Protocol of the Session on March 28, 2007

Meine Damen und Herren, zu der Abteilung „tarnen, täuschen, tricksen“. In dem Interview wird weiter ausgeführt: Ypsilanti:Wir wollen nicht von oben herab die Schulform bestimmen. Eltern werden diese Schule schon selbst wählen. – Jetzt ist doch die spannende Frage:Warum sollen sie denn diese Schule wählen? Meine Damen und Herren, nur weil diese Schulen finanzielle und personelle Unterstützung erhalten, die anderen nicht.

(Reinhard Kahl (SPD): Herr Kollege, lesen Sie doch das gesamte Interview vor! Das wäre gut! – Heike Hofmann (SPD): Unfug!)

Herr Kollege Wagner, das ist genau die Verlogenheit, die bei Ihnen eine Rolle spielt. – Nicht Sie, Herr Wagner, der andere.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nicht Sie, Herr Dr. Wagner! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Sind Sie dagegen?)

25 Schüler für die Schulen, die neuen Schulen. – Es ist nichts dagegen einzuwenden. Aber dann müssen Sie dies bitte schön auf alle Schulen übertragen wollen, nicht nur auf die sogenannten neuen Schulen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie machen es für keine! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das heißt, Sie als SPD geben zu, die Gymnasien im Prinzip austrocknen zu wollen und andere privilegieren zu wollen. Das hatten wir vor vielen Jahren schon einmal bei der Einführung der integrierten Gesamtschule in den Siebzigerjahren.

Frau Ypsilanti fügt gleichfalls hinzu: „... die Gymnasien müssen sich ändern.“ Das ist ein kategorischer Imperativ. Was machen Sie eigentlich mit den Gymnasien, die das gar nicht wollen? Die Gymnasien müssen zukünftig alle Schüler aufnehmen, und sie müssen – nach diesem Interview – auch alle Schüler „zu einem Abschluss führen“.

Auf der anderen Seite gibt es keine Eingangsvoraussetzungen mehr, wenn es darum geht, die Kinder auf das Gymnasium zu schicken. Das heißt, es erhöht sich die Zahl der Schüler, die auf die Gymnasien gehen. Damit wird aber auch ein hoher Prozentsatz derjenigen, die aus fachlichen Gründen nicht optimal dafür geeignet sind, ein Gymnasium besuchen. Gleichzeitig haben die Gymnasien die Verpflichtung, alle Schüler zu einem Abschluss zu führen. Das bedeutet in der logischen Konsequenz eine Absenkung des Niveaus an den Gymnasien und damit eine Aushöhlung des Gymnasiums von innen heraus. Das ist sozusagen die kalte Abschaffung des Gymnasiums.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt im Klartext, dass Sie, wie es alle Ihre ehemaligen sozialdemokratischen Kultusminister in früheren Jahrzehnten öffentlich erklärt haben, die integrierte Gesamtschule flächendeckend einführen wollen. Sie sind zurück auf diesem Weg.

Ich persönlich bedauere zutiefst – nicht als Politiker, sondern als Pädagoge –,dass Sie sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse negieren, die zeigen, dass man in Einheitsschulsystemen nicht in der Lage ist,die Schüler individuell und begabungsgerecht optimal zu fördern.

(Reinhard Kahl (SPD): Wie ist es denn in Finnland?)

Ich könnte Ihnen jetzt aus dem Stand eine Reihe von Gutachten nennen. Es gibt z. B. das Fend-Gutachten. Sie kennen es.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

Leider ist das, was dort steht, sachlich richtig. Das ist doch das Problem.Aber Sie negieren diese Erkenntnisse. Oder nehmen Sie das Gutachten von Köller/Baumert zu dem Thema Schulleistungen, in dem es heißt: „Frühe Differenzierung fördert leistungsstarke Schüler.“ Ich füge hinzu: Auch die schwächeren Schüler werden nicht ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert.

(Heike Habermann (SPD): Es ist doch die Frage, wo die Differenzierung stattfindet!)

