Protocol of the Session on April 23, 2003

(Volker Hoff (CDU), an die SPD gewandt:Wer war denn das? Erklärt das einmal!)

Was die Erklärung des Bundeskanzlers am 14. März betrifft: Herr Gabriel hat zu Recht formuliert, dass sie ein erster Schritt sei. Es müssen noch wesentlich mehr Veränderungen herbeigeführt werden. Deshalb ist die hessische SPD auf dem falschen Weg. Wir brauchen keine weiteren Belastungen der Menschen in Deutschland, sondern wir brauchen Entlastungen und Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Das ist der richtige Weg, den wir beschreiten sollten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Wal- ter (SPD))

Herr Walter, wir wissen doch durch die Prognosen, dass wir auf eine Zahl von 5 Millionen Arbeitslosen zusteuern. Das ist die unsozialste Politik in Deutschland. Das kann im Grunde genommen niemanden von uns ruhig lassen. Deshalb ist der Weg richtig, den beispielsweise der Ministerpräsident gegangen ist, indem er im Vermittlungsausschuss gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten vereinbart hat, dass die von Ihnen geplanten über 40 Steuererhöhungen vom Tisch kommen, dass es eine Korrektur an der Körperschaftsteuer gibt, dass wir aber keine weiteren Belastungen bei der Eigenheimzulage, bei der Dienstwagenbesteuerung und in der Landwirtschaft erlassen – also Belastungen in Höhe von über 17 Milliarden Ä. Deshalb sind wir unserem Ministerpräsidenten dankbar, dass er diesen Kompromiss im Bundesrat erreichen konnte.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, wir wollen den Ministerpräsidenten dabei unterstützen, diesen Weg fortzusetzen, auch wenn es z. B. um konkrete Maßnahmen – selbst um Kürzungen – bei den Subventionen geht.Wir müssen nämlich auch in diesem Bereich endlich einmal einen Schritt nach vorne machen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? Ich habe immer gedacht, Subventionsabbau ist Steuererhöhung!)

Wir brauchen Veränderungen. Wer Verbesserungen herbeiführen will, muss diesen Weg gehen.Wir werden in der Bundespolitik unseren Beitrag dazu leisten.

Aber wenn wir von Rahmenbedingungen sprechen – lassen Sie mich diesen letzten Gedanken dazu äußern –, bedeutet das, dass wir selbstverständlich auch Impulse und Anreize für die Arbeit in Deutschland brauchen. Hierzu haben wir im Bundesrat Initiativen eingebracht. Diese sind von Ihnen bisher blockiert worden.

Ich kann nur sagen: Hören Sie auf, derartige Maßnahmen zu blockieren. Geben Sie uns die Chance, in Hessen das umzusetzen, was die Sozialministerin entsprechend begründet hat, nämlich die Möglichkeit, durch das Zusammenlegen von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe mithilfe einer Experimentierklausel zu zeigen, dass man hier mehr Arbeitsplätze schaffen kann. Keine Leistung ohne Gegenleistung – dieses Grundprinzip muss auch im System der Sozialhilfe wieder gelten.

(Beifall bei der CDU)

Ich füge auch hinzu: Wer noch Rahmenbedingungen zulässt, die dazu führen, dass in Deutschland das Nichtarbeiten lohnender ist als das Arbeiten, geht einen falschen Weg.Wir brauchen Veränderungen und mehr Anreize zur Aufnahme von Arbeit, damit wir keinen Weg gehen, der zu 5 Millionen Arbeitslosen führt. Vielmehr müssen wir einen Weg gehen, der dazu führt, dass die Menschen wieder in Lohn und Brot kommen. Hierzu bedarf es einer Veränderung der Bundespolitik.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir zu Arbeitsplätzen in Hessen Ja sagen, gehört dazu selbstverständlich auch, dass wir zu Verkehrsinfrastrukturentwicklungen, wie wir sie im Regierungsprogramm formuliert haben, Ja sagen.

Von den Ost-West-Verbindungen, beispielsweise der A 44, der A 49, über andere Verbindungsbereiche bis zu der Tatsache, dass heute der Stau, der zwischen Wiesbaden und Frankfurt immer wieder stattfindet, der noch durch Rot-Grün begründet ist, weil damals der Ausbau auf dreistufig nicht umgesetzt worden ist – das nehmen wir jetzt in Angriff. Das hat auch etwas damit zu tun, Staus zu beseitigen und nicht ideologische Politik, wie es damals RotGrün hier gemacht hat, weiter fortzusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Walter, weil Sie etwas zum Flughafen gesagt haben, will ich hier nur eines unterstreichen. Wir haben vor, dass wir in dieser Legislaturperiode die Planung realisieren, dass auf der neuen Bahn Landungen stattfinden können.

