Protocol of the Session on March 28, 2007

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte hat deutlich gemacht, dass es zu dem Weg, den die Landesregierung im Rahmen des ÖPNV eingeschlagen hat, keine ernsthafte Alternative gibt. Der Weg ist erfolgreich. Der Weg wird weitergeführt. Daran ändert auch das Urteil nichts, das heute im Mittelpunkt der Debatte steht und Anlass für den Antrag der SPD-Fraktion war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vieles, was hier gesagt wurde, kann ich voll unterstreichen. Die meisten Punkte, die angesprochen worden sind, sind sogar mit den Vorstellungen der Landesregierung deckungsgleich. Wir als Landesregierung können aber insbesondere die Fragen, die Sie gestellt haben – wie wir attraktive und bezahlbare Angebote schaffen, wie wir den Wettbewerb sichern können, um Leistungsqualität zu steigern –, mit unserem Konzept positiv beantworten, und dafür sprechen Zahlen.

Der hessische Weg ist ein Erfolgsweg.Sowohl bei den Verbünden als auch bei den lokalen Nahverkehrsgesellschaften haben überall dort, wo dieses Instrument eingesetzt worden ist, wo eine Konzession auf Zeit nur dann vergeben wird, wenn vorher eine Ausschreibung vorgenommen wurde, diese Entscheidungen zum Vorteil der Kunden und zu einer größeren Akzeptanz der öffentlichen Personennahverkehrsangebote geführt. Dazu wenige Zahlen.

Für den Rhein-Main-Verkehrsverbund wurde ein erhebliches Kostensenkungspotenzial ausgeschöpft. Die Ausschreibungen haben dazu geführt, dass der Aufwand-Deckungsgrad von 44 % auf 54,5 % gesteigert werden konnte. Im gleichen Zeitraum wurden die Fahrgastzahlen gesteigert und nahmen sage und schreibe um 21,6 % zu – die höchste Zuwachsrate, die bundesweit je vorgekommen ist.

(Beifall bei der CDU – Hildegard Pfaff (SPD):Weil das ein innovativer Verbund ist!)

Das Gleiche gilt auch für die Kosten, die wir im Rahmen des Besteller-Ersteller-Prinzips als Bestellerentgelt aufwenden mussten.Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass inzwischen im Busverkehrs 30 % aller Leistungen

ausgeschrieben worden sind. Diese Leistungen haben dazu geführt, dass Jahr für Jahr gut 20 Millionen c eingespart worden sind – für mehr Qualität im Angebot.

