Wie gesagt, über das Ziel gibt es keinen Streit.Aber es ist schon so, dass in dem ursprünglichen Gesetzentwurf, in der rot-grünen Fassung, für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen an vielen Stellen Hürden geschaffen wurden, die man in unserem Land in keiner Weise hätte ertragen können. Wir haben es erreicht, dass viele Punkte herausgenommen worden sind, die in dem ursprünglichen Gesetzentwurf von Rot-Grün noch enthalten waren.
Es ging um die Frage, ob die Religionsgemeinschaften das Recht behalten sollen, sich ihre Arbeitnehmer unter den eigenen Kirchenmitgliedern auszusuchen, oder ob sie unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht auf die Kirchenmitglieder zurückgreifen dürfen.
Auch haben wir den Punkt Weltanschauung aus der Liste der Diskriminierungsmerkmale streichen können. Sie haben das hier gelegentlich so vorgetragen.
Was die Vermietung von Wohnraum angeht, so haben wir dafür gesorgt, dass das Ganze nur für das Massengeschäft gilt, nicht aber für einen einzelnen Vertrag. Auch der Kontrahierungszwang, der uns ursprünglich drohte, ist nicht gekommen.
Es ist auch nicht zu einer Umkehr der Beweislast dahin gehend gekommen, dass es ausreicht, wenn Personen, die sich diskriminiert fühlen, dies einfach nur behaupten. Personen, die sich diskriminiert fühlen, müssen ihre Benachteiligung jetzt vor Gericht nachweisen. Eine bloße Behauptung ins Blaue hinein reicht nicht aus.
Kommen wir zu dem Fall,den Sie erwähnt haben.Ich weiß nicht, wie er am Ende ausgegangen ist. Nur, Sie haben damals Polizeischutz für den Discobesucher gefordert, damit die Gleichbehandlung gewährleistet ist. Ich muss Ihnen sagen, das ist völlig absurd. Das Gesetz gibt das nicht her.
Es ist ein abgestuftes zivilrechtliches Maßnahmenpaket angezeigt, an dem sich jemand, der sich betroffen fühlt, abarbeiten kann. Das reicht vom Abhilfeverlangen bis zur Klage.Aber dass wir auf der Basis des AGG einen großen Polizeieinsatz auslösen, ist weder vorgesehen noch sinnvoll. Insofern sollten wir an der Stelle die Kirche im Dorf lassen.
Herr Dr. Jürgens, es ist klug, dass wir uns in unserem Land, was die Antidiskriminierung angeht, im Ziel einig sind. Dazu hätte uns allerdings weder die europäische Ebene ein Gesetz vorgeben müssen, noch hätten wir es am Ende umzusetzen brauchen. Es ging nicht anders. Das musste so sein.
Die schlimmsten Punkte sind herausgenommen worden. Aber, wie gesagt, große Polizeieinsätze auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgesetzes wird es auch in Zukunft nicht geben. Das hoffen wir zumindest. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz war bereits mehrfach Gegenstand der Diskussion in diesem Haus. Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass mit diesem Gesetz eine tragfähige Umsetzung des Europarechts zum Schutz vor Diskriminierung geschaffen worden ist.
Aber mit diesem Gesetz ist noch viel mehr erreicht worden; denn es bietet, wie wir finden, einen Perspektiv- und Paradigmenwechsel für die Diskriminierten in unserem Land. Sie sind aufgrund dieses Gesetzes keine bloßen Bittsteller mehr, keine Opfer. Sie können jetzt nämlich ihre Rechte effektiv einfordern und einklagen.
Die Intention des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dieses Thema hier noch einmal aufzurufen und zu fragen, wie das Gleichbehandlungsgesetz in Hessen tatsächlich umgesetzt wird,ist daher richtig.In der Tat sind uns andere europäische Länder, die die entsprechenden europäischen Regelungen schon viel früher als wir umgesetzt haben, in dieser Hinsicht weit voraus. Das sind z. B. Österreich und Frankreich, aber auch die Niederlande.
