Was zählt, ist doch nicht die Steigerung der Steuereinnahmen. Denn wenn wir ehrlich sind, wissen wir doch alle, die Steigerung der Steuereinnahmen ist nur zu einem ganz geringen Teil durch die Landespolitik bedingt. Das muss dazugehören. Streiten wir uns nicht, ob das Steuereinnahmen vor oder nach der Großen Koalition sind. Das ist alles vollkommen wurscht. Aus der hessischen Landespolitik sind sie jedenfalls zum geringsten Teil generiert worden.Also ist auch das kein Kriterium. Man kann nicht sagen, die Steuereinnahmen steigen – hurra, der Haushalt ist konsolidiert.
Herr Kollege Milde, ich habe doch nichts dagegen, wenn das so einfach wäre, aber leider ist es nicht so.
Was zählt, ist allein ein Haushaltsausgleich über sinkende Ausgaben. Die einzig seriöse Möglichkeit, einen Haushalt auszugleichen, ist die Senkung der Ausgaben, nichts anderes.
Herr Kollege Boddenberg, in diesem Punkt hat die Mehrheitsfraktion, die CDU-Regierung einen guten Ansatz gemacht, indem sie die Personalausgaben gesenkt hat. Das ist völlig unbestritten. Wir streiten über die Technik der Personalvermittlungsstelle, aber wir streiten nicht über das Ziel oder darüber, dass hier etwas erreicht worden ist. Das ist überhaupt keine Frage.
Aus dem letzten Bericht über die Personalkostensituation in Hessen wissen wir,dass der Personalaufwand in Hessen im Jahr 2006 9,5 Milliarden c betrug. Diese Zahl ist unbestritten. Sie ist wesentlich höher, als das jeder von uns vorher geschätzt hätte. Gott sei Dank haben wir jetzt die Möglichkeit, das zu ermitteln.
Daraus folgt das Erfordernis, gerade diesen Personalkostenblock ganz besonders anzupacken. Ich glaube, auch das ist unbestritten.
Damit kommen wir auf die Debatte zurück, die wir mit dem Herrn Innenminister geführt haben. Der macht genau das Gegenteil. Ein Teil der Einsparungen, die hier erzielt worden sind und die künftig hätten erzielt werden können, wird durch die neue Beamtenbesoldung – sprich die faktische Reduzierung der Wochenarbeitszeit – wieder aufgezehrt. Das heißt, die Landesregierung konterkariert hier ihre eigene Politik der Personalkosteneinsparung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, wo also ist die erfolgreiche Konsolidierungspolitik? Der erste Abschnitt Ihres Antrags ist so formuliert, als glaubten Sie im Ernst, mit der „Operation sichere Zukunft“ sei es getan. Das ist verführerisch. Das ist falsch.
Herr Kollege Boddenberg, ich sage auch deutlich:Auch wenn Parteivorsitzende anderer Parteien, auch meiner Partei im Bund, sagen, wir schwimmen im Geld, so ist das Unsinn. Das kann ich so nicht mittragen.Wenn wir diesen Eindruck erwecken, dann nehmen wir auch den gesamten Druck von dem neuen Haushalt. Das kann doch nicht sein.
Der Eindruck, der hier erweckt wird, ist doch, jetzt könne das fröhliche Geldausgeben wieder losgehen.Das zu glauben wäre eine unerträgliche Leichtigkeit des Seins.
Der zweite Absatz des CDU-Antrags – ich versuche, mich an den Anträgen abzuarbeiten, anders als meine Herren Vorredner – ist nicht besser. Ich zitiere einmal, was Sie wörtlich schreiben. Herr Minister, das meine ich mit vielleicht mangelnder Einsicht in die Situation. Sie schreiben: Die Verbesserung der Wirtschaftskraft ermögliche die Chance, mittelfristig die Neuverschuldung zu beenden.
Das heißt nun wirklich weniger als nichts. Eine ermöglichte Chance, mittelfristig vielleicht etwas zu tun – wenn Sie das schon als Einsicht in die Notwendigkeit ansehen, dann weiß ich nicht, was das sein könnte.
Dies gilt umso mehr, als Sie dann zugleich darauf hinweisen, jetzt könnten auch die – ich zitiere wörtlich – „Leistungen für Bildung, Sicherheit und Infrastruktur“ weiter verbessert werden.
Halten wir fest: GRÜNE und CDU wollen den doppelten Rittberger: zugleich Neuverschuldung senken – irgendwann einmal – und mehr Geld ausgeben.
Die einen wollen jetzt schon mehr Geld ausgeben, die anderen im kommenden Jahr. Beide entfernen sich von dem wirklichen Ziel: der Senkung der Neuverschuldung auf null und dem Beginn mit der Nettotilgung.
Da frage ich mich: Stimmt die Gleichung: CDU minus GRÜNE gleich null? Denn in diesem Punkt sehen sie die Dinge offenbar relativ ähnlich. Die GRÜNEN haben sich jetzt zur Volkspartei – nicht in Prozenten,aber ideologisch – gemausert.
(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr von Hunnius, wir hatten noch keinen Kanzlerkandidaten!)
Der dritte Absatz des CDU-Antrags ist ebenfalls nach dem Prinzip formuliert: Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass. Auf der einen Seite fordern Sie dort, „die Haushaltskonsolidierung voranzutreiben“, und Sie wollen „den erfolgreichen Sparkurs“ fortführen. Darüber haben wir schon gesprochen. Abgesehen vom Personal gibt es bei dieser Landesregierung aber keinen echten Sparkurs.Was soll da fortgeführt werden? Zugleich wollen Sie weiter „in die Schwerpunktbereiche Bildung, innere Sicherheit,Wirtschaft und Infrastruktur“ investieren.