Diese Schüler sind außerdem in den leistungsgemischten, undifferenzierten Klassen, wie sie in Einheitsschulen üblich sind, durch den Bezugsgruppeneffekt und die ständigen Unzulänglichkeitserfahrungen hohen psychischen Belastungen ausgesetzt.

Zu dem gleichen Ergebnis kommt im Übrigen auch die TIMS-Studie, deren Veröffentlichung noch nicht so lange zurückliegt. Dort heißt es – auch Sie kennen diese Studie –: „Die Hauptschule hat eine selbstwertschützende Funktion für die Schüler.“ Das heißt, durch den Unterricht in leistungsgemischten Gruppen werden von der Natur oder der Herkunft benachteiligte Kinder weiter benachteiligt.

Ein ganz aktuelles Beispiel – das können Sie in der Zeitung des Philologenverbands nachlesen – ist eine Evaluationsstudie zu Abiturklausuren, die von 1998 bis 2004 in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde. Dort kommt man zu dem Schluss – unter anderem wurden Gymnasien und Gesamtschulen miteinander verglichen –,dass die Ergebnisse, die in den Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen erzielt wurden, in allen Fächern deutlich unter den Ergebnissen liegen, die in den übrigen Schulformen erreicht wurden.

Ich wollte Ihnen ganz kurz – nur auszugsweise – einige Ergebnisse darstellen, die Ihnen im Prinzip bekannt sind. Aber,und das ist das in pädagogischer Hinsicht Schlimme, Sie nehmen diese Ergebnisse nicht zur Kenntnis. Sie wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen, weil Sie die integrierte Gesamtschule, die Einheitsschule, aus rein ideologischen Gründen flächendeckend einführen wollen.

(Beifall bei der CDU – Axel Wintermeyer (CDU): Genau das ist der Punkt!)

Wenn Sie eine Gemeinschaftsschule, eine Schule für alle, eine No-Name-Schule – wie auch immer – einführen wollen,

(Zuruf von der CDU: „No-Name-Schule“ ist ein guter Name!)

so muss ich Ihnen sagen, dass Frau Ypsilanti in einem Interview im „Darmstädter Echo“ versucht hat, das Ganze etwas zu vernebeln. Sie hat erklärt – Herr Kollege Weinmeister hat in der letzten Debatte völlig zu Recht darauf hingewiesen –: Wir wollen nicht alle Gymnasien sofort zumachen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Macht sie ständig!)

Im Umkehrschluss heißt das:Wenn man sie zwar nicht sofort, aber perspektivisch zumachen will, will man sie im Grunde zumachen.

Frau Kollegin Habermann war wenigstens ehrlich. Sie hat im Dezember 2005 im „Wiesbadener Kurier“ erklärt: Letztlich wollen wir das dreigliedrige Schulsystem abschaffen. – Das hat Frau Habermann für die SPD erklärt.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist ein Skandal!)

Der Landtagskandidat Merz aus Gießen hat am 10.02. in der „Gießener Allgemeinen“ erklärt, er sei für die Einheitsschule. Meine Damen und Herren, da wird ein Schuh draus:Wer für die Einheitsschule ist, ist auch für den Einheitslehrer.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Ich frage mich, warum Sie eigentlich nicht offen und ehrlich sagen, dass Sie in Hessen den Einheitslehrer wollen.

(Zuruf von der CDU:Weil es keiner will!)

Weil ihn keiner will. – Ich lese Ihnen jetzt den Beschluss des Landesvorstands der SPD Hessen vom 05.05.2006 zu dem Thema Lehrerausbildung vor. Das Referendariat wird abgeschafft:

Die Dauer der Ausbildung für die Primarstufe, die Sekundarstufe I und II sowie für die berufliche Bildung wird angeglichen. Durch Aufhebung der stark fach- und schulformbezogenen Ausbildungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im Lehrerberuf abgebaut... Die Barrieren nach Schulformen und streng definierte Fächergrenzen müssen überwunden werden... Die Forderung nach Einführung einer Schule für alle muss sich auch in der Struktur und den Inhalten der Lehrerausbildung widerspiegeln.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist des Pudels Kern!)

