzureden; denn wir haben in dieser Diskussion eine Verantwortung. Es ist beileibe nicht so schlecht um die Innenstädte bestellt, wie es manchmal einseitig dargestellt wird. Das hilft den Innenstädten übrigens auch nicht.
Aber wir müssen wissen,dass die Situation nicht so ist,wie sie sein könnte, und dass die Klagen aus den Städten und die Initiativen, die sich aus dieser Situationsbeschreibung ergeben, zu Recht Gehör und Abhilfe verdienen.
Die Innenstädte müssen als Pendant zu den so genannten grünen Wiesen, zu den Shopping-Centern, wieder lebendig werden. Sie müssen ihre Potenziale nutzen, und sie müssen die Vorteile, die die Standorte auf der grünen Wiese haben, durch ihre Stärken kompensieren. Das ist die Aufgabe.
Dazu gehört selbstverständlich – das ist das, was Sie gesagt haben, Herr Wagner –, dass wir in Zukunft das verhindern, was in der Vergangenheit in der Stadtentwicklungspolitik in vielen Fällen schief gelaufen ist, und zwar nicht nur aufgrund der Verantwortung in den Städten, sondern gerade auch in den Regionalversammlungen und in den Regionalparlamenten.
Deshalb kämpft das Landesministerium mit den Regionalgemeinschaften und den dortigen Verantwortlichen, die aus den Kommunen kommen,dafür,dass die Kriterien des Einzelhandelserlasses – er stammt aus meinem Hause und ist eindeutig – eingehalten werden. Wir müssen immer sehr darauf achten, dass die Kommunen im Rahmen ihrer zentral- oder mittelörtlichen Funktion zwar in eigener Verantwortung entscheiden können, ihre Entschei
dungen aber nicht dazu beitragen dürfen, dass eine geordnete Stadtentwicklung in der Nachbarstadt überrollt wird. Hier haben wir eine Schutzfunktion zu erfüllen,
und das halten wir auch ein.Aber es gelingt nur,wenn dies gemeinschaftlich mit den Regionalversammlungen erledigt wird. Das möchte ich dazu sagen, um hier klar Position zu beziehen.
Zu dieser Initiative. Natürlich haben die so genannten grünen Wiesen einen Vorteil. So wurden z. B. die Parkplatzprobleme in den Innenstädten angesprochen. Aber sie haben auch Nachteile, auf die hier sehr deutlich hingewiesen worden ist. Es handelt sich um das, was ein Trend in unserer Gesellschaft ist: Segmentierung und Fraktionsbildung im engeren Sinne,auch was die Waren angeht.Negative Konsequenzen sind Vereinsamung und Individualisierung.
Hier hat die Innenstadt etwas zu bieten, was sie nicht nur wettbewerbsfähig, sondern letztlich unschlagbar macht. Die Seele einer Stadt ist die Innenstadt. Sie ist deshalb ihre Seele, weil sie das vermittelt, was die Menschen suchen, brauchen sowie empfinden und erleben wollen, nämlich die Stadt als Begegnungsort und Kulturträger – ein Ort, an dem sie Identität und Unverwechselbarkeit finden. Aufgrund des Wettbewerbs können sich die Menschen dort beim Einkaufen informieren und sich Transparenz verschaffen. Das ist nirgends so gut möglich wie in der Innenstadt. Deswegen müssen in der Innenstadt alle zusammenarbeiten.