Protocol of the Session on September 15, 2004

Mit dem Stabilitätspakt – Herr von Hunnius hat ja schon einige der Verordnungen zitiert – sollte die Einhaltung der Defizitkriterien dauerhaft sichergestellt werden. Den Menschen in Deutschland wurde die Einführung eines zentralen Instruments versprochen, das sicherstellt, dass alle anderen Kriterien, die die Wirtschaft beeinflussen, ebenfalls eingehalten werden. Wir müssen dorthin zurückkehren.

Herr von Hunnius hat bereits darauf hingewiesen, was Edgar Meister vom Vorstand der Deutschen Bundesbank gesagt hat. Die Bundesbank, aber eigentlich auch alle Wirtschaftsökonomen sind sich einig,dass wir zu dem Stabilitätspakt stehen müssen. Wenn die Latte einmal gerissen wird, dann mag das ein Problem sein, das man beherrschen kann. Aber man muss Konsequenzen daraus ziehen. Diese Konsequenzen sind in den letzten Monaten an keiner Stelle gezogen worden.

Interessant war übrigens auch, was Jean-Claude Juncker dazu gesagt hat. Die „Wirtschaftswoche“ wird ja an uns alle verteilt. Sie haben es vielleicht gelesen. Jean-Claude Juncker hat gesagt: „Na gut, aber wenn du nächstes Jahr wieder nicht lieferst, Hans, dann bist du fällig.“ Das sagte Jean-Claude Juncker zu Hans Eichel und zu dessen Äußerungen zum Stabilitätspakt. Das ist die übereinstimmende Meinung in der Europäischen Union. Man kann einmal, in einem einzigen Jahr, bei den Kriterien eine etwas lockerere Haltung zeigen, aber es muss das klare Ziel sein, dass die Kriterien wieder eingehalten werden. Niemals darf es zu einer Aufweichung des Stabilitätspakts kommen. Das ist keine Frage, und dazu stehen wir ganz fest.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vor allem Hessen! – Gegenruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): 0,92 %, Euer Ehren!)

Gut, dass Sie das Stichwort liefern. Ich habe die Liste mitgebracht. Wir reden davon, dass Deutschland inzwischen bei einem Defizit von 4 % im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt angelangt ist. Die Bundesländer liegen im Schnitt bei einem Defizit von knapp unter 3 %.Hessen hat ein Defizit von ungefähr 0,9 %. Das ist unser Beitrag zum Stabilitätspakt. Gut, dass Sie den Zwischenruf gemacht haben. Dann können wir hier nämlich erklären, dass Hessen mit dieser Landesregierung, mit diesem Ministerpräsidenten und mit diesem Finanzminister seinen Beitrag dazu leistet, dass der Stabilitätspakt eingehalten wird.

(Beifall bei der CDU)

Ich könnte Ihnen jetzt noch die Defizitquoten anderer Bundesländer nennen. Herr Walter, vielleicht weisen Sie bei der Pressekonferenz, die Sie in Kürze, wahrscheinlich zusammen mit Herrn Schmitt, geben, darauf hin, dass Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr bei der Nettoneuverschuldung die Grenze von 6 Milliarden c übersteigen wird. 6 Milliarden c sind rund 12 Milliarden DM. Wenn Sie davon reden, dass Länder wie Hessen immer an der Spitze sein müssen, dann sage ich Ihnen: Es gibt ein paar Bundesländer, die ein bisschen besser sind als die ande

ren. Im Vergleich zu den von Kollegen Ihrer Fraktion regierten Ländern sind CDU- und CSU-regierte Länder an der Spitze: Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Hessen. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass in diesen Ländern die richtige Politik gemacht wird und in anderen Bundesländern nicht.

Ich fasse zusammen.Wir haben es in Deutschland im Moment mit einer Bundesregierung zu tun, die sich damit abgefunden hat, dass sie trotz hoher Verschuldung kein Wirtschaftswachstum mehr erreichen wird, die sich damit abgefunden hat, die Stabilitätskriterien zu brechen. Das können wir nicht durchgehen lassen. Das Versprechen von Helmut Kohl an die Menschen in Deutschland muss gehalten und darf von Eichel und Schröder nicht gebrochen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Milde. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Norbert Schmitt, SPDFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Milde, es lohnt sich, mit Ihnen zu streiten. Da Sie das Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank Meister zitiert haben:Er hat gesagt – darum ging der Streit –, dass der Stabilitätspakt zulasten der Bürger verändert werde. Wir haben in Deutschland seit den Zeiten der Großen Koalition das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz, das vier Ziele und eben nicht nur die Stabilität der Währung festschreibt. Um genau diese Auseinandersetzung geht es. Herr Milde, wir müssen feststellen, dass es bei der Stabilität der Währung um ein Ziel und nicht um einen Prozentsatz geht, den man wie eine Monstranz vor sich hertragen sollte.

Das sagt Prodi doch auch: Es geht darum, die ökonomische Logik des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einzuhalten.

(Zurufe von der CDU)

Wir können feststellen: Der Euro ist stabil. Wir müssen aber auch feststellen, dass wir – bedingt durch die Weltkonjunktur – in Europa seit einiger Zeit nicht die Wachstumsraten haben, die wir haben müssten, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Ziele des Stabilitätsgesetzes in Deutschland sind die Herstellung von Vollbeschäftigung und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Streit.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das ist überhaupt kein Streit!)

