Protocol of the Session on April 28, 2005

Auch Fraport schickte die dritte Reihe: den Arbeitsdirektor. Lufthansachef Mayrhuber kam deswegen zu einem

öffentlich bekundeten Lerneffekt, nämlich der neuen Erkenntnis über die Aufgaben des Arbeitsdirektors. Ich zitiere: „Er arbeitet und kommt zum Gratulieren, wenn andere urlauben.“

Meine Damen und Herren, es ist doch wohl klar, dass Fraport offensichtlich massiv verärgert ist, und die Landesregierung mit ihr, über die Einwendung der Lufthansa – man las, 450 Seiten stark – im Planfeststellungsverfahren. Da ist nachvollziehbar, dass der Haussegen richtig schief hängt. Denn in diesen 450 Seiten kann nicht nur das Nachtflugverbot thematisiert sein. Da geht es mit Sicherheit auch um weitere Fragen.Wir wären sehr daran interessiert, wenn wir die Einwendungen alsbald zur Kenntnis bekämen, damit wir sie auch diskutieren können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, da steht nach meiner Einschätzung wahrscheinlich auch viel Kritisches zur Qualität des Flughafens im Ausbaufall drin. Ich sprach bereits davon. Wenn man sich das anguckt, stellen Sie fest, dass Fraports eigener Gutachter, Wolfgang Kassebohm, den Flughafenausbau mit einem deutlichen Qualitätsverlust verbunden sieht, gerade in Bezug auf die Ihnen so wichtige Hub-Funktion.Mit dem Ausbau werden die Reisezeiten der Flugzeuge nämlich deutlich länger, und die bisher planbare Umsteigezeit von maximal 45 Minuten lässt sich nicht mehr halten. Durch die geplante Landebahn entstehen deutlich längere Rollzeiten, nämlich – wir haben es nachgelesen – bis zu 36 Minuten. Das verwundert auch nicht. Jeder weiß, Flugzeuge sind am Boden nicht besonders flink. Das ist keine neue Erkenntnis. Da wird mancher Anschluss von bisher nicht mehr klappen können, und der Umsteigeflughafen Frankfurt verliert an Qualität. Das wird dem Hauptkunden Lufthansa natürlich nicht gefallen. Denn entweder muss er über längere Strecken mit mehr Schub und damit mit mehr Kosten und die Umwelt insgesamt mit mehr Schaden leben, oder die gesamte Logistik weltweit gerät durcheinander; denn es geht um erhebliche Zahlen.

Es ist doch klar, dass das der Lufthansa nicht gefällt, die gerade ihre strategischen Ziele neu ordnet – ich nenne nur das Stichwort Swiss-Erwerb und Hub in Kloten –, wenn Frankfurt obendrein relativ kurzfristig noch mehr Kapazitäten haben will. Sie wollten 2006 schon loslegen, und dann werden sie doch an die Konkurrenz vergeben. Da zeigt sich gerade aus dem Sichtwinkel des wichtigsten Kunden, rein ökonomisch betrachtet ist das Ausbauprojekt in Frankfurt alles andere als risikofrei. Das haben wir GRÜNE schon vor Jahren gesagt. Sie können es in den Protokollen des Landtags mehrfach nachlesen.Wir haben auch vor den ökonomischen Risiken gewarnt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man schon so dicke Bücher lesen muss, sollte man die Erkenntnisse nicht für sich behalten. Bei der Gelegenheit für diejenigen, die es nicht lesen konnten: Keineswegs ist in den Antragsunterlagen von Fraport von 660.000 Flugbewegen die Rede. Für den Ausbaufall stehen rund 60.000 Flugbewegungen mehr in dem Kassebohm-Gutachten. Das können Sie nachlesen: G 18 in den Bänden 58 und 59 der Unterlagen. Das steht jedem zur Verfügung.