Es wird mir zu wenig darüber gesprochen, dass beispielsweise auch in der Mediation formuliert worden ist,dies sei eine Chance für 100.000 bis 150.000 Arbeitsplätze in Hessen. Ich nehme die untere Zahl der Mediation. Ich frage: Welche Regierung, welche Großunternehmung hat die Chance, über die Frage von 100.000 Arbeitsplätzen in der Zukunft eine positive Entscheidung zu treffen?

Deshalb kann ich nur sagen:Wer heute wie die GRÜNEN immer noch Nein zum Flughafen sagt,der ist völlig im Abseits, der schadet der Arbeitsplatzentwicklung in unserem Land. Deshalb wollen wir gemeinsam diesen Weg gehen, den Frankfurter Flughafen weiter auszubauen, den Lärmschutz, das Nachtflugverbot auf der Grundlage der Mediation einzuführen, um so eine positive Entwicklung in unserem Lande auch im Bereich der Arbeitsplätze zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie glauben noch an den Osterhasen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir im Grundsatz ein paar Themen im Bundesverkehrswegeplan begrüßt haben, dann will ich nur sagen: Für uns gehört auch die nordhessische Region dazu. Für uns gehört auch der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden dazu.

Ich halte es für einen falschen Schritt, wenn jetzt die Bundesregierung im Bundesverkehrswegeplan gerade einmal die Ortsumgehung Calden aus ihre Planung herausnimmt. Dies ist nicht ein vernünftiges Signal für die nordhessische Region, für die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von entsprechendem Lärm.

Wir brauchen in Zukunft erstens den Flughafen KasselCalden, aber zweitens auch die Ortsumgehung. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese entsprechend einzubeziehen, weil es sonst das falsche Signal für die nordhessische Region ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren,bei den Arbeitsplätzen gilt unser Hauptaugenmerk dem Bereich, der zurzeit aus meiner Sicht den größten Einbruch erleidet,wenn wir über 40.000 Insolvenzen sprechen, die in Deutschland zu verzeichnen sind. Der Mittelstand ist der Bereich, der zu 70 % die Arbeitsplätze und zu 80 % die Ausbildungsplätze schafft. Er ist zurzeit durch Rahmenbedingungen, die anders gesetzt worden sind, in einer mehr als schwierigen Situation.

Wir wollen dort zusätzlich helfen, auch durch Absicherung mit Krediten und Bürgschaften, auch durch Existenzgründungsmaßnahmen, weil wir im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, aber auch im Hinblick auf die Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze in unserem Lande einen gesunden Mittelstand brauchen. Deshalb wollen wir diesen auch fördern, um in dieser Richtung weiterzukommen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich stichpunktartig noch zu einem Themenbereich Stellung nehmen, der schon vom Ministerpräsidenten angesprochen worden ist, der ein Schwerpunkt unserer Arbeit und in der Bildungspolitik zu sehen ist. Bildung und gute Bildung sind Grundlage für eine gute Arbeit in der Zukunft. Ich glaube, der Satz des französischen Schriftstellers Saint-Exupéry, der einmal formuliert hat: „Die Zukunft eines Landes beginnt nicht in den Fabrikhallen, sondern in den Klassenzimmern“, ist richtiger denn je in unserer heutigen Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um in der Bildungspolitik in Hessen nach vorne zu kommen, um sozusagen „ausgebildet in Hessen“ zum Markenzeichen zu machen.

Zu dem, was wir mit der Unterrichtsgarantie erreicht haben – 100.000 Unterrichtsstunden sind bei Ihnen ausgefallen; fast 3.000 Lehrer haben wir eingestellt –, sagen wir jetzt: noch zusätzlich 500 Lehrerinnen und Lehrer, die wir einstellen wollen, um hier einen weiteren Akzent zu setzen im Rahmen der Unterrichtsgarantie plus – wenn also Ausfälle durch Krankheit entstehen, im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit, wenn es um die vernünftige Verkürzung der Schulzeit bis zum Hessenabitur auf zwölf Jahre geht.

Herr Kollege Walter, über Qualitätsgarantie haben Sie kein Wort verloren. Sie haben wieder alte Diskussionen über unsere Schulformen begonnen. Ich hatte gehofft, dass wir aus dieser, aus meiner Sicht falschen, teilweise sehr ideologisch geführten Diskussion mittlerweile herausgekommen sind.

Wenn ich über Qualitätsförderung spreche, dann gehört an erster Stelle dazu, alle Anstrengungen zu unterneh

men, dass die Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise in die Grundschule gehen, die deutsche Sprache sprechen und verstehen können. Deshalb sind die Anstrengungen vorher, die entsprechenden Förderkurse einzurichten.

Das sind mittlerweile, wenn ich es richtig sehe, über 580 Förderkurse, die wir in Hessen eingerichtet haben. Sie sind notwendig, um Qualität in der Schule zu erreichen, damit die Kinder, die in die Schule gehen, auch die deutsche Sprache beherrschen, verstehen, schreiben und lesen können. Das ist die Grundvoraussetzung für die qualitative Entwicklung in unserem schulischen Bereich.

