Protocol of the Session on November 13, 2007

Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Erweiterung der Verkehrsbeeinflussungsanlagen mit flexiblen Geschwindigkeitsregelungen ein großer Beitrag

von mir eingefügt: zur Verkehrssicherheit –

geleistet werden kann.... Wenn der Autofahrer nachvollziehen kann, warum eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit vorgeschrieben ist, dann wird er sich auch stärker daran halten.

Das sagt Herr Kelber, er ist ein Mitglied Ihrer Partei.

(Hildegard Pfaff (SPD): Er ist für die Umsetzung des Tempolimits!)

Sie sollten erst einmal den innerparteilichen Diskussionsprozess abschließen, bevor Sie ein generelles Tempolimit fordern. Ein generelles Tempolimit für die deutschen Autobahnen ist schädlich. Wir wollen, das habe ich eben schon einmal gesagt, ein staufreies Hessen bis 2015 durch ein intelligentes Verkehrsleitsystem.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alle Ampeln auf Grün, auf allen vier Seiten!)

Wenn wir das Tempolimit auf den Autobahnen einführten, bekämen wir eine Rückverlagerung des Verkehrs von den Autobahnen auf die Bundes- bzw.Landesstraßen.Die Autobahnen zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass wir einen zügigen Verkehrsfluss haben. Autobahnen haben die Funktion,Wirtschaftsräume miteinander zu verbinden und keinen Lokalverkehr.

Tempo 130 erzielt weder unter Umweltaspekten noch im Blick auf die Verkehrssicherheit wirklich zählbare Vorteile. Stattdessen setzen wir, die CDU-Landtagsfraktion, auf Verkehrsmanagement und Telematik, um Staus und Unfälle zu vermeiden. Die SPD bremst diese Verkehrsmobilität aus.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das merkt man jeden Morgen, wie gut das funktioniert!)

Frau Ypsilanti, Ihr Verkehrsminister ist für eine andere Verkehrspolitik als ich. Er könnte jetzt unter Beweis stellen,wenn Sie das hier so raushängen,dass er die Mittel zur Verfügung stellt.Träumen Sie weiter,ich weiß ja nicht,wovon Sie nachts träumen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht von Ihnen! – Andrea Ypsilanti (SPD): Mit Sicherheit nicht von Ihnen!)

Wir halten moderne Verkehrsleitsysteme für die richtige Antwort. Wenn Staus vermieden werden, tritt auch eine CO2-Minderung in Höhe von 20 % ein. Ich habe das eben ausgeführt.

Ich bin der Meinung, dass wir neben den Verkehrsleitsystemen auch den Ausbau und – das habe ich auch gesagt – die weitere Ertüchtigung der Straßen brauchen.Wir brauchen einen sechsspurigen Ausbau der Autobahnen in gewissen Bereichen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Abschließend zu meinen Ausführungen, welches Menschenbild unsere Politik leitet: Wir gehen von einem verantwortungsvollen Mitbürger aus.Wir brauchen keine Einschränkung und keine Bevormundung.Wir wollen den mündigen Bürger weiter bei seinem Verhalten unterstützen.Wir treten für ein mobiles und flottes Hessen ein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abg. Pfaff für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lübcke, Sie haben die Erwartungen wieder einmal erfüllt: Ideologie und Wahlkampfrhetorik prägen wie immer Ihre Ausführungen.

(Beifall bei der SPD)

Richtig, Herr Kollege, die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg Tempolimit 130 für Autobahnen beschlossen.

(Beifall bei der SPD – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Endlich!)

Dieser Beschluss ist eingebettet in das Konzept „Mobilität nachhaltig gestalten“ mit dem Ziel, eine neue ökologische Ökonomie zu verwirklichen, die Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung neue Chancen bringen wird.

(Beifall bei der SPD)

Die hessische SPD steht nicht nur zum Gesamtkonzept, sondern auch zum Tempolimit. Sie erwartet von der Parteispitze und der Bundestagsfraktion die zeitnahe Vorlage einer Initiative zur Umsetzung. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Bundesvorsitzende Kurt Beck und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Peter Struck die Vorbereitungen dazu bereits eingeleitet haben.

Meine Damen und Herren, Deutschland ist das einzige Land in Europa und weltweit, bis auf Uganda und Nepal, ohne Tempolimit auf Autobahnen. Allerdings stellt sich die Frage in den beiden Ländern definitiv nicht, da es dort kein ausgebautes Autobahnnetz und nur wenige Menschen gibt, die sich überhaupt ein Auto leisten können. Das heißt, Deutschland ist in Europa und weltweit in dieser Frage isoliert.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt viele gute Gründe, die jahrelangen Diskussionen zu beenden und nun endlich auch auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit einzuführen.

Die großen Geschwindigkeitsunterschiede auf deutschen Autobahnen sind ein Hauptfaktor bei der Entstehung von Staus. Zudem ist die Unfallursache Nummer eins nachweislich die nicht angepasste Geschwindigkeit. Neben der Vermeidung von Staus, der Reduzierung von Unfällen, der Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Verbesserung des Verkehrsflusses wird ein Tempolimit einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz und zur CO2-Einsparung leisten. Ich komme im Einzelnen auf diese Punkte zurück.

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat im Rahmen der aktuellen Debatte ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gefordert. Europäische Politiker reagieren inzwischen zunehmend verstört, wenn Bundeskanzlerin Frau Merkel erklärt, mit ihr und der Union werde es kein Tempolimit geben, aber gleichzeitig auf internationalen Gipfeln immer wieder betont, der Klimaschutz stehe im Zentrum der deutschen Politik.