Damit bin ich auch schon kurz beim Stichwort Nachtflugverbot. Darüber sprachen wir das letzte Mal. Sie sollten noch einmal überprüfen, ob das, was Sie hier jahrelang als Nachtflugverbot verkündet haben, und das, was in den

Antragsunterlagen steht, dasselbe ist. Ich sage: Es ist nicht dasselbe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn selbst wenn dieses Nachtflugverbot, das obendrein angegriffen werden wird, so käme, wie es die Fraport beantragt hat,wird es nachts nicht ruhiger,aber tagsüber viel lauter. Das hätten dann Sie zu verantworten. Sie führen die Menschen hinters Licht,wenn Sie so tun,als würde die Nacht zukünftig leiser. Das merken auch immer mehr.

Am Ende muss ich doch noch einmal in die Richtung der SPD gucken. Es sind mehr als 40 Ortsvereine am Flughafen, die tiefer gehende Kenntnis haben, weil sie eine engere Betroffenheit haben. Die haben sich auch schon geäußert.

Wie gut die Landesregierung bisher gearbeitet hat, sieht man daran, dass das einzige Mal, als Sie versucht haben, etwas in einen Regionalplan hineinzuschreiben, es der VGH abschließend kassiert hat. Meine Damen und Herren,wir können das Verfahren mit großer Ruhe weiter betrachten.

Herr Kaufmann, eine Zwischenfrage.

Wir sehen uns auf einem guten Weg, dass wir es am Ende verhindern werden, dass dieser Ausbau kommt. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Boddenberg hatte sich zu einer Kurzintervention gemeldet.

Herr Kaufmann, Sie haben sich mit dem Thema Nachtflugverbot wie immer, wie ich finde, unredlich auseinander gesetzt.Ich möchte noch einmal eine Frage an Sie stellen. Sie haben mir die Frage bis heute nicht beantwortet. Nachdem wir gemeinsam auf dem Flughafen Hahn waren, habe ich Sie noch einmal gefragt und das auch presseöffentlich gemacht: Herr Kaufmann, wie machen Sie das, wenn Sie einerseits den Menschen in Rhein-Main erklären: „Nachtflugverbot sofort“, und jede Initiative unterstützen? Sie behaupten seit Jahren, dass das ginge. Andererseits haben Ihre rheinland-pfälzischen Parteifreunde vor zwei Wochen sehr dezidiert noch einmal gesagt: „Bei uns wird es nicht mehr Nachtflüge geben.“ Wo werden dann diese Nachtflüge stattfinden? Im Nirwana der GRÜNEN? Auf dem Flughafen Rhein-Main oder auf dem Flughafen Hahn? Diese Frage hätte ich von Ihnen gerne noch einmal beantwortet.

Herr Kaufmann, bitte.

Verehrter Herr Boddenberg, offensichtlich haben die Hessen ihre Probleme mit Flughäfen außerhalb Hessens.

(Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) und Michael Boddenberg (CDU))

Ich erinnere in dem Zusammenhang daran, dass Sie nach Hahn gefragt haben. Das liegt nicht in unserem Zuständigkeitsgebiet. Ich erinnere daran, was Ihr Parteifreund wohl zum Thema Kassel-Calden sagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es scheint dort sozusagen grenzüberschreitend immer wieder Missverständnisse zu geben.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wahrscheinlich hören wir uns einander nicht richtig zu oder interpretieren uns gegenseitig bösartig.

