Protocol of the Session on June 8, 2005

den, können wir uns die ganze Kontenüberprüfung und anderes mehr ersparen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Michael Denzin und Roland von Hunnius (FDP))

Das ist doch ganz einfach.Meine Damen und Herren,fahren Sie doch einmal nach Österreich in den Skiurlaub. Wenn Sie da in einem kleinen Seitental auf eine örtliche Sparkasse stoßen, die nur einen größeren Geschäftsraum hat, werden Sie sehen, dass sich diese als Eldorado für die Verwaltung des Vermögens der Deutschen anbietet. Warum ist das so? Das ist so, weil die Österreicher eine Abgeltungssteuer von 19 % haben.

Können wir das einfach so hinnehmen? – Wir müssen gemeinsam daran arbeiten – ich rate dazu, weil das am Ende alle trifft, die Verantwortung tragen –, auszuloten, wo die Schnittstelle ist, an der wir im internationalen Wettbewerb attraktives Steuerland sind, und dürfen uns nicht gegenseitig vorwerfen, dass wir zugunsten der „Reichen“ die Armen irgendwie knechten.

Meine Damen und Herren, das wird so nicht funktionieren, wie das in Zeiten möglich war, als wir Abwehrmechanismen hatten. Dies ist ein offenes Land. Dies ist ein Land, im dem jeder Einzelne innerhalb der EU und in der ganzen Welt alle Möglichkeiten hat. Ich warne in diesem Zusammenhang übrigens vor einem: Ich habe von „Millionärssteuer“ und Sonstigem gelesen. Diejenigen, die das fordern, sollen sich bitte schön damit auseinander setzen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jeder dieses Land ohne Auflösung stiller Reserven mit seinem gesamten Vermögen verlassen kann.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Malen Sie nicht so einen Teufel an die Wand!)

Frau Ypsilanti, das ist europäische Rechtsprechung. Das gilt seit einem Jahr. Sie können Deutschland jederzeit ohne Auflösung stiller Reserven unter Mitnahme Ihres Vermögens verlassen und haben dann noch nicht einmal etwas zu versteuern. – Jetzt sind wir mühsam dabei, Diskussionen zu führen, dass dann, wenn dieses Vermögen später in dem Land, in dem der Betreffende ist, aufgelöst wird, eine Nachzahlungsverpflichtung im Heimatland besteht. Aber wir können heute schon sagen, wie das ausgeht: Das wird nicht funktionieren. Das ist völlig klar. Das Geld ist weg. Deswegen rate ich dringend dazu, dies anders zu kommunizieren. Denn sonst werden wir am Ende kein Geld mehr zur Verfügung haben,egal wer regiert und mit welchen Koalitionen er regiert.

Meine Damen und Herren, wir haben mit der „Operation sichere Zukunft“ – ich sage das mit großem Stolz, weil wir uns nicht nur die Mühe gemacht haben, sehr intensiv einzusteigen, sondern auch einiges politisch ausgehalten haben – strukturell den Haushalt um 600 Millionen c entlastet.Wer sagt, das war alles zwecklos usw., dem kann ich nicht mehr helfen. Denn die 600 Millionen c kämen Jahr für Jahr on top. Erinnern Sie sich bitte alle, wie schwierig diese Sache war und wie die Opposition zu der „Operation sichere Zukunft“ stand. In den allermeisten Bereichen kam jeden Tag,an dem wir hier Plenarsitzung hatten, die Bemerkung: Da müsste mehr Personal sein, da müsste es mehr Geld geben, dies und jenes. – Gut, es ist nicht die Aufgabe der Opposition, unangenehme Dinge mit zu entscheiden. Das gebe ich zu. Aber es ist, glaube ich, auch nicht richtig, wenn die Opposition hier sagt: Die machen nichts, die gehen oben drüber. – Wir sind so tief hineingegangen, wie noch nie jemand in Hessen hineingegangen ist und wahrscheinlich auch nicht in den meisten anderen

Bundesländern. Darauf sind wir stolz, weil das ein Teil der Medizin ist, die dieses Land braucht, um für die Zukunft tauglich zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr von Hunnius, wir brauchen auch keinen Kassensturz.Auf der Ausgabenseite sind wir sehr gut.