(Beifall bei der SPD)

Die offensichtlich erkennbare Doppelstrategie in ihren Aussagen auf nationaler und auf internationaler Bühne gefährdet inzwischen die Glaubwürdigkeit der deutschen Politik.

(Beifall bei der SPD)

Wie bei der hessischen Union stellen Klimaschutz und nachhaltige Mobilitätsgestaltung reine Lippenbekenntnisse dar.

Obwohl das Tempolimit nur bundespolitisch geregelt werden kann und die Länder keine Regelungskompetenz für eine generelle Einführung haben,will die hessische Union aus diesem Antrag einen Wahlkampfschlager machen.

Frau Kollegin, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen. – Es werden Horrorszenarien aufgebaut und der Untergang des christlichen Abendlandes vorausgesagt. Es ist die Rede von Gängelei,von Symbolpolitik und von einem Anschlag auf die Freiheit. Man hört Töne, die deutsche Kultur fiele in sich zusammen, ein Teil der deutschen Identität gehe verloren, wenn die freie Fahrt für freie Bürger entfalle.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Kollege Hahn, spricht genauso wie Herr Dr. Lübcke von der Gefährdung Tausender Arbeitsplätze. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rate allen: Unterlassen Sie Ihre Wahlkampfrhetorik, und kehren Sie zu einer sachlichen Diskussion zurück.

(Beifall bei der SPD)

Außerhalb Deutschlands stößt man mit solchen Tönen auf völliges Unverständnis, und es schadet unserem Land. Vielleicht sollte man endlich zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen in unserem Land diese Frage genauso bewerten wie die gesamte Staatengemeinschaft dieser Welt, nämlich für die Einführung eines Limits votieren.

Aktuelle Umfragen belegen, dass sich die Mehrheit der Bürger für ein Tempolimit auf Autobahnen ausspricht. Im Februar 2007 befürworteten in einer Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“ 60 % der Befragten eine Tempobeschränkung. Am 16. März 2007 sprachen sich im Politbarometer des ZDF 54 % der Befragten für ein Tempolimit 130 und weitere 10 % für ein niedrigeres Tempolimit aus. Am 17. August befürworteten in einer weiteren ForsaUmfrage im Auftrag des BUND 63 % ein Tempolimit. In den letzten Umfragen kann man allenfalls von einem Kopf-an-Kopf-Rennen reden.

Ich bin den Menschen sehr dankbar, die bereit sind, sich mit diesem Thema sachlich auseinanderzusetzen, und nicht, wie Union und FDP, ausschließlich die Argumente der Automobilindustrie und des ADAC unkritisch nachbeten.

Ich möchte jetzt auf die einzelnen Argumente eingehen. Thema Sicherheit: Laut einer Studie, die das Bundesland Brandenburg in Auftrag gegeben hat, die vor wenigen Tagen vorgestellt wurde, rettet Tempolimit 130 Menschenleben und spart Unfallkosten in Millionenhöhe.

Brandenburg hat im Jahr 2003 eine 62 km lange Strecke zwischen dem Autobahndreieck Havelland und dem Autobahndreieck Wittstock auf der A 24 Hamburg – Berlin mit Tempo 130 versehen. Seit Einführung des Limits sank auf dieser Strecke die Zahl der Unfälle um rund 50 %. Die Zahl der Verkehrstoten ging sogar um zwei Drittel zurück. Nicht nur Menschenleben können gerettet werden, sondern nach den Berechnungen dieser Studie können auch Unfallkosten in Millionenhöhe reduziert werden.

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2005 43 % aller schweren Unfälle auf Autobahnen sogenannte Geschwindigkeitsunfälle. 70 % der tödlichen Unfälle ereigneten sich auf Autobahnabschnitten, die keine Geschwindigkeitsbegrenzung haben.Meine Damen und Herren, das ist ein hoher Preis für die Ideologie „Freie Fahrt für freie Bürger“.

(Beifall bei der SPD)

Durch ein Tempolimit könnten auf Autobahnen 25 % der tödlichen Unfälle verhindert werden. Im Jahre 2005 wären somit auf deutschen Autobahnen 165 Menschen weni

ger gestorben. Das 961 km lange Autobahnennetz des Transitlandes Hessen wird im Ländervergleich weit mehr frequentiert als andere Ländernetze. Auf dem überwiegenden Teil, auf insgesamt 580 km – das sind 60,3 % unseres Netzes –, gilt: „freie Fahrt für freie Bürger“.

Demnach haben wir gerade in Hessen ein enormes Einsparungspotenzial.Auch hier könnten Menschenleben gerettet werden. Herr Kollege Lübcke, das Gesetz der Physik kann auch die hessische Union nicht außer Kraft setzen. Demnach verhindern niedrige Geschwindigkeiten Unfälle;und niedrige Aufprallgeschwindigkeiten mindern die Unfallfolgen. Jedes Unfallopfer, ob innerorts oder auf Autobahnen, ist ein Opfer zu viel. Deshalb ist es zynisch, dies gegeneinander aufzuwiegen.

Nun komme ich zu dem Thema Verkehrsfluss: Durchschnittlich vergeudet jeder Verkehrsteilnehmer in Deutschland rund 120 Stunden pro Jahr im Stau. Dabei werden pro Tag 13 Millionen l Treibstoff verheizt. Der Verkehrsexperte Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin hat nun Forschungsergebnisse vorgelegt, die belegen, dass sich der Verkehrsfluss immer dann erhöht, wenn das Verkehrstempo homogenisiert wird. Das heißt, ein Tempolimit würde nicht nur zur Unfallvermeidung führen, sondern auch zur Stauvermeidung und würde gleichzeitig die Straßenkapazitäten erhöhen.

(Beifall bei der SPD)