Herr Kollege Boddenberg, wir halten den Flughafen Hahn für einen geeigneten Ergänzungsflughafen innerhalb des Systems.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir sehen die Kapazitätsprobleme in Frankfurt,insbesondere in den Spitzen am Tag. Da kann der Flughafen Hahn durch entsprechende Angebote für Punkt-zu-Punkt-Verkehr wunderbar helfen. Im Übrigen, Sie sollten sich zur Frage Nachtflugverbot äußern. Die Frage, die viel wichtiger ist und immer noch im Raum steht,ist:Sie versprechen es ständig, Sie sagen aber nicht, welche Mogelpackung Sie mittlerweile darunter verstehen. Zweitens, was passiert denn in dem von Ihnen gewünschten Fall, wenn der Ausbau kommt und das Nachtflugverbot dann vor Gericht scheitert? Reißen Sie dann die Bahn wieder ab? Das müssen Sie hier erklären.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der FDP-Fraktion gibt mir Gelegenheit, zum aktuellen Sachstand aus Sicht meines Hauses noch einmal umfassend Stellung zu nehmen. Zunächst einmal endete Anfang März im Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung des Flughafens die Einwendungsfrist für die Bevölkerung in den beteiligten Städten und Gemeinden in der Region. In wenigen Wochen wird mein Haus der Hessischen Landesregierung den Entwurf für die Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 zur Beschlussfassung zuleiten. Das sind zwei wichtige Meilensteine auf dem Weg.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann geht der Ärger erst richtig los!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dieser Änderung des Landesentwicklungsplanes soll die Erweiterung des Flughafens raumordnerisch abschließend festgelegt werden. Nach der Beschlussfassung der Landesregierung über die Anhörung, die zurzeit erfolgt, was die Gesetzesänderung betrifft, wird dieser Entwurf in gleicher

Art und Weise zur Einsichtnahme durch die Bevölkerung ausgelegt werden. Nach den Bestimmungen des Hessischen Landesplanungsgesetzes gilt, dass an dem Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans alle hessischen Kommunen zu beteiligen sind und nicht nur die im Umfeld des Flughafens.„Der Landesentwicklungsplan als wichtiger Hinweis im Ausbaustreit“ – so titelte die „FAZ“ im Januar dieses Jahres einen entsprechenden Artikel. Sie stellte dabei klar heraus – das kann so unterstrichen werden –, dass die Hessische Landesregierung mit diesem wichtigen Hinweis nunmehr eine eigene Position zu der Variante einnehmen wird, die nach Abwägung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte für eine Erweiterung des Flughafens Frankfurt am Main die geeignetste Variante ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns, wie Sie nun wissen,entschlossen,die Feststellung des Landesentwicklungsplanes durch Rechtsverordnung von einer Zustimmung des Hessischen Landtags abhängig zu machen. Das ist eine Forderung, die hier schon frühzeitig erhoben wurde. Zu diesem Zweck wollen wir das Hessische Landesplanungsgesetz an der entscheidenden Stelle ergänzen,denn nach der geltenden Rechtslage ist nur eine Kenntnisnahme des Landtages bei Aufstellung und Änderung des Landesentwicklungsplanes vorgesehen. Das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung dieses Landesplanungsgesetzes werden wir parallel zum Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplanes betreiben.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Endlich!)

Derzeit erfolgt die Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände. Herr Posch, damit wird das eingelöst, was Sie hier eben noch einmal gefordert haben.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Die Gesetzesänderung sieht vor, dass diese Planänderung nach Auswertung der nach Offenlegung und Beteiligung eingegangenen Anregungen und Bedenken sowie der erneuten Vorlage eines Abwägungsvorschlages durch mein Haus – also ein erneuter Kabinettsbeschluss, der sich dem dann anschließt – dem Landtag durch Rechtsverordnung zu dessen Beschlussfassung zugewiesen werden soll. Das bedeutet – das ist die Conclusio –, dass die Rechtsverordnung ohne die Zustimmung des Landtags keine Verbindlichkeit erhalten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzgeber und vor allem die Fraktionen im Landtag sollen – das ist der politische Wille der Landesregierung – eindeutig Position beziehen, und zwar nicht nur abstrakt, sondern sehr konkret zu der Variante, die von der Landesregierung nach umfassender Abwägung als die geeignetste vorgeschlagen wird. Die Erweiterung des Flughafens Frankfurt am Main ist von zentraler Bedeutung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dieses Bundeslandes. Das ist immer wieder betont worden. Die landesplanerische Entscheidung über die Variante, die sich als die geeignetste erweist, ist von zentraler Bedeutung für die Rechtsbeständigkeit der weiteren planungsrechtlichen Entscheidungen, auf die im Einzelnen noch einzugehen ist. Wir sind der Auffassung, dass Entscheidungen von solcher Tragweite dem demokratisch gewählten höchsten Organ in diesem Bundesland – das sind Sie, das ist der Landtag – nicht vorenthalten bleiben dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,die materiellen Anforderungen, die sich für den Abwägungsprozess zur Änderung des Landesentwicklungsplanes Hessen 2000, wie er bisher gilt, ergeben, sind aufgrund der Rechtspre