Gerade beim Zivilrecht haben wir mit diesem Gesetz Neuland betreten. Es ist deswegen aus unserer Sicht sinnvoll, dass das Land Hessen dazu beiträgt, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch diejenigen, die als Bedienstete mit diesem Gesetz zu tun haben, über die neuen gesetzlichen Regelungen zu informieren.
So gelten nach § 24 AGG die entsprechenden Regelungen auch für die Beamtinnen und Beamten der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der unter der Aufsicht des Bundes oder eines Landes stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Deswegen ist es sinnvoll, dass man sich hier insbesondere an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hält – die Stelle, die sozusagen federführend ist –, um die Zusammenarbeit zu pflegen und Kontakte aufzubauen.
Aus unserer Sicht muss das AGG ein Bestandteil der Fortbildungsmaßnahmen für Richterinnen und Richter sowie für Polizeibeamtinnen und -beamte in unserem Land sein. Aber natürlich ist es so – wie gesagt, auch das ist fast eine Selbstverständlichkeit –, dass nach der einschlägigen Vorschrift des § 1 Abs. 3 HSOG die Polizei und die Gefahrenabwehrbehörden für die Rechtserlangung im Privatrecht zuständig sind, wenn das anderweitig nicht erreicht werden kann. Das ist ganz klar; das ist schon jetzt gesetzlich verankert.
Eigentlich ist die Intention des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sinnvoll. Auf der anderen Seite wird aber fast eine Selbstverständlichkeit angesprochen. Insbesondere finden wir es problematisch, dass hier angeregt wird, in einem Erlass zu regeln, wie sich die Polizeibeamtinnen und -beamten im Einzelfall zu verhalten haben. Das sehen wir sehr kritisch; denn in diesem Hause diskutieren wir des Öfteren darüber, wo im Sinne eines Bürokratieabbaus Vorschriften gestrichen werden können. Daher ist die Frage zu stellen, ob wir dafür einen besonderen Erlass brauchen.
Abschließend möchte ich aus unserer Sicht sagen: Das ist fast eine Selbstverständlichkeit.Wir können davon ausgehen, dass das AGG, wie andere neue Gesetze des Bundes und des Landes auch, in die Köpfe der Menschen gelangt, und dass das Land Hessen seinen Beitrag dazu leistet. Die Intention ist gut.Aber es stellt sich die Frage, ob man deshalb in diesem Hause über einen solchen Antrag beraten muss. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion hat sich beim ADG und beim späteren AGG – zunächst gemeinsam mit der CDU-Fraktion, spä
ter leider allein – stets für eine 1 : 1-Umsetzung der Richtlinie ausgesprochen. Herr Dr. Jürgens, diese Auffassung vertreten wir immer noch.
Jetzt kommt es, wie es kommen musste. Die GRÜNEN fordern uns jetzt nämlich dazu auf, ein schlecht gemachtes Gesetz durch weitere Regelungen und vor allem durch teure, spezielle Fortbildungsmaßnahmen doch noch akzeptabel zu machen. Dazu werden wir, die Mitglieder der FDP-Fraktion, Ihnen nicht die Hand reichen.
Wir haben von Anfang an vorausgesagt, dass sich das Gesetz auf jeden Fall als ein Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte und die Mitarbeiter der entsprechenden Weiterbildungseinrichtungen erweisen wird. Herr Kollege Dr. Jürgens, ein Blick in die bereits jetzt vorhandene Kommentarliteratur zeigt, dass es bei den Begriffsbestimmungen, die in diesem Gesetz vorgenommen wurden, eine große Verwirrung gibt, die auf die Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung wartet.
