Protocol of the Session on November 24, 2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen die Ergebnisse meiner Überlegungen vorab bekannt geben:

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Jetzt bin ich gespannt! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt kommt die Überraschung!)

Der schwarze Ministerpräsident unseres Bundeslandes Hessen schreibt tiefrote Zahlen. Herr Ministerpräsident, wären Sie Vorstandsvorsitzender eines Privatunternehmens, dann hätte Sie der Aufsichtsrat längst aus dem Amt entfernt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wirtschaftsmagazine würden Sie zum Kapitalvernichter des Jahres küren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bilanz der Landesregierung des vergangenen Jahres ist katastrophal.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Auch in Zukunft, mit dem Haushalt 2005, sieht es nicht besser aus. Ihr Wirtschaftsplan, Herr Ministerpräsident, bietet keinerlei positive Perspektiven. Konzepte zur Verbesserung der Lage sucht man vergebens. Eine Strategie, um den Abwärtstrend umzukehren: Fehlanzeige.

(Michael Boddenberg (CDU): Sie wollten uns doch Ihre Überlegungen kundtun, Herr Kollege!)

Das vergangene Jahr war gekennzeichnet durch die „Operation düstere Zukunft“. Jetzt droht es finster zu werden in unserem Lande.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rafael Reißer (CDU): Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Wer solche Behauptungen aufstellt, der muss sie auch begründen. Ich will dies tun.

Erste Bilanz.Haushalt 2004. Das Programm „Operation sichere Zukunft“ wurde uns vor einem Jahr vom Herrn Ministerpräsidenten und seinem Finanzminister als „epochales Werk“ zur Sanierung des Haushalts vorgestellt. – Ist der Finanzminister überhaupt anwesend? Das wäre in einer Haushaltsdebatte recht hilfreich.

(Minister Stefan Grüttner: Er ist da!)

Ah,er ist oben.– Mit dem gestrigen Nachtrag steigen die Schulden unseres Landes im Jahr 2004 auf 1.652 Millio

nen c. Damit wird die Verfassungsgrenze um über 90 % überschritten. Der Kollege Kahl hat gestern darauf hingewiesen.

(Norbert Schmitt (SPD): Unglaublich!)

Man muss sich das einmal vergegenwärtigen: O-Ton Roland Koch vor einem Jahr: Dies ist das größte Sparprogramm in der Geschichte unseres Bundeslandes Hessen.

(Heiterkeit bei der SPD – Demonstrativer Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union, historisch an Ihrem Programm sind allein die Ergebnisse: Mit diesem Programm haben wir die zweithöchste Verschuldung in der Geschichte unseres Bundeslandes Hessen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, Sie sind mit Ihrem Programm „Operation sichere Zukunft“ komplett gescheitert, und unser Bundesland Hessen steigt weiter ab.

Zweite Bilanz: Schulden. Am Ende dieses Jahres werden die Gesamtschulden des Landes auf über 30 Milliarden c ansteigen. Um die Dramatik dieser Situation einmal deutlich zu machen: Ich schätze, dass mir der Herr Ministerpräsident anschließend ungefähr eine Stunde lang antworten wird. Allein in dieser einen Stunde werden die Schulden unseres Landes um 180.000 c steigen. Stunde um Stunde, Tag für Tag, steigen die Schulden in unserem Land um 180.000 c.

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Herr Ministerpräsident, Sie sind einmal mit dem Ziel angetreten, den Haushalt dieses Landes zu konsolidieren. Sie wollten einmal einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Ich stelle fest: Sie sind mit Ihrem Ziel, den Haushalt auszugleichen, komplett gescheitert.

(Beifall bei der SPD)

Dritte Bilanz: Kommunalpolitik, Kommunalfreundlichkeit. Die Schlüsselzuweisungen an die Kommunen sind in Hessen von 2003 auf 2004 um durchschnittlich 18 % gesunken. Das ist deutlich mehr als in allen anderen Bundesländern Deutschlands.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Das Ergebnis: Die hessischen Landkreise sind die am stärksten verschuldeten Landkreise in ganz Deutschland.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Viele Kommunen sind komplett handlungsunfähig. Und Sie wollten einmal die kommunalfreundlichste Regierung in Deutschland sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf solche Freunde können die Kommunen in Hessen getrost verzichten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vierte Bilanz: Flughafenausbau. Ursprünglich sollte die neue Bahn im Jahre 2007 in Betrieb gehen. Da Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung, aber auch keinen Fehler beim Genehmigungsverfahren auslassen, hoffen Sie nun öffentlich auf das Jahr 2009.

Das Ergebnis ist: mindestens 40.000 neue Arbeitsplätze mindestens zwei Jahre später. Herr Ministerpräsident,

wieder heißt es: Ziel verfehlt, neue Arbeitsplätze verhindert, mit Hessen geht es weiter bergab.

(Beifall bei der SPD)

Fünfte Bilanz:Wirtschaftskraft. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem aktuellen Dynamikranking der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der „Wirtschaftswoche“ ist Hessen im vergangenen Jahr von Platz drei auf Platz neun abgerutscht: Herr Ministerpräsident, Mittelfeld statt Premiumklasse.

Sechste Bilanz:Regionalreform.Im letzten Jahr ist bei der Regionalreform nichts passiert.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Keine der versprochenen Kooperationen ist Wirklichkeit geworden.Wir haben wieder ein Jahr verloren, in dem die anderen europäischen Spitzenregionen stärker geworden sind und wir schwächer. Der Ballungsraum Rhein-Main, der zentrale Wirtschaftsraum in unserem Land,verliert im Vergleich zu den anderen europäischen Spitzenregionen ständig an Boden.

(Dr.Walter Lübcke (CDU):Na,na! Keine Schärfe!)

Paris und London sind mittlerweile weit enteilt. In sozialdemokratischen Regierungszeiten waren wir einmal in dieser Liga.

(Lachen bei der CDU – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Aber, Herr Kollege!)

Herr Kollege Jung, sie kennen doch diese Aufstellung. Noch vor fünf, sechs Jahren war der Ballungsraum RheinMain nach London und Paris der drittstärkste Wirtschaftsraum in Europa. Mittlerweile stehen wir auf Platz zwölf.

(Zurufe von der CDU)

Nach uns kommt Nordschottland. Sie selbst haben gesagt: Wir brauchen diese Regionalreform, um dies zu ändern.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle fest: wieder ein verlorenes Jahr.Andere werden auf Kosten unseres Landes stärker.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Na, na, na! – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Was macht der Herr Ministerpräsident in dieser Situation? Nichts ist passiert. Das ist die „FAZ“ vom 20.11.: „Ministerpräsident schmeichelt und droht den Rathäusern.“ Herr Ministerpräsident, wir brauchen keine verbale Kraftmeierei, wir brauchen Ergebnisse in der Politik.

(Beifall bei der SPD)