Weil Sie über die Hessische Landesregierung gesprochen haben, will ich Ihnen nochmals sagen, welche Steigerungsraten bei den Ausgaben Sie in den letzten Jahren hatten. Die Finanzminister von Bund und Ländern hatten die Rate von 1 % vereinbart. Sie haben die Gesamtausgaben in Hessen im Jahr 2001 um 3,2 % gesteigert, im Jahr 2002 um 1,2 % – da sind Sie fast hingekommen – und dann kurz vor der Landtagswahl, zusammen mit den Freunden

von der FDP, um 2,9 %. Meine Damen und Herren, und was hören wir heute? Der Haushalt für das Jahr 2005 soll nach Länderfinanzausgleich eine Steigerungsrate von 1,7 % haben. Das ist ein klarer Verstoß gegen die BundLänder-Vereinbarung, nach der die Haushalte nur um 1 % wachsen sollen.

Herr Kollege, die zwei Minuten sind vorbei.

Sie stellen sich hierhin und behaupten, Hessen sei ein Musterknabe.Wissen Sie, was? Hessen ist nur ein Musterknabe in Ausreden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Roland von Hunnius (FDP) gibt einen Meldezettel für eine Kurzintervention ab.)

Als nächster Redner hat der Abg.Wagner, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, das Wort.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Stopp! Er kann doch erwidern! Kurzintervention!)

Herr Kollege Jung, der Herr von Hunnius hat gesagt: Im Anschluss an den nächsten Redner. Insofern ist das in Ordnung. – Seine Kurzintervention habe ich noch nicht gesehen, da gibts auch keinen Meldezettel.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Er erwidert doch! Er darf doch erwidern!)

Im Prinzip ja.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Hier muss ich erwidern! Ich reiche den Zettel gleich noch rein!)

Herr Kollege Milde.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das geht natürlich nicht, was der Kollege Schmitt hier macht.Wir kommen vom Thema ab, und das war das Ziel – dass Sie vom Stabilitätspakt ablenken.

Ich habe bereits erwähnt, entscheidend ist, Sie ziehen Konsequenzen daraus: dass die Maßnahmen, die ergriffen werden, zu Wirtschaftswachstum führen. Übrigens ist das auch der Grund der Kriterien – sie sollen Wirtschaftswachstum sicherstellen. Was hier aber getan wird, das führt nicht zu dem Erfolg, dass die Kriterien das nächste Mal erreicht werden, sondern das führt zu noch mehr Arbeitslosigkeit und zu noch höherer Verschuldung in Deutschland.

Zu der Mär von den Ausgaben in Hessen möchte ich Folgendes erwidern.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Der Finanzminister hat es in seiner Pressekonferenz gestern eindeutig gesagt: Sie wissen ganz genau, dass wir die „Operation sichere Zukunft“ mit einem Nettoeinsparvolumen von 600 bis 650 Millionen c pro Jahr so erfolgreich durchgeführt haben,

(Zurufe von der SPD)

dass wir in diesem Jahr genau diesen Betrag weniger an Defizit haben als im vergangenen Jahr. Das ist ein klarer Erfolg unserer Ausgabenpolitik.

Wir haben ausschließlich ein Problem bei den Steuereinnahmen,auch wieder im nächsten Jahr.Das ist hier einmal festzuhalten.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Ausgabensteigerung, die wir im Personalbereich haben, ist der Personalpolitik der Siebziger- und Achtzigerjahre geschuldet, deren Versorgungslasten wir heute noch zu tragen haben. Das hat nichts mit der Politik dieser Landesregierung zu tun.Mit der „Operation sichere Zukunft“ sorgen wir in der Konsequenz dafür, dass wir in Zukunft auf dem richtigen Weg sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Als nächster Redner hat jetzt der Abg. Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Milde, ich war über Ihre Ausführungen schon überrascht – mit welcher Verve Sie hier die Maastricht-Kriterien hochgehalten haben und mit welcher Ignoranz Sie das Kriterium beachten, um das es uns hier im Hessischen Landtag geht, nämlich schlechthin die Verfassung des Landes Hessen. Darüber haben Sie gar nichts gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das in der Verfassung festgelegte Kriterium wird mit dem Haushalt 2005 zum vierten Mal in Folge gebrochen.Wenn Sie sich also als Retter von Kriterien hier aufspielen müssen oder wollen, dann sollten Sie eine gewisse Redlichkeit haben und auch die Kriterien anerkennen, die wir uns in Hessen als Regeln gegeben haben – bevor Sie anfangen, über den Bund oder über Brüssel zu reden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Lieber Kollege von Hunnius, ich war aber auch erstaunt – nicht über Ihre Anträge, die haben wir schon eine Weile im parlamentarischen Verfahren, aber über Ihren Umgang mit diesen Anträgen. Die sind jetzt schon ein paar Tage alt. Der eine datiert vom 15. Juni,

(Zuruf des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

der andere vom 13. Juli. Dagegen ist nichts zu sagen. Wir hatten inzwischen die Sommerpause. Aber es hat sich inhaltlich einiges getan. Das findet sich in Ihren Anträgen nicht wieder. Im Gegenteil haben Sie Ihre Anträge sogar noch zum Setzpunkt erhoben.

Ihr erster Satz, als Sie an dieses Rednerpult getreten sind, war, dass Teile des Antrags erledigt sind. Das ist ein merkwürdiges Verständnis von einem Setzpunkt – wenn ein Thema erledigt ist, dass man es dann noch so hoch hält. Lieber Herr Kollege von Hunnius, das habe ich nicht so ganz verstanden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)