Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will den Ball aufnehmen, den Herr Irmer eben geworfen hat, und beantrage, dass wir alle drei Anträge dem Innenausschuss des Hessischen Landtags überweisen und dort versuchen, eine einheitliche Lösung zu finden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich schlage vor, dass wir uns in diesem Zusammenhang nicht nur mit den Standorten auseinandersetzen, sondern dass wir uns bitte auch ein bisschen mit den Inhalten der Umstrukturierung der Bundespolizei auseinandersetzen. Ich schaue Volker Bouffier an, und ich glaube, er weiß, was ich meine. Bei den Innenministern der Länder,aber auch bei einer Reihe innenpolitischer Kollegen quer über die Fraktionen ist bundesweit eine Skepsis vorhanden, ob denn die Inhalte, die in die Eckpunkte von Wolfgang Schäuble hineingeschrieben worden sind, immer klug sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben diese Debatte hier schon einmal geführt. Wie ist es mit den Auslandseinsätzen der Polizei? Ich denke an Afghanistan. Volker Bouffier war dort, hat aber noch nicht die Zeit gehabt, im Innenausschuss davon zu berichten.
Es wird darüber diskutiert, und es ist in den Augen einer Vielzahl von Fachleuten unsinnig, dass die Bundespolizei für all das zuständig ist, was im Bereich der Bahn geschieht.
Es gibt eine Vielzahl von Bundesländern, die dem Modell Hessens gefolgt sind und die Autobahnpolizei aufgelöst haben. Denn es ist nicht sinnvoll, Kriminalität auf der Autobahn separat zu behandeln. Das spricht dafür, auch an die Frage heranzugehen, ob es sinnvoll ist, dass Kriminalität, die auf der Schiene stattfindet, von einer anderen Organisationsstruktur, nämlich der Bundespolizei, durchgeführt wird.
Herr Kollege Kaufmann,hoffentlich nicht.Ich greife das gerne auf: Ich meinte die Bekämpfung und die Verhinderung der Kriminalität. Sie haben vollkommen recht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere dringliche Bitte als Liberale ist,nicht nur die Frage der Standorte zu diskutieren. Das ist eine zweite Frage, eine Folge der Diskussion darüber, wie denn die Inhalte sind. Was eigentlich hat die Bundespolizei nach den Vorstellungen des Landes Hessen künftig zu tun? Wenn wir diese Frage beantwortet haben, ist die nächste Frage zu beantworten: Ist das mit Standort in Hessen möglich oder nicht?
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben große Standorte der Bundespolizei, weil wir auch den größten Einsatzort der Bundespolizei haben. Das ist nämlich der Flughafen in Frankfurt am Main.Alle hier werden es möglicherweise geahnt haben, und es ist auch so. Die größte und die am meisten zu sichernde Außengrenze, die Deutschland hat,ist der Frankfurter Flughafen.Das klingt vielleicht ein bisschen paradox, aber dort sind die meisten Mitarbeiter eingesetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe großes Verständnis dafür, und ich weiß, wovon ich spreche. Anne Werderich, die Bürgermeisterin von Fuldatal, ist Parteifreundin von mir. Sie ist übrigens zum zweiten Mal direkt gewählt – mit über 70 % der Stimmen.
Natürlich haben wir mit Anne Werderich darüber gesprochen. Es ist gut, dass der Gemeindevorstand bereits im Dezember des vergangenen Jahres – Sie haben darauf hingewiesen – einen entsprechenden einstimmigen Beschluss gefasst hat. Wir müssen uns natürlich als Landespolitiker dafür einsetzen, dass in Hessen so viele Standorte von Bundesbehörden wie möglich vorhanden sind.