(Beifall des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Frau Pfaff, da ist es richtig, wenn Sie sagen, dass im RMV diese Ersparnisse für die Anschaffung neuer S-Bahn-Wagen – insgesamt 100 – und damit zur Verbesserung der Qualität eingesetzt worden sind. Das können wir alle wahrnehmen, wenn wir die neuen S-Bahn-Wagen betrachten und mit ihnen fahren. Aber dies ist ein einmaliger Vorgang gewesen. In Zukunft wird, wie es Herr Posch eben gesagt hat,nicht mehr objektbezogen gefördert,sondern die Ersparnisse werden in das Bestellerpotenzial einfließen, sodass mehr Qualität bestellt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen haben wir als Land die Kompensation für den Ausfall bei den gekürzten Regionalisierungsmitteln dafür verwandt, Anpassungshilfen über einen absehbaren Zeitraum zu leisten, weil dann, wenn die Kosten für die Neuanschaffung der S-Bahn-Wagen im Rhein-Main-Verkehrsverbund ausgeglichen sind, die vorhandenen Einsparungen aus der Ausschreibung im Rahmen des Besteller-Ersteller-Prinzips voll in die Qualität gehen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist hier über die Kürzung der Regionalisierungsmittel gestritten worden. Ich würde sagen, wir sollten dies heute als einen Fakt hinnehmen. Sozialdemokraten haben mitgewirkt. Christdemokraten haben mitgewirkt. GRÜNE kritisieren das; das kann man so hinnehmen. Herr Posch, Sie kritisieren das auch. Andererseits müssen Sie sich fragen lassen, ob dann dieser Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts von Ihnen nicht gesehen wird, zumal wenn Sie heute Nachmittag in einem anderen Antrag die Forderung stellen, hier das Nullverschuldungsprinzip einzuführen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn man es ernst meint,dann trifft diese Kritik natürlich nicht. Dann müssen Sie, wenn Sie A sagen, auch B sagen. Deswegen würde ich sagen: Nehmen wir das einmal als einen Beitrag zum Abbau der Schuldenlast des Staates gegenüber der künftigen Generation hin. – Aber was wir daraus gemacht haben, ist positiv, denn der Ausschreibungswettbewerb hat uns wesentlich die Potenziale verschafft, um die gekürzten Zuweisungsmittel langfristig auszugleichen. Deswegen ist dieser Weg, den wir in Hessen eingeschlagen haben, auch unter diesem Aspekt der richtige Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ausschreibungswettbewerb heißt, dass wir die bisher bestehenden lokalen Monopole mit all ihrer Ineffizienz aufbrechen und den frischen Wind des Wettbewerbs im Hinblick auf Leistungen und Qualität entfachen wollen.Und das ist geschehen.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Das zeigt sich nicht nur an den pekuniären Ergebnissen, sondern auch daran, dass wir in der Tat inzwischen ein bunteres Angebot haben. Waren früher private mittelständische Unternehmen aufgrund ihrer Subunternehmerfunktion nur die Kostgänger der großen Monopolisten, so sind sie heute aufgrund ihrer eigenen Leistungen eigenständige Auftragnehmer.

(Beifall des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Das ist ein gerechter Weg. Es ist schon einmal interessant, die Zahlen zu nennen. Ein Drittel, also über 30 %, der

Ausschreibungsergebnisse hat den Weg in Richtung private mittelständische Unternehmen aufgezeigt. Sie sind übrigens die großen Gewinner dieses Ausschreibungswettbewerbs. Wenn ich den betreffenden Anteil vergleiche, so ist er von 14 % im Jahr 2005 auf die eben genannten über 30 % im Jahr 2006 gestiegen.

(Hildegard Pfaff (SPD): Warum sehen die das aber anders?)

In der Dynamik sind also die mittelständischen Betriebe die großen Gewinner.

Die gemischten Anbieter – kommunal mit privat – erreichen 12 %, die rein kommunalen Anbieter nur noch 18 %, das ist wahr. Öffentliche größere Konzerne, wie beispielsweise DB Regio, erreichen 25 %. Die großen Konzerne, die Sie hier immer wieder als drohend und furchterregend darstellen, erreichen gerade einmal einen Anteil von 13 %. Das ist die Realität, und auf dieser Basis können wir diskutieren.

(Hildegard Pfaff (SPD): Der Prozess hat erst begonnen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will ausdrücklich bestätigen, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Konsequenzen hat. Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sagt uns, dass wir die Ausschreibung nicht mehr zur einzigen Möglichkeit erheben und zur Pflicht machen dürfen.

(Hildegard Pfaff (SPD): Genau!)

So richtig dies ist, so richtig ist es auch, dass wir auf unserem Weg nach wie vor freie Bahn haben – denn die Ausschreibung ist ausdrücklich nicht verboten, sondern nach wie vor als der richtige Weg möglich.

(Beifall bei der CDU – Hildegard Pfaff (SPD): Wir freuen uns sehr, dass Sie das endlich einräumen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir einmal das gesamte Spektrum anschauen, über das wir hier diskutieren, dann stellen wir fest, es geht um drei Gruppen.

Die erste Gruppe besteht aus den Verbünden, vor allem RMV und NVV. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen Verbünden besteht über alle Parteigrenzen hinweg Einmütigkeit. Auch die sozialdemokratischen kommunalpolitisch Verantwortlichen in diesen Gremien sehen es so, dass der Weg der Ausschreibung in den Verbünden so freiwillig weitergegangen werden soll: Ausschreibung auch in Zukunft.

