Protocol of the Session on October 5, 2006

Hauptschulen müssen zu Ganztagsschulen gemacht werden; denn an den Hauptschulen sind gerade die Kinder, die von zu Hause nicht so viel Förderung erhalten, die aus bildungsfernen Elternhäusern kommen und die oft Migrationshintergrund haben. Wenn sie den ganzen Tag in der Schule sind, Bildungsanregungen haben und mit ihren Kameraden Deutsch sprechen, ist das für sie sehr viel besser.

Gerade an den Hauptschulen reicht die pädagogische Mittagsbetreuung nicht aus. Es ist sehr schade, dass momentan das ganze Geld aus dem IZBB-Programm in die Gymnasien fließt, dass es dorthin fließen muss, weil mit G 8 die Mittagszeit für Unterricht da sein muss.

Gute Hauptschulbildung ist die beste Ausbildungsförderung. Sie ist sehr viel besser, als viel Geld in irgendwelche staatlich geförderten Ausbildungsplätze zu stecken.

(Beifall bei der FDP)

Das zweite Thema ist frühkindliche Bildung. Natürlich wird auch vonseiten der FDP immer gefordert, dass die Eltern in erster Linie die Verantwortung und die Pflicht zur Erziehung haben. Dennoch sind sie damit oft überfordert. Wenn wir jetzt 15 % Hauptschüler ohne Abschluss haben, dann haben wir mindestens 10 % Hauptschüler mit einem schlechten Abschluss. Das heißt, auch die haben hinterher kaum Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Aber man kann nicht 25 % einer Gesellschaft einfach im Regen stehen lassen und hinterher in die Arbeitslosigkeit schicken.Deswegen ist es ganz wichtig,dass man sehr früh mit der Bildung anfängt, und zwar als schulische Leistung.

Frau Habermann, wir haben schon 2001 unser Modell der Kinderschule eingefordert. Wir sind dafür, die Schulpflicht um ein Jahr vorzuverlegen. Da sind wir ganz klar. Sie können es auch nur mit einer Schulpflicht machen. Anders können Sie die Eltern nicht dazu zwingen, die

Kinder in eine Bildungseinrichtung zu schicken. Wenn es eine Schulpflicht ist, dann ist es eine schulische Einrichtung. Dann muss das Land sie komplett bezahlen, ohne irgendeine finanzielle Beteiligung der Eltern und ohne eine finanzielle Beteiligung der Kommunen.

(Beifall bei der FDP)

Die enge Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule ist unerlässlich. Der Bildungs- und Erziehungsplan ist ein guter Weg.Aber wenn Sie mit den Tandems sprechen, die das jetzt ausprobiert haben, dann hören Sie: Wenn man das flächendeckend einführen will und wenn man es wirklich intensiv machen will, dann geht es nicht ohne zusätzliche Mittel und ohne zusätzliches Personal.

Daher ist es sehr schade, dass im Haushalt dieser Landesregierung für 2007 überhaupt nichts dafür vorgesehen ist.

Ich darf noch einmal den Bundespräsidenten zitieren:

Wir müssen endlich Ernst machen mit der individuellen Förderung von Schülern. Und dafür brauchen Lehrer mehr Unterstützung von Spezialisten – z. B. von Logopäden, Schulpsychologen und Sozialarbeitern.

Das ist die uralte Forderung der FDP nach Schulassistenten.

(Beifall bei der FDP)

Bereits in der Koalitionsvereinbarung von 1999 bis 2003 stand, dass die Schulen kaufmännische Hilfskräfte brauchen. Wir haben es leider in den vier Jahren nicht umgesetzt, und jetzt, wo Sie alleine weitermachen, haben Sie es völlig unter den Tisch fallen lassen. Die Schule braucht einen Personalmix, und um den wirklich so einstellen zu können, wie sie es für richtig hält und wie es für die individuelle Schule gut ist,braucht sie mehr Selbstständigkeit. Das ist die Voraussetzung dafür.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das Bewusstsein dafür, dass zentrale Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Bildung unserer Bevölkerung und der jungen Generation zu verbessern, setzt sich erfreulicherweise immer mehr durch. Die Rede des Bundespräsidenten zur Unterstützung ist sehr wichtig. Man sollte sie aber nicht für einen ideologischen Schlagabtausch verwenden. Die FDP wird beide Anträge ablehnen, weil wir der Meinung sind, beide Anträge werden der Rede nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP)

Bei den Haushaltsberatungen wird es sich beweisen, ob Bildung in Hessen wirklich der Schwerpunkt des zukünftigen Haushalts ist.

Jetzt lassen Sie mich mit einem letzten Zitat aus der Köhler-Rede enden. Es stammt von John F. Kennedy.

Es gibt nur eine Sache auf der Welt,die teurer ist als Bildung – keine Bildung.

(Anhaltender Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Berliner Rede des Bundespräsidenten eingehe, möchte ich eingangs ein paar Sätze zu Ihnen sagen, Herr Kollege Irmer: Es muss um die Ergebnisse Ihrer Bildungspolitik wirklich schlecht stehen, wenn Sie sich heute Morgen in die bildungspolitischen Schützengräben zurückziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Irmer,was Sie hier zu Beginn Ihrer Rede abgeliefert haben, das zeigt: Sie sind der letzte kalte Krieger des hessischen Schulkampfes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie führen Debatten, die außer Ihnen und außer der CDU in Hessen bildungspolitisch niemand mehr führt. Sie führen Schlachten, um von Ihrem Versagen in sieben Jahren Karin Wolff abzulenken. Das haben Sie heute Morgen hier versucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Die Fronten verlaufen gar nicht mehr so, wie Sie es hier gerne darstellen wollen, Herr Irmer.