Nur darf ich daran erinnern, dass wir eine ähnlich gelagerte Debatte zum Thema Bundeswehrstandorte gerade erst hinter uns haben. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch da hätte es wenig Sinn gehabt – wir haben es als Landtag dann auch unterlassen –, zu jedem Standort einen eigenen Beschluss vorzulegen. Dann hätten wir mehrere vorlegen müssen. Es hat zu einem Großteil den nordhessischen, aber insbesondere den mittelhessischen und, wenn es um Schließungen geht, ausschließlich den südhessischen Raum getroffen. In Südhessen ist außer dem Landeskommando keine Bundeswehreinrichtung mehr vorhanden. In Nord- und Mittelhessen haben wir noch Bundeswehrstandorte. Warum sage ich das? Ich will damit deutlich machen, dass wir uns natürlich darum kümmern müssen, dass Bundespolizei in Hessen bleibt. Wir müssen, wenn es irgendwie geht, Einfluss darauf nehmen, dass dies in Nordhessen, in Fuldatal und anderswo geschieht. Aber wir dürfen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten Schritt machen.
Deshalb ist unsere Anregung, sich bitte inhaltlich mit den Themen auseinanderzusetzen:Was eigentlich erwartet die hessische Innenpolitik von der Bundespolitik bei der Neuorganisation der Bundespolizei? Wenn wir das geklärt haben, dann kämpfen wir um die Standorte. Deshalb ist unser Antrag, alle drei Anträge in den Innenausschuss zu geben und sich dort mehr als eine Viertelstunde damit
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann für die Landesregierung eigentlich nur aufgreifen, was hier in der Debatte von verschiedenen Seiten gesagt wurde. Es ist Sache des Hauses, zu überlegen, ob man eine gemeinsame Position findet. Ich könnte mir vorstellen, dass das möglich ist. Wenn der Anregung des Kollegen Irmer gefolgt wird, eine gemeinsame Position zu erarbeiten, wäre es vielleicht klug, das in den Ausschuss zu geben.
Wie vorgetragen worden ist, arbeitet die Landesregierung seit einigen Monaten an diesem Thema. Unsere Interessenlage ist bekannt. Es gibt eine ganze Reihe von Gemeinden, die von mir unterrichtet worden sind. Aus dem Kopf fällt mir beispielsweise die Gemeinde Herleshausen ein, der ich geschrieben habe und die das alles weiß. Dort gibt es eine Interessenwahrnehmung.
Zwei Dinge muss man auseinanderhalten. Im Ergebnis gehören sie zusammen, aber es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte. Das eine ist unsere gemeinsame Sorge im Hinblick auf die Erhaltung der strukturellen Bedingungen. Das hat nichts mit der Frage der inhaltlichen Arbeit der Bundespolizei zu tun, sondern das ist unsere gemeinsame Sorge um die Standorte, um Struktur und um Arbeitsplätze.
Zum Zweiten möchte ich aufnehmen, was der Kollege Hahn gesagt hat. Ich denke, es wird Gelegenheit geben, gemeinsam sowohl unsere Position dazu deutlich zu machen, was wir strukturell für die Standorte erhalten wollen, als auch uns mit der Frage auseinanderzusetzen – soweit wir das können –, was die Bundespolizei inhaltlich tun und wie sie aufgestellt sein soll. Ich würde empfehlen, dass wir darüber sprechen, denn zwischen Bundes- und Landespolizei muss es immer einen Konnex geben.
Ich könnte mir vorstellen, dass wir beides im Ausschuss besprechen können. Aus der Sicht der Landesregierung wäre es begrüßenswert, wenn das Haus hier eine gemeinsame Position einnähme.
Vereinbarungsgemäß überweisen wir die Tagesordnungspunkte 21, 30 und 80 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss.– Keiner widerspricht.Damit ist es beschlossen.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Landesprogramm Elternkompetenz & Kindeswohl – Drucks. 16/6770 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend verlässliches Netzwerk für Eltern und Kinder schaffen – Drucks. 16/7116 –
Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Wir beginnen mit Frau Kollegin Schulz-Asche für die Fraktion der GRÜNEN. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir als GRÜNE haben hier ein Landesprogramm eingebracht, das wir „Elternkompetenz & Kindeswohl“ nennen,
weil wir der festen Überzeugung sind, dass Kinder im Mittelpunkt zu stehen haben und eine verlässliche Infrastruktur brauchen, um einen guten Start ins Leben zu haben. Wir haben diesen Antrag und dieses Programm im Januar eingebracht. Ich sage das ausdrücklich, weil wir daran interessiert sind, dieses Thema unabhängig von aktuellen Fällen von Gewalt und Tod zu diskutieren. Deswegen werde ich auf den aktuellen Fall in Hessen nicht eingehen.