(Hildegard Pfaff (SPD): Wir reden doch nicht von Schwarz und Weiß!)

Frau Pfaff, das bedeutet, dass in Hessen in der Mehrzahl – also bei allen regionalen Verkehren für die meisten – Kilometer auch in der Zukunft der Ausschreibungsweg gilt.

Ich will das am Beispiel Nordhessen deutlich machen. Hier ist die Firma Cantus seit wenigen Wochen Anbieter im Nordosthessennetz mit seinen insgesamt 3,6 Millionen Jahreskilometern. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle sehen wir die Vorteile, und die Kunden erleben sie.

(Zuruf des Abg. Uwe Frankenberger (SPD))

Hatten wir beim bisherigen Anbieter, der DB Regio, nur eine Pünktlichkeitsquote von knapp 80 %,so hat das neue Angebot – nach Ausschreibung – mit neuen Bussen und Zügen, mit Klimaanlage und mehr Komfort, bereits jetzt eine Pünktlichkeitsquote von sage und schreibe 96 %.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Meine Damen und Herren, hier ist der Punkt, auf den es ankommt: Ausschreibungswettbewerb zugunsten der Qualität in der Leistung für den Kunden.

Zum Zweiten haben wir all die kommunalen Aufgabenträger,die vor der Frage stehen,ob sie ausschreiben sollen oder nicht. Alle die Kommunen als lokale Nahverkehrsgesellschaften, insbesondere die Landkreise, die keinen eigenen Busbetrieb haben, schreiben selbstverständlich aus. Sie haben das in der Vergangenheit getan und werden es auch in Zukunft tun.

(Hildegard Pfaff (SPD): Genau, das unterstützen wir auch!)

Die haben einen Riesenerfolg für ihren öffentlichen Haushalt, denn das Bestellerentgelt ist gesunken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit verbleiben bei dem, worüber wir heute überhaupt diskutieren können, noch jene Kommunen als lokale Nahverkehrsgesellschaften, die gleichzeitig einen Eigenbetrieb haben.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Frau Pfaff, Sie hatten es schwer und haben es in einem Nebensatz erwähnt. Sie haben gerade einmal vier Städte erwähnt, in denen möglicherweise die Bereitschaft, freiwillig – der Zwang besteht nicht mehr – keine Ausschreibung vorzunehmen, überhaupt diskutiert wird. Sie haben die Städte Hanau, Marburg, Gießen und Kassel genannt. Damit ist die Diskussion schon eingegrenzt.

(Hildegard Pfaff (SPD): Selbst die Frankfurter diskutieren es gegenwärtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle anderen Städte, vor allem die große Stadt Frankfurt am Main, haben erkannt, dass der Weg der Ausschreibung wichtig und richtig ist.

(Hildegard Pfaff (SPD): Herr Minister, auch dort wird das diskutiert!)

Frankfurt hat bisher nur 40 % der Busleistung ausgeschrieben. Ich kann der Stadt Frankfurt aufgrund des Ergebnisses,das ich Ihnen noch nenne,nur raten,diesen Weg nicht zu verlassen. Da stimme ich mit den GRÜNEN in Frankfurt und ihrem Dezernenten völlig überein. Denn der Weg, der in Frankfurt eingeschlagen wurde, hat dazu geführt, dass die Stadtverordnetenversammlung in ihrem Haushalt nicht mehr, wie im letzten Jahr, 11 Millionen c an Subventionen zahlen muss, sondern in diesem Jahr keinen Verlust hat, eher noch einen leichten Überschuss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Bei nur 40 % Ausschreibungsanteil haben sie 11 Millionen c gewonnen.

Was bedeutet das für den Kunden? Für den Kunden bedeutet das, dass immerhin statt 13 Millionen Buskilometern nun 14 Millionen Buskilometer im Jahr bestellt werden können und müssen. Denn die Zahl der Busteilnehmer, der Fahrgäste, ist auf einzelne Linien um sage und schreibe bis zu 50 % gestiegen.Wenn das kein Erfolg ist – was ist dann ein Erfolg einer politischen Strategie?