Wir haben zwei Fälle im Haushaltsausschuss angenommen. In beiden Fällen ist ein Verkauf schwierig, sowohl bei der Messe als auch bei der Nassauischen Heimstätte. Aber es ist in beiden Fällen machbar, wenn man sich anstrengt. Bei der Nassauischen Heimstätte ist es zugegebenermaßen leichter als bei der Messe, aber ich denke, beim Beispiel Messe wird ein Gespräch zwischen Parteifreunden aus Frankfurt und Wiesbaden sicherlich dazu beitragen können, die Machbarkeit zu beschleunigen.
In einem anderen Punkt hat der Kollege Milde gegen ein Phantom argumentiert. Wir haben nicht vorgeschlagen, Fraport-Anteile zu verkaufen. Die Argumentation, dass man das nicht tun dürfe,ist zutreffend,aber sie geht an der Sache vorbei, denn das haben wir nicht beantragt. Wir überlegen uns schon sehr genau, was wir vorschlagen und was wir nicht vorschlagen.
Ich kann auch nicht akzeptieren, wenn der Finanzminister und der Ministerpräsident sich hierhin stellen und sagen: Jetzt haben wir gespart. Das war das Höchste, was wir machen konnten. Mehr geht nicht. Wir können nur noch mehr Schulden machen.– Dazu kann ich nur sagen:„Geht nicht“ gibts nicht, meine Damen und Herren.
Hier müssen Wege gefunden werden. Es gibt auch noch Möglichkeiten, in der Verwaltung einzusparen. Da können Sie sicher sein. Es gibt kein Unternehmen der Welt, das nichts mehr einsparen könnte, und es gibt keine Verwaltung der Welt, schon gar nicht die hessische Landesverwaltung, wo nicht mehr gespart werden könnte, wenn man es intelligent macht. Das setzt allerdings voraus, dass man an die Strukturen geht. Sparen wie bisher, indem man einfach nur streicht und alles andere lässt, wie es ist, stößt sehr schnell an seine Grenzen und führt dazu,dass in der Folge die Aufgaben noch da sind, die Menschen aber nicht mehr,und dass die Menschen wieder eingestellt werden müssen. Das ist keine sinnvolle Form des Sparens.
Sehen wir uns noch einmal die Eckdaten an, die sich aus dem Haushalt ergeben. Ich bitte um Vergebung, dass vielleicht nicht der letzte Sachstand prozentual eingegangen ist. Auch Haushaltspolitiker müssen manchmal kurz schlafen gehen.Von der Größenordnung her stimmen die Zahlen noch. Es mag sich aber einiges durch die Anträge geändert haben.
Die Gesamtausgaben sinken um 0,2 %.Wenn mir jemand sagt, eine Senkung um 0,2 % sei das Maximum dessen, was in Hessen überhaupt möglich sei, dann hat der ganz einfach Unrecht. Da müssen wir noch einmal drangehen. Das verlange ich spätestens für das nächste Jahr.
Auch wenn Uni-Präsidenten unter dem Druck der Verhältnisse und unter dem Zwang, noch Schlimmeres zu vermeiden, letztlich genickt haben: Er ist gebrochen worden und existiert nicht mehr. Ein Kernstück hessischer Wissenschaftspolitik ist damit nicht mehr vorhanden.
Es werden Studiengebühren eingeführt, ohne Sinn und ohne Verstand.Wir haben ein Alternativmodell vorgelegt. Das ist nicht akzeptiert worden.Wir wollten mittels Haushaltsanträgen Bildungsgutscheine etablieren.Das ist nicht akzeptiert worden.Sie berauschen sich an Einnahmen aus Studiengebühren, die rein fiktiv sind, weil die Zahl der Studenten nicht stimmen wird, weil die Gebühren nicht hereinkommen werden, weil es Ausnahmetatbestände gibt und weil wir eine Bürokratie aufbauen, deren Aufwand gar nicht einkalkuliert worden ist.
Außerdem haben wir über einen Antrag der CDU-Fraktion einen weiteren Ausnahmetatbestand eingeführt. Wir sympathisieren mit diesem Antrag, aber er führt dazu, dass die Zahl der Studenten, die wirklich zahlen werden, noch viel kleiner wird. Auch von daher gesehen ist der Haushaltsansatz einfach nicht richtig.
