(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
Ich nehme an,dass Sie sich in der Ihnen eigenen Arroganz wieder einmal als beratungsresistent erweisen werden.
Aber das allein macht nur deutlich, dass mächtige Interessengruppen dahinterstecken müssen und dass Sie durchaus nicht die Interessen der Sparkassen in diesem Land vertreten.
Dafür hat sich der Bankenverband ausgesprochen – welch ein Wunder. Er hat auch gesagt, er möchte, dass Private die Sparkassen erwerben können sollen. Er hat auch gesagt, er finde es notwendig, dass das Filialnetz der Sparkassen ausgedünnt werde, und er war nicht einmal bereit, zu sagen, wie viele der kleinen und mittleren Unternehmen denn die Privatbanken betreuen. Das spricht Bände, wessen Interessen dieses Gesetz dienen soll.
Ich will durchaus erwähnen, dass es im Zuge der EU-Festigkeit zwei Gutachter gab, einer pro, einer kontra. Aber ich kann an dieser Stelle nur sagen: Herr Wirtschaftsminister, wenn es den geringsten Zweifel gibt, dass dieses Gesetz EU-fest ist, dann dürfen Sie das Gesetz in dieser Form nicht machen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Dann machen wir gar kein Gesetz mehr, sicher ist sicher!)
Herr Boddenberg, ich weiß nicht, ob Sie es schon kennen. – Heute kam wieder eine Nachricht, diesmal von der Wettbewerbskommissarin der EU.
Ich hätte gern von Ihnen eine Aussage dazu, wie Sie auf die Idee kommen,dass dieses Gesetz EU-fest sein könnte. Denn die Sparkassen stehen seit Langem im Spektrum der EU. Alles, was deren Basis schmälert, alles, was mehr in Richtung Privatisierung geht, wird die Sparkassen zunehmend gefährden.
Was sind die Vorteile der Sparkassen? Sie sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie sind nicht ausschließlich gewinnorientiert. Natürlich machen sie Gewinne,
aber das ist nicht der Fokus ihrer Tätigkeit. Das macht sie zu etwas Besonderem, weswegen sie z. B. von der EU bislang so akzeptiert werden. Sie haben eine regionale Verbreitung. Sie haben ein Interesse an kleinen und mittleren Unternehmen,an Gründern und an privaten Kunden.Wie die Großbanken mit denen umgegangen sind, wissen Sie alle. Sie haben eine profunde Kenntnis der regionalen Wirtschaftsstrukturen. Sie stehen im Wettbewerb mit den Genossenschaftsbanken.
Sie sind wichtige Partner für das Land, wenn es um die Verteilung von Fördergeldern geht. Von daher war es dringend an der Zeit, dass wir eine Alternative zu den Gesetzentwürfen von CDU und FDP vorlegen;denn wir wollen diese Vorteile, die die Sparkassen bieten, erhalten.
Das braucht die Wirtschaft, das brauchen die Verbraucher, das brauchen die Kommunen.Von der Mittelstandsvereinigung der CDU, die sonst immer zu allem und jedem ihren Senf dazugibt, höre ich gar nichts. Mich würde interessieren, was sie denn für eine Stellungnahme dazu abgibt.
Was wollen die GRÜNEN mit ihrem Gesetzentwurf? Wir wollen den öffentlichen Auftrag noch einmal stärken und festschreiben. Wir wollen z. B. das Konto für jedermann festschreiben. Das geht bisher auch, aber es ist noch nicht bei allen durchgedrungen. Wir wollen Beratung für Existenzgründer festschreiben. Wir wollen ausdrücklich die Förderung von Kultur, Sport und Regionalpolitik festschreiben. Gerade der regionale Bezug steht in Gefahr, wenn sich die Sparkassen in Zukunft munter von Norden nach Süden, von der Mitte nach Osten gegenseitig kaufen können.