Uns geht es darum – ich glaube, da gibt es hier im Hause gar keinen Streit –, ein verantwortliches politisches Handeln zu entwickeln, und zwar mit einem unterstützenden Programm für Familien, das ihren Alltag erleichtert, vor Überforderung schützt, Vernachlässigung vermeidet und das Entstehen von Gewaltspiralen verhindern soll.
Deswegen muss im Zentrum einer solchen Familienpolitik das Kind mit seinen Bedürfnissen und Rechten stehen. Eine verlässliche und gute Kinderbetreuung, über die wir heute hier schon gesprochen haben, ist eine der wichtigen Voraussetzungen. Aber auch die beste Betreuung kann die Fähigkeit von Eltern, das Beste für ihre Kinder nicht nur zu wollen, sondern auch zu können, nicht ersetzen.
Während Eltern früher eigene Erfahrungen auf ihre Kinder übertrugen, hat heute gut die Hälfte der Erwachsenen mit den Erziehungstraditionen der Eltern gebrochen. Eltern stellen heute zum Teil sehr viel höhere Anforderungen an sich selbst. Sie denken mehr über Erziehung und die Zukunftschancen ihrer Kinder nach.Aber das Grundwissen der Eltern darüber, was Kinder wirklich brauchen und wie man dies für Kinder tagtäglich schafft, ist eine Mammutaufgabe. Manche Eltern sind damit überfordert. Alles, was wir tun können, um den Eltern diese Aufgabe zu erleichtern, sollten wir tun. Das ist das Ziel unseres Programms.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat gerade bei der Erziehungsberatung – auch das ist heute angesprochen worden – 4 Millionen c Landesmittel gestrichen.Ich denke,das ist nicht nur eine Frage des Geldes.Es ist auch ein Signal, das man an die Familien sendet. Das halte ich für ausgesprochen kontraproduktiv.
Stattdessen halte ich es für die Aufgabe des Landes, die Etablierung eines solchen ganzheitlichen Konzeptes, wie wir es vorgeschlagen haben, zur Stärkung der Elternkompetenz zu fördern. Dazu gehört einerseits ein Betreuungs
angebot rund um die Geburt für Väter und Mütter in Familien- und Elternschulen. Denn wir wissen, dass das Interesse von Vätern und Müttern an neuen und zusätzlichen Informationen rund um die Geburt des Kindes besonders groß ist.
Dazu gehören aber auch wohnortnahe Anlaufstellen.Wir halten die Weiterentwicklung von Kindergärten zu Familienzentren für eine der geeigneten Aufgaben. Wir brauchen wohnortnahe Anlaufstellen, wo Familien und Eltern sich Hilfe, Unterstützung und Rat holen können, wo sie Selbsthilfe- und ehrenamtliche Angebote anfordern können, wo sie zu Gesundheitsfragen beraten werden usw. Natürlich sollen sie auch zunehmend bei der Pflege älterer Familienangehöriger unterstützt werden. Wir halten die Entwicklung solcher Familienzentren für an der Zeit, vor allem auch im ländlichen Raum, wo die Zahl der Kinder ebenfalls zurückgeht.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es hier im Hause – auch von meiner Seite – eine relativ weitgehende Übereinstimmung darüber gibt, die U1- bis U9-Gesundheitsuntersuchungen von Kindern verpflichtender zu gestalten, als es bisher der Fall ist. Aber meiner Meinung nach reicht das nicht aus. Wir fordern eine Kindergarteneingangsuntersuchung, und zwar gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem diese U-Untersuchungen nicht stattfinden, nämlich im dritten Lebensjahr.