chung der Verwaltungsgerichte sowie der einschlägig zu beachtenden Richtlinien der Europäischen Kommission sehr umfangreich und sehr tief gehend. Neben der eigentlichen aktualisierten raumordnerischen Verträglichkeitsprüfung auf der Grundlage der landesplanerischen Beurteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom Juni 2002 – Sie kennen diese – zählen hierzu insbesondere die Prüfungen nach den Bestimmungen der Fauna-Flora-Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie sowie der Richtlinie für die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme und – das ist in diesem Zusammenhang wichtig; auch darüber haben wir diskutiert – der Seveso-II-Richtlinie, die in diesem Zusammenhang, wie wir so schön formulieren, beachtet und abgearbeitet werden.

Der Antwort der Hessischen Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion ist dies im Einzelnen zu entnehmen. Darüber hinaus müssen wir zur Beantwortung komplexer Sachfragen erneut externe Beratung von Sachverständigen einholen. Dies gilt sowohl für die rechtliche als auch vorrangig für sicherheitstechnische Fragestellungen. Ich darf Ihnen hier mitteilen, dass wir auf das letzte dieser Gutachten in diesen Tagen warten. All das braucht seine Zeit. Ich denke, diese Zeit sollten wir uns nehmen, denn hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Haus arbeiten mit Hochdruck daran, den Entwurf für die abwägende Entscheidung der Hessischen Landesregierung zur Einleitung der Anhörung des geänderten Landesentwicklungsplanes Hessen fertig zu stellen. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist eine weitgehend parallele Durchführung des Planfeststellungsverfahrens und des raumordnerischen Verfahrens unproblematisch. Es wird immer wieder die Frage diskutiert, welchen Vorlauf es geben muss, wann welcher Schritt getan werden muss. Ich sage noch einmal deutlich: Die Parallelität ist zunächst einmal nicht wesentlich und auch unproblematisch. Klar ist – dies wurde bereits mehrfach von mir auch gegenüber der Öffentlichkeit erklärt –: Das Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplanes muss vor dem Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein. Dem Planfeststellungsbeschluss muss die Rechtsverordnung zur Änderung des Landesentwicklungsplanes durch die Beschlussfassung im Kabinett und durch die Zustimmung im Hessischen Landtag zwingend vorausgehen. Das ist elementar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,das werden wir zeitlich auch gewährleisten. Nach Beschlussfassung der Landesregierung über den Anhörungsentwurf des LEP folgt dann eine dreimonatige Offenlegung und Beteiligung. Die in diesem Stadium eingehenden Anregungen und Bedenken werden sorgfältig ausgewertet und für die erneute Abwägung des Kabinetts aufbereitet. Mein Haus arbeitet darauf hin, dass der Landtag auf der Grundlage seine Beratungen zügig beginnen und hoffentlich auch zügig mit einem Beschluss beenden kann.

Meine Damen und Herren, ich möchte nun zu dem zweiten Schwerpunkt der Fragen in der Großen Anfrage der FDP-Fraktion überleiten, nämlich den beiden von der Fraport AG beantragten Planfeststellungsverfahren.

Erstens. Sie wissen, dass ich am 26. November 2004 den Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung der A-380Werft erlassen habe. Ich möchte deutlich hervorheben: Das zeigt die Leistungsfähigkeit der Behörden, denn nach

einer Verfahrensdauer von nur 22 Monaten wurde das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, das mit einem Planfeststellungsantrag am 29. Januar 2003 begonnen hatte. Darauf dürfen wir durchaus stolz sein – siehe vergleichbare Verfahren. Mein Haus hat innerhalb von nur sechs Monaten, nachdem die Unterlagen von der Anhörungsbehörde dem RP Darmstadt übergeben worden waren, das Planfeststellungsverfahren durchgeführt und die Entscheidung vorbereitet.