(Norbert Schmitt (SPD): Das kann man wohl sagen!)

Das hat sich wieder gezeigt, als ich das verkündet habe, was wir im Haushaltsvollzug 2004 geschafft haben. Wir haben noch einmal über 100 Millionen c eingespart, ein ganzes Stück über 100 Millionen c.

(Norbert Schmitt (SPD):Vor allem bei den Investitionen!)

Nein,eben nicht bei Investitionen,Herr Schmitt.Wir haben fast punktgenau die Investitionssumme erreicht. Das hat es bisher noch nie gegeben.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein!)

Hören Sie auf mit „Nein“. Sie können sich gleich zu Wort melden. Ich habe die „Operation sichere Zukunft“ öffentlich vorgestellt.Gerade dieser Bereich ist höchst zufriedenstellend abgewickelt worden. Insofern taugen die Zwischenrufe an der Stelle überhaupt nichts.

(Norbert Schmitt (SPD): 121 Millionen c weniger, das stand in Ihrer eigenen Pressemitteilung!)

Herr von Hunnius hat gesagt, wir sollten erst einmal eine Aufgabenkritik machen. – Wenn Sie es richtig gesehen haben, dann haben Sie festgestellt, dass die Meldungen für die PVS auch aufgabenkritische Elemente in jedem einzelnen Bereich enthalten. Dort sind nicht irgendwo sinnlos Leute gemeldet worden, weil es einem einfällt, sondern sie sind erst auf der Basis einer Aufgabenkritik gemeldet worden.

Ein zweiter Punkt an dieser Stelle:Wir haben die Fluktuation abgeschöpft, und zwar mit einem sehr geringen Einstellungskorridor, weil Sie über die Jahre hinweg in einer Verwaltung auch Spezialisten brauchen, die Sie einstellen können müssen. Aber es ist ein ganz geringer Einstellungskorridor.Wer also sagt, wir müssten noch mehr Personal einsparen, dem sage ich, wo die Verfügungsmasse ist: bei den Lehrern. Natürlich werden wir in diesem Jahr ungefähr 1.800 Lehrer wieder einstellen, um den natürlichen Abgang abzudecken. Aber wer so etwas sagt, muss auch sagen, dass er auch die Lehrer meint, weil das unsere Masse ist, die zur Verfügung steht. Den Rest schöpfen wir ab.

Ich wehre mich dagegen, wenn so nebulös getan wird, da könnte man noch sehr viel machen. Übrigens nutzen die Ressorts den Einstellungskorridor von 20 % derzeit fast nicht aus, sondern es wird über die PVS abgewickelt.

Meine Damen und Herren, ich habe von denselben Leuten, die das kritisieren, auch schon gehört, dass wir mehr junge Leute einstellen müssten, damit diese eine Möglichkeit haben, in Arbeit zu kommen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Sie können es sich aussuchen, wie Sie wollen. Jedenfalls glaube ich, sagen zu können, dass wir in dieser Frage auf Zukunft setzen. Im Übrigen gibt es – Herr Walter oder Herr Schmitt, wahrscheinlich haben Sie die Pressekonferenz nicht mitbekommen – keine Kürzungen beim Hoch

schulpakt für 2006.Wir haben uns mit allen Beteiligten geeinigt.

(Nicola Beer (FDP): Das hat er auch erklärt!)

Insofern ist das FDP-Petitum erledigt. Ich bin froh darüber, das ist ganz hervorragend in dieser Sache.

(Nicola Beer (FDP): Nicht ganz!)

