Protocol of the Session on October 5, 2006

Frau Waschke, ich habe gesagt, ich glaube nicht, dass Frau Pauly-Bender mit ihrer Frauenpolitik das Anliegen moderner Frauen vertritt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Da ich drei Schwestern habe und auch verheiratet bin, habe auch ich gelegentlich Umgang mit Frauen.Ich unterhalte mich z. B. auch gelegentlich mit Frau Kollegin Schulz-Asche. Ich befinde mich auch gelegentlich mit der Vorsitzenden des Sozialausschusses im Gespräch. Es ergibt sich also immer wieder gelegentlich ein Gespräch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Haben Sie aus den Gesprächen etwas dazugelernt?)

Man kann schon relativ detailliert wahrnehmen, welche Probleme moderne Frauen auf ihrem Lebensweg haben. Ich teile da das, was Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller

gesagt hat. Diese Probleme ergeben sich häufig aufgrund der Familie, der Erziehung und der Betreuung. Da geht es also um die Frage,wie man mit den Kindern umgehen soll, und um die Frage, ob Beruf und Familie vereinbar sind. Wie geht man mit der älteren Generation um? Es geht also auch um die Frage, wie man die Eltern einbinden kann. Dabei geht es auch um die Pflege und Ähnliches. Das alles sind Probleme, die Frauen heute betreffen. Diese Fragen betreffen heutzutage aber genauso die Männer.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist es, was Frau Kollegin Pauly-Bender meines Erachtens verkennt. Es geht nicht mehr um den isolierten Blick, der dem Motto folgt:Die Frau muss sich darum kümmern, wie die Kinder der Familie betreut werden. – Ich kann dazu aus meinem eigenen Freundes- und Bekanntenkreis erzählen. Dort wird diese Aufgabe nicht mehr isoliert nur von der Frau wahrgenommen. Vielmehr nehmen beide diese Aufgaben wahr. Ich habe in meinem Bekanntenkreis sogar einen Fall, in dem mehr der Mann als die Frau diese Aufgabe wahrnimmt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ach du lieber Himmel! 3 % der Männer nehmen Erziehungsurlaub! Nehmen Sie die Realität zur Kenntnis!)

Die Modelle, die Sie hier immer wieder wie eine Monstranz vor sich hertragen, sind längst out. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Rentsch, vielen Dank. – Als nächster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Ravensburg für die CDUFraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz ist bis zum 31. Dezember 2006 befristet. Im Vorfeld wurde immer wieder behauptet, die böse von der CDU geführte Landesregierung würde das Gesetz zum Jahresende einfach auslaufen lassen. Herrn Staatssekretär Krämer wurden sogar schon Unterschriftenlisten übergeben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Zu Recht! – Reinhard Kahl (SPD): Das hat nichts genützt!)

Ich will hier nicht darüber spekulieren, wer diese Gerüchte gestreut hat. Heute können Sie jedenfalls schwarz auf weiß sehen, dass sich die Ängste, die es bei den Gewerkschaften und der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbeauftragten Hessen gegeben hat, in Luft aufgelöst haben.

(Lachen der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Die Vorlage geschah also entgegen allen Behauptungen, Befürchtungen und Unkenrufen. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Heute wird nicht nur ein Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die Geltungsdauer des Gesetzes verlängert werden soll. Vielmehr soll das Hessische Gleichberechtigungsgesetz weiterentwickelt werden. Es soll zu einer ganz wesentlichen Stärkung in verschiedenen Bereichen kommen. Das hatten wir auch schon immer angekündigt.

Ich will die vier Eckpunkte der Gesetzesnovelle noch einmal darstellen.

Der erste Eckpunkt betrifft die Aufnahme des Prinzips der Chancengleichheit für Männer und Frauen. Das soll zu einem Leitprinzip im Gesetz werden. Das wurde bereits im Regierungsprogramm angekündigt und wird natürlich auch umgesetzt. Das betrifft die Umsetzung der rechtsverbindlichen Vorgabe der Europäischen Union zur Chancengleichheit. Diese Prinzipien sind bereits in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien verankert. Das wird in dem Hessischen Gleichberechtigungsgesetz dann ein durchgängiger Entscheidungsgrundsatz sein.

Der zweite Eckpunkt betrifft die Beibehaltung der Frauenförderpläne. Es soll aber auch die Optionsmöglichkeit geben,also die Alternative,neue Modellvorhaben anstelle des klassischen Frauenförderplans einzusetzen. Dabei möchte ich noch einmal besonders betonen, dass es auch bei den Modellvorhaben verbindliche Zielvorgaben geben wird. Der Frauenförderplan wird also nicht außer Kraft gesetzt. Die Modelle, die wir durch Einführung der Experimentierklausel – das geschah gemeinsam mit der FDP – ermöglicht haben, stellen keine Sonderfälle mehr dar. Vielmehr handelt es sich um gleichberechtigte Wege der Frauenförderung. Damit wird die Tür zu einer effektiveren und zeitgemäßeren Frauenförderung geöffnet.