Von daher glaube ich nicht, dass wir an dieser Stelle mit speziellen Fortbildungsmaßnahmen in irgendeiner Weise weiterkommen. Ich bin mir sicher, dass alle Beamten des Landes Hessen Ihrer Pflicht nachkommen, die Neuerungen in der Rechtslage zu verfolgen, und dass die neue Rechtslage bei den Referenten der sowieso in allen Bereichen – gerade bei der Polizei und den Gerichten – stattfindenden Fortbildungsveranstaltungen Berücksichtigung findet. Von daher sehe ich keine Notwendigkeit, für teures Geld spezielle Fortbildungsmaßnahmen zum AGG aufzulegen.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass in dem von Ihnen zitierten Fall – ganz unabhängig von der Frage des Inkrafttretens des Gesetzes, auf die Sie selbst schon hingewiesen haben –, noch gar nicht feststeht, dass eine Diskriminierung vorgelegen hat. Sie scheinen in Ihrem Antrag übersehen zu haben, dass nach dem AGG die ausländische Herkunft allein überhaupt kein Grund ist, einen entsprechenden Anspruch zu entwickeln.
Die sich bereits jetzt massenhaft entwickelnde Kommentarliteratur weist nämlich eindeutig darauf hin, dass die ethnische Herkunft nicht mit der Nationalität identisch sei. Der Begriff „ethnische Herkunft“ sei vielmehr umstritten, und welcher Ansicht die Arbeitsgerichte folgen, sei derzeit nicht abzusehen. Grundsätzlich könne auch die Benachteiligung eines Kölners in Düsseldorf Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft sein.
(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr gut! Das ist doch ein Fortschritt! – Zuruf des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Dr.Jürgens,da Sie jetzt lachen,sage ich Ihnen:Dieser Satz findet sich auch in anderen Kommentaren. Es wird darauf hingewiesen, dass auch die Unterscheidung zwischen Rheinländern und Westfalen,Schwaben und Badenern an die ethnische Herkunft anknüpfen kann.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Unterscheidung zwischen Offenbachern und Frankfurtern ist das Problem!)
Herr Kollege Kaufmann, möglicherweise geht es auch um die Offenbacher und die Frankfurter. Daran sehen Sie, welche Qualität das Gesetz hat, das Sie geschaffen haben.
Wenn Sie jetzt den Reparaturbetrieb auf hessischer Ebene mit hessischem Geld finanzieren wollen, werden wir nicht mitmachen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt zum zweiten Mal in den letzten eineinhalb Jahren, dass ich die Ehre und das Vergnügen habe, in Vertretung des Herrn Staatsministers Banzer in diesem hohen Haus zu sprechen.
das ist in der Tat Schicksal. Ich möchte bitten, auch für das Protokoll festzuhalten, dass damit keine innere Affinität oder gar positive Grundeinstellung zu diesem Gesetzesvorhaben verbunden ist.
Wir sind nach wie vor der Auffassung,dass wir das 50.Jahr Europäische Union noch weitaus fröhlicher hätten feiern können, wenn es dieses europäische Regelwerk und daraus folgend dieses deutsche Regelwerk nicht gegeben hätte. Das wäre mit mehr Freiheit in diesem Land verbunden.
Diese Position hat die Hessische Landesregierung auch in dem Gesetzgebungsverfahren vertreten. Wir sind froh und dankbar, dass es gelungen ist, wenigstens die schwerwiegendsten Auswirkungen, die dieses Gesetz in seinem Entwurf hatte, auf der Zielgeraden des Gesetzgebungsverfahrens doch noch abmildern zu können. So manche Entwicklung in der Endphase des Gesetzgebungsverfahrens ist offensichtlich auch an den Antragstellern vorbeigegangen. Denn sie sprechen immer noch davon, dass das Diskriminierungsmerkmal Weltanschauung Gegenstand des Gesetzes sei. Das ist gerade nicht der Fall. Sondern es ist im Endergebnis in den §§ 19 ff. eben nicht mehr aufgeführt.
Herr Dr. Jürgens, was Ihre Interpretation der Fragestellung angeht, ob für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche die Polizei hätte eingreifen dürfen, haben meine Vorredner schon zutreffend darauf hingewiesen, dass es hier nicht darum gehen kann, öffentlich-rechtliche Instrumente nach dem Polizeigesetz dafür einzusetzen, regelmäßig zivilrechtlich zu verfolgende Ansprüche durchzusetzen.