Protocol of the Session on June 9, 2005

Ich beantworte diese Frage ganz klar mit Ja.Denn Zweckbauten – wie Polizeipräsidien – muss man nach wirtschaftlichen Kriterien führen. Wenn es dort in der Abwägung sinnvoller ist, sie zu verkaufen

(Zurufe der Abg. Günter Rudolph (SPD) und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

und für einige Jahrzehnte nach klar definierten Regeln und Konditionen wieder anzumieten, ist das die günstigere Variante. Das ist im Falle einer kunsthistorischen Sammlung schon per se nicht möglich. Daher verbietet sich dieser Vergleich.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist auch Quatsch! – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, Herr Al-Wazir hat hier aus Zeitungskommentaren zitiert. Eines zieht sich wie ein roter Faden dort durch: Diese Zeitungskommentare und auch Ihre Kritik leben vor allem von Symbolik. Ich werde darauf noch im Einzelnen eingehen.Aber wir brauchen in dieser Debatte keine Symbolik, sondern wir brauchen Substanz.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Walter (SPD): Dann musst du aber weg vom Pult!)

Wenn wir einmal die Ursachen analysieren, warum diese Diskussion überhaupt mit dieser Heftigkeit geführt wird, wie das der Fall ist, dann ist die Ursache doch eindeutig die: Insbesondere der rot-grüne Teil der hessischen Opposition hat es in den vergangenen zwei Jahren nicht geschafft, sich in irgendeiner Weise zu profilieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, niemand im Land außer ihren jeweiligen Lebenspartnern kennt die Oppositionsführer in Hessen. Da bietet sich natürlich ein solches Thema an, mit dem man polarisieren kann, indem man gezielt Informationen zurückhält. Mehr tun Sie hier nicht. So ordnen wir das ein. So muss man das beurteilen. Das ist eine Aufregung, die sich in wenigen Wochen wieder legen wird.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Abwarten!)

Ich werde jetzt auf einige der Symbole eingehen, die Sie zur Legendenbildung nutzen.

Ich beginne mit dem, was Sie, Herr Kollege Walter, über den Kollegen Reuter gesagt haben. Sie haben gesagt: Es ist ein Akt der Treue gegenüber dem Odenwald, wenn Herr Kollege Reuter heute hier zustimmt.

Da stellt sich zum einen die Frage:War es ein Akt der Untreue, als er sich bei den bisherigen Entscheidungen verkrümelt hat? Und wie ist das mit Landrat Schnur? Wer ist denn nun treu: der Erste Kreisbeigeordnete, der den Schlosskauf ablehnt, oder der Landrat, der – wie ich meine,aus wohl erwogenen Gründen – einem Schlosskauf zustimmt und das heute auch noch einmal in einer Pressemitteilung deutlich macht?

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er muss ihn auch nicht bezahlen! – Nicola Beer (FDP):Was gibt denn der Landrat dazu?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Grafenfamilie spielen in dieser Diskussion immer wieder eine Rolle. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass durch den Vortrag bei den Obleuten des Haushaltsausschusses deutlich wurde, dass die wirtschaftliche Situation des Grafenhauses sehr prekär ist.Dafür gibt es Ursachen.Die heißen Wibke und Lothar – wobei damit keine Landtagsabgeordneten, sondern Wirbelstürme gemeint sind. Aber es verbietet sich, diese Ursachen hier weiter detailliert zu diskutieren. Darauf wurde bisher auch verzichtet.

Deshalb dürfen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Grafenfamilie, wenn überhaupt, in dieser Diskussion nur e i n e Rolle spielen, nämlich bei der Frage: Welche Konsequenzen hat die desolate Wirtschaftslage des Grafenhauses, der Betriebe für die Entscheidung?

(Gerhard Bökel (SPD): Das hat aber Frau Wagner ganz anders interpretiert!)

Das ist doch eindeutig zu beantworten. Die Grafenfamilie wird weder kurz- noch mittelfristig in der Lage sein, die Sammlung in einem Zustand zu erhalten, der ihrer würdig und nach kunsthistorischen Aspekten wünschenswert ist.

Lassen Sie mich auf das zweite Symbol kommen. Das ist die so genannte Eigentumswohnung. Es ist nicht nur legitim, sondern auch sinnvoll – wenn man diese Sammlung künftig präsentieren will –, dass man dem Erbgrafen dort ein Wohnrecht belässt.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Pass auf!)