Warum sagen Sie nicht öffentlich, dass Sie die hervorragende Ausbildung von Gymnasiallehrern in diesem Bundesland abschaffen wollen? Warum sagen Sie nicht, dass Sie die Berufsschullehrerausbildung vereinheitlichen wollen?

Wer eine einheitliche Lehrerausbildung will, senkt in letzter Konsequenz das Niveau. Diese Folge ist doch das Normalste der Welt. Das heißt, Hessen wird, wenn Sie – was der liebe Gott und die Wähler verhüten mögen – wieder an die Macht kommen sollten, eine Lehrerausbildung bekommen, die dazu führt, dass wir erneut, wie es schon zu rot-grüner Zeit der Fall war, das Schlusslicht in Deutschland sind, was die Bildungspolitik betrifft. Genau das wollen wir im Interesse unserer Kinder verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Sie waren in der Vergangenheit gegen alles, was mit Verbesserung zu tun hat. Sie merken dabei nicht, dass Sie, die hessische SPD, das Schlusslicht innerhalb der SPD Deutschlands sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie waren – ganz aktuell – gegen die Osterferiencamps, die SPD und CDU vor zwei Jahren in Bremen eingeführt haben. Sie sind gegen Orientierungs- und Vergleichsarbeiten, obwohl die SPD-Kultusminister im Jahre 2002 genau das gefordert haben. Sie sind gegen Bildungsstandards,obwohl die KMK deren Festlegung einstimmig,also mit den Stimmen der SPD-Kultusminister, beschlossen hat. Sie sind gegen die Unterrichtsgarantie plus. Dabei wird in Berlin – von SPD und Kommunisten – im Sommer dieses Jahres die Unterrichtsgarantie plus mit dem Hinweis darauf eingeführt, dass sie in Hessen hervorragend funktioniert hat.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn die PDS das Konzept übernimmt, würde ich langsam anfangen, mir Gedanken zu machen!)

Sie sind gegen das Landesabitur, das in Bremen – SPD: Lemke – in diesem Jahr eingeführt wird. Sie sind gegen den G-8-Zweig, obwohl alle Bundesländer – mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz, die zwölfeinhalb Jahre bis zum Abitur haben – beschlossen haben, ihn einzuführen. Zuletzt hat sich das Bundesland Brandenburg entschlossen, diese Regelung einzuführen.

Wir, die CDU, setzen damit einen Beschluss des SPDBundesparteitags von 1997 um,in dem gefordert wird,G 8 bundesweit flächendeckend einzuführen. Wir setzen diesen Beschluss um. Sie sind die letzten Mohikaner, die das immer noch nicht begriffen haben. Mit Ihnen geht es zurück in die bildungspolitische Steinzeit.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend möchte ich Ihnen in zehn Spiegelstrichen skizzieren, wie die Schule der Zukunft für uns aussieht.

Erstens. Der Bildungs- und Erziehungsplan ist flächendeckend eingeführt.

Zweitens.Es gibt eine enge Verzahnung von Kindergärten und Grundschulen.

Drittens. Die Hauptschulen werden zu Berufsfindungsschulen. Bundesweit wollen 56 % der Menschen die Hauptschule beibehalten. So lautet das Ergebnis einer Umfrage; das ist heute nachzulesen. Für uns heißt das, dass die SchuB-Klassen flächendeckend eingeführt werden. Die Lehrer werden zu Berufsfindungslotsen. Das heißt, die Lehrerausbildung wird verändert. Die Hauptschullehrer müssen weniger Unterricht erteilen, und die Zusammenarbeit zwischen Hauptschule und Berufsschule muss intensiviert werden.

Viertens. Realschüler können einen qualifizierten Realschulabschluss machen.