Protocol of the Session on May 8, 2003

(Reinhard Kahl (SPD):Was, weiter sparen?)

Wir werden dieses Land weiter voranbringen.Wir werden weiterhin für die Bürger in Hessen verlässlich sein. Das können Sie im Moment bundesweit in den Umfragen nachlesen. Ich erspare Ihnen, dass ich diese Zahlen jetzt nenne. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner spricht Finanzminister Weimar.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war zwar nicht richtig, aber wenigstens nicht so lange wie Fidel Castro!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Brandstifter rufen nach der Feuerwehr.

(Beifall bei der CDU)

Das muss einem sofort einfallen, wenn man die Anträge von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vorliegen sieht, zwei Parteien, deren Regierung in Berlin uns mit direkten Auswirkungen auf die Länder und Gemeinden,

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

gegen die wir uns überhaupt nicht wehren können, in die schwerste Wirtschaftskrise nach dem Krieg geführt hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von Plottnitz ist wahrscheinlich schuld!)

Die Parteien, die dort die Verantwortung tragen, haben kein Recht, auf Landesebene die Folgen einer solch verheerenden Politik zu beklagen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, 4,5 Millionen Arbeitslose im April – die höchste Zahl der Arbeitslosen in Westdeutschland nach dem Krieg und die höchste nach der Wiedervereinigung –, Zusammenbrechen der Sozialkassen und insgesamt rückläufige Steuereinnahmen sind das Ergebnis einer völlig verfehlten Sozial- und Wirtschaftspolitik, die uns nicht nur bundesweit intern zurückgeworfen hat, sondern die uns auch an das Ende aller Staaten in der EU und der Industriestaaten auf der ganzen Welt geführt haben. Das ist ein peinlicher und schlimmer Vorgang,weil er am Ende die Menschen in diesem Land trifft.

(Beifall bei der CDU)

Es kann doch eigentlich nicht Gegenstand sein, dass Sie sich auf der einen Seite auf Ihren Parteitagen – und was Sie sonst noch veranstalten – nicht einig werden, die dringend notwendigsten Dinge zu machen, und auf der anderen Seite hier im Hessischen Landtag fordern, dass die Hessische Landesregierung diese Dinge ändert, die sie insoweit nicht ändern kann.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht um Ihren Haushalt!)

Meine Damen und Herren, es gibt einen weiteren Punkt, der ebenfalls sehr schlimm ist. Sie sind im Moment dabei – ich glaube, das ist unser großer Vorteil bei den Bürgern und war ein gutes Stück unseres Wahlerfolges –, dass Sie das Vertrauen der Menschen in die Politik zerstören. Ich will Ihnen einmal eine Seite von heute zeigen – Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung –:

4,49 Millionen Arbeitslose;rot-grünes Panikorchester; SPD-Politiker nennt eigene Ministerin unfähig.

Das ist Frau Schmidt, das wissen alle, aber sie ist immer noch Ministerin.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Abgeordnete der SPD: Sie auch!)

Ich nehme das mit äußerster Gelassenheit entgegen,was Sie hier sagen. Ich teile Ihre Einschätzung übrigens überhaupt nicht.

Höhere Beiträge drohen; Gewerkschaften sprechen offen von Kanzlersturz; sechs Monate keine Rentenerhöhung.

Meine Damen und Herren, Überschriften eines Tages in einer Zeitung, die Millionen Menschen lesen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollten eine andere Zeitung lesen!)

Das führt doch dazu, dass diese handwerklich katastrophale Politik jeden Tag das Vertrauen in die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland mehr zerstört, und uns damit ein Stück Wirtschaftskraft verschleudert und darüber hinaus täglich die Spirale der Negativentwicklung der Bundesrepublik Deutschland nach unten weiterdreht.

Es ist schon angesprochen worden:„Ministerium befürchtet Defizit von 4 %; Ende der Schönfärberei; Finanzminister vor dem Offenbarungseid“.

Jeden Tag diese Meldungen. Sie führen schlicht dazu, dass die Menschen in diesem Lande kein Vertrauen mehr darin haben, zu investieren, zu kaufen, langfristig zu planen und damit die Wirtschaft und die Zukunftssicherung der Bundesrepublik Deutschland voranzutreiben.

Man kann – diese Landesregierung macht das – lokal entgegenwirken und darüber hinaus durch den Ministerpräsidenten auch bundesweit entgegenwirken. Aber letztendlich ist es die Frage, ob eine Bundesregierung in der Lage ist, eine glaubhafte und vertretbare Politik gegenüber dem Land zu formulieren oder nicht. Sie macht es nicht. Deswegen geht es jeden Tag in Deutschland schlechter, solange diese rot-grüne Bundesregierung noch im Amt ist. Ich meine, es wäre höchste Zeit, dass sie möglichst schnell wegkommt.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen sich einmal vorstellen: Statt 18,9 Milliarden c Nettoneuverschuldung, die vor wenigen Wochen beschlossen worden sind, geht man jetzt schon von 37 bis

38 Milliarden c Nettoneuverschuldung aus – Verfassungsgrenze: 25 Milliarden c.

(Zuruf von der SPD: Was ist denn letztes Jahr bei Ihnen passiert?)

