Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit einigen Monaten haben wir einen anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Alle Prognosen, die uns vorliegen, deuten darauf hin, dass es in den nächsten Monaten, wenn nicht gar Jahren, auch so bleiben wird.
(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den haben wir trotz dieser Landesregierung!)
Das gilt sowohl national als auch in besonderem Maße für unser Bundesland Hessen. Das lässt sich für uns Politiker natürlich auch an einigen Indikatoren messen und nachvollziehen. Das gilt in besonderem Maße für das Wachstum, das bereits im vergangenen Jahr deutlich über dem Schnitt der Bundesrepublik Deutschland lag. Das gilt für die Börsenentwicklung. Das gilt für die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. In diesen Tagen hat die Bundesagentur für Arbeit bekannt gegeben, dass die Arbeitslosenzahl unter 4 Millionen gesunken ist. Das ist sicherlich auch eine Zahl, von der Kritiker der Großen Koalition nie geglaubt hätten, dass sie so rasch eintreten würde.
Wir haben heute Morgen auch über die Situation am Ausbildungsmarkt gesprochen. Frau Kollegin Kölsch hat, wie ich meine, hier nicht nur sehr kompetent und fundiert, sondern auch sehr beeindruckend dargelegt, dass wir in Hessen auf einem sehr guten Weg sind.
(Norbert Schmitt (SPD): Sie lassen sich leicht beeindrucken! – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber nur von der Kollegin Kölsch!)
Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geht nach oben. Das bedeutet also insgesamt eine positive Tendenz.
Von ebenso großer Bedeutung wie diese bemessbaren harten Fakten ist natürlich die Beantwortung der Frage, wie die Standortpolitik des Landes Hessen von wichtigen Akteuren der Wirtschaft gesehen wird. Da liegt uns mit dem Mittelstandsbarometer des Beratungsunternehmens Ernst & Young ein Papier vor, das sehr deutlich macht, dass wir in Hessen auf einem guten Weg sind.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass wir in Hessen sehr viele Mängel aufweisen! – Hildegard Pfaff (SPD): Schauen Sie es sich genau an!)
Schauen wir einmal genau an, welche Zielgruppe dort befragt wurde. Der Mittelstand hat, wie Sie wissen, selbst wenn wir nur die Betriebe bis 500 Mitarbeiter einrechnen, ca. 80 % aller Beschäftigten. Im konkreten Fall hat das Beratungsunternehmen die Unternehmen mit zwischen 30 und 2.000 Mitarbeitern befragt. Das heißt, man geht weit über die EU-Definition von 250 Mitarbeitern und 50 Millionen c Umsatz hinaus, sondern man hat Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern ohne Differenzierung der Rechtsform befragt. Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass wir damit nahezu 90 % aller Beschäftigungsverhältnisse bei der Beurteilung abgedeckt haben.
Bevor ich jetzt auf einige Einzelpunkte eingehe, die in der Studie dargelegt werden und bei denen Landespolitik unmittelbar Einfluss nimmt, will ich kurz etwas zur Mehrwertsteuererhöhung und ihren Auswirkungen sagen. Denn auch das ist Gegenstand der Untersuchungen.
Ich erinnere noch einmal daran, wie in diesem Haus insbesondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch die FDP vor über einem Jahr ein Szenario an die Wand gemalt haben,
das mich an die Millenniumpanik erinnert. Seinerzeit hat man uns erzählt, jedes Elektrogerät würde am 1. Januar den Geist aufgeben.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Und? – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es war am Ende doch nur die CDU!)
Sie haben hier ein Szenario an die Wand gemalt, das nicht annähernd so eingetreten ist. Es hat diesen konjunkturellen Einbruch durch die Mehrwertsteuererhöhung nicht gegeben. Herr von Hunnius, heute wäre Gelegenheit, in sich zu gehen und zu erklären, dass Sie sich geirrt haben und dass Sie künftig besser auf die Mehrheitsfraktion hören werden.
(Lachen des Abg. Roland von Hunnius (FDP) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Große Worte, gelassen ausgesprochen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun kommen wir, wie angekündigt, zu den einzelnen Punkten. Die Unternehmerinnen und Unternehmer attestieren der hessischen Landespolitik, dass die Infrastruktur in diesem Lande hervorragend ist. Wir stehen auf Platz 2 aller Bundesländer.
Damit ist natürlich gemeint, dass wir uns mit dem Ausbau der Flughäfen in Frankfurt am Main und Kassel-Calden,
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nennen Sie es nur in einem Atemzug! Das ist ungefähr dasselbe!)
mit dem Bundesfernstraßennetz bei der A 44 und der A 49 und vielen anderen Projekten in diesem Land intensiv um die Infrastruktur kümmern, weil wir um die wirtschaftliche Bedeutung einer hervorragenden Infrastruktur wissen. Da spielt es natürlich auch eine Rolle, dass wir das Landesstraßennetz, sozusagen die Lebensadern des Landes, wieder vernünftig ausbauen und instand halten.
Die Mittel – Frau Pfaff, das wissen Sie besser als ich – für die Instandhaltung des Landesstraßennetzes sind von 23 Millionen c zum Ende Ihrer Regierungszeit auf aktuell 85 Millionen c angehoben worden.
