Protocol of the Session on July 5, 2007

Dies hat wieder einmal der Generalsekretär der CDU, Herr Boddenberg, am 6. November in einer Pressemitteilung vehement vertreten und erklärt:

Rein rechtlich gesehen kann es nur einmal Geld geben.

In der gemeinsamen Sondersitzung des Haupt- und des Innenausschusses am 15.11.2006 hat Roland Koch persönlich ausgesagt, dass eine Doppelfinanzierung ausgeschlossen sei:

Die Frage einer Doppelfinanzierung ist nicht denkbar.

Am 16.11.2006 hat Roland Koch dies noch einmal eindrücklich in einem Interview mit der „Welt“ bestätigt:

Grundlage aller unserer Gespräche war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1992, das eine Doppelfinanzierung von Parteien auf kommunaler und Landesebene verbietet.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dieses Urteil sagt komplett das Gegenteil. Es sagt nämlich aus, dass es eine kommunale Finanzierung für Wählergruppen geben muss.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Untersuchungsausschuss war das ganz anders. Erst wird vehement behauptet, eine Finanzierung auf beiden Ebenen sei rechtlich nicht möglich. Plötzlich war bei den Zeugenaussagen doch das Gegenteil der Fall. So führte der Zeuge Koch auf die Frage nach dem Widerspruch zwischen der Behauptung einer Doppelfinanzierung und dem ihm bekannten Eckpunktepapier, das einen Aus

schluss der Wahlkampfkostenerstattung auf kommunaler und gleichzeitig auf Landesebene nicht vorsah, aus – ich zitiere –:

Deshalb ist es am Ende keine juristische Frage an der einen Stelle, die Sie gefragt haben, aber im Zusammenhang... eine politische Frage,... Ich habe deshalb immer gesagt, jenseits aller Juristerei... ist es völlig ausgeschlossen, zu glauben, dass es in der CDU dafür eine Mehrheit gäbe.... Insofern ist es mehr eine politische als eine juristische Frage...

Lieber Herr Koch, das haben Sie vorher gerade nicht ausgesagt.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Auch der Zeuge Bouffier vertrat auf einmal eine völlig andere Rechtsauffassung, als es sein Ministerpräsident und Parteivorsitzender wenige Zeit vorher tat. Er hat dazu gesagt – ich zitiere –:

Juristisch kann man das machen.

Die Rechtsexperten der Staatskanzlei und des Innenministeriums haben im Übrigen seit 1994 immer wieder bestätigt, dass es von der rechtlichen Seite her keinen Ausschlussgrund gibt. Dennoch hat sich der Obmann der CDU selbst im Untersuchungsausschuss immer noch an den Strohhalm zu klammern versucht, das sei eine sogenannte Doppelfinanzierung. In einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ am 7. Februar 2007 hat er wiederum dieses Argument bemüht. Ich zitiere:

Es ist doch klar, dass man möglichst ausschließen wollte, dass die FWG am Ende doppelt kassiert.

Aber auch die Argumentation, dass die Freien Wähler nicht zweimal Geld oder mehr Geld als die Parteien bekommen sollten, greift nicht. Denn sie bekämen selbst bei einer Wahlkampfkostenerstattung auf beiden Ebenen nichts zusätzlich. Das Gegenteil ist sogar der Fall.Wählergruppierungen erhalten nämlich gar keine Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Sie können bei einem Antreten zur Landtagswahl nach dem hessischen Landtagswahlgesetz mit einer Erstattung von 2 c pro Wählerstimme rechnen, wenn sie landesweit mindestens 1 % der Stimmen erreichen. Falls sie keine Landesliste aufstellen, können sie in den Wahlkreisen mit einer Erstattung rechnen, in denen sie 10 % der Stimmen erreichen.

Diese staatlich zugewiesenen Mittel dürfen die tatsächlichen Kosten des Wahlkampfs nicht übersteigen. Der Zuschuss wird einmalig ausgezahlt, die Parteien erhalten dagegen während der gesamten Legislaturperiode jedes Jahr wieder Geld für ihre politische Arbeit.

In Zahlen bedeutet das: Parteien bekommen für eine Stimme bei der Landtagswahl mindestens 3,50 c. Die Wählergruppierungen erhalten dafür 2 c. Das heißt, selbst wenn es eine Kostenerstattung von 1 c pro Stimme auf kommunaler Ebene für Wählergruppierungen geben würde, würde man mit einem Gesamtbetrag von 3 c immer noch unter dem liegen, was die Parteien bekommen.

Das entspricht auch der Position des Bundesverfassungsgerichts. Es hat in seinem Urteil vom 9.April 1992 festgestellt, dass die staatliche Teilfinanzierung der Parteien auch die Finanzierung der politischen Arbeit auf kommunaler Ebene abdeckt und die Wählergruppierungen insofern eher benachteiligt sind. Das war auch der Grund, warum die Fachabteilung des Innenministeriums 1996 in einem Gesetzentwurf eine Wahlkampfkostenerstattung für die kommunale Ebene und die Landtagswahl vorgesehen

hat. Das geschah also unter Innenminister Gerhard Bökel.