Davon sind allein 6,5 bis 7,5 Milliarden c für die Bundesanstalt für Arbeit und weit mehr als 4 Milliarden c Arbeitslosenhilfe,die auf der Ausgabenseite im Bundeshaushalt überhaupt nicht etatisiert waren. Meine Damen und Herren, da brauchen Sie doch hier nicht anzukommen und ohne Belege Erklärungen abzugeben, wir würden Haushalte machen, die auf der Ausgabenseite nicht korrekt seien. Unsere Haushalte waren auf der Ausgabenseite immer korrekt.Wir haben das Problem gehabt, dass durch diese verheerende und schlimme Finanz- und Wirtschaftspolitik unsere Steuereinnahmen zusammengebrochen sind wie kaum etwas sonst.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, bleiben wir bei den Risiken. Wie haben Sie sie etatisiert? Die Schwarzgeldamnestie ist mit 5 Milliarden c zusätzlich noch drin, aber in der SPD überhaupt nicht mehr in der Diskussion – außer, dass man es verschieben will. Das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz: Wir haben es gerettet. Wir haben aus der ganzen Sache etwas Gutes gemacht, aber die verheerende Wirkung, die konjunkturdämpfende Wirkung hat doch allein schon die Ankündigung und die monatelang dauernde unsägliche Diskussion von Eichel und Co. mit sich gebracht. Erst durch unser Einschreiten und die vernünftige Lösung in dieser Frage ist wieder Ruhe an der Stabilitätsfront eingetreten.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Auf jeden Fall gehen die Einnahmen weiter zurück, und Sie haben größere Probleme!)

Noch im November 2002 wurde unterstellt, dass die Wirtschaft um 1,5 % wächst. Jetzt sind wir bei 0,75 % Wachstum,eine sehr optimistische Schätzung der Bundesregierung.Auch das zeige ich Ihnen von heute:

Die deutsche Industrie erleidet weiteren Rückschlag;Auftragseingang bricht im März ein; Ökonomen sprechen von katastrophalen Zahlen.

So viel zum 0,75-%-Wirtschaftswachstum. Grüne Haushälter fordern eine finanzpolitische Vollbremsung im Haushaltssanierungsgesetz. Eichel am nächsten Tag: Eichel lehnt Haushaltssicherungsgesetz ab. – Eichel sagt noch nicht einmal etwas zur Frage Nachtragshaushalt,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was sagen Sie denn zu dieser Frage?)

obwohl jeder weiß, dass bei diesen Zahlen, die sozusagen schon amtlich bestätigt sind,die Situation völlig anders ist. Meine Damen und Herren, das ist Realsatire auf dem Rücken der Bürger im Frühjahr 2003 in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Und da kommen Sie mit solchen Anträgen und denselben Reden, die Sie schon falsch und erfolglos vor der Landtagswahl gehalten haben.Wenn Sie von den GRÜNEN in der Begründung Ihres Antrags jetzt ausführen, dass die Einnahmeerwartungen deutlich zu hoch veranschlagt wurden, haben Sie Gott sei Dank nicht Recht. Die SPD hat gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt seien im Vollzug

Deckungslücken entstanden, und begründen das mit dem Haushalt.

Meine Damen und Herren, wir haben im ersten Quartal 2003 insgesamt 641,9 Millionen c mehr Steuerreinnahmen nach LFA als im ersten Quartal 2002.Dies ist ein Plus von 28,3 %. Geplant waren für den Zeitraum 7,7 %, sodass Sie sehen, dass wir drastisch bessere Steuereinnahmen hatten, übrigens im Bund minus 2,9 % und in den übrigen Ländern minus 2,1 %.

Bayern hat z. B. ein Minus von 357,8 Millionen c in dem vergleichbaren Zeitraum, während wir 641,9 Millionen c plus hatten. Nordrhein-Westfalen ist jetzt noch einmal bei minus 8,4 % für das erste Quartal.

Ganz klar ist, da müssen wir den Länderfinanzausgleich sorgfältig beobachten, soweit das überhaupt möglich ist, weil das nur quartalsweise geht, und die Auswirkungen auf die guten Einnahmen des Landes Hessen insoweit beachten. Hier sind durch unsere Steuerstärke erhebliche Risiken, aber nicht dadurch, dass wir falsch etatisiert haben, sondern dadurch, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland insgesamt und in den anderen Bundesländern deutlich schlechter als in Hessen ist. Wir haben darum über das System möglicherweise in den nächsten Monaten Ausgleichszahlungen zu leisten. Wir werden sehen, ob sich der Trend bei uns fortsetzen wird.

Nachdem die Erstattungen bei der Körperschaftsteuer etwas abgeklungen sind und auf unseren Vorschlag hin ein Moratorium hinsichtlich der Ausschüttung bei der Einkommensteuer beschlossen wurde,kommt unsere relative Finanzkraft wieder zum Tragen. Im ersten Quartal ist Hessen mit 131 % gegenüber dem Durchschnitt einsamer Spitzenreiter in Deutschland. Bayern und Baden-Württemberg weisen 110 % auf. Nordrhein-Westfalen ist jetzt gerade einmal bei 100 % angelangt, obwohl sie eigentlich zuvor immer deutlich höher lagen. Das beweist im Übrigen auch, dass die Angriffe des Abg. Kahl nicht zutreffen, die Herr Kollege Schmitt eben noch einmal erneuert hat und die besagen, Hessen falle im Konzert der Länder der Bundesrepublik Deutschland ab.

(Reinhard Kahl (SPD): Das war doch so!)

Vor der Wahl war eines Ihrer Argumente, unter dieser Landesregierung gehe die relative Steuerkraft Hessens zurück, deswegen stehe Hessen so schlecht da. Mit 131 % liegen wir jetzt wieder einsam an der Spitze. Deshalb ist dieses damals vorgebrachte Argument ziemlich untauglich.