Im CDU-Entwurf steht auch eine Stärkung des Verwaltungsrats. Das haben wir übernommen, wir sind nicht unbelehrbar. Das finden wir sinnvoll. Das dient dem Schutz des Vorstands – der Verwaltungsrat soll Strategien vorgeben –, und es verbessert das innerbetriebliche Management. Ein neuer Ansatz bei uns ist, dass wir die Transpa
renz vergrößern wollen, z. B. durch eine Sparkassenversammlung, durch eine verbesserte Berichtspflicht und durch öffentliche Diskussionen. Denn jeder, der Sparkassen kennt, weiß, dass sich auch da in den letzten Jahrzehnten die eine oder andere Verkrustung eingeschlichen hat. Wir wollen auch die parlamentarische Kontrolle an dieser Stelle vergrößern;denn immerhin werden Gelder für Aufträge vergeben, die auch öffentliche Aufträge sind.
Schauen wir uns an dieser Stelle einmal das Verhalten der Landesregierung zu diesem Thema an. Herr Wirtschaftsminister, alles, was Sie bisher gesagt haben, was Sie mit diesen Gesetz erreichen wollen, waren hohle Phrasen, wenn es denn heißt: besser aufgestellt, zukunftsfähig. Erläutern Sie heute bitte einmal, was Sie damit meinen.
Aus unserer Sicht wollen Sie nur die großen Sparkassen stärken und die kleinen letztendlich aufgeben.
Glauben Sie denn ernsthaft, der Städte- und Gemeindebund, die kommunale Familie, die Handwerker, die IHKs und der Sparkassenverband hätten ein Interesse daran, dass die Sparkassen geschwächt werden? Natürlich wollen die alle, dass sie zukunftsfähig sind. Natürlich wollen alle, dass sie besser aufgestellt sind.
Dann erklären Sie bitte hier, wie Sie das erreichen wollen und warum Sie glauben, dass die alle keine Ahnung von dem Segen haben, der sie angeblich mit diesem Gesetz erwartet.
Der zweite Punkt, der mich misstrauisch macht, ist die Frage der EU-Festigkeit. Es ist ein Unding, dass Sie behaupten, Sie würden aufgrund eines einzigen Briefes eines EU-Kommissars davon ausgehen, dass dieses Gesetz EU-fest sei. Sie wissen genau, wenn an dieser Stelle geklagt wird, wenn es der EU nicht standhält und wenn der Europäische Gerichtshof anders entscheidet als McCreevy – natürlich kann er das –, dann ist das ein Einfallstor für die Privaten, und dann sind die Sparkassen mit ihren öffentlichen Aufträgen und ihrer regionalen Bindung weg. Das ist eine Katastrophe für den Mittelstand, und das ist eine Katastrophe für kleine und mittlere Unternehmen.
Sie werden sich das so lange anhören müssen, bis mich jemand hier überzeugen könnte, wo der Vorteil für den Mittelstand, der Vorteil für die Regionen und der Vorteil für die Verbraucher bei diesem Gesetz liegen. Das hat der Wirtschaftsminister in zwei Jahren noch nicht hingebracht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
Ich bin mir sehr sicher, dass er das auch heute nicht schaffen wird; denn diese Gründe gibt es nicht.
Dann geht es weiter, und das finde ich schon schamlos. Sie haben sich immer wieder hingestellt, auch Herr Reif, und haben gesagt:Wieso? In Rheinland-Pfalz gibt es das doch.
(Clemens Reif (CDU): Es geht auch nicht anders! – Michael Boddenberg (CDU):Ich finde es weiterhin eine Katastrophe, was Sie da vortragen!)
Herr Boddenberg, das wissen Sie genau. Sie wissen genau, wir haben in Rheinland-Pfalz keine Möglichkeit der vertikalen Übernahme,
sondern nur der horizontalen. Sie wissen genau, es haben nur sieben Sparkassen genutzt. Die haben es genutzt, um die Schwellenwerte der veränderten Ausschüttung auszunutzen.Tatsächlich Stammkapital zum Verkauf ausgewiesen haben zwei, und das war nur für eine Fusion angelegt, die auch auf anderem Weg hätte kommen können.
Sich hierhin zu stellen und zu sagen, das entspräche dem, was Sie für Hessen planen, ist schamlos. Das sage ich auch so.
Ich finde, solche Behauptungen aufzustellen, ist ein unwürdiger Umgang mit den Abgeordneten, den Anzuhörenden, den Institutionen und den Bürgern. Sie versuchen sie schlicht und ergreifend zu verschaukeln. Denn Sie glauben, die würden sich nicht auskennen.