Ich will auf einen zweiten Punkt eingehen, der uns sehr wichtig ist.Auch bei der Bildungspolitik schneidet Hessen hervorragend ab. Wir kommen in dieser Studie auf einen hervorragenden 2. Platz, weil die Unternehmerinnen und Unternehmer, die befragt wurden, honorieren, dass insbesondere durch Karin Wolff und die Landesregierung eine hervorragende Bildungspolitik in diesem Land gemacht wird.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt ist es gut mit Weihrauch! – Norbert Schmitt (SPD): Jetzt wieder zum Ernst zurück!)
Sie honorieren, dass wir ein Zentralabitur eingeführt haben. Sie honorieren, dass wir Abschlussprüfungen in Hauptschulen und Realschulen vergleichbar gemacht haben. Sie honorieren, dass wir mit SchuB-Klassen mehr Praxis in die Schulausbildung bringen.
und mit besonderem Vergnügen darf ich aus der Studie zitieren. Dort heißt es: „Insbesondere die Unternehmen in Hessen, Niedersachsen und Bayern stellen ihren jeweiligen Landesregierungen ein gutes Zeugnis aus“. Ich denke, das bedarf keines weiteren Kommentars.
(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt verstehen wir den Antrag! – Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet der Konfettiredner! – Reinhard Kahl (SPD): Dann müssen Sie mit der Rede neu beginnen!)
an der einen oder anderen Stelle Optimierungsbedarf. Ich hoffe, Ihre Heiterkeit nicht allzu sehr zu trüben, indem ich sage, dass ich pflichtgemäß feststellen muss, dass die von SPD und GRÜNEN vorgelegten Anträge an der Sache vorbeigehen und Sachlichkeit vermissen lassen.
Das ist natürlich kein Wunder. Es war nie Ihre Stärke, Aussagen von Mittelständlern zu verstehen oder gar zu interpretieren.
Aber auch dafür gibt es Erklärungen. Sie haben von Haus aus eine große Distanz zur mittelständischen Wirtschaft.
Das hat zum einen damit zu tun, dass die handelnden Personen wie auch Ihre Klientel sich zum großen Teil aus einer Gruppe rekrutieren, die unternehmensfremd ist. Im Ergebnis kommt es zu den Fehlinterpretationen, die auch wieder Ihren Anträgen zu entnehmen sind. Das ist doch kein Wunder, wenn Sie den Betrieben gegenübertreten, vor den Werkstoren stehen und fordern, dass man keine Erbschaftsteuerentlastung bei Betriebsübergaben schafft, die notwendig wäre, um eine vernünftige Übergabe zu ermöglichen, wenn Sie als hessische Sozialdemokraten die Unternehmensteuerreform ablehnen.
Sie verweigern sich außerdem einer sinnvollen Umgestaltung des Kündigungsschutzes und fordern sogar Mindestlöhne, wodurch Sie das ganze ausbalancierte Tarifgefüge in eine Schieflage bringen. Kein Wunder, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer Ihnen so fern stehen, wie Sie ihnen.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat alles etwas damit zu tun, dass die Umfrageergebnisse für Sie miserabel sind! Das versteht kein Mensch! Ich denke, Sie regieren!)
Ich sage Ihnen, weil wir uns sachlich auseinandersetzen, dass es Felder gibt, in denen die Unternehmerinnen und Unternehmer uns aufzeigen, wo Verbesserungen durchzuführen sind.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Tatsächlich? Das ist bei dieser genialen Regierung doch gar nicht denkbar!)
Wir sind zu weiteren Anstrengungen bereit, aber wir schauen ganz genau hin, was dort gefordert wird, inwieweit es nationale Ursachen gibt und inwieweit es Ursachen gibt, die auf der Ebene der Bundesländer zu regeln sind.
Ich will Ihnen einige Punkte nennen, bei denen wir im Ranking nicht auf der Position stehen, auf der wir gerne stünden. Obwohl wir bei der Geschäftsentwicklung auf Platz 4 stehen und damit auf einem guten Platz der 16 Bundesländer, besteht bei dem Zuwachs der Beschäftigung in Hessen Nachholbedarf. Man muss natürlich auch wissen, dass in vielen anderen Bundesländern ein massiver Stellenabbau vorausging und dort erst wieder Potenzial aufgebaut wird, während das in Hessen in dem Maße nicht notwendig war.
(Lachen der Abg. Hildegard Pfaff (SPD) – FrankPeter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Freie Interpretation!)
Bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit verweisen die Unternehmen auf das Hemmnis der Arbeitskosten. Nehmen wir die Investitionen. Auch die sind in den 16 Bundesländern nicht 1 : 1 zu vergleichen, weil wir bei uns in Hessen einen relativ geringen Anteil an Industrie haben, wo die meisten prognostizierten Investitionen stattfinden, sondern einen hohen Dienstleistungsanteil. Wenn man vergleicht, muss man also auch genau hinschauen.
Meine Damen und Herren, auf einen Punkt will ich aufmerksam machen, der von der Opposition gerne vernachlässigt wird: Die Wirtschaft weist darauf hin, dass neben dem Hauptproblem, als das sie immer noch die Bürokratie bezeichnet, Lohn- und Lohnnebenkosten auf den Plätzen zwei und drei der zu lösenden Probleme stehen.