Lassen wir an dieser Stelle doch einmal Zahlen sprechen. Über 1,2 Millionen c werden von dem geschätzten Preis des Schlosses – der sich immerhin bei 3,7 Millionen c bewegt – in Abzug gebracht. Dafür wird dieses Wohnrecht erworben.

(Zuruf von der SPD: Aber zuerst wird der Kauf- preis angehoben!)

Das ist ein faires Geschäft. Hier handelt es sich nicht um irgendeine Dreingabe des Landes Hessen.

(Widerspruch)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil Ihnen das besonders am Herzen liegt: Lassen Sie mich noch über die Geweihe sprechen. Es ist eine absolute Gemeinheit, die Diskussion an Geweihen festzumachen. Ich nehme an, es haben sich nur wenige von Ihnen die Mühe gemacht, überhaupt einmal die Inventarlisten und die Wertermittlungen der Gutachter durchzuschauen.

(Norbert Schmitt (SPD): Doch! Und dabei haben wir festgestellt, dass 106 Stücke beim Grafen bleiben!)

Die Geweihe spielen bei der Wertermittlung überhaupt keine Rolle. Sie dienen Ihnen nur für die Polemisierung der Diskussion.

(Beifall bei der CDU)

Wenn hier überhaupt Geweihe eine Rolle spielen, dann sind das die Hörner von Tarek Al-Wazir und Frank Kaufmann, die abgestoßen werden müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Verhandlungsführer des Landes, allen voran Wissenschaftsminister Corts – – Lassen Sie mich an dieser Stelle eines einfügen: Wenn ein Fachminister in einer Debatte spricht, dann kommt die Opposition und fragt: Wo ist der Ministerpräsident, warum versteckt er sich? Spricht der Ministerpräsident,dann ist es umgekehrt – dann versteckt sich angeblich der Fachminister.

(Florian Rentsch (FDP): Sie können beide sprechen!)

Herr Kaufmann, wären Sie am 1. Juni da gewesen, dann hätten Sie miterleben können, wie sachlich fundiert der Wissenschaftsminister diesen Ankauf erläutert hat.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Obwohl Sie beratungsresistent sind,wären auch bei Ihnen Erkenntnisgewinne zu verzeichnen gewesen. Aber wir wissen ja, Sie mussten sich um die Erweiterung des Flughafens in Frankfurt kümmern.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Verhandlungsführer sind keine Dilettanten, die für Geweihe 12,2 Millionen c Landesgeld ausgeben.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr.Lennert hat gestern deutlich gemacht:Es geht hier um den Schöllenbacher Altar, der einen wesentlichen Teil des Gesamtvolumens ausmacht. Es geht um Hunderte von Einzelpositionen, teilweise von einem sechsstelligen Eurowert, bis hin zur Position 204 – das habe ich mit Interesse auf der Liste von Christie’s gelesen –, ein Keuschheitsgürtel, der zum Bestand gehört.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in aller Kürze noch einmal auf die infrastrukturelle Bedeutung zurückkommen, die Ihnen Frau Kollegin Lannert hier schon deutlich gemacht hat. Ich habe den Eindruck, dass für viele von Ihnen Kultur einfach nur eine Kür und keine Pflichtübung ist. Sie haben noch nicht erkannt, welche Ressourcen Kultur auch für die Wirtschaftskraft einer Region birgt, insbesondere für die Wirtschaftskraft einer Region, die keine Alternativen hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Das sind doch hohle Sprüche!)

Wenn ein großes Industrieunternehmen im Odenwald nicht mehr bestehen würde, dann ist es geboten, auf andere Weise Profil zu zeigen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das tun wir.

(Norbert Schmitt (SPD): Sprüche!)

Lassen Sie mich eines nochmals deutlich machen.Der Ministerpräsident hat sehr deutlich dargelegt, warum der von Frau Wagner hier vorgetragene Vorschlag einer Teilübernahme der Historiensammlung so nicht in die Tat umzusetzen ist.

(Norbert Schmitt (SPD):Warum nicht?)

Immerhin wird von dort ein Vorschlag unterbreitet. Auf der Polemikseite dieses Hauses ist das ganz anders.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, ich bringe das noch zu Ende.

Sie bringen das bitte schnell zu Ende.

Mit Ihrer Kritik enden Sie bei einer Nulllösung, ohne irgendeine Alternative für den Odenwald und für die Stadt aufzuzeigen.

(Norbert Schmitt (SPD): Deswegen wollen wir es im Haushaltsausschuss machen!)