Meine Damen und Herren, ich habe eine Haushaltssperre erlassen. Ich habe Ihnen eben schon gesagt, dass das nach meiner Kenntnis noch vier Länder gemacht haben. Das kann sich natürlich jeden Tag ändern. Noch nicht einmal das Gros der Länder hat dies gemacht, obwohl das Problem dort ganz unstreitig ist und in den meisten Länderhaushalten noch schlimmer als in Hessen. Dafür braucht man sich nicht zu entschuldigen. Wir werden durch die Haushaltssperre über 100 Millionen c bis zum Jahresende einsparen. Dabei ist das gesperrt worden, was realistisch zu sperren ist, ohne Zukunftschancen des Landes zu zerstören.

Ich bleibe aber dabei: Die FDP beantragt, die Hochschulen sollen nicht weniger haben. Über Schule und Hochschule sind wir uns einig. Das haben wir jetzt gemacht. Darüber hinaus haben wir Soziales davon ausgenommen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Denn der Sozialbereich hat in der „Operation sichere Zukunft“ durchaus harte Schnitte hinnehmen müssen. Es kann nicht sein, dass insbesondere in dem Bereich, in dem um ein Drittel gekürzt worden ist, die Einrichtungen, weil bisher noch kein Bescheid herausgegangen ist, plötzlich keinen Bescheid mehr bekommen.Deswegen ist es ausgenommen worden. Wer etwas anderes will, muss es deutlich sagen, aber er muss es in der Sache und als Person sagen und nicht irgendwie nebulös, was wir dann machen könnten.

Zurück zur Frage nach einem Nachtragshaushalt. Ja, ich schließe einen Nachtragshaushalt ausdrücklich nicht aus. Aber ich möchte Sie auf Folgendes hinweisen, nur damit Sie die Größenordnung sehen: Wir haben im März 516 Millionen c mehr Steuern als im Vorjahr eingenommen. Wir haben im April 609 Millionen c weniger Steuern eingenommen als im Vorjahr.

Meine Damen und Herren, die erratischen Ausschläge, die monatlich bei den Steuereinnahmen zu verzeichnen sind, liegen zumeist in der Größenordnung von 300, 600 oder 800 Millionen c gegenüber dem, was vorher war. Dann ist es doch barer Unsinn, wenn jetzt jemand sagen würde, er wisse auch nur annähernd, wie viel Steuern wir am Jahresende einnehmen, und jetzt einen Haushaltsentwurf vorlegt. Deswegen macht es doch keiner in Deutschland. Fragen Sie doch Ihre SPD-geführten Landesregierungen. Fragen Sie die, warum sie keinen Nachtragshaushalt machen.

(Zurufe von der CDU: Es sind keine mehr da!)

Denn kein Finanzminister dieser Welt kann angesichts von Hunderten von Millionen Euro Differenzen nur annähernd seriös sagen, wie er das Steuerwachstum bis zum Jahresende sieht. Wir haben einen Arbeitskreis Steuerschätzung. Die November-Steuerschätzung kommt bestimmt. Dazwischen haben wir Monate, wo 600 Millionen minus, 200 Millionen plus, 500 Millionen minus vorkommen. Das können Sie sich Monat für Monat aussuchen. Deswegen wäre es hinreichend unseriös, jetzt einen Nachtragshaushalt zu machen. Das Einzige, was Sie machen können, ist, dass Sie das sparen, was tatsächlich noch gespart werden kann. Das habe ich getan. Deswegen geht dem Land nichts verloren.

Wir werden uns angucken, wie die Steuerentwicklung in den nächsten zwei oder drei Monaten ist. Deswegen sage ich Ihnen ausdrücklich:Ja,es ist nicht auszuschließen,dass wir einen Nachtragshaushalt machen müssen. Dann werden wir uns auch über die Ergebnisse in den einzelnen Bereichen zu unterhalten haben. Aber ich habe überall dort gesperrt, wo sich jetzt schon abzeichnet, dass Verbesserungen im Haushalt sind, und darüber hinaus mit der allgemeinen Sperre, die ausgebracht worden ist.

Ich glaube, bei allen Schlagworten, die hier üblich sind, a) dass wir anders als die allermeisten reagiert haben – vom Bund will ich gar nicht reden –, b) dass wir das gesperrt haben, was zu sperren ist, und c) dass wir natürlich dem Hessischen Landtag vortragen werden, wenn wir einen Überblick haben, wie die Steuereinnahmen voraussichtlich in diesem Jahr sind, ob wir einen Nachtragshaushalt machen müssen oder nicht. Alles andere ist wirklich jenseits von allem.