Nun nehme ich einfach einmal die Schwerpunktbereiche der Abschnitte zwei und drei des Antrags zusammen, dann sind das: Bildung, Sicherheit, innere Sicherheit, Infrastruktur und Wirtschaft. Das sind Ihre fünf Schwerpunkte.
(Norbert Schmitt (SPD):Was bleibt da noch übrig? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist alles!)
Herr Kollege Al-Wazir,Sie haben es ja schon aufgezählt. Wenn ich jetzt noch Umwelt und Sozialpolitik hinzunehme, dann habe ich die gesamte Landespolitik.
Daraus ist zu schließen: In Wahrheit gibt es bei dieser Landesregierung überhaupt keine Schwerpunktbildung.
Wer keine echten Schwerpunkte hat, der kann auch nicht sparen, sondern der wird mit dem Geldausgeben per Gießkanne fortfahren. Ich meine, das ist ein sehr schlechtes Zeichen, ein Zeichen geringer Einsicht, zumindest bei der CDU-Fraktion.Ich weiß nicht,wie weit der Inhalt dieses Antrages von der Landesregierung geteilt wird. Aber die CDU-Fraktion zeigt sich hier vergleichsweise uneinsichtig.
Lassen Sie mich aus dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank von Mai 2007 zitieren. Dort heißt es:
Zum Erreichen und Beibehalten eines strukturell ausgeglichenen Haushalts ist es erforderlich,dass in konjunkturellen Hochphasen merkliche Überschüsse erzielt werden.
Es müssen Überschüsse erzielt werden. Wir sind weit davon entfernt, überhaupt den Haushaltsausgleich zu schaffen.Im weiteren Text heißt es dort ganz deutlich,dass man davor zu warnen hat, konjunkturbedingte Mehreinnahmen – damit haben wir es zu tun – in Ausgabenerhöhungen zu stecken. Aber genau das wird teils gefordert, teils angekündigt, von CDU und GRÜNEN.
Es geht auch anders. Ich verweise jetzt nicht auf solche Länder, die wie Sachsen vom Länderfinanzausgleich profitieren; die haben natürlich eine tolle Situation, für die ist es vergleichsweise einfach.Aber es geht auch anders.
Ein Land wie Baden-Württemberg – niemand wird sagen, Baden-Württemberg sei ein Nehmerland beim Länderfinanzausgleich – hat für das kommende Jahr angekündigt, den Haushaltsausgleich zu schaffen, allerdings mithilfe einer konsequenten Aufgabenkritik. Diese Aufgabenkritik mahne ich dringend bei unserer Landesregierung an.
Nachdem von der Frau Präsidentin freundlicherweise noch keine Ermahnung erfolgt ist, komme ich trotzdem zum Schluss.
Wenn Sie es haben wollen, kann ich Ihnen sagen:Wir sind schon so weit. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Die Landesausgaben lassen sich im erforderlichen Umfang nur reduzieren, wenn die Aufgaben angegangen werden. Es wäre eine Illusion, irgendetwas anderes zu glauben. Machen wir uns deshalb nichts vor: Die Ausgabenreduzierung ist unendlich viel schwieriger, als wohlfeile Anträge zu stellen. Der einzig angemessene Platz für die beiden Anträge, über die wir heute zu befinden haben, ist der Platz im Papierkorb. Lassen Sie uns mit der Arbeit beginnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Nächster Redner ist der Kollege Schmitt für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass Ministerpräsident Koch und sein Finanzminister Weimar rund ein Drittel aller Nachkriegsschulden in Hessen zu verantworten und dazu noch Landesvermögen in Milliardenhöhe verkauft haben, wird die Zeit reif für tätige Reue. Das kann aus unserer Sicht nur heißen, dass die Steuermehreinnahmen im Jahr 2007 tatsächlich zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung verwandt werden.
Aber – Herr Kollege von Hunnius ist schon darauf eingegangen, auch Herr Kollege Al-Wazir – entgegen der Ankündigung des Finanzministers und entgegen der Ankündigung des finanzpolitischen Sprechers Milde, der es jetzt erst auf Nachfrage eingeräumt hat, sieht der Antrag, den die CDU heute vorgelegt hat,keine Reduzierung der Nettoneuverschuldung in Höhe der Steuermehreinnahmen der Jahres 2007 vor.
Anscheinend sollen doch wieder Wahlgeschenke finanziert werden. Kaum ist wieder mehr Geld in der Kasse, wird kräftig auf die Sahne gehauen. Wieder einmal, so scheint es, sind die Äußerungen des Finanzministers keinen Deut wert. Wieder einmal wird er desavouiert, wahrscheinlich durch Interessengruppen, die es in seiner Fraktion gibt.
Auf jeden Fall ist in dem Text, den Sie heute vorgelegt haben und der die Unterschrift des Fraktionsvorsitzenden der CDU trägt, überhaupt keine Rede davon, dass die Steuermehreinnahmen nur dazu verwandt werden, die Nettoneuverschuldung zu reduzieren. Vor vier Jahren wurde in der Staatskanzlei die „Operation düstere Zukunft“ entwickelt, weil der Herr Finanzminister nicht fähig war, zu sparen, und sich gegen die Interessen der Ressortminister durchzusetzen.