(Michael Boddenberg (CDU): Da sind wir anderer Auffassung!)

Ja, das weiß ich, weil Sie in den ideologischen Schützengräben der Bildungsdebatte sind.Wenn man diese Ergebnisse nach sieben Jahren vorzuweisen hat, wie wir sie hier in Hessen haben, wie Sie sie zu verantworten haben, dann muss man in die Schützengräben gehen. Denn offensiv können Sie mit den Ergebnissen Ihrer Arbeit nicht sein. Deswegen führen Sie hier rückwärtige Debatten, Herr Kollege Boddenberg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es geht nicht um die Wiederbelebung des hessischen Schulkampfes, wie Sie es hier versuchen, Herr Kollege Irmer.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer macht das? Wer will die Einheitsschule?)

Sie machen es, Herr Kollege Irmer. – Es geht nicht um das statische Aufeinandertreffen von dreigliedrigem Schulsystem auf der einen Seite und Gesamtschulen oder Gemeinschaftsschulen auf der anderen Seite. Darum geht es nicht, Herr Kollege Irmer, sondern es geht darum, dass uns alle Untersuchungen zeigen, dass wir in der Bundesrepublik, egal wie wir unser Bildungssystem organisiert haben, keine guten Ergebnisse erreichen. Darum geht es, daraus müssen wir Schlussfolgerungen ziehen, um für die Schülerinnen und Schüler bessere Ergebnisse in unserem Bundesland und in der Bundesrepublik insgesamt zu erzielen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es geht nicht darum, etwas flächendeckend für alle zu beschließen, sei es die Gemeinschaftsschule, sei es die Ge

samtschule, sei es das dreigliedrige Schulsystem.Aber Sie machen es, Herr Kollege Irmer. Sie machen seit sieben Jahren unabhängig von allen wissenschaftlichen Erkenntnissen in Hessen eine Perfektionierung des dreigliedrigen Schulsystems,und die Ergebnisse sind schlecht.Deswegen brauchen wir eine Umkehr auf diesem Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie müssen es nicht den Kollegen der SPD glauben. Sie müssen es auch nicht uns GRÜNEN glauben. Aber Sie sollten vielleicht einmal als hessische CDU schauen, was um Sie herum in Ihrer eigenen Partei passiert. Sprechen Sie einmal mit Ihren Kollegen in Hamburg, wo es im Moment eine sehr lebhafte Debatte gibt, wie man Schulstrukturen verändern kann, wie man im Dialog mit an der Schule Beteiligten bessere Ergebnisse erzielt und eben nicht statisch am dreigliedrigen Schulsystem festhält.

Sprechen Sie einmal mit Ihrem Parteikollegen Lothar Späth. Hören Sie sich an, was er über die Ergebnisse des real existierenden dreigliedrigen Schulsystems sagt und zu welchen Schlussfolgerungen er kommt.

Oder sprechen Sie einmal – die Einschläge kommen näher – mit Ihren Parteifreunden in Hersfeld-Rotenburg. Die CDU Hersfeld-Rotenburg beantragt für die nächste Sitzung des Kreistags – man höre und staune –, die Schulentwicklungsplanung des Landkreises Hersfeld-Rotenburg möge sich in Zukunft bitte stärker an schulformübergreifenden Schulsystemen orientieren.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr schön!)

Herr Kollege Irmer, Sie sind der Letzte, der es nicht begriffen hat.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte für meine Fraktion noch einmal betonen – es gibt in Nuancen Unterschiede zu den Sozialdemokraten –: Flächendeckend ist nicht unser Programm.Wir sind nicht der Meinung, dass man sich im Kultusministerium, gleich wer da regiert, ausdenken kann, was flächendeckend alle Schulen machen müssen.Wir setzen vielmehr auf das Gespräch mit den an Schule Beteiligten. Wir wollen mit den an Schule Beteiligten die Schule weiterentwickeln und so die beste Lösung für jede einzelne Schule finden. Kollektivistische Modelle, flächendeckende Modelle für alle – das wird es mit uns GRÜNEN nicht geben.

Aber was es mit uns GRÜNEN geben wird, das ist: Die Schulen, die sich auf den Weg machen wollen, das pädagogisch Richtige zu tun, die sich auf den Weg machen wollen, das pädagogisch Anstrengende zu tun, diejenigen, die nicht den einfachen Weg mit Sitzenbleiben und Querversetzung gehen, sondern die sich tatsächlich um individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler bemühen, werden wir unterstützen. Das wird es mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab 2008 geben, und das ist einer der wesentlichen Unterschiede zur schwarzen Pädagogik, wie wir sie derzeit in Hessen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Irmer,wir werden Ihnen diesen billigen Versuch nicht durchgehen lassen, mit der Reaktivierung des Schulkampfes von Ihren miserablen Ergebnissen in Hessen abzulenken. Das werden wir nicht durchgehen lassen. Sie müssen sich vor den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes für die katastrophalen Ergebnisse aus sieben Jah