Ich sage es noch einmal: Wenn jetzt zehn Bundesländer noch vor der Sommerpause einen Nachtragshaushalt machen wollten, dann würde ich sagen, es spräche eine gewisse Plausibilität dafür, dass man sich das sehr ernsthaft überlegen muss. Aber niemand macht das. Deswegen sollte sich die Opposition in dieser Frage nicht so alleine stellen,

(Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP))

und zwar unter dem Gesichtspunkt,dass außer den GRÜNEN auch die anderen Parteien an Regierungen beteiligt sind. Da wird es ganz anders gesehen. Die Länder haben natürlich auch Riesensteuerausfälle zu verkraften. Da wird es so gesehen, dass man keinen Nachtragshaushalt macht. Entschuldigen Sie, die Begründungen, die unter Ihrer Beteiligung in Landesregierungen getroffen werden, sind doch klug.Warum sollen sie nicht auch für Hessen gelten?

(Jürgen Walter (SPD): Gilt das auch für den Bund? Ich könnte Herrn Dr. Meister zitieren!)

In Berlin wäre es dringend notwendig.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich gilt das für den dortigen Nachtragshaushalt genauso. Auch auf Bundesebene wissen sie es nicht. Man kann aber nicht erklären, es seien jedenfalls jetzt 10 bis 12 Milliarden c, die auf jeden Fall weniger sein würden, und anschließend sagen:Es kann mit Hartz IV aber noch mehr werden. – Natürlich wäre es da besonders notwendig, dass eine Haushaltssperre erlassen wird.

(Dr.Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU):Wie wäre es mit einer Beförderungssperre?)

Ich lasse solche Arabesken weg. Das müssen die Beteiligten selbst entscheiden. Sie schaden sich damit selbst genug. Da wird noch nicht einmal eine Haushaltssperre gemacht. Ich muss ehrlich sagen: Ich hielte das für dramatisch wichtig.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Sprungbeförderungen in Hessen sind auch ganz interessant!)

Meine Damen und Herren, 2006 wird sehr schwer, wenn sich nichts ändert. Aber ich muss ehrlich sagen: Ich setze meine großen Hoffnungen darauf, dass nach dem 18. September eine neue Bundesregierung kommt, die vieles – nicht alles am ersten Tag und ganz schnell – auch kurzfristig ins Lot bringen wird,was uns als Länder sehr bedrückt.

Meine Damen und Herren, bis dahin müssen wir sparen, sparen, sparen. Das machen wir. Aber wir sparen nicht sinnlos an den Stellen, wo die Zukunft von Hessen und vor allem die Chancen des Landes, in Zukunft Geld zu verdienen, sein werden.

(Beifall des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt sind wir wieder beim Schloss!)

Deswegen ist es ein differenziertes Sparen unter dem Gesichtspunkt „Zukunftschancen nutzen“ auf der einen Seite, und auf der anderen Seite kein Geld an den Stellen auszugeben, wo es nicht notwendig ist.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr optimistisch, ohne es zu wissen, dass am 18. September in Berlin eine neue Bundesregierung kommen wird, bei der wir unsere Vorstellungen einbringen können und weithin Gehör finden. Darüber hinaus werden wir nach meiner festen Überzeugung Voraussetzungen schaffen, dass es den Ländern wieder besser geht.Wenn es so weiterginge wie bisher, wären unsere Chancen für solide Haushalte in der Tat sehr schlecht.Wie gesagt, ich hoffe darauf, dass diese Rahmenbedingungen besser werden. Bis dahin machen wir wie bisher alles, was notwendig ist, um dieses Land für die Zukunft fit zu machen und gleichzeitig so sparsam wie irgend möglich zu wirtschaften. Das ist uns bisher gelungen, und das wird uns auch in Zukunft gelingen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.