Meine Damen und Herren, das lässt sich im Hinblick auf die Einführung der Standards fortsetzen, im Hinblick auf die Frage der Verbindung von Kindergarten und Schule. Ich denke, es gehört dazu, dass die Frage der Lehrerbildung auch ein wichtiger Bereich ist, der in Zukunft weiter fortentwickelt werden muss.

Wir haben zu Recht deutlich gemacht, dass der Satz, den der Bundeskanzler einmal formuliert hat – „die Lehrer sind faule Säcke“ –, auf unseren schärfsten Widerstand stößt.Wir brauchen gut motivierte Lehrerinnen und Lehrer, die die Unterstützung der politisch Verantwortlichen erfahren, weil sie eine wichtige Zukunftsaufgabe wahrnehmen, nämlich die Ausbildung der jungen Generation.

Dies ist eine wichtige Zukunftsfrage. Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen so schaffen, dass wir politisch diese schwierige Arbeit positiv unterstützen und begleiten, um so zu einer positiven Motivation in unseren Schulen insgesamt zu kommen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist bezeichnend, dass Kollege Walter kein einziges Wort zur Frage der Begabtenförderung verloren hat.

(Clemens Reif (CDU): Was hat der überhaupt gesagt?)

Im Zusammenhang mit dem Wahlprogramm war es für mich bezeichnend, dass die SPD gesagt hat, sie wolle in der Frage der Begabtenförderung die Planungen, die zur Einführung der Schule am Hansenberg für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler bestehen, sofort stoppen, wenn sie an der Regierung sei.

Zum Glück haben die Wählerinnen und Wähler anders entschieden.Wenn wir über Forderung und Förderung reden, dann brauchen wir die Förderschule, dann brauchen wir die Hauptschule, dann brauchen wir die Realschule und die Gymnasien. Aber wir brauchen auch für die besonders begabten Schülerinnen und Schüler eine entsprechende Schule, die ihren Begabungen gerecht wird, um zu exzellenten Ausbildungen und Abschlüssen zu kommen. Auch das ist der richtige Weg. Diesen Weg werden wir fortsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das gilt auch für den universitären Bereich, wo wir die Autonomie der Hochschulen stärken wollen, wo wir den Wettbewerb innerhalb der Universitäten forcieren wollen, wo wir beispielsweise bei den Hochschulen den Hochtechnologiestandort Kassel fortentwickeln wollen, wo wir die Eignungsauswahl der Studierenden durch die Hochschule selbst ermöglichen wollen, um von dieser zentralen Vergabesituation wegzukommen.

(Michael Siebel (SPD):Warum machen Sie es denn nicht?)

Es ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, dass wir darüber reden, dass diejenigen, die die Regelstudienzeit um die Hälfte überschreiten, dann auch einen Obolus dafür bezahlen, weil nicht einzusehen ist, dass Steuermittel für eine derartig lange Inanspruchnahme der Studienzeit eingesetzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich von der Schul- und Bildungspolitik und vorhin von der Wertorientierung gesprochen habe, dann gilt für uns auch – ich habe gesagt, wir machen Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes –, dass beispielsweise in der Schule der Religionsunterricht Vorrang vor dem Ethikunterricht hat.Wir halten etwas davon, dass in der Schule entsprechende Wertevermittlung weiterhin erfolgt.

Ich denke, wir sollten gerade in dieser Auseinandersetzung klar und deutlich Ja zu einer solchen Entscheidung sagen. Denn ich glaube, unsere Gesellschaft würde entscheidend ärmer, wenn wir davon abließen. Dies gilt beispielsweise auch, wenn wir auf die Wertvermittlung in den Schulen im Rahmen des Religionsunterrichts verzichten würden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal Folgendes unterstreichen.Aus unserer Sicht wird das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die Gesellschaft auch in Zukunft notwendig und geboten sein. Wir wollen eine aktive Bürgergesellschaft. Deshalb haben wir den Versicherungsschutz für die Ehrenamtlichen eingeführt. Deshalb haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass im Zeugnis ausgewiesen werden kann, dass sich ein Jugendlicher ehrenamtlich engagiert hat. Das kann damit als Qualifikationsmerkmal hervorgehoben werden. Deshalb hat es unsere Bemühungen für den ehrenamtlichen Bereich gegeben, die teilweise nicht einsehbare Belastung mit den Gebühren der GEMA abzuschaffen. Bei der Feuerwehr müssen die Altlasten beseitigt werden, die RotGrün hinterlassen hat. So viel möchte ich damit zur finanziellen Verantwortung sagen. Mit weiteren 5 Millionen € werden wir in einer Kraftanstrengung diese „Erblast“ abtragen, um das Engagement in der freiwilligen Feuerwehr in unserem Land auch in Zukunft zu fördern und zu unterstützen. Das ist ehrenamtliche Tätigkeit.