Das ist auch der Grund, warum mein Kollege Günter Rudolph die Petition der Freien Wähler zur Berücksichtigung angemeldet hat. Denn das entspricht der Position des Bundesverfassungsgerichts.

Liebe Mitglieder der CDU, es ist endlich Zeit, sich von dem missverständlichen Begriff der Doppelfinanzierung zu verabschieden.Denn es geht hier um weniger und nicht um mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nach all dem Werfen von Nebelkerzen und der Begleitmusik von der CDU ist damit geblieben, dass der Ministerpräsident und sein Innenminister im Untersuchungsausschuss bekannt haben, dass man den Freien Wählern aus parteipolitischen Gründen die Wahlkampfkosten nur dann erstatten wollte, wenn sie nicht bei der Landtagswahl anträten. Das ist Fakt oder „vorher – nachher“, die Zweite.

Die Grenze zwischen Staat und Partei wurde im vorliegenden Fall mit Füßen getreten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allein die Tatsache, dass Roland Koch als Landesvorsitzender der CDU in Hessen einen politischen Konkurrenten mit Steuergeldern davon abhalten wollte,zur Wahl anzutreten, ist ungeheuerlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hinzu kommt die Anfertigung des Gesetzentwurfs im Innenministerium. Der wurde bewusst eingesetzt. Die Freien Wähler sollten damit überzeugt werden, nicht zur Wahl anzutreten.Das ist eine seltsame Vermischung staatlichen und parteipolitischen Verhaltens.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Ministerpräsident sollte doch wissen, dass es ihm aufgrund der Gewaltenteilung – –

(Staatssekretär Metz spricht mit Ministerpräsident Roland Koch.)

Offensichtlich interessiert ihn das nicht. Denn der Herr Metz steht bei dem Herrn Ministerpräsidenten.

Ein Ministerpräsident müsste doch wissen, dass es ihm aufgrund der Gewaltenteilung strikt untersagt ist, parteiliches Verhalten durch staatliches Handeln vorzunehmen.

Lieber Herr Metz, angesichts des ernsthaften Themas, das Ihre Partei stark betrifft, bitte ich darum, dass auch Sie Ihre Aufmerksamkeit der Rednerin zukommen lassen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine „Metzchen“ jetzt!)

Die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss hat jedoch ergeben, dass der Hessische Ministerpräsident für solch feinsinnige Unterscheidungen nicht zu haben ist. – Man sieht, dass er nicht mehr zuhört. – So haben die Vernehmungen im Untersuchungsausschuss den Vorwurf der Freien Wähler bestätigt, die CDU habe mit einem konkreten Zeitplan vorgeschlagen, die gesetzliche Regelung

erst nach dem Landesdelegiertentag der Freien Wähler im Landtag zu beschließen, also nachdem die Vorbedingung der CDU erfüllt ist.

Nach und nach ist im Untersuchungsausschuss die Wahrheit über den Gesetzentwurf vom 14. Juli 2005 herausgekommen.Er wurde von dem Innenminister erarbeitet und in der Regierungsrunde erörtert. Aber Regierungshandeln war dies nach der Lesart des Ministerpräsidenten nicht.

Den Freien Wählern wurde der Entwurf erst nach dem Gespräch am 3. April 2006 zugänglich gemacht. Vorher wurde er weder den Freien Wählern übersandt, noch mit den anderen Parteien erörtert, obwohl die CDU und der Innenminister es zunächst in dieser Art und Weise dargestellt hatten.

Der Gesetzentwurf wurde erst Gegenstand konkreter Erörterungen der CDU und der Freien Wähler, als diese ihren Willen öffentlich bekannt gemacht hatten, zur Landtagswahl anzutreten.

Auch die handschriftlichen Änderungen des Innenministers auf dem Gesetzentwurf sind ein weiteres Indiz dafür, dass die CDU die Freien Wähler von der Teilnahme an der Wahl abhalten wollte.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Volker Bouffier hat handschriftlich eingefügt, dass das Gesetz zur kommunalen Wahlkampfkostenerstattung ausschließlich dann gelten soll, wenn die Wählergruppen bei der Kommunalwahl antreten. Die Teilnahme an der Landtagswahl ist damit ausgeschlossen.

Mit der Festlegung auf ein ausschließliches Antreten der Wählergruppen bei den Kommunalwahlen hat er somit ein Junktim verankert, für das es keine rechtliche Notwendigkeit gibt. Das handschriftliche Einfügen des Wortes „rückwirkend“ in den Gesetzentwurf präjudiziert ebenfalls, dass den Freien Wählern ein Kaufangebot gemacht wurde.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist juristisch höchst fraglich, ob solch eine Regelung zum Wahlrecht überhaupt rückwirkend in Kraft treten kann. Damit könnte ein Anfechtungsgrund entstehen. Das wird ein Innenminister nicht freiwillig in einen solchen Gesetzentwurf einarbeiten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Wenn man sich mit dem Gesetzentwurf sachlich hätte befassen wollen, hätte man ihn bereits vor der Kommunalwahl beraten müssen. Das übliche Verfahren wäre gewesen, ihn den Landtagsfraktionen zuzuleiten und auszuloten, ob es eine gewisse Bereitschaft gibt, ihn mitzutragen. Man hätte ihn auch in den parlamentarischen Gang geben können.