Der dritte Eckpunkt betrifft die Schwerpunktsetzung auf Maßnahmen der Personalentwicklung.Wir sind der festen Überzeugung, dass die Frauenförderung nicht erst mit der Stellenbesetzung beginnt. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass nur durch eine gezielte Personalentwicklung bei der Besetzung von Stellen in Führungspositionen gut ausgebildete Frauen zur Verfügung stehen, die dann eine solche Stelle besetzen können. Chancengleichheit muss bereits auf dem Weg zur Karriere selbstverständlich sein. Frauen wie Männern ist der gleiche Zugang zu den unterschiedlichen Formen der Personalentwicklungsmaßnahmen, und zwar zu allen, zu eröffnen.

Fortbildung ist ein wichtiger Teil der Personalentwicklung. Das alleine reicht aber noch nicht aus.Allerdings gilt unserer Meinung nach auch: Ohne Fortbildung gibt es keine berufliche Weiterentwicklung.

Ganz wichtig dabei ist mir auch, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ich schließe da also die Männer nicht aus –, die nicht in Vollzeit arbeiten können, bei allen Personalentwicklungsmaßnahmen gleichermaßen berücksichtigt werden.

Der vierte Eckpunkt des Gesetzes und der vierte Entscheidungsgrundsatz sollen die Regeln zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden. Die Dienststellen müssen die Rahmenbedingungen verbessern, damit die Frauen trotz der Doppelbelastung durch Familie und Beruf ihre Berufswünsche verwirklichen können. Dazu gehören familiengerechte Arbeitszeiten, aber auch viele weitere Maßnahmen. Das reicht vom Jobsharing bis hin zur Telearbeit. Gestern haben wir in der Fragestunde gehört, wie viele Telearbeitsplätze die Landesregierung bereits zur Verfügung stellt.

Ein ganz wichtiges Instrument ist die Betreuung der Mitarbeiterinnen, die sich in der Familienpause befinden, und derjenigen, die wieder in den Beruf zurückkehren. Der, wenn auch zeitlich begrenzte, Ausstieg aus dem Beruf ist immer noch ein Karrierehindernis für Frauen und oft ein

Grund für ihre geringere Repräsentanz in höherwertigen Positionen.

Deshalb begrüßen wir es, dass Maßnahmen gerade für diese Phase ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen worden sind. Der öffentliche Dienst sollte eine Vorreiterrolle in der Schaffung von Möglichkeiten spielen.Ich bitte ausdrücklich die Männer, zuzuhören: Auch die männlichen Berufskollegen sollten sich auf dem Weg zur partnerschaftlichen Aufteilung der Zeit für die Familie und der Zeit für den Beruf der Familie widmen können.Auch das ist nämlich Frauenförderung. Die Einbeziehung der Väter in dem neuen Elterngeldgesetz ist ein richtiger Schritt in diese Richtung.

Sehr geehrte Damen und Herren, seit 1993 ist das Hessische Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Seither hat das Gesetz viele Verbesserungen für die Frauen in der Verwaltung bewirkt; die Unterrepräsentanz von Frauen in den Führungsetagen – darin stimmen wir mit Ihnen überein – ist bisher aber noch nicht beseitigt. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Frauenförderung stärker an den Wandel innerhalb der Verwaltung anpassen müssen. Wir müssen mehr Flexibilität ermöglichen. Hierfür stellt das Gesetz die Weichen.

Wir müssen uns aber auch der Situation stellen, dass aufgrund knapper Finanzmittel Arbeitsplätze wegfallen, weniger Neueinstellungen vorgenommen werden und sich bestehende Arbeitsplätze wandeln. In Zukunft werden Mitarbeiter auch im öffentlichen Dienst den Arbeitsplatz in ihrem Berufsleben mehrfach wechseln, weil sich Aufgaben verändern. Das ist keineswegs eine negative Entwicklung. Rotation ermöglicht breite Erfahrung und ist deshalb in meinen Augen sehr sinnvoll für das berufliche Weiterkommen. Es ist sehr förderlich, wenn die Stellen nicht nur öffentlich, sondern auch innerhalb der Landesdienststellen ausgeschrieben werden.

Ich bin davon überzeugt, dass uns das Beharren auf einer starren gesetzlichen Regelung nicht weiterbringt. Auch kann es nicht sein, dass Frauenförderung bei der Genehmigung des Frauenförderplans durch das Parlament endet. Frauenförderung muss vielmehr in der Verwaltung gelebt werden, wie Herr Rentsch eben erwähnt hat.