Bleiben wir bei den Eckdaten und bei den Grundsatzfeststellungen über den Landeshaushalt. Das Land entlastet sich, aber es entlastet sich zulasten der Kommunen und vor allem der freien Träger. Diese Methode ist weder fair noch sachgerecht.
Ich will dahingestellt lassen, ob der Begriff Konnexität für diesen Fall zutrifft oder nicht. Darüber hat uns der Rechnungshof Auskunft erteilt. Fair ist es in jedem Fall nicht, denn die Folge ist – ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich den Kreis Bergstraße nehme –, dass wir nicht vertreten können, dass all das, was gestrichen wird, nicht mehr stattfindet. In einer Reihe von Fällen sind die Kreise gezwungen, für die Aufgaben des Landes einzutreten. Die Kreise übernehmen in gewisser Weise Ausfallbürgschaften für das Land,und wenn man sich ansieht,wie es um die Kreisfinanzen steht, dann weiß man, dass dieses gar nicht sein kann.Von Fairness kann also keine Rede sein.
Ich greife den Komplex Bildung auf. Bildung war eines der Kernstücke der liberal-konservativen Politik in den letzten vier Jahren. Wir waren stolz darauf, dass Lehrer eingestellt worden sind, wir waren stolz darauf, dass uns andere Bundesländer vorwarfen, dass wir angeblich Lehrer abgeworben haben, weil unsere hessischen Kinder die beste Unterrichtsversorgung bekommen sollten. Jetzt wird gerade bei der Bildung mit der Methode der Mathematik eine Politik betrieben, die zu einer schlechteren Versorgung der Kinder führt und die keinen Einstellungskorridor vernünftigen Ausmaßes mehr gewährleistet. Das kann nicht sein.Auch hier haben wir einen Alternativvorschlag vorgelegt. Er müsste nur akzeptiert werden.
Man kann über die Sinnhaftigkeit von Kürzungen lange sprechen. Man kann darüber sprechen, ob es sinnvoll ist, Konsumausgaben zu kürzen.Man kann darüber sprechen, ob es sinnvoll ist, bei den freiwilligen Ausgaben anzuset
zen, ob man im Verwaltungsbereich oder bei den sächlichen Ausgaben etwas tun sollte. Über eines sollte hier aber wirklich Einigkeit bestehen: dass es überhaupt keinen Sinn macht, bei den Investitionen zu kürzen. Genau das macht die Landesregierung, wenn sie beim Hoch- und Tiefbau kürzt. 60 Millionen c sind 60 Millionen c. Rechnen Sie den Beschäftigungseffekt dieser Summe dazu. Diese Kürzung ist nicht akzeptabel.
Sie wissen, dass wir im Bereich des Straßenbaus stolz darauf waren, dass wir den von Rot-Grün heruntergefahrenen Etat aufgestockt haben. Das alles wird jetzt durch die Politik der Landesregierung wieder zunichte gemacht.
Dieser Haushalt ist leider noch nicht einmal für das Jahr 2004 richtig. Das Bedauerliche ist, dass er keine langfristigen Perspektiven aufzeigt – deshalb nicht aufzeigt, weil die Landesregierung gar nicht sieht, dass ein langfristiges strukturelles Problem vorhanden ist,das strukturell gelöst werden muss.
Wenn ich mir die Kabinettsvorlage zur Organisation der Personalvermittlungsstelle ansehe – ich werde nachher noch daraus zitieren –, lese ich darin, man sei dazu gezwungen, dies alles zu machen, weil die Bundesregierung schlechte Politik treibe. Das ist ein Teil der Wahrheit, unbestritten, aber nicht die alleinige Wahrheit. Es stimmt doch, was wir seit Wochen immer wieder von diesem Pult aus sagen, dass alle Fraktionen des Hessischen Landtags über Jahrzehnte dazu beigetragen haben, das Ausgabenniveau so zu steigern, wie es ist, und da, wo es nicht mehr durch reguläre Einnahmen finanziert werden konnte, in die Schulden hineinzugehen. Wenn wir dies nicht akzeptieren, können wir auch die Lösung nicht akzeptieren.
Das heißt, jeder, der sagt, durch die Einsparmaßnahmen im Jahre 2004 sei das Problem gelöst, lügt entweder, oder er verschweigt oder verkennt das Problem.
Ich hoffe im Sinne der Landesregierung und der CDUFraktion, dass die zweite Variante die richtige ist.
Ich sage es noch einmal: Wir können die Probleme nicht lösen, indem wir Kopfzahlen streichen, sondern wir können die Probleme nur lösen, indem wir an die Aufgabenkritik herangehen und hinterfragen: Was muss der Staat tun, was braucht er nicht mehr zu tun? Wenn er etwas nicht tut, wie kann es dann organisiert werden, welche Kosten fallen dort an, und wie kann ich das bewerkstelligen? Das muss gefragt werden.Wenn das nicht passiert,ist alles andere halbherzig und, wenn überhaupt, nur von kurzfristiger Wirkung.
Resultat von alledem ist ein Haushalt für das Jahr 2004, der mit großen Einschnitten verbunden ist, dessen Dramaturgie von der Vorbereitung über die Einbringung bis zur dritten Lesung von der Landesregierung gut geplant war, der aber leider das Ziel bei weitem verfehlt. Wir haben eine unvertretbar hohe Neuverschuldung und werden, da für 2005 noch überhaupt nichts an Perspektiven da ist, 2005 wiederum die Verfassungsgrenze weit überschreiten. Das ist jetzt schon abzusehen.
Denn auch der Finanzplan ist ohne Perspektive.Herr Kollege Milde, Sie sagen: Wir wollen die Neuverschuldung
senken, vielleicht sogar einmal erreichen, dass wir netto tilgen. – Prima, da sind wir voll auf Ihrer Seite. Nur, im Finanzplan bis 2007 zeigt sich das nicht. Bis 2007 gehen die Schulden auf die Hälfte herunter,und das wars.Dazu sage ich noch einmal: Wer sich nicht einmal vornimmt, die Neuverschuldung auf null zu senken, der wird es auch nicht erreichen.
Was sind die Alternativen von SPD und GRÜNEN? SPD und GRÜNE verfahren nach dem Motto „Mehr Geld für alle“. Das ist sympathisch für alle, weil sich alle freuen können; aber alle haben darunter zu leiden, weil sie anschließend Belastungen tragen. Ich meine, die Zeit dieser Versprechungen sei nun endgültig vorbei.
Dann gibt es eine Reihe von Anträgen, die wir mittragen, denen wir zugestimmt haben oder bei denen wir uns enthalten haben, weil wir sie vielleicht in der Tendenz mittragen, aber nicht in allen Einzelheiten; und es gibt ganz grausame Dinge. Es gibt z. B. die faktische Beendigung der neuen Verwaltungssteuerung. Denn wer SAP so einschneiden will, wie es die SPD beantragt, der muss sagen, dass die NVS faktisch am Ende ist. Das wollen wir ausdrücklich nicht.
Wir bekennen uns dazu, dass wir das Gutachten des Rechnungshofs abwarten und dann Vorschläge machen werden.Aber wir wollen Vorschläge, um es besser zu machen, nicht um die NVS zu beenden.
Dann beobachte ich mit großem Vergnügen, dass da, wo Einnahmen fehlen, Einnahmen erfunden werden. Einer der Anträge der GRÜNEN heute sagt es wieder. Hier wird fiktives Geld gebildet, indem die Wachstumsschätzung heraufgesetzt wird,und dieses fiktive Geld wird ganz real verplant und ausgegeben. – So einfach kann man sich die Sache nicht machen.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Kollege Kaufmann, sollte das Wirtschaftswachstum in der Tat höher als 1 % ausfallen, dann freuen wir uns darüber ebenso sehr wie Sie.Aber anders als Sie wollen wir dieses Geld nicht vervespern, sondern meinen, dafür gibt es nur eine einzige Verwendung, nämlich die Nettoneuverschuldung zu senken. Das ist die einzige Möglichkeit.
(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sozialen Strukturen zu retten ist keine Vervesperung!)
Bei der Gelegenheit will ich noch eines zur Verschuldungsgrenze sagen. Ich höre die verschiedenen Verschuldungsgrenzen für meinen Geschmack ein bisschen zu oft aus dem Munde des Finanzministers und des finanzpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion. Ich will für uns noch einmal feststellen: Ich finde es gut, dass die Kreditaufnahmegrenze in Hessen restriktiv festgelegt ist.