Wir brauchen einen Mentalitätswechsel dahin gehend, dass sich ein Vorgesetzter automatisch darüber Gedanken macht, was das Entwicklungsziel seiner Mitarbeiter – ob Mann oder Frau – ist und welcher Weg der richtige ist,dieses Ziel zu erreichen.Es reicht nicht,Stellenausschreibungen an die Bedürfnisse der Frauen anzupassen, sondern der Dienstvorgesetzte muss sich bereits viel früher um die berufliche Fortentwicklung seiner Mitarbeiterinnen kümmern.

Welche zukunftsträchtigen Konzepte hat die SPD zu bieten? Verpflichtungen,Verpflichtungen,Verpflichtungen.

(Petra Fuhrmann (SPD):Und was haben Sie zu bieten? Etiketten!)

Sehr geehrte Frau Dr. Pauly-Bender, mit Worten wie „Männerfleischskandal“ leisten Sie der zukunftsträchtigen Frauenpolitik in Hessen einen Bärendienst.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Aufgabe zur Verwirklichung der Chancengleichheit muss auch von den Vorgesetzten gelebt werden, denn die Vorgesetzten schaffen die Chancen. Fortbildung und Information sind deshalb unbedingt notwendig.

Einer Pressemeldung der SPD-Fraktion habe ich entnommen, dass Sie sich jetzt endlich auch dazu bekennen, dass die alten Instrumentarien des HGlG nicht mehr ausreichen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie müssen weiterentwickelt werden!)

Als wir zusammen mit der FDP 2002 die Experimentierklausel in das Gesetz eingefügt haben, waren Sie noch ganz anderer Meinung. Umso mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sollten Sie sich mit uns freuen, dass die Experimentierklausel in dieser Novelle zu einem gleichberechtigten Frauenförderinstrument weiterentwickelt wird.

Wir stimmen darin überein,dass wir neue,flexiblere Wege in der Frauenpolitik gehen sollten. Wir senden ein Signal an alle Verwaltungen, noch mehr als bisher von dem Modellvorhaben Gebrauch zu machen. Wir überlassen die Frauenförderung nicht dem Zufall, sondern wir trauen den Abteilungen und Dienststellen etwas zu, wie Sie vorhin gesagt haben, Frau Dr. Pauly-Bender. Lassen Sie sie doch Versuche machen.

Ich möchte noch ein Wort zur Presseerklärung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen. Von der Partei der GRÜNEN ist es ignorant, in der Pressemitteilung vom 27.09. zu behaupten, dass Gender-Mainstreaming keinen Einzug in den Gesetzentwurf gefunden habe. Vielleicht hatten Sie den Gesetzentwurf zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelesen, weil Sie es heute etwas anders dargestellt haben. Selbstverständlich ist das Leitprinzip der Chancengleichheit von Frauen und Männern – um nichts anderes handelt es sich beim Gender-Mainstreaming – in den §§ 1 und 3 wie auch an anderen Stellen zum Bereich Fortbildung ausdrücklich aufgenommen worden. Wenn Sie das nicht verstehen,sollten Sie die ersten drei Absätze der Gesetzesbegründung noch einmal lesen.

Das HGlG ist kein Gesetz allein für die Frauen oder etwa ein Gesetz für die Frauenbeauftragte, sondern es ist ein Gesetz für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst – für Männer und für Frauen.

Unsere Auffassung unterscheidet sich noch in vielen anderen Feldern von der Frauenpolitik von Rot-Grün. Sie wollen Frauenpolitik verordnen, reglementieren, verpflichten und die Nichteinhaltung beklagen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie wollen gar keine Frauenpolitik! Das ist die Wahrheit!)

Wir wollen den partnerschaftlichen Umgang im beruflichen Alltag von Männern und Frauen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Judith Pauly-Bender (SPD): Appelle gibt es genug! Schon seit 50 Jahren!)

Wir kümmern uns um die berufliche Weiterentwicklung der Mitarbeiterinnen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Wir wollen Chancengleichheit auch in unterschiedlichen Lebenssituationen. Unser Ziel ist es,in der gesamten Verwaltung ein positives Klima zu schaffen: Frauen sind leistungsstark. Frauen haben es verdient, nach ihrer Leistungsfähigkeit gefördert zu werden. Das wollen wir erreichen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind nicht mit dem zufrieden, was gestern gut war.

(Zuruf von der SPD:Aber mit dem, was vorgestern gut war!)

Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz muss den Erfordernissen der Zukunft gerecht werden. Die Arbeitswelt wandelt sich, die Ansprüche von uns Frauen auch.